Das Release des neuen Toraiz SP-16 Groovesamplers, der in Zusammenarbeit mit Dave Smith Instruments und Pioneer entstanden ist, verleitet einen dazu, den Blick auf ein bedeutendes Frühwerk des Synthesizer-Pioniers Dave Smith zu richten: den 12-Bit-Sampler Prophet 2000 von Smiths damaliger Firma Sequential Circuits. Er gehörte in den 80er-Jahren zum Equipment vieler Studios und wurde von namhaften Acts wie z. B. Depeche Mode genutzt.
Sampeln war in den 80er-Jahren das Überthema für den fortschrittlichen Musiker; gab es anfangs nur unfassbar teure Edel-Sampler wie etwa das Fairlight-System, kamen im Laufe des Jahrzehnts nach und nach günstigere Geräte auf den Markt, die auch dem Normalsterblichen den Zugang zu den Wundermaschinen ermöglichte. 1985 stellte Sequential Circuts Instruments (SCI) den Prophet 2000 vor, der anfangs um die 7.400,− Mark kostete und damit tatsächlich zu den preisgünstigeren Samplern gehörte. Der Name »Prophet« hatte durch die polyfone Synth-Legende Prophet-5 einen sehr guten Klang, und der leistungsfähige Sampler machte Mitte der 80er auch dank seines klassischen Analogfilters eine gute Figur und konnte sich gegen die Konkurrenz (u. a. Ensoniq Mirage, Akai S 900, Roland S-50) ziemlich gut behaupten. Viele Musiker schätzten die guten Klangeigenschaften des Samplers und nutzen ihn bis heute (s. u.). Zu den bekanntesten Prophet-2000-Usern gehören neben Depeche Mode u. a. Ultravox, Hardfloor, Information Society sowie die Filmkomponisten Mark Isham (»Crash«) und John Carpenter.
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Außen
Der relativ minimalistisch designte Prophet 2000 ist nur mit einem dreistelligen Display ausgestattet, das den Blick ins Handbuch immer mal wieder notwendig macht. Die Grundfunktionen befinden sich aber dank einer pfiffigen Matrix-Bedienoberfläche immer in Sicht- und Griffweite. Allerdings werden Editier-Arbeiten wie Sample-Mapping etc. ohne Zen-mäßige Gleichmut (und Software-Unterstützung, siehe www.curlsystems.de) zu einer Tortur. Die Folientasten sind auch nicht jedermanns Sache. Ansonsten gibt es nur einen Lautstärke-Regler, einen Daten-Encoder und einen Poti zur Anpassung des Sample-Eingangs. Es ist ein Vergnügen, die gewichtete Tatstatur zu spielen … hier könnten sich auch manch aktuelle Synths eine Taste abschneiden. Gespeichert wird auf Disketten. Einige Geräte sondern im laufenden Betrieb einen auf Dauer etwas nervenden leisen, aber deutlich wahrnehmbaren Brummton ab, den das Netzteil erzeugt.
Bild: Dieter Stork
Bild: Dieter Stork
Innen
Die achtstimmige Klangerzeugung basiert auf einem von Doug Curtis designten CEM 3379- Chip, der VCA und ein analoges Tiefpass-Resonanzfilter mit 24 dB Absenkung pro Oktave besitzt. Dieses gut klingende Filter ist eins der Features, die den Sampler auch heute noch zu einem interessanten Produktionswerkzeug machen. Der 3379-Chip sorgt übrigens auch im Doepfer Modul A-122 und in Ensoniqs Synthesizern SQ-1 und SQ-80 für analoge Wärme. Ansonsten kann das Sample mit VCA und VCF-Hüllkurven sowie per LFO geformt werden.
Jede Sekunde zählt …
Samplingzeit war in den 80er-Jahren die teuerste Zeit überhaupt, und die acht Sekunden, die der Prophet 2000 bei 12 Bit/31 kHz und in Mono liefert, waren für den gemeinen Keyboarder eine gefühlte Ewigkeit. Bei den anderen beiden möglichen Sampling-Raten des Gerätes verkleinert (42 kHz, 6 Sek) oder verdoppelt sich (16 kHz, 16 Sek) die maximale Samplingzeit.
Arpegpegpegpegpeggiator
Neben dem Analogfilter gehört der ausgefuchste Arpeggiator zu den Highlights des Samplers. Er hat nämlich ein Feature, das man auch bei aktuellen Instrumenten oder Software vergeblich sucht: Man kann die Anzahl der Wiederholungen eines Tones frei einstellen, was zu ungewöhnlichen Resultaten führt. Interessant klingt es auch, wenn man die beiden Einzelausgänge des Samplers alternierend mit dem Arpeggiator beschickt. Leider kommt der Prozessor manchmal ein wenig ins Stocken, wenn man bei aktiviertem Arpeggiator z. B. an der Filter-Eckfrequenz oder der Resonanz schraubt.
Varianten und Nachfolger
Sequential brachte auch eine tastaturlose Expanderversion des Samplers heraus, die auf den Namen Prophet 2002 hört und drei Höheneinheiten im Rack einnimmt. Er bietet ab Werk den vollen Speicherausbau von 512 kB − die Keyboard-Version verfügt ab Werk nur über die Hälfte, lässt sich aber aufrüsten. Ein naher Verwandter des Prophet 2000 ist das Studio 440 von 1986, ein Sample-Drumcomputer, der eine ähnliche Klangerzeugung wie der Prophet 2000 besitzt. Der 16-Bit-Stereo-Sampler Prophet 3000 kam 1987 heraus und war trotz einiger Kinderkrankheiten sehr leistungsfähig, allerdings kaufte Yamaha kurz darauf Sequential Circuits und stellte die weitere Fertigung des Sample-Expanders ein.
Prophet Survival Kit
Wer einem Prophet-2000-Besitzer etwas zu Weihnachten schenken will, sollte sich auf der Website von Wine County umschauen (www.winecountrysequential.com): Hier gibt es (auch für andere Sequential-Produkte) alles, was das Herz begehrt, vom letzten Betriebssystem (4.3) bis zum Nachrüstsatz für Einzelausgänge. Alle Besitzer eines Vintage-Samplers wie dem Prophet 2000 sollten im Übrigen ernsthaft darüber nachdenken, ein HXC-Floppy-Simulator vom polnischen Hersteller Lotharek (lotharek.pl, ab 69,− Euro) zu erwerben. Dieses Gerät ersetzt den Disk-Drive, speichert und liest die Samples von einer SD-Card, lässt sich auch mit vielen anderen Sampler-Modellen betreiben und sorgt im Studio für gutgelauntes Arbeiten mit den alten Schätzchen.
Sound
Der Prophet 2000 klingt rund und warm und liefert ein solides Bassfundament. Das Filter kann bis in die Eigenschwingung gefahren werden und klingt auch bei höheren Resonanzwerten kraftvoll und nie kreischig. Die durch Aliasing verursachten Artefakte sind das Salz in der Suppe; insbesondere bei einer niedrigen Samplerate von 16 kHz wird es schön knusprig, was durch das Filter wieder angeglichen werden kann. In sehr hohen Lagen neigt das Instrument manchmal dazu, etwas verstimmt zu klingen; dieses Problem hatten die Sequential-Techniker erst wieder beim Digital-Boliden Prophet-VS im Griff.