Die menschliche Stimme kreativ mit einer hybriden Engine kombiniert
Native Instruments Vocal Colors
von Thomas Schimmack,
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Aufbauend auf der Engine der erfolgreichen Library „Piano Colors“ haben sich die Entwickler bei Galaxy Instruments das Konzept aus Layern und Particles erneut vorgenommen und für “Vocal Colors” nun mit der menschlichen Stimme experimentiert. Herausgekommen ist ein kreatives Instrument, das auf der Basis von vokalen Samples und Phrasen zusammen mit elektronischer Synthese ungeahnte und schöne Facetten zaubert.
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Native Instruments Vocal Colors
Der Aufbau der Engine gleicht in großen Teilen dem von Piano Colors, an einigen Stellen wurden aber auch Dinge erweitert, weggelassen oder angepasst. Beispielsweise gibt es aus nachvollziehbaren Gründen keinen „Noises“-Layer für die mechanischen Geräusche des Klaviers. Dafür bekommt man Optionen dazu, die sich für Samples von Stimmen anbieten wie Variationen der Formaten, Breath (ein vokaler Noise-Layer für atemähnliche Klanganteile) oder Pitch- und Vibrato-Einstellungen. Außerdem hat man die neue Möglichkeit, die verwendeten Ausschnitte der Samples anzupassen und ggf. nur einen Teil der Performance (Phrase) zu verwenden. Das macht den Einsatz komplexerer Aufnahmen sehr viel flexibler.
Die Aufnahmen der Gesangs-Samples wurde kreativ gemeinsam mit den Künstlern gestaltet und auf die Engine zugeschnitten, sodass deren Möglichkeiten und Besonderheiten berücksichtigt werden könnten. Es wurden männliche und weibliche Stimmen in Halbtonschritten aufgenommen und dazu auch spezielle Gesangstechniken, die besonders tiefe Artikulationen ermöglichen („Sub-Harmonics“). Neben den klassischen Vokalen entstanden auch Samples von intimen Atemgeräuschen (z. B. im Breath-Modul), Phrasen und rhythmische Sequenzen, einige Samples haben auch Round Robins.
Daraus haben die Sounddesigner über 320 Patches kreiert, die von Pads, Vocoder-artigen Sounds, One-Shots und rhythmischen Kombinationen reichen. Es gibt sphärisches, aleatorische Pattern, Beatbox-Effekte, Geflüster sowie heftig bearbeitete Klänge und ungewöhnliche Performances. Dabei wurden von allen Ideen jeweils zwei Aufnahmen erstellt, die dann in der Engine als „Doubletrack“ optional gleichzeitig verwendet werden können. Alternativ sind auch technische Dopplungseffekte möglich, auch zusammen mit den Doubletracks für extra intensive Performances.
Wie schon bei Piano Colors ist auch hier die Particles Engine eine kreative Spielwiese für komplexe Klanglandschaften – diesmal aber eben mit vokalen Elementen, die in Raum und Zeit auf vielfältige Weise getriggert werden können.
Für rhythmische Patches bietet die Engine außerdem noch den bekannten und umfangreichen Arpeggiator, der einige neue Tricks beherrscht. Mit der Motion-Engine, die es in jedem Layer gibt lassen sich weitere Bewegungen im Klang gestalten. Per LFO entstehen so langsame Veränderungen (z. B. bei den Formanten) oder rhythmische Gate-Sequenzen. Das ganze natürlich im Gleichspiel mit der DAW, wenn gewünscht. Cool ist, dass man rhythmisch Phrasen auch gesynced mehrstimmig abspielen kann, sodass die Performance synchron erhalten bleibt, auch wenn weitere Noten erst später getriggert werden.
Man muss beim Verwenden der Library im Hinterkopf haben, dass möglicherweise die phrasenorientierten Samples einen hohen Wiedererkennungswert haben und vielleicht schneller „verbraucht“ sein könnten, als die universelleren Patches. Glücklicherweise kann man seit dem 1.5 Update auch eigene Samples laden. Das klappt sogar mit gedoppelten, geloopten und rhythmischen Aufnahmen. Die Pitch-Detection und das Slicen übernimmt die Engine automatisch und alle beschriebenen kreativen Werkzeuge lassen sich auch bei eigenen Aufnahmen anwenden. In dem Update 1.5 sind auch weitere Verbesserungen eingebaut worden, wie polyfoner Aftertouch und Vibrato, NKS2-Support sowie frisches Sample-Material, Patches und Partical-Presets.
Native Instruments Vocal Colors lässt sich übrigens prima mit der Schwester-Library Piano Colors kombinieren. Aber auch allein beeindruckt die Vielfalt der Patches von Vocal Colors und die sehr kreative und flexible Engine, in der man sich wirklich verlieren kann. Da Native Instruments von einer „Color Series“ spricht, scheint da bestimmt noch mehr in der Mache zu sein. Ich fände ja ein „Orchestral Colors“ ganz spannend.
Hersteller: Native Instruments (mit Galaxy Instruments)
Plattform: Kontakt Player 7.3.1
Preis / Größe: 199€ / 17 GB
Besonderheiten: Schwester-Library zu Piano Colors, hybride Klangerzeugung, experimentierfreudig