(Bild: Dieter Stork)
Controller-Keyboards bestanden lange Zeit aus einer einfachen Tastatur und einem fünfpoligen DIN-Ausgang. Je nach Ausführung kamen dann Drehregler, Fader oder ein paar Drum-Pads hinzu. All das wird auch in der neuen SL-Serie von Novation geboten, macht aber nur einen Bruchteil des Feature-Sets aus.
Möchte man seinen analogen Gerätepark und gleichzeitig die DAW von einem Standalone-Controller aus möglichst intuitiv und flexibel steuern, gibt es momentan keine allzu große Auswahl. Novation hat sich zum Ziel gesetzt, dies mit der neuen SL-Serie in Angriff zu nehmen. Wir sind gespannt!
Das neue SL MkIII ist in zwei Ausführungen erhältlich; mit 49 und 61 Tasten. Uns wurde das kleinere Modell ins Testlabor geschickt. Mit Maßen von 817 x 300 x 100 Millimetern (BxTxH) bringt das Keyboard ein Gewicht von etwa 5,4 kg auf die Waage. Das schwarze Kunststoffgehäuse ist unten mit zwei türkisen Silikonstreifen versehen, sodass das Gerät auch auf glatten Oberflächen stabil steht. Die Klaviatur setzt sich aus halbgewichteten anschlagsdynamischen Tasten mit Aftertouch-Funktion und angenehmem Spielgefühl zusammen. Jede Taste ist oben mit einer LED versehen, was man in ähnlicher Form bereits von Native Instruments’ »Komplete Kontrol S«-Serie her kennt.
Ein Controller-Keyboard mit riesigem Potenzial
Im Zentrum der Bedienoberfläche sind zwei Reihen mit je acht anschlagsdynamischen Pads inklusive polyfonem Aftertouch eingelassen, die verschiedenste Funktionen übernehmen können. Darüber hat Novation gleich fünf farbige LC-Displays eingebaut, die mit einer Bildschirmdiagonale von 45 Millimetern und recht feiner Auflösung diverse Parameter und Controller-Zustände visualisieren.
Über den Displays gibt es acht Endlos-Encoder, die in Form und Haptik etwas an Ableton Push erinnern. Acht Fader mit einem Regelbereich von 53 Millimetern sind im rechten Drittel der Bedienoberfläche vorhanden. Auch eine traditionelle Transport-Sektion wurde dem SL MkIII spendiert. Es gibt aber noch haufenweise andere Buttons, deren Funktion wir uns später noch genauer ansehen. Alle Taster, Pads sowie Pitch-Rad und Modulation-Wheel sind gummiert und mit einer farbigen Hintergrundbeleuchtung versehen.
Für ein Controller-Keyboard besitzt die Rückseite ein ungewöhnlich großes Repertoire an Verbindungsoptionen. Man findet die drei klassischen DIN-Buchsen »In«, »Out1« und »Thru/Out2«, gefolgt von den Klinkenbuchsen »Sustain«, »Expression« und »Footswitch«. Sehr erfreulich sind die Miniklinkenbuchsen »CV«, »Gate« und »Mod«, in gleich zweifacher Ausführung sowie ein Clock-Ausgang. Das 49SL ist für die Arbeit mit Steuerspannungen und Modular-Synthesizern also bestens gerüstet. Selbstverständlich ist auch ein USB-Port für »MIDI-over-USB« mit an Bord. Für die Stromversorgung muss allerdings das mitgelieferte 12V-Netzteil (1.200 mA) angeschlossen sein. Ein bündig eingelassener Power-Schalter rundet das Angebot auf der Rückseite ab.
Zum weiteren Lieferumfang gehören eine Version von Ableton Live Lite, ein USB-Kabel sowie ein Quick-Start-Guide.
