Immer wieder hat die Menschheit versucht, über Stereofonie hinaus zu gehen. Gescheitert sind diese Versuche bislang vor allem an den Kosten, sowohl der Wiedergabesysteme als auch der Aufnahmetechnik. Zumindest in letzterem Punkt ist nun Besserung in Sicht: Mit dem NT-SF1 präsentiert der australische Hersteller Røde ein waschechtes SoundField-Mikrofon zum Knallerpreis knapp über 1.000 Euro!
Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit: Vor etwas über zwei Jahren wurde die Firma SoundField, Vorreiter in Sachen Ambisionics-Aufnahmetechnik, von der australischen Freedman Group übernommen, zu der auch Røde gehört. Gleichzeitig haben VR-Games und der anhaltende Kopfhörer-Boom das Thema 3D-Sound neu befeuert. Schließlich ist binaurale, d. h. kopfbezogene Wiedergabe eine preisgünstige Möglichkeit, dem Konsumenten ein immersives Rundum-Klangerlebnis zu bescheren. Das haben auch andere erkannt, u. a. die Firma Sennheiser, die Ende 2016 mit dem AMBEO VR-Mic (Test in S&R 02.2017) ein Ambisonics-Mikrofon unter der magischen 2.000-Euro-Marke präsentierte − eine Sensation! Die Australier setzen noch einen drauf: Das Røde NT-SF1 wird derzeit zu einem Ladenpreis von 1.099 Euro angeboten. Damit ist dieses Ambisonics-Mikrofon günstiger als so manches Stereo-Mikrofon!
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Was ist eigentlich Ambisonics?
Der Begriff Ambisonics beschreibt ein von Wiedergabesystemen losgelöstes Surround-Format, das das Schallfeld beschreibt. Im Prinzip ist es eine dreidimensionale Erweiterung der Mitte/Seite-Stereofonie. Schallereignisse werden über vier Mikrofonkanäle erfasst: Der W-Kanal entspricht einem Druckempfänger mit Kugelcharakteristik, die Kanäle X, Y und Z entsprechen Druckgradientenempfängern mit Achtercharakteristik, die die Richtungsvektoren links-rechts, vorne-hinten und oben-unten liefern. Mit diesen vier Kanälen ist das Schallfeld in allen drei Dimensionen beschrieben.
Allerdings kommt nur in den seltensten Fällen die oben beschriebene Mikrofonanordnung tatsächlich zum Einsatz. Nicht nur aus Kostengründen, sondern auch, weil es schwierig bis unmöglich ist, eine Kugel und drei Achtermikrofone koinzident, d. h. möglichst dicht beieinander zu positionieren, ohne dass die Mikrofone sich gegenseitig akustisch wie mechanisch in die Quere kommen. In der Praxis arbeitet man daher mit anderen Kapselanordnungen, deren Signale in das Ambisonics-Format überführt werden. Die gängigste, weil einfachste und preisgünstigste Anordnung besteht aus vier Nierenmikrofonkapseln in Form eines Tetraeders. Deren Ausgangssignal nennt man A-Format; dieses wird mittels eines Konverters − früher in Form eines Hardware-Prozessors, heute meist als Software − in das eigentliche Ambisonics-Signal (B-Format) überführt. Für das B-Format gibt es mehrere File-Formate; gängig sind FuMa und das (etwas modernere) AmbiX.
Musikproduktion in 3D-Audio für Kopfhörer – Hans-Martin Buff – Wochenrückblick #47
Das Røde NT-SF1 kommt in einer hochwertigen Kartonverpackung mit Innenpolsterung. Auch reichlich Zubehör ist mit dabei, nämlich ein kugelförmiger »Blimp«-Windschutz sowie ein Fellüberzug für Außenaufnahmen. Das ist ein echter Mehrwert: Solche Windschutzkörbe kosten einzeln gerne mal ein paar hundert Euro. Die Stativhalterung besteht aus einer Art Gummimuffe, die das Mikrofon elastisch entkoppelt, um Körperschallübertragung zu minimieren
Das Mikrofon selbst wirkt sehr hochwertig. Das 192 mm lange Gehäuse besteht aus Messing und ist mit einer kratzfesten, mattschwarzen Keramikbeschichtung geschützt. Der Schaft hat einen Durchmesser von 25 mm und ist damit kaum dicker als gängige Kleinmembranmikrofone, obwohl im Røde NT-SF1 ja das Vierfache an Elektronik untergebracht ist. Auf einem kurzen »Docht« befindet sich die bekannte Tetraeder-Kapselanordnung.
