What "The Kids In America" used in these days

Im Test: Behringer WASP Deluxe – Hybridsynth-Klon

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(Bild: Dieter Stork)

»Kim went completely wild when she heard the sound coming from that cheesy plastosynth creature with the flying insect tattooed to it …« So oder so ähnlich hätte eine KEYBOARDS-Headline 1980 anlässlich eines Synth-gestützten internationalen Hits einer gewissen Kim Wilde aussehen können, wenn es das Magazin damals schon gegeben hätte.

Im Jahr 1978 erblickte einer der skurrilsten und widersprüchlichsten Synthesizer im britischen Oxford das Licht der Welt. Das verantwortliche Startup-Unternehmen Electronic Dream Plant (kurz: EDP) wurde gerade einmal ein Jahr zuvor von Adrian Wagner sowie dem über die letzten Jahrzehnte zur Synthie-Design-Legende (OSCar, Novation Bass Station und jüngst Peak und Summit) avancierten Chris Hugget gegründet. Das Joint-Venture aus einem Musiker und einem Schaltungsdesigner entwickelte insgesamt nur eine Handvoll Instrumente und sich selbst innerhalb von nur drei Jahren zu einem wirtschaftlichen Totaldesaster. Der mittlerweile gesuchte und hoch gehandelte Synth mit dem Stechinsekt im Logo orientierte sich klanglich am AKS Synth des ebenfalls britischen Herstellers EMS und brachte für lediglich 199,– Britische Pfund sogar eine an diesen angelehnte Folientatstur mit. Mit seinem Plastikgehäuse und den quietschgelben Farbakzenten vermittelte er im Vergleich zu den im Feld befindlichen Mitbewerberprodukten allerdings eher den Eindruck eines extravaganten Spielzeugs als eines ernstzunehmenden Instruments.

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Doch der Schein sollte trügen! Im Innern des WASP sowie seiner mit vollwertiger Tastatur ausgestatteten Deluxe-Version versteckte sich ein für damalige Verhältnisse ziemlich interessanter digitalanaloger Hybridsynth mit ausgesprochen ernstzunehmendem Gesamtsound. Das klangliche Grundgerüst der Wespe beruhte auf einem Digitaloszillatoren-Pärchen, bei welchem statt Mikroprozessoren allerdings vergleichsweise günstig zu erstehende TTL-Bausteine zum Einsatz kamen. Die auf bipolaren NPN-Transistoren basierenden Bauelemente hatten zudem den Vorteil, dass sie sich relativ tolerant gegenüber Spannungsschwankungen zeigten und daher auch als ausgesprochen gute Kombination zur angedachten Batterieversorgung des Synths passten.

DCO-Abteilung mit angegliederter Bend- (±1 Halbton) und Glide-Funktion nach Originalvorbild, ergänzt um einen Enhanced-Wellenformmode. Das legendäre via Envelope formbare und zwischen Lo, Band, Notch und Hi schaltbare WASP-Multimodefilter

Auch die aktuelle Inkarnation aus der Feder der britischen Entwickler-Dependance des Music Tribes um Uli Behringer in Manchester übernimmt mit fünf Registern (32′, 16′, 8′, 4′ und 2′) und den Wahlwellenformen Sägezahn und Puls (ergänzt um einen Enhanced-Mode) die Specs des Vorbilds. Über das Width-Poti lässt sich die Ausprägung dieser direkt beeinflussen. Warum sich allerdings der Pitchregler für DCO 2 erst auf 14:45 Uhr auf die Stimmung seines Kollegen einpendelt, wird wohl ein gut gehütetes Geheimnis des Tribes bleiben.

Krach und Kontrolle

Die angegliederte LFO-Sektion des Behringer WASP Deluxe bietet originalgetreu ebenfalls sechs Wellenformen (Sinus, Säge steigend, Säge fallend, Puls, Noise und Random) mit Frequenz und Pitchmodulation und beeinflusst bei Bedarf DCO und Filterbank. Auch Noise lässt sich für perkussivere Ergebnisse in dieser Rubrik durch ein gesondertes Poti zumischen.

Rudimentäre Rückansicht: Main-Ausgänge, MIDI-Kanalwahl per Dip-Schalter, Power-Schalter und Netzteilbuchse

Insektenwiesenfiltrat

Das im Signalfluss folgende analoge 12-dB Multimode-Filter des WASP wurde im Zuge steigender Bekanntheit selbst zu so einer Art kleinen Legende und feierte in zahlreichen Reminiszenzen wie Doepfers Eurorackmodul A-124 seine glorreiche Wiederauferstehung. Sein rauer und ungezähmter Sound definiert in allen vier Modi (Lo, Band, Notch und Hi) einen positiv eigenwilligen Charakter mit Wiedererkennungswert, welcher sich über die zugewiesene AD-Hüllkurve (+ Onset Delay) zudem noch hinreichend formen lässt. Eine obligatorische ADS-Hüllkurve samt Hold-Switch mit direkter Einwirkung auf die DCO-Abteilung befindet sich der Logik folgend selbstverständlich gesondert ebenfalls in diesem Bereich.

