SPL Crimson Audiointerface mit Preamps und Monitor-Controller im Test
von Dr. Andreas Hau, Artikel aus dem Archiv
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Zur Grundausstattung eines (Home-)Studios gehören Preamps, ein Audiointerface und ein Monitor-Controller. Der SPL Crimson ist all dies gleichzeitig, kostet aber nur so viel wie eine dieser Komponenten. Bleibt die Frage: Taugt er auch für drei?
Homestudio 2.0, the final Frontier: Das anthrazitfarbene Pultgehäuse mit leuchtenden Druckknöpfen versprüht einen Hauch von Raumschiff Enterprise im heimischen Studio. Die Bedienelemente sind auf einer Grundfläche von 330 x 210 mm recht übersichtlich angeordnet. Auf der linken Seite befinden sich die Gain-Regler und Schalter der Eingangskanäle, auf der rechten Seite die Lautstärkeregler für die Boxen- und Kopfhörerausgänge; dazwischen liegt eine Vielzahl von Tastern fürs Routing, Talkback und andere Schaltfunktionen.
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Das Konzept des Crimson erinnert an den Mindprint TRIO, der vor fast zehn Jahren als All-In-One-Lösung die Homerecording-Szene aufmischte, doch schon nach wenigen Jahren wieder eingestellt wurde. Die Gründe für das frühe Aus lagen dabei keineswegs im Grundkonzept, sondern in diversen Details. Schauen wir mal, ob SPL aus den Fehlern der Konkurrenz gelernt hat.
Features
Bejahen darf man das schon mal für die Konnektivität. Der SPL Crimson hat im Gegensatz zum Mindprint TRIO symmetrische Ein- und Ausgänge, die auf die heute üblichen Profipegel ausgelegt sind und komfortablen Headroom bieten (maximaler Ein- bzw. Ausgangspegel Line +22,5 dBu).
Vier analoge Eingangskanäle bietet der Crimson: Die ersten beiden sind wahlweise für Mikrofon oder Line-Signale nutzbar, während die Eingänge 3 und 4 als Line- oder Instrument-Inputs fungieren. Auch hier sind alle technischen Werte praxisgerecht. Die Eingangsimpedanz der Line-Ins beträgt 20 kOhm, die der Instrumenteneingänge 1,1 Megaohm (was dem üblichen Wert eines Gitarren/Bass-Verstärkers entspricht). Die Eingangsimpedanz der Mikrofoneingänge liegt mit 10 kOhm deutlich höher als üblich, was insbesondere für dynamische Mikrofone günstig ist. Selbstverständlich verfügen die Mikrofoneingänge über Phantomspeisung; der schaltbare Low-Cut packt mit nur 6 dB/ Okt bei 80 Hz eher sanft zu. Phasenumkehrschalter sucht man leider vergebens.
Neben den analogen Eingängen gibt es auch ein digitales Anschlusspaar (In/Out) im koaxialen S/PDIF-Format für externe Wandler. Zu den Eingängen für Aufnahmesignale gesellen sich weitere Inputs für Zuspieler (»Sources«), die lediglich Abhörzwecken dienen, nämlich ein Paar symmetrische Line-Eingänge sowie ein Paar Cinchbuchsen, etwa für einen externen CD-Player, sowie ein Miniklinken-Eingang für einen MP3-Spieler bzw. ein Smartphone. Die unsymmetrischen Cinch- und Miniklinkeneingänge lassen sich über vier DIP-Schalter auf der Unterseite des Crimson im Pegel anpassen.
Der Crimson verfügt über zwei Ausgangspaare für (Aktiv-)Lautsprecher. Die Main-Outs sind als professionelle XLR-Buchsen ausgeführt, während die B-Monitore über symmetrische Klinkenbuchsen angeschlossen werden. Die frontseitigen Kopfhörerausgänge sind getrennt regelbar und verfügen über einen Monitor-Mix-Regler, der zwischen dem DAW-Return-Signal und den Eingangssignalen überblendet, sodass sich, ohne einen Software-Mixer zu bemühen, direkt am Gerät ein Monitor-Mix für den aufzunehmenden Musiker erstellen lässt. Feine Sache!
Auch als Audiointerface macht der SPL Crimson einen guten Eindruck. Die Gesamtdynamik (AD- und DA-Wandlung) beträgt über 111 dB — ein sehr guter Wert für diese Preisklasse.