Wie schon beim ersten SoundField-Mikrofon 1978 kommen beim Røde NT-SF1 vier Nierenkapseln zum Einsatz; ihr Außendurchmesser beträgt 19 mm. Sie ähneln den Kleinmembrankapseln von Rødes Bestseller NT5; lediglich die rückwärtigen Schalleinlässe sind anders gestaltet: Statt Schlitzen verwenden die Kapseln des Røde NT-SF1eine große Anzahl kleiner Bohrungen. Möglicherweise verbessert dies die Rotationssymmetrie des Nieren-Patterns ein wenig − ein durchaus wichtiger Punkt bei einem Ambisonics-Mikrofon, das ja in alle Richtungen aufnimmt. Verglichen mit dem Sennheiser AMBEO VR-Mic und älteren SoundField-Mikrofonen ist die Kapselanordnung des Røde NT-SF1 insgesamt etwas größer.
Ausgegeben werden die Kapselsignale über eine 12-polige Buchse. Das mitgelieferte Kabel mit dem entsprechenden Gegenstück ist etwa 3 Meter lang und hat am anderen Ende vier XLR-3-Stecker zum Anschluss an übliche Mikrofon-Preamps − wobei man tunlichst auf präzise abgeglichene Vorverstärkung achten sollte, da sonst die Matrizierung und somit die Lokalisation aus den Fugen gerät. Für die Praxis bedeutet das, dass man am besten digital gesteuerte Preamps verwendet.
Die Software
Um das Rohsignal (A-Format) in sinnvoll verwendbare Spuren zu verwandeln, bietet der Hersteller auf seiner Website das Plug-in »SoundField by Røde« an. Der Download ist gratis und für jeden Interessenten verfügbar. Die Software läuft auf Mac und PC in den Formaten VST, AAX und AU. Bei der Installation sollte man etwas Geduld aufbringen, da der Installer zwischendurch »einzuschlafen« scheint; er arbeitet aber im Hintergrund weiter.
Eingangsseitig kann das Plug-in nicht nur das A-Format-Signal des Røde NT-SF1 verarbeiten, sondern auch mit anderen Mikrofonen aufgenommenes B-Format (FuMa/AmbiX). Ausgabeseitig stehen eine Menge Formate zur Auswahl: Mono, Stereo, gängige Surround-Formate wie 5.1 und 7.1, auch mit zusätzlicher Höhenebene d. h. 5.1.2 bzw. 7.1.2 und 5.1.4 bzw. 7.1.4 (die dritte Ziffer gibt die Anzahl der Höhenlautsprecher an). Auch B-Format (FuMa bzw. AmbiX) kann ausgegeben werden.
Die Frequenzverläufe der beiden oberen Kapseln sind nahezu deckungsgleich. Bis 5 kHz arbeiten sie weitgehend linear; darüber sorgt eine moderate Höhenanhebung für zusätzliche Brillanz.
Die beiden unteren Kapseln zeigen eine leichte Welligkeit in den oberen Frequenzen aufgrund der Schallbeugung durch den Mikrofonbody. Ansonsten weichen sie kaum von den oberen Kapseln ab.
Das Plug-in erlaubt es, virtuelle Mikrofone anzulegen. Hier ein nach vorne ausgerichtetes Nierenmikrofon.
Windschutzkorb und Fellüberzug beeinträchtigen den Frequenzverlauf etwas, aber in vertretbarem Maß.
Auch ein per Plug-in erzeugtes virtuelles Kugelmikrofon kann sich hören und sehen lassen.
Windschutzkorb und Fellüberzug beeinträchtigen auch die virtuelle Kugel ein wenig, aber der für Außenaufnahmen genügt die Klangqualität immer noch locker.
