In einer Zeit, in der virtuelle Instrumente oft in perfekt kontrollierten Studioumgebungen aufgenommen werden, geht Strezov Sampling mit Arabian Ethnic Orchestra (AEO) einen bemerkenswerten Weg: Das bulgarische Unternehmen reiste nach Damaskus, um dort mit lokalen Musiker:innen traditionelle arabische Instrumente aufzunehmen – trotz der schwierigen Situation in Syrien. Das Ergebnis liegt nun als Arabian Ethnic Orchestra vor – bereits der dritte Teil dieser inspirierenden „Ethnic“-Reihe.
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Entstehungsgeschichte
Die Entstehung dieser Sample-Library ist eng mit dem Erfolg des Vorgängers Jade Ethnic Orchestra verbunden, das in Peking aufgenommen wurde. Ermutigt durch diese Erfahrung wagte sich das Team um George Strezov an die Klangwelt des Mittleren Ostens. Die Suche nach dem richtigen Aufnahmeort gestaltete sich zunächst schwierig, bis der Kontakt zu Saad Al-Hussainy, einem der renommiertesten Komponisten in Damaskus, zustande kam. Trotz des anhaltenden Krieges in Syrien entschied sich das Team für Aufnahmen in Damaskus. Der Tontechniker Michael Seifert, der bereits bei Jade Ethnic Orchestra mitgewirkt hatte, reiste mit umfangreichem Equipment nach Syrien. Glücklicherweise verliefen die einmonatigen Aufnahmen vor Ort ohne Komplikationen. Insgesamt erstreckte sich die Entwicklung und Nachbearbeitung der Library erstreckte sich über mehrere Jahre – von der ersten Konzeption 2022 bis zur Fertigstellung Anfang 2025.
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Technische Umsetzung und Besonderheiten
Die Aufnahmen erfolgten, wie bei Strezov Sampling üblich, mit drei Mikrofonpositionen (nah, mittel, fern) in einem mittelgroßen Konzertsaal für Ensembles sowie einem kleineren Studio für Soloinstrumente. Bei der Entwicklung wurde bewusst auf übermäßige Normalisierung verzichtet, um die natürliche Dynamik der Instrumente zu erhalten. Das Ergebnis ist eine 60 GB umfassende Sammlung von über 50 traditionellen Instrumenten, unterteilt in gestrichene und gezupfte Saiteninstrumente, Holzbläser, Percussion und Stimmen. Dazu gesellen sich die ideengebenden Sparks (kuratierte Klangkombinationen).
Improvisationen
Streichinstrumente – universell und mit Ornamenten
Die Streichersektion umfasst sowohl Ensembles als auch Soloinstrumente. Bei den Aufnahmen wurden Violinen, Bratschen, Celli und Kontrabässe mit verschiedenen Artikulationen wie Sustain, Legato (Solo und Poly), Tremolo und Pizzicato aufgenommen (zu finden in den KS-Patches (KeySwitch)). Besonders interessant sind die orientalischen Verzierungen wie Triller und die sogenannten „Vorschläge“ in Moll- und Dur-Varianten.
Neben dem vorgesehenen Einsatz des Arabian Ethnic Orchestra für orientalisch anmutende Klangwelten eignen sich insbesondere die Streichinstrumente auch für alle Arten von Musik, die klassische Streicher erfordert. Dazu gibt es sehr detaillierte Anpassungsmöglichkeiten beim Verhalten beispielsweise der Legatos. Eine Hilfefunktion (i) lässt kurze Infotexte zu allen gerade verfügbaren Funktion einblenden.
Traditionelle Zupfinstrumente
Bei den Zupfinstrumenten finden sich authentische Instrumente wie Bouzuk, Saz und Qanun. Der traditionelle Qanun wurde sowohl als spielbares Instrument als auch als Begleitpattern aufgenommen. Die Oud, eine arabische Laute, ist in zwei verschiedenen Varianten mit über 600 Improvisationen vertreten. Diese kurzen und bisweilen auch längeren Phrasen und Mini-Perfomances findet man aber auch bei anderen Instrumenten vielfach in der Library. So bekommt kann sehr authentische Bausteine für die eigenen Produktionen mitgeliefert. Diese lassen sich in einem Sample-Editor mit einigen Parametern anpassen, darunter der Sample-Start. Dies ist für Strezov Sampling zwar ungewöhnlich aber eine willkommene Ergänzung.