Im Betrieb: Tasten-Tricks
Wie bereits erwähnt, ist über jeder Taste eine dedizierte LED angebracht. Diese LEDs leuchten erst mal durchgehend in einer Farbe und verdeutlichen u. a., in welchem Modus bzw. mit welchem »Part« man gerade arbeitet. Interessant wird es jedoch, sobald man den ersten Button am Anfang des Vierer-Blocks auf der linken Seite des SL49 drückt: »Zones«. Die Displays zeigen an, dass man nun bis zu acht Zonen aktivieren kann. Wählt man nun mit dem entsprechenden Encoder das gewünschte Ziel, also einen der acht Parts, aus, übernehmen die LEDs dessen Farbe. Nun kann man, ebenfalls per Encoder den Zonenbereich, also »Low Key« und »High Key«, definieren. So lassen sich mehrere Instrumente über die Tastatur verteilen. Zonen dürfen sich auch überlappen, was also auch das Erstellen von Layer-Setups erlaubt. Pro Zone lassen sich Steuerelemente wie z. B. das »Sustain Pedal« oder »Mod Wheel« selektiv abschalten oder ein eigener Versatz für die Parameter »Transpose« und »Octave« vorgeben.
Sehen wir uns den Button »Scales« genauer an. Im Display-Menü kann man dem 49SL mitteilen, in welcher Tonart man spielen möchte, »D Harmonic Minor«, »E Major«, »F Phrygian« usw. Während der Auswahl aktualisieren sich stets die LEDs über den Tasten und beleuchten nur die Noten, welche eben Bestandteil der jeweiligen Skala sind.
Wie die Tastatur nun reagiert, wird über den Menü-Punkt »Scale Mode« festgelegt. Ist hier »Snap« ausgewählt, verschiebt das SL falsch gespielte Noten, die nicht zur Tonart gehören, zu der am nächsten liegenden Note innerhalb der Skala. »Filter« hingegen ignoriert den Fehlgriff einfach und sendet keinen Note-On-Befehl – der Fehler ist dann schlicht nicht zu hören. Soll das SL sich nicht in die Spielweise einmischen und nur eine optische Spielhilfe geben, ist »Display only« der richtige Modus.
Sequencer / Arpeggiator
Kommen wir zu dem Teil des 49SL, der sich wohl am stärksten von einigen Konkurrenten abhebt, dem integrierten Sequencer und Arpeggiator.
Der Sequencer bietet zwei Ansichten: »Steps View« und »Patterns View«. Insgesamt stehen acht Spuren zur Verfügung. Jede Spur speichert dabei bis zu acht Patterns à 16 Steps. Die Lauflichtprogrammierung kann u. a. per Step-Input auf sehr clevere Weise erfolgen. Dazu wird im »Steps«- Modus einfach das Pad des gewünschten Steps gedrückt gehalten und dann die entsprechende Taste auf der Klaviatur betätigt. Die LED darüber gibt dann mit roter Farbe Rückmeldung. So können Noten auch nachträglich gelöscht oder zu Akkorden ausgebaut werden. Sehr intuitiv!
Mithilfe des Buttons »Options« kann man im Anschluss Parameter wie »Velocity« oder »Gate« für jeden Step per Encoder variieren. Auch Start- und End-Position sowie Laufrichtung oder Sync Rate lassen sich ändern − die LC-Displays geben währenddessen eine sehr gute Übersicht.
Selbstverständlich erlaubt der Sequencer auch direkt eine Phrase »on-the-fly« einzuspielen und aufzunehmen. Möchte man nachträglich den einen oder anderen Step korrigieren, ist das wiederum durch Halten des entsprechenden Pads möglich. Übrigens erlaubt der Sequencer auch, Parameteränderungen von bis zu acht CCs aufzuzeichnen. Dieses »Motion Sequencing« kann entweder per Step oder in Echtzeit, während das gesamte Pattern läuft, erfolgen. Filterfahrten, Lautstärkenänderungen per Fader oder ein extravaganter Pitch-Effekt − so ziemlich alles geht!
Ist hingegen der Button »Patterns« gedrückt, hat man die Möglichkeit, mit den Pads ein neues Pattern für die Programmierung auszuwählen bzw. zwischen bestehenden Patterns hin und her zu schalten.