Was leider fehlt, ist ein Binaural-Encoder, um direkt im Plug-in ein kopfbezogenes Surround-Signal generieren zu können. Wäre schön, wenn Røde diese Funktion nachliefern könnte, denn nach wie vor verfügen selbst professionelle Studios nur selten über ein Surround-Speaker-Setup. Derzeit muss man sich für binaurale Ausgabe mit externen Lösungen behelfen. Für den Test habe ich wieder das Plug-in »AmbiHead« der französischen Softwareschmiede Noisemakers verwendet. In der aktuellen Version bietet es neben dem bisherigen (sehr guten) Standard-HRTF und dem (nicht so guten) YouTube 360 HRTF zusätzlich ein HRTF, das dem Neumann-Kunstkopf KU 100 nachmodelliert wurde. HRTF steht für Head Related Transfer Function, d. h ein Algorithmus, der die von Kopf und Ohrmuscheln verursachte Schallbeugung nachbildet, die es unserem Gehirn ermöglicht, mit nur zwei Lauschern dreidimensionale Richtungsinformationen zu errechnen. Prinzipiell wäre es wünschenswert, ein für den eigenen Kopf erstelltes, individuelles HRTF zu verwenden. Das kann man sich tatsächlich erstellen lassen und in vielen Programmen bzw. Plug-ins als SOFA-File integrieren. In der Praxis funktionieren aber auch universelle HRTFs recht gut − jedenfalls bei den meisten Menschen. Wer mit Cubase Pro 10 arbeitet, hat einen Binauralizer sogar schon an Bord. Das Standard-HRTF von Steinbergs AmbiDecoder-Plug-in klingt sehr gut und kann durchaus mit dem von Noisemakers mithalten.
Ambisonics muss aber nicht zwangsläufig für Surround-Klang genutzt werden. Das SoundField-by-Røde-Plug-in erlaubt es, das Røde NT-SF1 als Universalmikrofon einzusetzen, bei dem sich nachträglich die Ausrichtung einstellen lässt. Das lässt sich auf vielfältige Weise sinnvoll nutzen, etwa bei der Aufnahme von Ensembles, um eine wirklich optimale Stereodarstellung zu erreichen oder um einen Solisten dynamisch hervorzuheben. Dazu kann man beispielsweise die aufgenommene Spur duplizieren und jeweils auf verschiedene Weise mit dem Plug-in auswerten. D. h. man nutzt eine Instanz als virtuelles Stereomikrofon und eine weitere als virtuelles Mono-Mikrofon mit Fokus auf den Solisten. Die Möglichkeiten sind schier endlos!
Die virtuellen Mikrofone lassen sich frei ausrichten (jedoch immer in Bezug zur Hörposition) und in der Richtcharakteristik verändern. Neben klassischen Richtcharakteristiken wie Kugel, Niere und Acht (inklusive Zwischenstellungen) bietet das Plug-in auch per Beamforming generierte Richtkeulen. Überhaupt arbeitet der Hersteller nach eigenen Angaben mit einer ganz neuartigen Technik, die nicht auf »klassische« Ambisonics-Matrizierung zurückgreift, sondern auf Frequenzebene arbeitet. Genauere Details gab es zum Testzeitpunkt jedoch noch nicht.
Die Bedienung ist indes nicht schwierig: Das Plug-in zeigt zwei Köpfe, über die sich Drehung und Neigungswinkel einstellen lassen. Bei der Ausrichtung auf die Schallquellen helfen kreisförmige Spektrogramme. Virtuelle Mikrofone gibt es immer nur so viele wie es Ausgangskanäle gibt. Ist also Stereoausgabe angewählt, gibt es ein Mikrofonpaar, für das sich Ausrichtung, Richtcharakteristik und Öffnungswinkel anpassen lassen. Ist 5.1-Ausgabe angewählt, gibt es zwei virtuelle Mikrofonpaare und ein Mono-Mikrofon für den Center-Kanal (der LFE-Kanal hat kein virtuelles Mikrofon). Beim 7.1.4 sind es dann gar vier Mikrofonpaare und ein Center-Mikrofon. Auch hier lassen sich Ausrichtung, Richtcharakteristik und Öffnungswinkel pro Mikrofonpaar separat justieren.