Audiointerface
Wie angesprochen, ist der Crimson nicht nur Preamp und Monitor-Controller, sondern in dritter Eigenschaft auch ein voll ausgestattetes Audiointerface mit je vier analogen Ein- und Ausgängen plus S/PDIF und − was heute keine Selbstverständlichkeit mehr ist – MIDI-In/Out. Ungewöhnlich für ein so günstiges Gerät ist die Unterstützung höchster Abtastraten bis 192 kHz!
Verbindung zum Computer nimmt der Crimson über USB 2.0 auf. Bus-Powering wird übrigens nicht unterstützt; der Crimson muss über das beiliegende Steckernetzteil gespeist werden. Das sollte man nicht als Nachteil werten, denn USB-Power bietet nicht sehr viel Energie, was bedeutet, dass Geräte, die sich mit Bus-Powering begnügen müssen, mehr mit Stromsparen beschäftigt sind als mit optimalem Sound.
Die Messwerte des Crimson können sich sehen lassen: Die Wandlerfrequenzgänge sind sehr linear, selbst in den höheren Abtastrate gleicht der Frequenzgang einem Strich. Im Loop-Test gemessen (Lautsprecherausgang auf Line-Eingang), erreichen AD- und DA-Wandlung eine Dynamik von gut 111 dB. Für diese Preisklasse ein ausgezeichneter Wert! Der Klirrfaktor liegt mit 0,01 % ein wenig höher als bei manchem Konkurrenzprodukt, ist aber absolut betrachtet immer noch sehr gut, zumal nur die wohlklingende zweite Harmonische (K2) mit −85 dBFS nennenswert hervortritt. Die übrigen Klirrprodukte liegen in einem ähnlichen Bereich wie bei vielen anderen Audiointerfaces.
Die Treiber wurden von Ploytec programmiert und liegen vor für Mac ab OS X 10.4 und PC ab Windows XP (32- und 64- Bit). Darüber hinaus arbeitet der Crimson class-compliant, d. h., er kann prinzipiell auch ohne Treiberinstallation genutzt werden, und − Jubel! − er läuft am iPad! Für den Performance-Test auf Mac und PC habe ich auf Cubase 7.5 zurückgegriffen und die kleinsten sinnvoll einsetzbaren Latenzeinstellungen ermittelt. Um die CPU ins Schwitzen zu bringen, kam wie üblich der extrem leistungshungrige Softsynth DIVA von U-He zum Einsatz (Patch: »Beauty Pad« im Divine-Modus bei aktivierter Multicore-Unterstützung).
Auf dem Test-PC (Intel Core i7 2700K mit 4 x 3,5 GHz, 16 GB RAM) unter Windows 7 (64 Bit) lief der Crimson-Treiber bereits in der kleinsten Latenzeinstellung mit guter Performance. Der Synth-Bolide DIVA ließ sich mit allen 16 Stimmen knackfrei spielen. Allerdings ist das kleinste Latenz-Setting »Highspeed« mit 256 Samples schon etwas größer als bei etlichen Konkurrenzprodukten, die oft bereits mit 64 Samples knackfrei arbeiten. Die von Cubase gemeldete Ausgangslatenz von 5,8 ms reicht fürs Spielen von Softsynths jedoch locker aus. Bei Anwendungen, wo auch die Eingangslatenz von 4,2 ms eine Rolle spielt, wie beispielsweise Amp-Simulationen, liegt die Gesamtlatenz allerdings schon knapp im zweistelligen Bereich. Außerdem hatte der Treiber, allerdings nur im Highspeed-Setting, sporadisch Probleme mit dem ASIO-Guard-Modus von Cubase.
Auf meinem MacBook Pro 13 (Intel Core i5, 2x 2,4 GHz, 16 GB RAM, OS X 10.7.5) lief der Crimson-Treiber ab dem 128-SamplesSetting knackfrei und mit praxistauglicher Performance; DIVA ließ sich mit elf Stimmen spielen, bevor erste Knackser auftraten. Bei genauerer Betrachtung ist die Mac-Performance mit 128 Samples jedoch nicht besser als die PC-Performance mit 256 Samples, denn der Mac verschweigt traditionell seine internen Puffer. Die tatsächliche Ausgangslatenz bei 44,1 kHz beträgt 7,9 ms, die Eingangslatenz liegt bei 5,85 ms.
Die iPad-Performance konnte ich mangels eines Testgeräts nicht überprüfen. Stattdessen habe ich den Class-Compliant-Mode (d. h. den Betrieb ohne Treiberinstallation) auf dem Mac unter die Lupe genommen. Und siehe da: Die Niedriglatenz-Performance ist überraschend gut. Im niedrigsten Setting von 32 Samples schaffte DIVA ca. neun Stimmen, bevor erste Knackser auftraten. Aber auch hier verschweigt der Mac zusätzliche Puffer: Angezeigt werden je 3 ms Ein- und Ausgabelatenz, doch die tatsächliche Latenz ist nahezu doppelt so hoch − trotzdem eher besser als mit installiertem Treiber. Verzichten muss man beim treiberlosen Betrieb allerdings auf die 192-kHz-Unterstützung.