Ey Bursche, besser nich am Stachel packen!

Zum Glück hat diese Wespe ja keinen und hoffentlich auch keinen versteckten Haken. Wenn man einmal von der durch die Bank uniformen »Muss-auch-ins-Eurorack-passen-deswegen-MIDI-und-USB-obendruff«-Philosophie der Gesamterscheinung der Behringer-Klonfamilie absieht, macht der WASP Deluxe einen wirklich ordentlich verarbeiteten Eindruck. Schalter und Potis fassen sich sehr wertig an und erlauben präzises Arbeiten mit ausreichend Zwischenraum für die Finger und satt laufendem Regelweg. Leider sind nur die verbauten Schalter, nicht aber die Potis zusätzlich zur PCB-Montage mittels Lötzinn auch mit dem Panel verschraubt. Dass Potis einfach so durchs Gehäuse schauen und sich sämtliche mechanische Belastung durch Druck oder Seitbewegung unmittelbar auf die Platine überträgt, ist allerdings mittlerweile leider auch bei hochpreisigeren Instrumenten zu finden und muss wohl oder übel angesichts der immer ökonomischer werdenden Produktionsprozesse hingenommen werden.

Ein wirklich schönes Detail ist das Vorhandensein von separaten Einzelausgängen für jeden der beiden Oszillatoren – ergänzend zu Main-Out und Kopfhörerausgang. Abgesehen von einem Audio-Input ist das dann auch schon alles, was der WASP Deluxe anschlussseitig zu bieten hat. Trotz Eurorack-Kompatibilität sucht man CV-Ein oder -Ausgänge vergeblich. Dafür lassen sich via MIDI-Thru mehrere WASP-Instanzen zu einem polyfonen Synth zusammenschließen. In wie weit dies praktikabel ist, ließ sich mangels zweiten Geräts leider nicht evaluieren.

Buzzin!

Wie klingt sie nun, die Wespe? Kommt sie an das Original heran? Ehrlicherweise lässt sich dies leider nicht genau sagen, da sich ein funktionierender WASP Deluxe in der Kürze der Zeit nicht auftreiben ließ und auch die eigene Erinnerung über die Jahre stark nachlässt. Das Soundpotenzial des Klons ist aber dennoch beachtlich und besitzt einen sehr  individuellen Charakter. Der Synth mit den gelben Akzenten liefert vom spitzzüngigen Soloinstrument bis hin zum wabernden Hubschraubersound nahezu alle Facetten, die man von einem Monofonen erwartet. Eine Selbstoszillation ist dagegen auch der Behringer-Version des eigenwilligen WASP-Filters nicht zu entlocken – was aber auch nicht weiter schadet, denn dafür gibt es andere Spezialisten. Was die Oszillatoren betrifft, ist der WASP Deluxe bereits ein gutes Beispiel, dass selbst frühe Digitaltechnik analogen Schaltungen klanglich in nichts nachstand. Überhaupt, das Gerücht, dass DCOs kälter, lebloser oder irgendwie viel zu unanalog klingen, darf sich dank den Synthesedesign-Lösungen und Entwicklungen des bis zum heutigen Tag nicht müde werdenden Chris Hugget schon des Längeren ins Reich der Legenden verbannt wissen.

(Bild: Dieter Stork)

Ich denke, Kim wird ihn mögen …

Mir hat der Test des WASP Deluxe zumindest ausgesprochen großen Spaß gemacht. Wer etwas klanglich Ausgefallenes für Solo-, Bass- oder Effektanwendung sucht, dürfte beim neusten fernöstlichen Budgetwunder aus dem Hause Behringer mehr als fündig werden. Die Wespe ist wirklich ein schwer zu vergleichender Klassiker, den man trotz oder gerade wegen seiner kratzigen Stacheligkeit einfach lieb haben muss. – Was(p) mich letztlich wieder daran erinnerte, mir nun endlich mal mein Jasper-Kit zu bestellen: done! Danke Uli!

Hersteller: Behringer – Music Tribe
Internet: www.behringer.com

Unsere Meinung:

+ spannender Hybridsynth-Klon
+ Sound
+ Preis/Leistungs-Verhältnis
– keine CV-Anschlüsse

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