Auch das Kombinieren von Patterns ist kinderleicht. Dazu hält man einfach zwei oder mehrere Pads gedrückt, um eine Pattern-Kette zu erzeugen.
Ein »Arpeggiator« mit Latch-Funktion ist ebenfalls an Bord. Diesen kann man entweder fix Part 1 bis 8 oder dem jeweils selektierten Part zuweisen. Natürlich gibt es auch hier diverse Typen wie »Up/Down«, »Random« und sogar »Chord«. Auch Gate, Sync Rate, Oktavbereich und die Länge lassen sich einstellen. Ziemlich hübsch ist, dass man mithilfe der 16 Pads einzelne Steps innerhalb der Arpeggiator-Sequenz stummschalten kann.
Sessions / Templates
Das SL kann jeden Part an einen beliebigen externen Klangerzeuger oder Soft-Synth schicken. Dieses Setup wird mithilfe von »Templates« vorgenommen. Als Ziel kann man hier für einen Part »USB«, »Din 1«, »Din 2«, »CV/Gate 1« oder »CV/Gate 2« auswählen. Natürlich lässt sich in diesem Menü auch ein MIDI-Kanal zwischen 1 und 16 festlegen. »Templates« können momentan nicht direkt am 49SL erzeugt werden, dafür ist noch die Software »Novation Components« notwendig. Diese Einstellungen werden übrigens auch in der »Session« gespeichert. Drückt man auf den gleichnamigen Button, kann man bis zu 64 Sessions speichern − die Nummerierung stimmt. Jeder Session kann auch eine Farbe zugewiesen werden. Um allerdings einen Namen zu vergeben, ist wiederum »Components« nötig.
Software / Editor
Die Editor-Software »Novation Components« gibt es zum einen als Online-Version, die via Internet-Browser (Google Chrome und Opera) den Zugang zum Cloud-Service ermöglicht. Hier kann man seine Novation-Geräte verwalten, Back-ups speichern, das Verhalten von Encodern, Fadern usw. anpassen und nach der neusten Firmware Ausschau halten. Ein zusätzlicher »Offline Editor« namens »Components Standalone« ist glücklicherweise auch im Angebot.
Der Controller in Ableton Live
Novation hat eng mit Ableton zusammengearbeitet, um die Integration so unkompliziert wie möglich zu gestalten. Das ist auch gelungen! Seit Version 10.0.4 ist das Keyboard fest in Live implementiert, sodass keine Skripte mehr manuell geladen werden müssen. Das heißt, sobald das entsprechende Modell unter »Voreinstellungen / MIDI« ausgewählt ist, steht die Kommunikation und der rote Rahmen, der entsprechend stets zwei Zeilen umschließt, erscheint in der Session-View.
Ist der Button »InControl« aktiviert, übernimmt das SL49 die DAW-Steuerung. Dadurch werden verfügbare Clips auf den Pads gespiegelt − sogar mit der korrekten Farbe. Ist eine Spur scharfgeschaltet, kann man mit den Pads auch eine Aufnahme starten und stoppen. Mit den großen Pfeil-Buttons auf der linken Seite lässt sich der rote Rahmen nach oben oder unter verschieben. Die beiden Pfeil-Buttons auf der rechten Seite der Pads dienen als klassische Scene-Launcher.
Die acht Fader übernehmen von Haus aus die Lautstärkeregelung der aktuell fokussierten Spuren. Die 16 Soft-Buttons darüber kümmern sich währenddessen um »Mute« und »Solo«. Nach Betätigung der Pfeiltaste stehen hier auch »Monitor« und »Track Arm« zur Verfügung. Das Banking erfolgt mithilfe der zwei »Track«-Buttons über dem Mod-/Pitch-Wheel. Eine feine Sache!
Auch die Parameter von selektierten Devices werden detailliert auf den Controller-Displays gespiegelt. So kann man beispielsweise Gain, Frequenz und Filtergüte eines EQs oder den Sound eines Klangerzeugers wie dem »Wavetable« steuern. Sollten mal nicht alle verfügbaren Parameter auf die acht Encoder passen, signalisiert das 49SL mit einer leuchtenden Pfeiltaste, dass weitere Menü-Seiten vorhanden sind. Alle Devices auf einer Spur sind über den Button »Options« einzusehen und auszuwählen. Hier kann man auch Sends oder Panorama auf die Encoder legen. Kinderleicht!