Praxis
Die Hardware des Crimson macht einen soliden Eindruck. Die Regler laufen weich, die Taster haben einen definierten Druckpunkt; alles fasst sich gut an. Die Lautstärkeregelung ist überraschend präzise: Der Links-Rechts-Versatz lag im üblichen Regelbereich bei nur 0,5 dB.
Richtig gut sind auch die Mikrofonvorstufen. Sie klingen sauber und arbeiten sehr rauscharm; mit einem Eingangsrauschen von nur −128 dBu taugen sie sogar für Bändchenmikros. Ihre maximale Verstärkung von 60 dB genügt für alle gängigen Anwendungen. Leider sind die Regler aber nicht gut skaliert, denn der Kernarbeitsbereich von ca. 34 − 60 dB macht nur knapp ein Viertel des Regelwegs aus. So gerät das Einpegeln etwas fummelig. Künftig sollen aber besser skalierte Gain-Potis zum Einsatz kommen. Recht leistungsstark zeigen sich die Kopfhörerverstärker; selbst ältere 600-Ohm-Hörer kommen auf angemessene Lautstärke.
Der eigentliche Clou sind die durchdachten Abhörfunktionen. Das fängt schon damit an, dass der Crimson ohne einen Software-Mixer auskommt; Monitormischungen werden direkt am Gerät erstellt. Zentraler Regler ist dabei das Monitor-Mix-Poti, das zwischen dem DAW-Return-Signal und der jeweils angewählten Quelle (Mic/Line/Instrument) überblendet. Über einen Mono-Schalter lassen sich die Eingangssignale abhörseitig in die Stereomitte legen. Ein Mono-Schalter fürs DAW-Signal fehlt allerdings.
Eine clevere Idee ist der »Artist Mode«, welcher es erlaubt, den Monitor-Mix nur auf den Kopfhörer des Sängers/Musikers zu geben, während der erste Kopfhörerausgang und das Lautsprecherpaar A das reine DAW-Signal erhalten. Auf die Ausgänge von Lautsprecherpaar B wird dagegen der Artist-Mix weitergeleitet, um z. B. einen externen Kopfhörerverstärker anzusteuern − Letzteres geschieht unter Umgehung der Lautstärkeregelung. Das beinhaltet dummerweise eine Tücke: Nutzt man die Speaker-B-Ausgänge für die Lautsprecherwiedergabe und drückt den Artist-Mode-Knopf, bläst einem der Mix mit Vollpegel um die Ohren! Dieses Problem hat inzwischen auch der Hersteller erkannt und will ab der nächsten Charge die Platine dergestalt ändern, dass sich der Artist-Mode nicht mehr aktivieren lässt, wenn über die B-Lautsprecher abgehört wird.
Sinnvoll ist der Artist-Mode u. a. dann, wenn Tonregie und Aufnahmeraum voneinander getrennt sind − wofür es natürlich auch eine Talkback-Funktion gibt (allerdings ohne eingebautes Mikro). Darüber hinaus hat der Artist-Mode aber noch eine Vielzahl weiterer Anwendungen, für die SPL eine Reihe von Diagrammen angelegt hat − einfach mal auf der Produktseite unter »Anwendungen« nachschauen. So lässt sich beispielsweise ein Dynamikprozessor einschleifen oder einer der internen Preamps für die Talkback-Funktion nutzen. Die Möglichkeiten des Crimson sind deutlich weiter gefasst, als es auf den ersten Blick scheint!
Fazit
Der SPL Crimson ist ein wirklich gelungenes All-In-One-Gerät auf der Höhe der Zeit. Als Kombination aus rauscharmen Preamps, sauber klingenden Wandlern und einem durchdachten Monitoring-Controller bietet der Crimson fast die gesamte Grundausstattung eines kleineren Studios. Die Hardware ist wirklich solide, die Treiber laufen zum jetzigen Zeitpunkt bereits stabil; die Niedriglatenz-Performance ist okay und soll in den kommenden Wochen noch weiter verbessert werden. Der größte Vorzug des Crimson ist aber sein Bedienkonzept: Mit seinem übersichtlichen Aufbau und analogem Direkt-Monitoring ohne Softwaremixer ist er ein ideales Gerät für Kreative, die sich nicht im digitalen Workflow verlieren möchten.