Konsequent wie nur wenige Hersteller von Hardware plus Software steht Sadie für eine kontinuierliche Produktentwicklung. Bei der Hardware befindet man sich jetzt in der dritten Generation; die DSP-Technologie repräsentiert den neusten Stand. Was Kunden seit jeher zu schätzen wissen: Software-Updates sind kostenfrei.
Bisher standen Edit- und Mastering-Funktionen im Fokus der Sadie-Produkte. Mit fast 15 Jahren Erfahrung vollzog der Hersteller im Jahre 2005 einen konsequenten Schritt zum Multitrack-Recording und stellte mit dem H64 ein Mehrspursystem vor, das denkbar anspruchsvolle Anforderungen bedient. Zu den Kunden in Europa zählen bereits die Philharmonie in Berlin (Live Recording), der Bayerische Rundfunk (vier Systeme für die Abteilung Fernsehen / Ü-Wagen), die Weryton Studios München (Musikproduktion), die Oper Barcelona (Live Recording), RTV Slovanien (drei Systeme in der Musikproduktion in Verbindung mit Euphonix System5-Konsole) oder auch YLE Finland (OB-Vans, drei Systeme).
Anzeige
Die vollständige Bezeichnung „PCM H64” weist darauf hin, dass es sich um ein reines, hochwertiges PCM-System handelt. Aufnehmen kann man in Sampling-Raten von 32 bis 192 kHz. Die Hardware basiert auf den Karten TNG3 DSP; eine Karte kann bis zu 64 Kanäle aufnehmen – ihre DSP-Power bewältigt alle Schnitt- und Mischaufgaben für diese Kanalzahl. Bis zu vier dieser Karten kann man in das System einbauen. Das ergibt – skalierbar – ein Maximum von 256 Spuren für simultane Aufnahme,Wiedergabe und Sample-genaues Mehrspur-Editing. Sadie-Systeme arbeiten traditionell mit Windows- Rechnern, unterstützt werden entsprechende Highspeed-Netzwerke.
Allgemeine System-Features
Sadie bietet traditionell eine hohe Sicherheit bei Systemabstürzen: Trennt man während einer laufenden Aufnahme die Netzspannung, wird garantiert, dass sowohl die aktuelle Aufnahme als auch die jüngsten Schnittdaten noch existieren. Beim Neustart kann dieser Zustand auf Wunsch automatisch geladen werden. Auf Grund eigener Hardware sind Sadie-Systeme weitgehend unabhängig vom Windows-Betriebssystem, für das sich der Hersteller Anfang der 90er-Jahre entschied, als es absehbar schien, dass sich der PC als Rechner durchsetzen würde.
Das Windows-Betriebssystem auf dem Host- Rechner ist eher von untergeordneter Bedeutung und dient zum Beispiel der Grafikdarstellung oder der Netzwerkanbindung. Jeder User kann sich beim Start des H64 mit seiner eigenen Kennung anmelden, und so werden auch seine individuellen Systemparameter geladen. In diesen Parametern und Arbeitsroutinen kann der Anwender das System seinen Präferenzen anpassen. Die Settings enthalten anwenderspezifische Daten wie zum Beispiel Pre/Postroll-Zeiten, verschiedene Ballistiken im Jog-Modus, Scroll- und Anzeigeverhalten der Playliste.
Hardware
Das Basissystem besteht aus einem 19″- Rack mit 4 Höheneinheiten. Geliefert wird es als Turnkey-System mit einer oder mehreren DSP-Processing-Karten (TNG3) und einer optionalen MADI X-Schnittstelle mit koaxialen und optischen Anschlüssen. Bestandteil des Grundsystems sind außerdem Schnittstellen in FireWire, USB, Ethernet, SCSI, PS2, Dual Graphic, External Word- Clock Sync. Optional erhältlich sind RS422 und LTC/VITC I/O sowie Sadie-eigene Hardware- Controller.
Das 19″-Basissystem lässt sich erweitern: Unter dem Standard-Rack von 4 HE wird noch ein weiteres Chassis von 3 HE hinzugefügt. Dort kann man noch weitere Schnittstellen – „Slither” Karten – integrieren, zum Beispiel ADAT, TDIF, AES/EBU, analoge Ports in Mikrofon- oder Line-Empfindlichkeit. Über die entsprechenden Protokolle lassen sich externe Hardware-Controller anbinden. Dazu gehören Yamaha DM2000, 02R96, 01V96, das SSL AWS900 oder Mackie HUI. Geplant ist auch eine Anbindung an das Smart-Pult (siehe auch Artikel in PRODUCTION PARTNER 9/2005). Sadie hat eine eigene Remote entwickelt, die ausschließlich mit dem H64 arbeitet und dadurch die firmeninterne Relevanz des H64 als „Flaggschiff-Produkt” unterstreicht. Verfügbar soll die Remote noch im Laufe dieses Jahres sein.
