Vier Regler für ein Halleluja

Manley ELOP+: Optischer Kompressor mit Röhrenelektronik im Test

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Es gibt Kompressoren mit zwei Dutzend Reglern, und es gibt solche mit nur zweien. Dabei sind nicht selten die Geräte mit wenigen Reglern vielseitiger als die mit tausend Optionen. Ein Beispiel par excellence ist der Manley ELOP+.

(Bild: Dr. Andreas Hau)

Die kalifornische Manufaktur Manley steht für feinste, handgearbeitete Röhrentechnik, ganz auf der Höhe der Zeit. Und genau das strahlt auch der neue ELOP+ aus: Wie Augen blicken zwei hinterleuchtete Zeigerinstrumente aus einer 5 mm starken Aluminiumfront im Manley-typischen Lila-Grau. Die vier Reglerknöpfe sind ebenso luxuriös aus dem Vollen gefräst. Man muss nur einmal mit der Hand darüber streichen, um zu wissen: Dieses Gerät kostet ein bisschen was. Stimmt. Wobei man beim Blick auf die Preisliste fast schon wieder aufatmet. Die unverbindliche Preisempfehlung lautet 3.093,− Euro; beim Händler bezahlt man real ca. 2.600,− Euro. Gemessen am Verarbeitungsniveau und in Anbetracht des hohen Dollarkurses hätte ich mit mehr gerechnet. Trotzdem ist das natürlich kein Pappenstiel; schauen wir mal, was man dafür bekommt.

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Opto Plus

Klären wir zuerst mal die Namensfrage: ELOP steht für Electro-Optical Vacuum Tube Limiter/Compressor. Wobei auch das englische Verb »to elope« mitschwingt, zu Deutsch: miteinander durchbrennen (um heimlich zu heiraten). Angesichts des aparten Äußeren kein abwegiger Gedanke. Doch ehe wir einen Bund fürs Leben eingehen, prüfen wir besser mal die inneren Werte.

Der ELOP+ ist ein zweikanaliges Vollröhrengerät. Wobei die Gain-Reduction eigentlich sogar passiv arbeitet, nämlich über einen Fotowiderstand im Spannungsteiler gleich hinter dem Eingangsübertrager. Besagter Fotowiderstand sitzt in einem Optokoppler, wo eine LED abhängig vom Eingangspegel den Fotowiderstand beleuchtet. D. h., mit steigendem Pegel wird der Widerstand kleiner, wodurch der Spannungsteiler das Audiosignal dämpft. Simpel, aber effektiv!

Die Röhrenelektronik dient lediglich als Aufholverstärker. Sie besteht aus einer 5751- Doppeltriodenröhre (eine Variante der ECC83 bzw. 12AX7 mit etwas weniger Verstärkung) als Gain-Stufe und einer 6922(= ECC88)-Doppeltriode als Ausgangsstufe in klassischer »White Cathode Follower«-Konfiguration. Die Ausgangsstufe arbeitet − für ein Röhrengerät ungewöhnlich − ohne Ausgangsübertrager. An moderner Peripherie mit relativ hohen Eingangsimpedanzen (die meisten Line-Inputs liegen bei 10 kOhm oder mehr) funktioniert das recht gut; an Vintage-Geräten mit 600-Ohm-Inputs reduziert sich der Headroom etwas. Laut Datenblatt beträgt der maximale Ausgangspegel bei 100 kOhm satte +30 dBu (0,009 % THD); bei 600 Ohm sind’s »nur« noch +20 dBu (0,015 % THD), was aber immer noch ein sehr respektabler Wert ist.

Rauschen ist kein Thema (−88 dBu); die Gesamtdynamik beträgt üppige 118 dB, was eindrucksvoll beweist, wie audiophil Röhrentechnik sein kann. Viele Hersteller nutzen Röhren heute nur noch als »Geschmacksverstärker« für analogen »Schmutz«. Manley gehört, neben Tube-Tech, zu den wenigen modernen Herstellern, die Röhren noch einsetzen wie in alten Zeiten, nämlich für seriöse Audiotechnik im besten Sinn.