Überall – Musikproduktion in 3D-Audio für Kopfhörer – Hans-Martin Buff
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Von essenzieller Bedeutung für ein SoundField-Mikrofon ist, dass alle Kapseln exakt abgeglichen sind. Das betrifft nicht nur den Pegel, sondern vor allem auch den Frequenzverlauf. Selbigen zu messen, ist indes nicht ganz trivial, da die Kapseln ja eine unterschiedliche Ausrichtung haben. Insbesondere tritt bei den unteren Kapseln eine gewisse Schallbeugung durch den Mikrofonbody auf, die das Ergebnis verfälscht. In den Diagrammen (zu finden auf unserer Website) habe ich daher die oberen (Output 1 und 4) und die unteren Kapseln (Output 2 und 3) miteinander gruppiert. Wie die Messungen zeigen, verursacht der Mikrofonbody eine leichte Welligkeit oberhalb 2 kHz. Die beiden oberen und unteren Kapseln sind aber jeweils nahezu deckungsgleich.
Grundsätzlich ist der Frequenzverlauf für alle Kapseln über einen weiten Bereich linear. Die Mitten werden verfärbungsfrei abgebildet. Die Höhen sind ab 5 kHz breitbandig um ca. 3 dB angehoben, während die Bässe unter 70 Hz weich auslaufen. Das ist ein günstiges Klangverhalten für ein Ambisonics-Mikrofon: Die maßvolle Höhenanhebung kompensiert Brillanzverluste außerhalb der Aufnahmeachse − das ist wichtig, weil ja der gesamte Raum mit nur vier Nierenkapseln erfasst wird und sich die Schallquellen fast immer off-axis befinden. Deshalb habe ich zusätzliche Messungen des gesamten Mikrofons gemacht, indem ich im SoundField-by-Røde-Plug-in Nieren- und Kugelmikrofone virtualisiert habe.
Die Messungen zeigen Frequenzverläufe, wie sie für ein umschaltbares Kondensatormikrofon nicht untypisch wären. Das virtuelle Nierenmikrofon zeigt einen ähnlich linearen Verlauf wie die »nackten« Kapseln; die Höhenanhebung bei 10 kHz ist jedoch etwas stärker ausgeprägt, während die obersten Frequenzen im Air-Band ab 15 kHz rasch abfallen. Letzteres lässt sich kaum vermeiden, denn auch Kleinmembranmikrofone erfassen diese Frequenzen nur on-axis. Bei unserem virtualisierten, nach vorne gerichteten Nierenmikrofon befinden sich aber alle vier realen Kapseln off-axis. Angesichts dessen ist es erstaunlich, wie sauber und glatt der gemessene Frequenzverlauf ist.
Ähnliches gilt für die virtualisierte Kugel: Der gesamte Mittenbereich bis 5 kHz wird weitgehend linear erfasst. Die Höhenanhebung bei 10 kHz ist mit knapp über 3 dB recht maßvoll, und wieder fällt die Kurve oberhalb 15 kHz rasch ab − aus den genannten Gründen. Die Bassübertragung ist nicht so satt und linear wie bei einer echten Druckempfänger-Kugel, aber das ist kein Beinbruch. Im Gegenteil, für ein Mikrofon, das ja häufig im Außeneinsatz verwendet wird, ist eine leichte Tiefenabsenkung durchaus sinnvoll, um die Windempfindlichkeit zu senken.
Dennoch ist an der freien Luft ein zusätzlicher Windschutz unabdingbar. Der mitgelieferte Blimp-Windscreen tut seine Sache sehr gut und beeinträchtigt den Klang nur wenig. Die Messungen mit dem zusätzlichen Fellwindschutz für Aufnahmen bei Wind zeigen, dass er die Höhen etwas stärker dämpft, insofern sollte man ihn nur verwenden, wenn er wirklich benötigt wird. Insgesamt ist aber auch mit dem Fellwindschutz noch ein praxistauglicher, weitgehend ausgeglichener Frequenzgang gegeben.
