Phantomgespeisten Inline-Preamp: Royer dBooster R-DB20 im Test
von Dr. Andreas Hau,
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(Bild: Dr. Andreas Hau)
Die kalifornische Firma Royer hat nicht nur maßgeblich zum Revival der Bändchenmikrofone beigetraten, sie ist auch Vorreiter in Sachen Active Ribbons – Bändchen mit integriertem Vorverstärker. Mit dem dBooster präsentiert Royer nun einen phantomgespeisten Inline-Preamp, der passive Bändchenmikrofone „aktiviert“.
Der Royer R-DB20 dBooster, kommt in einem schmucklosen Pappkästchen, das man zur Aufbewahrung weiter verwenden kann. Immerhin: „Designed and Assembled in U.S.A.“ steht stolz auf der Verpackung. Offenbar kann man doch noch zu konkurrenzfähigen Preisen in der Heimat produzieren! Knapp unter 200 Euro kostet der dBooster im Handel.
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Inspektion
Der dBooster hat ein schwarzes Metallgehäuse mit sehr kompakten Abmessungen von 92 x 51 x 43 mm. Auf der einen Stirnseite befindet sich der XLR-Eingang mit einem daneben liegenden Button zur Gain-Umschaltung (12 dB/20 dB), auf der anderen Stirnseite liegt der XLR-Ausgang. Und das war’s auch schon an Anschlüssen und Bedienelementen! Die Unterseite des rund 170 g schweren Gehäuses hat eine Gummiauflage, die für einen rutschfesten Stand sorgt. Auf der Oberseite ist das Royer-Logo aufgebracht, auf den beiden Gehäuseflanken der dBooster-Schriftzug. Fertig.
Schauen wir uns die technischen Daten an: Die Eingangsimpedanz beträgt 3,6 Kilo-Ohm – das ist etwas mehr als die meisten Mikrofoneingänge bieten und könnte einer der Gründe sein, den dBooster einzusetzen: An einem Eingang mit hoher Impedanz klingen Bändchenmikrofone tendenziell druckvoller und brillanter als an Eingängen mit Impedanzen unter etwa 2 kOhm. Das liegt daran, dass der Impedanzverlauf eines Bändchenmikros nicht eben ist, sondern in den unteren und oberen Frequenzen ansteigt. An einem Mikrofoneingang mit niedriger Impedanz kommt es daher in diesen Bereichen zu Pegelverlusten; an einem Mikrofoneingang mit etwas höherer Impedanz dagegen nicht.
Das zentrale Feature des dBoosters ist aber natürlich die zusätzliche Verstärkung. Wie angesprochen, lässt sich das Gain zwischen 12 und 20 dB umschalten. Das sind sinnvolle Werte für einen Inline-Preamp, denn man möchte ja den nachfolgenden Mikrofonvorverstärker nicht übersteuern, und man sollte weiterhin in der Lage sein, über dessen Gain-Regler den Aufnahmepegel zu justieren. Mit anderen Worten, ein Inline-Preamp soll nicht den Mikrofonvorverstärker ersetzen, sondern dessen Gain-Bereich nach oben erweitern. Dafür sind 12 bis 20 dB zusätzliche Vorverstärkung ideal.
Ein potenzielles Problem für einen Inline-Preamp sind Übersteuerungen bei hohen Schallpegeln. Royer beziffert den „Headroom“ (eigentlich Grenzschalldruckpegel) im 20-dB-Setting auf 127 dB SPL, ausgehend von einer Mikrofonempfindlichkeit von 4 mV/Pa. Die meisten Bändchenmikrofone (und andere dynamische Mikros) erreichen kaum die Hälfte; d. h. hier wäre der „Headroom“ entsprechend höher. Bei 2 mV/Pa – ein üblicher Wert für passive Bändchen jüngeren Datums – bliebe der dBooster bis 133 dB SPL verzerrungsfrei. Ältere Bändchen liefern oft noch weitaus niedrigere Ausgangspegel; das Beyerdynamic M 160 ist beispielsweise mit 1,0 mV/Pa spezifiziert – da würde der dBooster bis zu enormen Schallpegeln von 139 dB SPL mitmachen. Somit ist die Übersteuerungsfestigkeit des dBooster für die Praxis völlig ausreichend. Probleme mit Verzerrungen müsste man nur in Fällen befürchten, wenn man ein sehr ausgangsstarkes dynamisches Mikrofon an einer sehr lauten Quelle einsetzen möchte – aber in solchen Fällen würde man ohnehin keinen Inline-Preamp benötigen.
Eher zu Problemen könnte der Stromverbrauch führen. Der dBooster arbeitet mit 48-Volt-Phantomspeisung und zieht einen Strom von 5 mA; bei vollem Ausgangspegel sogar bis zu 7,5 mA. Das liegt zwar noch im Bereich der P48-Spezifikation (maximal 10 mA), aber so mancher Mikrofoneingang schafft das in der Praxis nicht. Das gilt insbesondere für Audio-Interfaces ohne eigene Stromversorgung, die mit USB-Bus-Power betrieben werden.
Bild: Dr. Andreas Hau
Die Vorverstärkung lässt sich umschalten zwischen 12 dB und 20 dB.
Bild: Dr. Andreas Hau
As simple as it gets: vorne Eingang, hinten Ausgang.