Klären wir noch das Plus im Namen: Der originale ELOP gehörte zu den frühen Manley-Entwicklungen und war schon in den 90ern Teil des Lieferprogramms. Der Ur-ELOP war auch ausgangsseitig trafosymmetriert, dafür fehlten ihm einige Funktionen der neuen Version. Der ELOP+ hat zusätzlich zur Limiter-Betriebsart mit Ratio 10:1 endlich auch einen weicheren Kompressor-Modus mit Ratio 3:1 bekommen. Wobei die Kompression aber nicht abrupt einsetzt, sondern mit sehr weichem Knie. Deshalb kommt der ELOP+ auch mit wenigen Bedienelementen aus. Die Kompression wird über einen einzigen Regler pro Kanal justiert, am zweiten Regler stellt man das Make-up-Gain ein, fertig!

Unterhalb der Regler befinden sich je vier beleuchtete Taster (beim Vorgänger waren es noch einfache Kippschalter). Neben dem obligatorischen Bypass-Schalter und dem Comp/Limit-Umschalter gibt es ein schaltbares Sidechain-Filter (80 Hz, intern per Jumper auf 150 Hz umschaltbar), damit das Kompressionsverhalten weniger stark von tieffrequenten Klangelementen dominiert wird. Der vierte Schalter des linken Kanals schaltet die Pegelanzeige um (Ausgangspegel/Gain Reduction), und zwar für beide Kanäle gleichzeitig. Der zusätzliche Schalter des rechten Kanals schaltet die Stereoverkopplung ein und aus. Alle Bedienelemente sind spiegelbildlich angeordnet. Folgerichtig befindet sich der Netzschalter in Mitte der Frontplatte unterhalb des Manley-Schriftzugs.

Praxis

Da es weder Attack- noch Release-Regler gibt, mag sich mancher sich wundern, wie man bitteschön den ELOP+ für das jeweilige Audiomaterial einstellen soll? Muss man gar nicht, denn der ELOP+ regelt sich quasi selber! Das Regelverhalten ist durch die verwendeten Optokoppler vorgegeben. Allerdings regelt eine solche Optozelle nicht »nach Dienstvorschrift« wie ein braver VCA-Kompressor, sondern organisch. Je nachdem, wie schnell und wie stark der Threshold überschritten wird, regelt die Optozelle mit eher langsamem oder schnellerem Attack, und auch das Release-Verhalten ist alles andere als linear. Auf den »ersten Metern« ist das Abklingverhalten schnell, während die Gain Reduction kurz vor Erreichen des Nullpunkts sanft ausgebremst wird. Optoelektronische Regelung hat außerdem einen gewissen Memory-Effekt, d. h., wenn die Zelle mehrfach kurz nacheinander angesprochen wird, regelt sie nicht nervös wie ein VCA-Kompressor, sondern reagiert mit souveräner Gelassenheit.

Genau diese Eigenschaften schätzt man ja auch am wohl bekanntesten Opto-Kompressor, dem Teletronics/Universal Audio LA2A. Dieser arbeitet allerdings mit einem ganz speziellen Regelelement, der berühmten T4-Zelle. Die Optokoppler des ELOP+ agieren schon etwas flotter, was von Manley explizit so gewünscht ist. Was ich nachvollziehen kann, denn die heutige Musik ist insgesamt etwas schneller und vor allem deutlich Beatlastiger als in den 50ern und 60ern, als der LA2A konzipiert wurde.

Trotzdem ist der Manley ELOP+ natürlich kein Gerät zum Lautmachen oder für brachiale Effektkompression. Die Stärken des ELOP+ liegen im organischen Verdichten. Wie kaum ein anderer Kompressor kann er formen und zusammenhalten. Typische Anwendungsgebiete sind Bass-Instrumente und Vocals. Der Bassgitarre verleiht er einen definierten Attack, Druck und eine gleichmäßige Lautstärke − also alles, was man braucht, um ein solides Fundament zu legen. Vocals vermag der ELOP+ ganz unauffällig und organisch zu verdichten. Wo man sonst immer wieder nachjustiert, macht der ELOP+ praktisch alles von selbst. Das Attack-Verhalten ist genau richtig: Konsonanten werden weder betont noch abgeschwächt, sodass eine sehr gute Sprachverständlichkeit gewahrt bleibt. Nur für Rap ist er vielleicht doch ein bisschen zu langsam; für heftige Sprachgewitter greift man besser zu einem 1176.