Sadie-Tradition und Produktfamilie
Sadie wurde 1991 vom heutigen Managing Director Joe Bull gegründet. Zusammen mit einigen Kollegen brachte er jahrelange Erfahrungen von Musik- und Video-Post-Production in die Firma ein, abgesehen davon auch von Computer-Technologie. Bei der Software war ein Schwerpunkt der eigenen Entwicklungen die grafische Darstellung der Arbeitsschritte. Das erste Produkt war die XS Digital Audio Processing-Karte, die auf der APRS 1991 vorgestellt wurde. Die Entwicklung des ersten Studio Audio Disk Editors (SADiE) begann 1992.
Angeboten wurden zunächst Editor-Funktionen auf der Plattform der XS Audio Processing-Karte. Das daraus entstehende Produkt wurde als Sadie Classic bekannt, ein Zweispur-System, das international in den Mastering-, Post-Pro- und Broadcast-Studios Zuspruch fand. Sadie Classic wurde bis 1999 Software-seitig unterstützt. Die Sadie 4-Hardware erschien 1997; die Software wurde bis zur Version 4.3 entwickelt (2003). Sadie 5 erschien 2002/2003. Die jeweils jüngere Software erlaubt den Austausch mit allen früheren Versionen.
Stolz ist der Hersteller darauf, dass die meisten Kunden von damals auch heute noch Sadie-Anwender sind. Die Produkt-Philosophie orientierte sich von vornherein nicht auf ein „Bauchladen- Design“ mit möglichst vielen Funktionen für möglichst alle denkbaren Anwender. Angestrebt wurde eine klare, industrierelevante Funktionalität. Zum Großanwender wurde die britische BBC, die Sadie als eine Art Standard übernahm. Man schätzt, dass dort im Broadcast-Betrieb bis zu 600 Systeme im täglichen Einsatz sind. Auch weitere Radiostationen auf der ganzen Welt zählten bald zu den Kunden sowie zahlreiche Mastering-, Musik- und A/V-Studios.
Anwenderkommentar von Hrólfur Vagnsson
Hrólfur Vagnsson lernte Elektronik in Island und studierte anschließend Musik in Hannover. Diese Ausbildungen führt er zu seinem jetzigen Beruf zusammen. Als selbstständiger Sound Engineer macht er seit 1989 Aufnahmen, seit 1993 betreibt er ein eigenes Studio mit dem Schwerpunkt Jazzaufnahmen, außerdem Klassikaufnahmen. „Sadie als Marke habe ich 1993 entdeckt, auf der Frankfurter Musikmesse. Ich dachte damals, dass es genau das System sei, was mir fehlte.
Ich habe damals viele Klassikaufnahmen gemacht und kam sofort in den Genuss der Schnittflexibilität. Es handelte sich seinerzeit um das Zweikanal-System, was bis heute ‚Sadie Classic‘ genannt wird. Es wird noch heute benutzt – eine Art Dinosaurier inzwischen, aber was den Komfort beim Zweispur-Schnitt betrifft, kann es nach wie vor mit allen anderen mithalten. Die Arbeitsgeschwindigkeit, die damit möglich ist, ist einfach unerreicht. Das Classic wurde ständig upgedated, es gab die Version 4, dann Version 5. Das Multitrack H64, was wir hier in der Fattoria Musica verwenden, entspricht der Version 5. Die Bedienoberfläche wurde auch dabei fortgeführt, man kann als Anwender zum H64 sehr einfach umsteigen, es ist im Großen und Ganzen eine Fortführung des Classic- Systems. Erfreulicherweise hat man nicht den Weg eingeschlagen, die Bedienoberfläche irgendwann komplett zu ändern – und das ist sehr kundenfreundlich. Dadurch benötige ich auch jetzt bei dem großen System praktisch keine Einarbeitungszeit. Auch für Neulinge des Systems sollte die Einarbeitungszeit minimal sein, denn die Bedienoberfläche empfinde ich als ausgesprochen intuitiv. Die flexiblen Schnittmöglichkeiten haben sich von den älteren Systemen sozusagen 1:1 auf das H64 übertragen, das schätze ich natürlich ungemein. Ich kenne inzwischen natürlich auch andere, jüngere Systeme anderer Anbieter.