Ist der Button »Grid« aktiviert, wechselt das SL in einen speziellen Drum-Modus, der auf bessere Handhabung von »Drum Racks« abzielt. So dienen die Pads, die zuvor als Clip-Launcher agierten, als klassische Drum-Trigger. Dank der bidirektionalen Kommunikation des Skripts ist auf der physikalischen Bedienoberfläche stets ersichtlich, welche Slots des Drum-Racks in Ableton mit Samples gefüllt sind. Auch das Scrolling klappt perfekt mit den beiden links angebrachten Pfeil-Buttons.
Hat man zuvor Patterns und Phrasen am SL-Sequencer erarbeitet, wechselt man bei laufender Wiedergabe einfach per »InControl« zu Ableton Live, um dort alle MIDI-Informationen in Clips aufzeichnen. Die maßgeschneiderte Integration in Ableton Live ist in anderen DAWs natürlich nicht ganz zu überbieten, allerdings lassen sich Cubase, Studio One, Pro Tools oder Reaper dank des HUI-Protokolls ebenso fernsteuern.
Fazit
Novation hat einen hervorragenden Job abgeliefert! Das 49SL MkIII wird sich mit Sicherheit in so manchen Projektstudios und sogar in einigen Live-Situationen als Herzstück etablieren. Farbige Hintergrundbeleuchtung der Buttons und Pads sowie die zahlreichen LEDs erleichtern die Übersicht während des Betriebs immens. Das macht sich u. a. bei der erstklassigen Zonen-Verwaltung sowie im Scales-Modus positiv bemerkbar. Der integrierte Sequencer ist wunderbar umgesetzt − das Programmieren per Step-Eingabe geht sehr komfortabel und intuitiv von der Hand.
Eine weitere große Stärke ist das schnelle Wechseln zwischen dem Spielen von Software- und Hardware-Instrumenten sowie der DAW-Steuerung, insbesondere im perfekten Verbund mit Ableton Live.
Eigentlich könnte man besten Gewissens die volle Punktzahl verteilen, gäbe es da nicht ein paar Kleinigkeiten hinsichtlich der Verwaltung von Sessions und Templates. Allerdings sind diese minimalen Verbesserungswünsche nicht der Hardware geschuldet und werden vermutlich über Software- und Firmware-Update zu lösen sein.
+
sehr flexibles und gut durchdachtes Konzept
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integrierter Sequencer und Arpeggiator
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alle Modi und Funktionen sehr gut durch LEDs, LC-Displays und Hintergrundbeleuchtung visualisiert
+
DIN-MIDI, MIDI-over-USB und CV-Verbindungen
—
ein paar wenige Funktionen momentan nur über Editor-Software verfügbar
Hersteller/Vertrieb: Novation
UvP/Straßenpreise: 599,99 Euro / 569,– Euro (SL49), 699,99 Euro / 669,– Euro (SL61)
www.novationmusic.de
Sehr interessantes Teil. ” Alle Taster, Pads sowie Pitch-Rad und Modulation-Wheel sind gummiert und…” die Frage ist, ob in 2-3 Jahren diese Gummierung klebrig wird, weil die Weichmacher raus diffundiert sind! Das passiert mir bei etlichen “gummierten” Knöpfe und es ist absolut nervig. Manche lassen sich im Nachhinein durch passende Aluknöpfe ersetzen. Es gibt aber Ausführungen, die lassen so einen Wechsel nicht zu. Ich finde, dass DAS ein wichtiges Qualitäts- UND Kaufkriterium ist.
Vielleicht können Testredaktionen diesen Punkt gegenüber den Herstellern thematisieren und dazu beitragen, dass da ein kundenorientiertes Umdenken statt findet.
Hallo zusammen !
Hat die Tastatur jetzt auch polyphonen Aftertouch ??
Grüße