Für ein zukünftiges Update würde ich mit ein zielgenaueres Auswählen der Startpunkte, vielleicht auch mit automatischer Transientenerkennung wünschen.
Blasinstrumente
Auch die Bläsersektion bietet eine abwechslungsreiche Auswahl: Die Kawala, eine arabische Flöte, wurde beispielsweise mit verschiedenen Vibrato-Arten aufgenommen. Das Mijwez-Ensemble, bestehend aus fünf verschiedenen Doppelrohrblattinstrumenten, bietet weitere charakteristische Klangfarben. Die Ney-Flöte beeindruckt mit über 400 aufgenommenen Improvisationen.
Percussion und Rhythmen
Die Percussion-Sektion basiert auf der X3M-Engine mit zwölf frei belegbaren Zonen und umfangreichen Bearbeitungsmöglichkeiten. Jede Zone verfügt über einen dreibandigen Equalizer, Transientenbearbeitung und Sättigungseffekte für die vielfältigen Single Hits. Die 23 aufgenommenen traditionellen Rhythmen wurden in vier verschiedenen Tempi (80, 100, 120 und 140 BPM) eingespielt und passen sich automatisch dem Projekttempo an. Diese findet man in Percussion-Patch „Loops“.
Drums und Percussion
Gesang und Atmosphären
Bei den Gesangsaufnahmen wurden vier Solist*innen mit je vier Grundsilben für Sustains und neun Silben für Kurzartikulationen aufgenommen. Das Vokalensemble steuert charakteristische Gesangseffekte wie Arada Dabkeh und Zahlgotha bei. Die “Sparks”-Sektion wurde von Lyubomir Goshev, Hristo Penev und George Strezov kreiert. Heir findet man richtig tolle Ideengeber in Form von kurierten Klangzusammenstellungen. Diese lassen individuell anpassen und mischen. Richtig gut finde ich hier auch die atmosphärischen Synth-Layer, die auch Solo hervorragend verwendet werden können – und sind nicht nur im arabischen Kontext eine Option!
Mikrotonalität und Bedienung
Eine Besonderheit ist die durchdachte Integration der Mikrotonalität. Die Library bietet verschiedene Stimmungssysteme aus zehn Regionen wie Syrien, Türkei oder Ägypten. Die Benutzeroberfläche zeigt dabei farblich an, welche Noten zur gewählten Skala gehören: grün für den Grundton, violett für die Skalentöne.
Technische Anforderungen und Kopierschutz
Die Bibliothek läuft im kostenlosen Kontakt Player (ab Version 6.7.1) und benötigt mindestens 16 GB RAM und knapp 60 GB auf der SSD. Leider war aufgrund der langen Produktionszeit noch die ältere Version von Kontakt 6 die Basis für die Entwicklung. Das lies einige mögliche Feature der neueren Kontakt-Versionen wie größere GUIs leider noch nicht realisieren.
Eine Besonderheit ist das Challenge-Response-System: Vor der ersten Nutzung muss die Bibliothek über die Strezov-Website freigeschaltet werden, wobei jedem Nutzer fünf Freischaltungen zur Verfügung stehen. Internet am Studiorechner ist dafür nicht notwendig. Einige Nutzer hatten bereits bei früheren Libraries den Wunsch geäußert, auch einzelne Instrumente oder Instrumentengruppen (z.B. Streicher) erwerben zu können. Der Hersteller hatte sich nach reiflichen Überlegungen dagegen entscheiden, um den Preis der Library niedriger zu halten.
Fazit
Arabian Ethnic Orchestra von Strezov Sampling ist eine sorgfältig produzierte Sample Library, die über 50 verschiedene traditionelle arabische Instrumente authentisch einfängt. Die durchdachte Mikrotonalität, die vielfältigen Artikulationen und die umfangreiche Instrumentenauswahl machen sie zu einem tollen Werkzeug für Komponist*innen, die sich der Musik des Nahen Ostens widmen möchten. Besonders beeindruckend ist dabei die Entstehungsgeschichte, die zeigt, wie Musik selbst unter schwierigsten Bedingungen Menschen verbinden kann.
Der reguläre Preis wird mit 399 Euro angegeben, bis zum 31.03.2025 gilt der Einführungspreis von 299 Euro. Besitzer einiger anderer Produkte von Strezov Sampling haben vielleicht eine Mail mit einen Loyalty-Rabatt bekommen, um weitere 10% zu sparen. Für mehr Infos hier.