Man darf es vielleicht nicht laut sagen, aber was mich immer wieder erstaunt: Dass die nicht einfach Features von Sadie übernehmen! Und so gesehen bleiben eigentlich alle anderen Systeme hinter Sadie zurück, was die Schnittflexibilität betrifft. Für mich steht dieses Kriterium bei meiner Arbeit an erster Stelle. Zwar gibt es eine Reihe anderer Systeme, die billiger sind, dabei noch mehr Möglichkeiten für Plug-ins haben. Aber der Schwachpunkt ist dann meist die deutlich geringere Geschwindigkeit beim Schneiden. Und die stellt man sich ja im Studiobetrieb heute oft so vor, dass man fertig geschnitten hat, wenn der Musiker von seinem Instrument aufgestanden ist und den Regieraum betritt. So gesehen kann ich sagen: Sadie hat mich nicht viel gekostet, weil das System so enorm schnell ist. Ein Dauerthema in den Regieräumen ist ja ‚Mac versus Windows‘, viele Musiker sind Fans von Apple, und darauf laufen viele Sequencing-Systeme, manche auch ausschließlich. Ich habe aber mit Windows im Zusammenhang mit Sadie- Systemen noch nie Probleme gehabt, und ich führe das darauf zurück, dass die Programme intelligent geschrieben worden sind.“
Software
Die Bedienoberfläche basiert traditionell auf einem eigenen, charakteristischen Konzept. Immer wieder hat Sadie dabei Wünsche und Anregungen von Usern, System-Umsteigern und von der Industrie übernommen. Die Bedienung bietet demnach einen deutlichen Praxisbezug. Nach Jahren der Entwicklung verdient sie das Prädikat „ausgereift”.
Audio File Formate, Plug-ins
Es werden praktisch alle professionellen Audiofile- Formate unterstützt, die auch simultan aus einer Playlist abgespielt werden können. Im Einzelnen sind dies: Native SADiE, SADiE 3, WAV, AIFF, AIFC, Light Works, BWF, CART, IDS,WAVE64 und BWF-WAV64. Das System arbeitet in Sampling-Raten von 32 bis 192 kHz, außerdem in DSD Wide = 2,822 MHz (64-faches Oversampling, nur DSD8- System). Ebenso wird der Projektaustausch über Formate wie OMF, AES31, AAF oder Pro Tools 5 Sessions unterstützt.
Traditionell bietet Sadie eigene Plug-ins an, deren Schwerpunkte im Mastering liegen. Auch Dritthersteller offerieren entsprechende Produkte. Unter anderem gab es mit dem Restaurations-Spezialisten Cedar schon immer eine Zusammenarbeit, und für das H64 wurden die Cedar-Plug-ins für die Multitrack- Arbeitsweise erweitert. Das kann relevant sein bei speziellen Situationen der Multitrack- oder A/V-Post-Production – wenn mit einer Vielzahl von Spuren gearbeitet wird, die alle gemeinsam einer besonderen Bearbeitung bedürfen.
Unterschiedliche Latenz-Zeiten von Plug-ins werden automatisch kompensiert, alle Spuren liegen also wieder zeitgenau am Ausgang an. Eine Liste der Sadie-eigenen Plug-ins findet sich auf der Webseite.Kompatibel ist das System zu VST und DirectX, außerdem zu Plugins, die das Soundfield-Mikrofon betreffen.
Preise
H64M H64 MADI-only Turnkey-System inkl. MADI I/O, ohne Expansion Chassis, 4 HE Rack-PC 15.486 €
H64E H64 Turnkey-System mit Expansion-Chassis, ohne I/O, 4 HE Rack-PC 17.922 €
MADI MADI I/O für 64 Kanäle, el./optisch 2.697 €
ADC16 16 Kanäle Analogue to Digital Slither 2.157 €
DAC16 16 Kanäle Digital to Analogue Slither 2.157 €
AES16 16 Kanäle AES Input / Output 1.473 €
ADT16 16 Kanäle ADAT Input / Output 1.473 €
TDF16 16 Kanäle TDIF Input / Output 754 €
MIC16 16 Mikrofoneingangskanäle 2.714 €
H64TNG3 weitere TNG3 Processing-Karte 3.596 €
Fazit
Das H64 von Sadie ist mit seinen Schnittstellen, seiner DSP-Power und der eigenen Software deutlich auf das Aufnehmen und Editieren großer Multitrack-Sessions ausgerichtet, auch mit höchsten Anforderungen. Die Soundqualität ist dabei anerkannt gut, was unter anderem auf die Wandler und im Detail auf ein Floating Point Processing zurückzuführen ist, wie es traditionell von Sadie verwendet wird. Das H64 dürfte State of the art sein für öffentlich-rechtliche Broadcaster oder private Produktionsfirmen, die einen Recorder benötigen, mit dem sie viele Spuren (bis zu 256) effizient und präzise handhaben können, auch unter Live-Bedingungen und Zeitdruck. Für den Aufgabenbereich sind die Angebote an Plug-ins sehr reichhaltig, obwohl sie nicht den Schwerpunkt der Systeme bilden. Stattdessen liegen Argumente bei der Professionalität des Herstellers: zum Beispiel einem 24-Stunden- User-Support, anerkannter Software-Pflege sowie kostenlosen Updates und Upgrades. Aufgewertet wird das H64 noch durch die neue Hardware Remote, die dieses Jahr verfügbar sein soll.