Praxis
Interessante Verwendungsmöglichkeiten bietet das Røde NT-SF1 sowohl im Studio als auch im Außeneinsatz. Letzteren habe ich ob der winterlichen Temperaturen ähnlich testen können wie beim Sennheiser AMBEO VR-Mic, indem ich das Mikrofon unter einem Strauch aufstellte, an dem ein halbes Dutzend Meisenknödel befestigt waren. Das Ergebnis klang in der Tat, als ob einem die Vögel um den Kopf schwirren. Der Klang ist wirklich dreidimensional. Einzig die Unterscheidung zwischen vorne und hinten schien mir nicht immer ganz eindeutig. Aber das war beim Sennheiser-Mikro und dem Zoom H3-VR ähnlich. Gegenüber Letzterem hat das Røde NT-SF1 klar die Nase vorn: Das Klangbild ist plastischer und insbesondere in den tiefen Frequenzen sehr viel körperlicher. Die Lokalisation ist schärfer, das 3D-Bild aufregender − vielleicht, weil das Røde NT-SF1 einen etwas größeren Abstand zwischen den Kapseln aufweist. Dieser theoretische Nachteil − schlechtere Koinzidenz − scheint gerade bei Außenaufnahmen zum Vorteil zu gereichen.
Das Røde NT-SF1 bietet gegenüber dem preisgünstigeren Zoom H3-VR eine deutlich bessere Ortung weit entfernter Schallereignisse; der vielleicht offensichtlichste Unterschied liegt jedoch in der viel kraftvolleren Tiefenübertragung. Vorbeifahrende Autos und Güterzüge wirken beim Røde NT-SF1 »schwer« und bedrohlich, während beim Zoom nie die Angst aufkommt, überrollt zu werden. Insofern eignet sich das Røde NT-SF1 ausgezeichnet für Sound-Design und Atmo-Aufnahmen bei Hörspiel- und Film-Projekten.
Zwei Nachteile hat das NT-SF1 jedoch in Bezug auf Außenaufnahmen: Mit seinem großen Windschutz ist es optisch recht auffällig; das kann zum Problem werden, wenn man an öffentlichen Orten Atmos aufnehmen möchte, ohne Blicke auf sich zu lenken. Der andere Punkt ist rein technischer Natur: Das Røde NT-SF1 hat eine ungewöhnlich hohe Stromaufnahme von 6,2 mA pro Kanal. Das ist zwar spezifikationskonform, aber rund doppelt so viel wie üblich und führt dazu, dass die Akkulaufzeit des Rekorders deutlich gemindert wird.
Der Grenzschalldruckpegel liegt übrigens bei 129 dB SPL. Das genügt für übliche Anwendungen; in extrem lauten Umgebungen bzw. bei Nahaufnahmen könnte es jedoch eng werden. Das sollte man im Auge behalten, auch bei Studioaufnahmen, gerade wenn Schlagzeug und/oder Bläser mit von der Partie sind. Keine Probleme bereiten leise Schallquellen: Mit 17 dB-A (pro Kanal) ist das Eigenrauschen des Røde NT-SF1 erfreulich niedrig.
Tolle Möglichkeiten bietet das Røde NT-SF1 bei Ensemble-Aufnahmen und überhaupt bei allen Arten von akustischen Instrumenten. Das SoundField by Røde Plug-in lässt sich nicht nur zur Matrizierung in Stereo- und Surround-Formate nutzen, man kann bei der Nachbearbeitung auch einzelne Schallquellen ein Stück weit separieren. Dazu kopiert man die Originalspuren und pickt über das Plug-in die gewünschte Schallquelle heraus, indem man eine virtuelle Niere (oder eine andere Richtcharakteristik) auf sie richtet. Natürlich kann man die übrigen Schallquellen nicht völlig ausblenden, aber die Separation genügt, um z. B. einen Solisten etwas lauter hinzuzumischen.
