SE Electronics DynaCaster DCM 8 – dynamisches Studiomikrofon im Test
von Marc Bohn,
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Mit dem DynaCaster hat der chinesische Hersteller sE Electronics ein dynamisches Mikrofon im Portfolio, das zwar optisch und funktional an Broadcast-Klassiker erinnert, sich allerdings mit kleinen Features von ihnen unterscheidet und durchaus aufzutrumpfen weiß.
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Hinter dem Mikrofonkorb des DynaCaster und seinen seitlichen Luftschlitzen blitzt der rote Popschutz bzw. Schaumstoff im Inneren hervor. Ein zusätzlicher Popschutz in Schwarz als Schaumstoff-Überzug ist ebenfalls im Paket mit dabei. Eine Stoffhülle oder sogar ein Case fehlen. Löblich ist allerdings, dass ein Reduziergewinde beiliegt.
Wenngleich das Mikrofon optisch und aufgrund seiner Funktionsweise an die bereits erwähnten Broadcast-Klassiker erinnert, wurde hier vom chinesischen Hersteller auch neu entwickelt: eine dynamische DMC8-Kapsel mit Neodymmagnet und einer Niere als Richtcharakteristik. Laut Hersteller wird damit ein Frequenzgang von 20 Hz bis 19 kHz abgebildet.
Auf der Unterseite des Mikrofons befinden sich drei Schieberegler, mit denen eine Bass- oder Höhenanhebung bzw. -Absenkung de- und aktiviert werden können. Darüber, welche Bänder hier genau bearbeitet werden, gibt der Hersteller keine Infos. Der dritte Regler im Bunde dient dazu, den integrierten Preamp anzuschalten, für den eine Phantomspeisung von 48V benötigt wird. Die Frage, warum ein dynamisches Mikrofon Phantomspeisung braucht, ist damit auch geklärt!
Montage
Die Mikrofonhalterung inkl. Gelenkklemme, mit der eine 130-Grad-Neigung des Mikrofons möglich ist, sitzt direkt am Gehäuse des DynaCaster. Das macht die Montage auf einem Stativ und die richtige Positionierung des Mikrofons vor dem Sprecher extrem schnell und einfach. Der XLR-Ausgang ist ebenfalls in der Halterung integriert und direkt neben dem Gewinde zur Montage auf einem Stativ eingelassen, ähnlich wie bei AKGs D112. Die Grundidee dahinter ist extrem praktisch, allerdings sitzen XLR-Eingang und Gewinde meiner Meinung nach ein kleines Stück zu eng nebeneinander. Die Befestigung des DynaCaster auf meinem Mikrofonarm RØDE PSA1+ gestaltet sich leider als unmöglich, da ich aufgrund der Feststellschrauben am Stativ keinen Platz mehr habe, um mit dem XLR-Stecker an den Mikrofoneingang zu kommen. Etwas mehr Platz wäre hier von Vorteil gewesen. Das liegt allerdings nicht nur am Mikrofon, sondern zusätzlich an der extrem üppig dimensionierten Feststellschraube am RØDE-Arm. Die Befestigung des Mikrofons auf jedem anderen handelsüblichen Stativ funktioniert allerdings ohne Probleme.
Das Wichtige
Der Sound ist Broadcast-typisch. Der Bassbereich wird ordentlich betont, die Sprachverständlichkeit ist hoch. Im ersten Hörtest weist das DynaCaster einen sehr wohlklingenden und runden Klang auf! Erst im Nachhinein ist mir aufgefallen, dass die Höhen in den Voreinstellungen schon angehoben wurden. Wenn man in den Einstellungen nun über die Schieberegler allerdings alles auf »Flat« stellt, sind die Höhen zunächst etwas dumpf. Mit dem Aktivieren der Höhenanhebung wird der Stimme dann aber deutlich mehr Brillanz verliehen!
Die Bassabsenkung reduziert den Nahbesprechungseffekt hörbar und senkt die Tiefen deutlich herab. Ich stehe allerdings auf diesen amerikanischen Radiosound, den das DynaCaster bietet. Das ist aber natürlich Geschmackssache! Bei einer Anhebung der Bässe wird der Anteil der Tiefen aber nun doch sehr stark hervorgehoben. Das kann vielleicht bei sanften oder dünnen Stimmen eine Möglichkeit sein, die Stimme größer zu machen, bei einem erfahrenen Sprecher wird man diese Anhebung allerdings nicht benötigen. Ein Einsatzgebiet abseits der Aufnahme von Stimmen, wo dieses Feature Sinn machen könnte, ist vor einer Kick-Drum. Ich traue dem DynaCaster durchaus zu, dass es hier die entsprechenden Tiefen einfangen kann, die das Fundament der Kick bilden.
Was auffällt, ist ein typisches Phänomen bei dynamischen Mikrofonen: Bei kleinen Abstandsänderungen des Sprechers zum Mikrofon verliert das Mikrofon deutlich an Pegel. Man sollte also möglichst immer mit relativ gleichbleibendem Abstand in das Mikrofon einsprechen. Im Umkehrschluss blendet das DynaCaster allerdings auch unerwünschte Hintergrundgeräusche optimal aus.
Und auch der integrierte Preamp macht hier Sinn. Mit seinem Boost um 30 dB schickt das DynaCaster ausreichend Pegel heraus, für den man bei vergleichbaren Mikrofonen oft auch mal zum FetAmp greifen muss.
Fazit
Man kann sich aktuell in der Welt der Broad- und Podcast-Mikrofone sehr schnell verirren. Es gibt viele Neuerscheinungen, die bekannten Klassiker mit ihren USB-Varianten sowie Klone, und alle liefern oft zahlreiche Zusatz-Features. Bei sE Electronics setzt man mit dem DynaCaster auf Altbewährtes ohne viel Chichi und setzt trotzdem die nötigen Akzente.
Der Preamp bringt mit seinen zusätzlichen knapp 30 dB den nötigen Pegel, den man bei der Aufnahme braucht. Das heißt, die Preamps eines handelsüblichen Audio-Interfaces sind ausreichend genug, um das Signal zu verstärken. Ein zusätzlicher FetHead oder sogar externer Mikrofonvorverstärker werden also nicht benötigt.
Auch wenn die Möglichkeiten zur Klangeinstellung am Mikrofon selbst begrenzt sind und man nicht genau weiß, welche Bänder sie bearbeiten, reichen sie dennoch aus, um dem Sound – falls gewollt – einen Grundcharakter zu verleihen. Größere Eingriffe in die Klangästhetik sollten sowieso in der DAW vorgenommen werden.
Weil das DynaCaster als Broadcast-Mikrofon beworben wird – ein Bereich, in dem Mikrofonarme Standard sind –, sollte es auch auf einem solchen montierbar sein. Zur Montage gibt es mit Sicherheit einen Workaround, der ich leider nicht entdeckt habe.
Dennoch: Sucht ihr ein dynamisches Mikrofon im Preissegment um die 250 Euro, das genügend Pegel und einen hochwertigen Radio-Sound liefert? Dann ist das DynaCaster eine sehr gute Wahl!
Hersteller: sE Electronics
Vertrieb: Mega Audio
UvP/Straßenpreis: 280,– Euro / ca. 245,– Euro
Internet: www.megaaudio.de
Unsere Meinung
+++ integrierter Preamp
++ Klang
– Gewinde und XLR-Eingang bei Montage evtl. störend