Obwohl der ELOP+ ein zweikanaliges Gerät ist, inklusive Stereoverkoppelung, sieht der Hersteller ihn nicht als universellen Buskompressor, sondern eher als Spezialisten, z. B. für Drum-Räume. Wobei man hier keine brachiale Effektkompression erwarten darf wie bei einem 1176 im All-Buttons-Mode, sondern musikalische Verdichtung der Ambience. Ich persönlich fand den ELOP+ gar nicht schlecht als Stereokompressor auf der Rhythmusgruppe mit Drums und Bass. Sofern man die handwerkliche Dynamikkontrolle bereits in den Einzelsignalen erledigt hat, macht der ELOP+ einen tollen Job, die Rhythmusgruppe zu einer Einheit zusammenzuschweißen. Hier lohnt es sich, mit dem Sidechain-Hochpass zu experimentieren, insofern ist es ein wenig schade, dass man dessen Einsatzfrequenz nicht auf der Gerätefront, sondern nur durch einen internen Jumper ändern kann.

Der Manley ELOP+ ist ein echtes Vollröhrengerät mit feinsten Bauteilen wie einem monströsen Folienkondensator (rechts oben) und einem Ausgangsübertrager (links) aus eigener Fertigung. (Bild: Dr. Andreas Hau)

Ansonsten ist die Bedienung ein Traum, einfacher geht’s wirklich nicht. Wenn nur nicht die spiegelbildliche Anordnung der Bedienelemente wäre, die wirklich gewöhnungsbedürftig ist! Selbst nach einigen Tagen mit dem Gerät, passierte es mir immer mal wieder, dass ich am falschen Knopf drehte. Wirklich intuitiv wird die Bedienung wohl auch nach längerer Zeit kaum werden, da man zwischenzeitlich ja andere Geräte mit normaler Anordnung bedient und man sich bewusst daran erinnern muss, dass es beim ELOP+ anders läuft als üblich.

Vom Regelverhalten war nun ausgiebig die Rede, aber was ist eigentlich mit dem Klangverhalten? Die meisten Studiogeräte, zumal in Röhrentechnik, haben eine eindeutige Klangsignatur, selbst wenn sie gar nicht aktiv ins Geschehen eingreifen. Beim Manley ELOP+ tue ich mich schwer, ihm ein Label anzuheften. Edel? Ja, sicher − aber nicht auffällig glamourös glitzernd. Auch den sonst üblichen »Röhrenschmauch« höre ich nicht, zumindest nicht in Form von offensichtlichen Zerrprodukten. Der ELOP+ klingt wunderbar transparent, aber dennoch nicht langweilig wie so manches moderne Transistorgerät oder ein digitales Plug-in.

Auch das Innenleben ist symmetrisch angelegt: links und rechts die Kompressorelektronik, in der Mitte das Netzteil. (Bild: Dr. Andreas Hau)

Man könnte den ELOP+ vielleicht als einen unauffälligen Schmeichler beschreiben. Man fühlt sich gut in seiner Gegenwart, und er macht nahezu alles, was man durch ihn hindurch jagt, ein bisschen schöner. Nur merkt man gar nicht so recht, dass es der ELOP+ ist, der das verursacht. Ich will das mal allegorisch beschreiben: Erblickt man als Spatziergänger eine Katze unter der Straßenlaterne, sagt man: »Na du?« Sieht man dieselbe Katze in der Herbstsonne, sagt man: »Ach, bist du aber eine schöne Katze!« Womit ich sagen will, der ELOP+ ist eine Packung Herbstsonne. Für die Ohren.

Fazit

Der Manley ELOP+ ist ein hervorragender Opto-Kompressor, der technisch wie klangästhetisch sehr gut auf die heutige Musikproduktion abgestimmt ist. Dass es sich um ein Röhrengerät handelt, ist fast schon Nebensache, denn, ganz Manley-Style, geht es nicht um wie auch immer geartete Röhrenartefakte, sondern einfach »nur« um großartigen Klang. Zudem ist der ELOP+ extrem einfach einzustellen − abgesehen von der spiegelbildlichen Anordnung der Bedienelemente, die gewöhnungsbedürftig ist.

Wenn erstklassige Klangergebnisse so simpel zu erzielen sind und das Gerät darüber hinaus auch noch so hochwertig verarbeitet ist wie der ELOP+, dann kann es nur ein Urteil geben: uneingeschränkt empfehlenswert. Der Straßenpreis von ca. 2.600,– Euro scheint angesichts dieser Qualitäten durchaus angemessen.

+++ hohe Klangqualität

+++ regelt sich quasi von alleine

+++ hochwertige Verarbeitung

– spiegelbildliche Anordnung der Bedienelemente

Hersteller/Vertrieb: Manley Labs / SEA Vertrieb

UvP/Straßenpreis: 3.093,— Euro / ca. 2.600,— Euro

www.sea-vertrieb.de

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