Drumsynthesizer

MPC Electronics – The Kit (*1982)

Anzeige

Gäbe es eine Auflistung von Rhythmusgeräten, die einen gewissen »Aua«-Faktor haben, würde The Kit bestimmt einen der vorderen Plätze einnehmen. Dieses skurrile Instrument wird nicht etwa mit Drumsticks angetriggert, sondern in erster Linie mit den Fingern gespielt. Hergestellt wurde es im Mutterland verschrobener Köpfe, England, von der schon lange nicht mehr existierenden Firma MPC Electronics.

mpce-the-kit-aufmacher

Anzeige

Die Firma MPC Electronics (hat übrigens nichts mit Akais MPC-Maschinen zu tun, sondern bedeutet „Music Percussion Computer) wurde in den frühen 80er-Jahren nahe Cambridge von dem Elektronikfreak Clive Button und dem Musiker Mike Coxhead, der in diversen Bands, u. a. The Clones, gespielt und als Roadie gearbeitet hatte, gegründet. Sie brachte eine Reihe von interessanten Drumcomputern und Drumsynths heraus, die aber heute kaum mehr bekannt sind. Ihr erstes Produkt The Kit ist eine etwas merkwürdige Mischung aus Drumcomputer und Drumsynthesizer. Das Instrument wird vor allem mit den Fingern gespielt, lässt sich aber auch extern triggern.

Die Kleinfirma schaffte es, einen Prototyp von The Kit zu erstellen, der 1982 auf der NAMM in Atlanta präsentiert wurde. Er kostete 150 britische Pfund, was beim damaligen Wechselkurs ca. 640 DM entsprach. Das Gerät wurde aber hauptsächlich im Vereinigten Königreich und in den USA verkauft. MPC bot außerdem noch eine Reihe von Zusatzmodulen an, um ein größeres Klangspektrum abzudecken. Im folgenden Jahr kam der MPC-1 heraus, der in Musikerkreisen eine etwas größere Resonanz bekam und u. a. von Depeche Mode erworben wurde. Gegen die Konkurrenz von Unternehmen wie Simmons und die zunehmende Digitalisierung konnte MPC mit seinen analogen Drumsynths wenig ausrichten und die Firma verschwand nach ein paar Jahren von der Bildfläche.

Fingerfood
The Kit sieht in seinem braun-schwarzen Plastikgehäuse sehr geschmackvoll aus. Das kompakte Pultgerät (27 x 24 x 5 cm) verfügt über vier weiße anschlagdynamische Schlagflächen für Bassdrum, Snare, Hi- und Low-Tom sowie drei kleinere Pads für offene und geschlossene Hi-Hat und Becken. Letztere sind nicht anschlagdynamisch und in Metall ausgeführt. Die vier Miniklinkenbuchsen wurden nachträglich eingebaut und dienen als Trigger-Eingänge. Im rechten Teil des Bedienpanels kann man die Lautstärke der Instrumente regeln und den Klang des Beckens mit einem einfachen EQ einstellen.

Hi-Hat
Während alle Instrumente mit der Hand gespielt werden, lässt sich die Hi-Hat auch mit einem internen Sequenzer ansteuern. Das macht durchaus Sinn, denn insbesondere bei schnelleren Grooves ist es schwer, dichtere Hi-Hat-Patterns konstant zu spielen. Auf der linken Seite befindet sich der Hi-Hat-Sequenzer; er verfügt über sechs Patterns, unter denen sich neben einfachen Basics auch schön groovige Hi-Hat-Figuren befinden. Die Patterns lassen sich im Drei- oder Viervierteltakt betreiben und es gibt noch einen Wahlschalter für die Auflösung (8tel oder 16tel) und einen ominösen „Disco“- Modus: Letzterer bietet eine etwas reduzierte Variante der Preset-Patterns.

The Clap
Für ca. 300 DM konnte man The Clap erwerben. Das schmale Pult-Modul erzeugt eine Reihe interessanter, clap-artiger Klänge. Neben der Lautstärke kann man das Decay der Hüllkurve, die Mischung zwischen Clap-Sound und Noisegenerator und die Spreizung der einzelnen Clap-Impulse regeln.

>> Shure BETA Drum Mics: die Klassiker des Drum Recordings <<

Weitere Module
Außer The Clap gibt es noch zwei weitere Module. Mit Synkit, das mit einem Oszillator, Noisegenerator und Autopitch ausgestattet ist, lassen sich effektive Disco-Snares („Piuuu“) generieren. The Tymp ist ein Spezialist für Beckensounds und Artverwandtes. Abgerundet wurde die Serie durch ein Doppel-Fußpedal, mit dem sich die Bassdrum und die offene Hi-Hat triggern lassen.

Fingerhakeln
„Put the musician back in the machine“, verkündeten die MPC-Werbeanzeigen in den frühen 80er-Jahren. Tatsächlich steckt im Ergebnis der Klopfbemühungen allerdings oft etwas zu viel Menschlichkeit drin, denn es erfordert doch einige Übung, um einen überzeugenden Groove längere Zeit tight zu spielen. Dies war wohl auch einer der Gründe für den mangelnden Verkaufserfolg des Gerätes. Man muss sich auch daran gewöhnen, dass die Snare (anders als etwa in GM-Keyboard-Belegungen) links von der Bassdrum sitzt.

Der Sound
The Kit und seine Modul-Verwandten besitzen eine analoge Klangerzeugung mit einem etwas schlanken, aber durchsetzungsfähigen Grundsound. Das klangliche Highlight ist die Hi-Hat, die silbrig, aber unaufdringlich im Klangbild sitzt und mit den groovigen Preset-Patterns des Drumcomputers gut harmoniert. Die Snare und die Bassdrum besitzen einen eher dezenten, aber geschmackvollen Klangcharakter, die Toms erinnern ein wenig an Congas. Dank der Trimmer auf der Unterseite von The Kit lassen sich aber noch einige Klangveränderungen vornehmen.

The Kit wurde uns freundlicherweise von Jürgen Bialijahn zur Verfügung gestellt, der im Studio und live mit seinem Improvisations-Projekt „Be On Earth“ immer wieder Instrumente seiner ansehnlichen Hardware-Sammlung einsetzt.

Beispielsounds von The Kit und zusätzlich einige Loops des Gerätes sowie Sounds für NI Maschine, Akai Renaissance und Arturia Spark: Hier downloaden!

>> Mixing Tutorial: Drums <<

>> AudioBro LA Drama Drums: Drumloops mit Filmmusik-Charakter <<

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.