Reverbs gibt es natürlich viele, dennoch ist der Spitfire Audio Air Studios Reverb etwas besonderes. Sehr viele der bekannten und viel gelobten Sample Libraries des britischen Herstellers sind in der Lyndhurst Hall der Air Studios in den vergangen rund 17 Jahren entstanden. Fast ebenso lange gab es den Wunsch, ein Reverb-Plug-in für eben diesen Raum zu bekommen. Doch die Air Studios haben sich dem Aufnehmen von dafür notwendigen „Impulse Responses“ immer verweigert – bis jetzt.
Es lag natürlich nahe, dass sich Spitfire Audio dieses Projekts annehmen würden und so entstand nicht nur deren erstes Effekt-Plug-in, sondern auch der erste Faltungshall der Air Studios als Plug-in überhaupt.
Spitfire Audio Air Studios Reverb
Wer die aktuellen Sample Libraries von Spitfire Audio kennt, wird sich auch im Air Studios Reverb zurechtfinden. Die angebotenen Mikrofon-Positionen erinnern an die Optionen, die man dort meistens findet. Dazu gibt es weitere interessante Extras wie ein binaurales Signal. Weil der Raumklang aber – anders als bei den Samples – erst im Reverb-Plug-in entsteht, kann man noch deutlich mehr personalisieren.
Wer das Glück hat, vor Ort Aufnahmen machen zu dürfen, kann z. B. die Raumakustik mit diversen Maßnahmen anpassen. Das reicht von der einstellbaren Deckenhöhe, dem verwendeten Material bei den Deckenelementen, der Dämpfung in der Galerie bis zum Raum-Layout. Das geht alles auch im Plug-in.
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Zudem kann auch der Ort der (virtuellen) Schallquelle im Raum frei bestimmt werden, sodass beispielsweise ein orchestrales Instrument an der korrekten Stelle im Verhältnis zu den anderen Instrumenten erklingt. Auch die Schallrichtung kann frei angepasst werden, um den Schallaustritt aus akustischen Instrumenten im Raum zu simulieren. Alle diese Optionen wurden in rund 67000 aufgenommen Impuls Responses eingefangen und stehen dem Air Studios Reverb für die Berechnungen zur Verfügung. Außerdem können – wie in Hall-Plug-ins üblich – auch die Signalweite, Pre-Delay, die frühen und späten Reflexionen oder ein 5-Band-EQ (vor oder nach den Hall) angepasst werden.
Im „Shape-Tab“ finden sich kreative Optionen, die den Hall optional mit künstlich erzeugten Parametern variieren, indem das Signal beispielsweise durch einen der Modi „Retro”, „Granular” oder einen die drei „Elastic Modes“ High, Low und Medium verändert wird. Indirekt lässt sich so auch die Größe des Raumes anpassen. Man kann aber auch den schönen natürlichen Raum so belassen, wie er im Original ist.
Air Studios Reverb – Presets
Spitfire Audio liefert für den schnellen Einstieg oder für ein schnelles Arbeiten rund 50 Presets mit. Diese sind nach Anwendungsfällen und Stimmungen sortiert und werden in einem kurzen Text beschrieben. Viele davon sind auch speziell für bestimmte Libraries von Spitfire Audio gedacht.
Da Convolution Reverbs immer etwas CPU-lastig sind, hätte ich mir eine optionale Unterstützung von GPU-Audio gewünscht, wie es beispielsweise MIR Pro von VSL anbietet, wenn auch nur gegen Aufpreis. Vielleicht kommt das aber mit einem späteren Update.
Gibt es Alternativen?
Wer im Netz etwas stöbert, findet viele Versuche, auch mit bereits erhältlichen Hall-Plug-ins dem „Air Studios Sound“ nahezukommen. Das ist für viele Anwendungen sicherlich eine gute und preiswerte Lösung. Wer aber nicht lange experimentieren möchte, bekommt nun die Möglichkeit, dem Original mit dem Air Studios Reverb am dichtesten zu kommen. Für andere Räume bieten sich beispielsweise diese Reverbs an: AudioEase (Altiverb 8 mit riesiger Auswahl an Räumen), VSL (MIR Pro mit diversen Erweiterungen unterschiedlicher immersiver Räume) oder Samplicity (Berlin Studio für das Teldex Studio, das häufig von Orchestral Tools verwendet wird).
Es ist toll, nun endlich auch für die AIR Studios einen virtuellen Nachbau im Arsenal haben zu können. So kann man die unterschiedlichsten Klangerzeuger und (trockenen) Sample Libraries verschiedener Hersteller in diesen tollen Raum setzen und mit dort entstandenen Aufnahmen kombinieren.
Insgesamt ein tolles erstes Effekt-Plug-in von Spitfire Audio und lange erwartet. Es ist vielfältig anpassbar und geht sogar weit über die Möglichkeiten der „echten“ Lyndhurst Hall hinaus. Leider gibt es noch keine Demoversion, es wird aber darüber nachgedacht. Auch eine eingebaute Ducking-Funktion habe ich vermisst, wie sie bereits bei vielen anderen Plug-in-Reverbs Standard ist. Hoffentlich wird die Funktion noch nachgereicht – auch das wird überlegt. Ich bin auch sehr gespannt, ob weitere Effekt-Plug-ins von Spitfire Audio folgen werden.
Das Spitfire Audio Air Studios Reverb-Plug-in wechselt für knapp 350,- € den Besitzer und ist damit nicht unbedingt ein Schnäppchen. Bis zum 16. Juni 2024 gilt der Einführungspreis von 279,- €, der sicherlich bei kommenden Sales wieder aktiviert werden könnte. Es werden 10 GB auf der SSD für die IRs benötigt und alle gängigen DAWs und Plug-in-Schnittstellen werden unterstützt.