All-in-One Toolkit

Neu von Spitfire Audio: Albion Colossus – Sample Library

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Mit Albion One war bei Spitfire Audio vor vielen Jahren einmal die Grundidee der Albion-Sample Libraries geboren: Ein Paket, in dem man alles findet, was man braucht. Ein All-in-One Toolkit, das für eine bestimmte Klangfarbe ausgestattet ist, um mit nur dieser einen Library ganze Musikstücke fertigzustellen.

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Kern der Libraries ist immer ein Orchester, das passend zum angestrebten Klang aufgenommen wurde. Es gibt große und laute Ensembles, zartere und ruhigere Aufnahmen oder auch etwas zum Thema „folkloristisch“, „kleiner und detailreich“ bis hin zu „eher sonderbar“.

Neben dem Albion-Orchester gibt es meistens eine große Auswahl an weiteren Patches, die von elektronischen Klängen über Sounddesign bis hin zu Soundscapes und Drones geht. Loops und Drums/Percussion komplettieren die kuratierte Palette.

Die bisher erhältlichen Albions

Albion One: Das nach eigenen Angaben erfolgreichste Produkt von Spitfire Audio. Albion One wurde bereits einmal runderneuert. Hier dreht sich alles ums epische Komponieren mit großen vor-orchestrierten Ensembles (109 Instrumentalisten) und viel Wumms – grobe Richtung „Blockbuster-Sound“.

Albion Neo: Stimmt etwas ruhigere Töne an und ist der Nachfolger des ursprünglichen Albion II. Hier findet man alles für zeitgenössische Scores, etwas kleiner und vielseitiger, mit einem Orchester, das in zwei String-Divisi-Patches aufgeteilt wurde, vervollständigt mit kleineren Bläser-Ensembles, hybriden Synths, Loops und Texturen.

Albion Tundra: Leise und trotzdem riesig geht es bei Tundra zu – einem meiner Favoriten unter den Albions. 100 Instrumentalisten spielen am „Rande des Hörbaren“. Klanglich erwartet einen die skandinavische Kühle, begleitet von Sounddesign, Loops und Percussion.

Albion Solstice: Das bisher neueste Mitglied der Albion-Reihe mit einem Schwerpunkt auf „Folk Noir“. Ist in Schottland entstanden und bietet eine passende Klangwelt. Diese Library haben wir hier genauer vorgestellt: https://www.soundandrecording.de/equipment/die-interessantesten-sample-libraries-2021/

Albion Uist: Dies ist vielleicht die bisher ungewöhnlichste Library der Reihe, benannt nach einer schottischen Inselkette. Hier versammelt sich eine Vielzahl eher ungewöhnlicher und aleatorischer („zufälliger“) Spielweisen, zum Teil auch Atonales und Verstimmtes nebst vielen Phrasen. Es gibt hier keine Loops oder Percussion. Die Reihe ist über die Jahre gewachsen und es sind auch schon einige Albions wieder verschwunden – quasi in Rente geschickt, weil es neue und vielleicht bessere Ideen gab. Da kommt Colossus ins Spiel:

Albion Colossus:

Vorgeschichte

Die neuste Albion-Library hat bereits eine längere Gerüchte-Geschichte in den Foren. Vor über einem Jahr wurden die ersten Hinweise gesichtet und Christian Henson – einer der Gründer der Sample-Manufaktur — hat hier und da etwas angedeutet. Kurz vor der Veröffentlichung machten dann sogar konkrete Leaks die Runde. Nun ist Albion Colossus offiziell erschienen.

Die zwei Orchester

Der Name Colossus ist auf jeden Fall Programm: Es wird das epische Klangspektrum bei diesem Albion angepeilt und Spitfire Audio geht damit wieder in Richtung Anfang der Reihe. Es ist aber trotzdem ganz anders und vielleicht auch lauter als bei Albion One.