Praxis
Als Härtetest habe ich den Royer dBooster mit den Klassikern M 160 und M 130 von Beyerdynamic ausprobiert, die klanglich auch heute noch zur Spitzenklasse zählen, aber, wie erwähnt, deutlich ausgangsschwächer sind als modernere Ribbons. Zeitgemäße Rauscharmut erreicht man daher nur mit extrem rauscharmen Mikrofonvorverstärkern. Mit dem Royer dBooster lassen sich diese und andere Bändchen mit sehr geringer Empfindlichkeit „stressfrei“ einsetzen. Endlich bekommt man auch am einfach gestrickten Mikrofoneingang eines preisgünstigen Audio-Interface einen prallen und rauscharmen Sound.
Der dBooster verbessert auch das Zusammenspiel mit so manchem Vintage-Preamp wie etwa den derzeit so populären Neve-1073-Derivaten. Diese haben nämlich wie das Original recht niedrige Eingangsimpedanzen von 1200 Ohm, bzw. gar 300 Ohm im Low-Z-Modus. Schaltet man den Royer dBooster dazwischen, erhält man das Beste beider Welten: geschmeidige Vintage-Färbung in Verbindung mit der Rauscharmut eines modernen Preamps. Zudem verbessert sich die Bass- und Höhendarstellung, da der dBooster das Mikrofon mit einer recht hohen Eingangsimpedanz betreibt und vom nachfolgenden Preamp entkoppelt. Dennoch sollte man den Neve-Style-Preamp im hohen Impedanz-Setting betreiben, um Pegelverluste zu vermeiden und die Ausgangsstufe des dBooster zu entlasten. Hoch interessant ist der dBooster auch in Verbindung mit Röhrenvorverstärkern, die selten einen optimalen Rauschabstand erreichen. Mit 12 bzw. 20 dB Verstärkung noch vor der Eingangsstufe des Röhren-Preamps, lässt sich das Gesamtrauschen im einige Dezibel senken.
Wunder wirken kann der dBooster indes nicht: Entgegen der landläufigen Meinung entsteht das Rauschen passiver Mikrofone nicht alleine im Preamp. Vielmehr ist es zum größten Teil das hochverstärkte Wärmerauschen der Quellimpedanz, d. h. des Mikrofons: Der Rauschpegel eines 200-Ohm-Widerstands liegt bei etwa –130 dBu. Um 70 dB verstärkt werden daraus –60 dBu – daran lässt sich nichts ändern. Ein guter Preamp fügt seinerseits nicht mehr als etwa 3 dB Rauschen hinzu, und das ist beim Royer dBooster gegeben. Tatsächlich gibt es ultra-rauscharme Vorverstärker, die praktisch gar kein zusätzliches Rauschen hinzufügen. Aber für diese 2 bis 3 dB zusätzlichen Rauschabstand muss man in der Regel tief in die Tasche greifen, etwa in Form eines dedizierten Ribbon Preamps, wie sie von Firmen wie AEA oder True Systems angeboten werden. Insofern bietet der Royer dBooster nicht ganz das physikalisch Mögliche, ist aber nahe dran – zum bezahlbaren Preis.
Außer bei Klang und Rauschen bietet der dBooster auch Vorteile in Sachen Handling: Er entkoppelt das angeschlossene Mikrofon von der Phantomspeisung. Das ist insbesondere dann von Vorteil, wenn sich die Phantomspeisung nur global oder für ganze Kanalgruppen schalten lässt. Will man Kondensatormikrofone und Bändchen gleichzeitig verwenden, müsste man also die Phantomspeisung einschalten, mit dem Risiko, das empfindliche Bändchen zu „grillen“. Theoretisch sollte das nicht passieren, aber in der Praxis muss man eben mit fehlerhaften Kabeln und anderer Unbill rechnen. Und ein hauchdünnes Aluminiumbändchen verzeiht leider keine Fehler. Der dBooster löst dieses Problem, denn er benötigt ja selbst Phantomspeisung, genau wie ein Kondensatormikro, während sein Mikrofoneingang spannungsfrei bleibt.
Fazit
Der dBooster macht genau das was er soll: Er verhilft dynamischen Mikrofonen mit geringer Empfindlichkeit zu mehr Output. Dadurch verbessert er das Rauschverhalten insbesondere in Verbindung mit einfachen Mikrofonvorverstärkern, beispielsweise den in Audio-Interfaces eingebauten Preamps. Auch das Klangverhalten verbessert sich; einerseits, weil er den nachfolgenden Mikrofonvorverstärker entlastet – viele preisgünstige Preamps klingen in hohen Gain-Settings zunehmend matt – und andererseits, weil der dBooster eine höhere Eingangsimpedanz bietet als die meisten Mikrofonvorverstärker, was dynamischen Mikros in aller Regel gut tut. In anderen Worten: mehr Druck von unten und mehr Brillanz in den Höhen. Das gilt übrigens nicht nur für Bändchenmikros, sondern auch für dynamische Mikros mit Tauchspul-Kapsel. So möchte ich den dBooster nachdrücklich auch für das Shure SM7B empfehlen, das sich in den letzten Jahren auch hierzulande vom Geheimtipp zum Studiostandard gemausert hat. Dabei benötigt es einen erstklassigen Preamp, um sein volles Potenzial zu entfalten!
Der dBooster ist eine attraktive Alternative fürs Homestudio, um auch am Mikrofoneingang des Audio-Interface erstklassige Klangergebnisse zu erzielen. Für Profistudios ist der dBooster vor allem attraktiv, um Bändchen und andere pegelschwache dynamische Mikros an Vintage- und Röhren-Preamps zu betreiben. Der dBooster kann in solchen Fällen das Rauschverhalten hörbar verbessern. Kleine Kiste, große Wirkung!