Ganz so wie echte Mikrofone verhalten sich die virtuellen Mikrofone jedoch nicht. Zum Test habe ich das Røde NT-SF1 vor einem singenden Gitarristen positioniert. Anschließend habe ich versucht, Stimme und Gitarre zu separieren, indem ich die Originalspuren duplizierte und beide Quellen virtuell so abnahm, wie ich es mit echten Mikrofonen getan hätte, nämlich mit zwei Achten im 90-Grad Winkel: eine auf den Mund gerichtet, die andere auf die Gitarre. Mit zwei umschaltbaren Großmembran-Mikrofonen kann man so eine recht gute Trennung zwischen Stimme und Gitarre erreichen. Bei den virtuellen Achten des SoundField-Plugins war die Trennung weniger scharf und in der Gesamtbalance fehlten ein wenig die unteren Mitten. Offenbar wird der Nahbesprechungseffekt bei diesen virtuellen Mikrofonen nicht emuliert. Für Ensembleaufnahmen wäre das durchaus von Vorteil; hier aber hatte es einen etwas dünnen Klang zur Folge. Überhaupt schien mir, dass der Klang in der ersten Hälfte des Pattern-Reglers von Kugel bis Niere am natürlichsten ist, während die virtuelle Hyperniere und Acht sowie die Richtkeulen ein wenig an Druck vermissen lassen.
Nichtsdestotrotz ist das SoundField-by-Røde Plug-in ein hochinteressantes Stück Technologie mit weitreichenden Möglichkeiten, insbesondere in seiner Kernfunktion, der Matrizierung von Ambisonic-Aufnahmen in verschiedenste Tonformate. Wie erwähnt, wäre es schön, wenn Røde dem Plug-in auch noch binaurale Klangausgabe spendieren würde. Wünschen würde ich mir zusätzlich auch das Quad-Format, denn obwohl Quadrophonie als Consumer-Format längst ausgestorben ist, ist es nützlich zur preisgünstigen Musikproduktion für 5.1-Surround, da der Center-Lautsprecher und der LFE ohnehin Dialogen bzw. Effekten vorbehalten bleiben sollten.
Bild: Dr. Andreas Hau
Bild: Dr. Andreas Hau
Bild: Dr. Andreas Hau
Fazit
Das Røde NT-SF1 hat das Zeug, zum Preisbrecher in Sachen 3D-Sound-Produktion zu werden. Das Mikrofon ist ausgezeichnet verarbeitet und robust genug, auch Außeneinsätze schadlos zu überstehen. Essenzielles Zubehör wie der Windschutzkorb, ein Fellüberzug und ein ausreichend langes Multipin-Kabel sind im Lieferumfang enthalten, einzig um den Transportkoffer muss man sich selber kümmern. Auch die dazugehörige Software »SoundField by Røde« weiß zu überzeugen, erlaubt sie doch eine Matrizierung auf nahezu alle gängigen Tonausgabeformate von Mono über Stereo bis hin zu 3D-Surround. Für binaurale Aufbereitung ist man derzeit jedoch auf externe Lösungen angewiesen.
Die Möglichkeit, virtuelle Mikrofone mit variabler Richtcharakteristik frei positionieren zu können; eröffnet ganz neue Möglichkeiten in der Nachbearbeitung, sei es um Solisten zu featuren, Verborgenes hervorzuholen oder, umgekehrt, Störendes zu unterdrücken. Verbesserungspotenzial sehe ich noch bei den per Beamforming generierten Richtkeulen; ihr Klang wirkt ein wenig dünn. Andererseits: Welches (bezahlbare) Mikrofonsystem bietet überhaupt solche Möglichkeiten?
Insgesamt ist die Klangleistung des NT-SF1 auf einem hohen Niveau. Mit dem teureren Sennheiser AMBEO VRMic kann es locker mithalten. Der einzige Nachteil, den es gegenüber diesem hat, ist, dass das Røde mit seinem großen Windschutzkorb optisch recht auffällig wirkt und Blicke auf sich zieht, während das Sennheiser VR-Mic wie ein normales Mikrofon ausschaut. Dafür punktet das Røde NT-SF1 mit einem um 1 dB besseren Rauschabstand. Wünschenswert wäre, dass Røde den hohen Strombedarf seines Mikrofon etwas zähmt, um die Akkus des angeschlossenen Mobilrekorders zu schonen. Ansonsten gibt es an Rødes erstem SoundField-Mikrofon nichts zu mäkeln. Schon gar nicht zu diesem Preis! Das Røde NT-SF1 eröffnet sowohl im Studio als auch im Außeneinsatz neue Perspektiven − im doppelten Wortsinn!
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dreidimensionale Abbildung
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hohe Klangqualität
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Plug-in mit umfassenden Möglichkeiten und vielen Ausgabeformaten