Beim Orchester beginnen die Unterschiede, denn man bekommt nicht nur eines, sondern gleich zwei. Eigentlich sind es zwei Ensemble-Größen: ein Kammerorchester (42 Instrumentalisten) und ein symphonisches Orchester (111 Instrumentalisten), beide als Ensembles nach Instrumentengruppen getrennt spielbar (Streicher hoch/tief, Blech-und Holzbläser). Alle kommen mit einer Auswahl unterschiedlicher Spielweisen (lang (optional als Legato), kurz und Swells (Hairpin)). Dazu bekommt man noch einige einzelne Instrumentengruppen als separate Patches (z. B. Hörner, Piccolos und Flöten), sodass etwas differenzierter orchestriert werden kann.

Wichtig hier noch mal hervorzuheben: Alle Instrumentengruppen und Artikulationen liegen in beiden Orchestergrößen vor und können einzeln verwendet werden. Das allein ist schon eine mächtige Auswahl an orchestralen Klängen.

Trotz des epischen Ansatzes finden sich auch das Spitfire-typische „Flautando“ und andere zurückgenommene Artikulationen. So sind auch tolle Steigerungen in der Intensität realisierbar. Das Orchester bildet das Fundament der Library. Wer häufig verschiedene Libraries von Spitfire Audio kombiniert, für den ist es interessant zu wissen, dass diese Albion-Library nicht in den Air-Studios aufgenommen wurde, sondern in der Glasgow Royal Concert Hall. Auch Albion Solstice wurde bereits in Schottland aufgenommen, allerdings in Edinburgh. Das Kombinieren sollte trotzdem gelingen.

Die neuen Regler Scale, Hype und Depth

Ein weiteres Kernelement für den Sound von Colossus sind drei neue Regler im Spitfire Player: „Scale”, „Hype” und „Depth“. Sie sind in allen Patches verfügbar und beeinflussen den Sound maßgeblich. Sie helfen, den angestrebten epischen Impact zu erhöhen. Das bereits bekannte Design mit dem großen Knopf und den zwei Reglern wurde für Colossus dafür um zwei neue Fader erweitert: „Scale“ und „Depth“. „Hype“ findet man bei den Effekten.

Die Funktionsweise von „Scale“ erinnert etwas an Mechanismus der „Aperture“-Instrumente, die in den vergangenen Jahren anlässlich des Black Friday Sales von Spitfire Audio veröffentlicht wurden. Ein Fader regelt hier die Größe des Ensembles und damit die akustische Wucht. Bei Colossus wird von dem Kammerorchester in den symphonischen Klangkörper überblendet. „Scale“ kann man für einen stärkeren Effekt auch mit „Expression“ oder „Dynamics“ verlinken. „Depth“ vereint in einem Fader die Auswahl der verwendeten Mikrofone von nah bis räumlich. Die ähnliche Funktion „Easy-Mix“ gab es auch schon in früheren Libraries unter Kontakt. Einzeln stehen die Signale der Mikrofone nun aber nicht zur Verfügung.

Die etwas umständlich über ein Untermenü erreichbaren Werte für Hall, Kompression oder ähnliche Einstellungen finden sich auch dauerhaft nebeneinander angeordnet in der FX-Ansicht. Dort befindet sich auch der letzte der neuen Regler. „Hype“ fügt einen dynamischen Layer mit einer extra Portion Intensität hinzu. Für alle Patches wurde individuell ein zusätzlicher Sample-Layer vom Sounddesign-Team erstellt, der z. B. mit Tape-Sättigung, Verzerrung und Stereoverbreiterung die Sounds noch mächtiger macht. Dieses Signal lässt sich expressiv zum Mix hinzufügen.

Percussion und Drums

Natürlich benötigt man auch eine große Auswahl an Schlagwerk für den epischen Klang. Neben dem klassischen Konzert-Kit gesellen sich deswegen traditionelle Drums (wie Taikos) und ein umfangreiches akustisches Drumkit dazu, ergänzt durch tonale Percussion von Zimbeln, Glockenspiel und Vibrafon. Ein Set aus metallischen Hits erweitert das Klangspektrum mit dem Patch „Junkyard“. Aus all diesen Aufnahmen von Drums, Percussion und Hits hat der Künstler Snakes of Russia mit viel fettem Sounddesign neue Kits zusammengestellt, die mir durchweg sehr gut gefallen und auch außerhalb von Trailer-Produktionen gute Dienste leisten werden.

Synth

Snakes of Russia hat dann auch die nächste Kategorie mit den Synths zu verantworten.

In den fünf Bereichen Bass, Drones, Keys, Leads und Pads finden sich die einzelnen Sounds als unterschiedliche Artikulationen angeordnet. Leider ist die Auswahl im Vergleich zu früheren Albions etwas überschaubarer, aber von hoher Qualität. Mehrere Sounds lassen sich über die Shift-Taste zusammen schalten. Das Scale-Feature wurde hier in Form von unterschiedlich aggressivem Sounddesign umgesetzt. Leider fehlt die von anderen Libraries bekannte eDNAEngine mit ihren vielen Sounddesign-Optionen.

Gitarre

Raue Gitarrenklänge ähnlich der, die man in Aperture Stacks finden kann, gibt es auch in Colossus. Die aufgenommenen Sounds wurden über drei bzw. sechs Amps in den entsprechenden Räumen der Orchesteraufnahmen „re-amped“ und so für den Scale-Regler aufbereitet. Es stehen auch hier kurze und lange Spielweisen zur Verfügung, neben einigen spezielleren Klängen wie „Dead Notes“ und „Dive Bombs“.

Kein Kontakt mehr

Albion Colossus läuft als erster Vertreter der Reihe nicht mehr in Kontakt, sondern kommt im eigenen Player in die DAW. So richtig übersichtlich ist die Spitfire Audio Engine noch immer nicht, trotz einiger Verbesserungen. Würde etwas sparsamer mit dem Platz umgegangen werden, könnten sicherlich mehr Bedienelemente gleichzeitig angezeigt werden und über einen übersichtlicheren Browser und NKS-Unterstützung würde ich mich freuen.

Mächtig ist bei Colossus nicht nur der gelungene Sound, sondern auch der SSD-Footprint: 110 GB wollen runtergeladen werden – bei Albion One genügte noch rund die Hälfte … Den Umfang merkt man auch in manchen Ladezeiten der Patches – trotz SSD. Das liegt sicherlich an den vielen Layern, die für die neuen Regler alle immer geladen werden müssen.

Fazit

Es war offenbar ein langer Weg bis zum Release von Albion Colossus und trotzdem fehlt mir etwas für ein rundes Bild. Ich finde, Spitfire hätte das „all in one“ Konzept noch etwas weiter fassen müssen. Colossus bleibt in einigen Bereichen hinter den Möglichkeiten. Etwas mehr Optionen zum eigenen Sounddesign (Stichword fehlende eDNA), ein paar Braams und Hits im Arsenal und deutlich mehr Synths-Patches hätten gut getan (siehe andere Albions mit den Stephenson’s-Patches). Aber es ist trotzdem eine solide Erweiterung der Reihe, die auch ohne Blockbuster-Sound im Hinterkopf vor allem im orchestralen Bereich eine sehr gute Figur macht und vielseitig einsetzbar ist. Die Möglichkeiten der Perspektiv-Verschiebung und die eingebaute Aperture-Idee machen großen Spaß. Wenn der Geldbeutel es zulässt, kann man diese Library gut mit den Hans Zimmer Libraries von Spitfire ergänzen oder auch ein großer Chor passt gut dazu (z. B. „Chorus“ von Audio Imperia). In Sachen Synth empfiehlt sich Polaris (auch von Spitfire) und bei Braaams fällt mit die „Symphonic Destruction“-Library von Heavyocity ein. Auch als Einsteiger-Library mit vielfältigem Orchester-Sound ist Albion Colossus eine Erwägung wert, dafür preislich aber ambitioniert.

Hersteller: Spitfire Audio (https://www.spitfireaudio.com/albion-colossus)

Plattform: eigenes Plug-in

Preis / Größe: regulär 449€ (Intropreis 349€) / 110 GB (installiert)

Besonderheiten: zwei Orchester, die in einem Patch skaliert werden können, mächtiger Sound

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