Die französische Softwareschmiede Xils Lab, bekannt für ihre detailgetreuen Emulationen von Hardware-Klassikern, hat kurz vor dem Jahreswechsel mit „The Eighty“ eine neue virtuelle Interpretation des legendären Yamaha CS-80 Synthesizers angekündigt. Nun ist das Plug-in erschienen und muss sich mit einigen Konkurrenten messen.
Anzeige
Die Entwicklung weckt besonders bei Filmmusik-Enthusiast*innen große Erwartungen, da der originale CS-80 durch Vangelis’ ikonischen Soundtrack zum Film „Blade Runner“ Synthesizer-Geschichte schrieb. Der erste Eindruck klingt schon einmal vertraut. Auch Die Klänge und Melodien des Trailers erinnern an das Werk des griechischen Komponisten.
Besonderheiten der Emulation von Xils Lab
Die neue Software-Emulation von XILS-lab versucht, die klanglichen Besonderheiten des Originals detailgetreu nachzubilden. Im Zentrum stehen die charakteristischen Filter: Jeder Signalpfad verfügt über verkoppelte Hochpass- und Tiefpassfilter mit 12 dB Flankensteilheit. Eine Besonderheit ist die Implementation als Zero-Delay-Filter, die digitale Artefakte vermeidet. Auch die spezielle Sägezahn-Wellenform des CS-80, die durch kurze Impulse erzeugt wird, wurde authentisch modelliert.
Eine sehr interessante Erweiterung fällt auch optisch sofort auf. Statt der nur zwei Layer für den Sound des Originals kann hier mit der dritten Reihe der bunten „Knöpfe“ eine komplette zusätzliche Klangebene über den 2D Mixer eingezogen werden.
Die Effektsektion umfasst Delay, Phaser, Reverb und einen Equalizer mit flexiblen Routing-Optionen. Hinzu kommen ein Ringmodulator mit Hüllkurvensteuerung sowie Chorus-Effekte des Originals für Tremolo, Vibrato und Ensemble-Sounds.
Lieferumfang
Natürlich bekommt man mit dem Plug-in auch eine Sammlung von Presets mitgeliefert. Rund 500 Sounds, die unter anderem von bekannten Designer wie Nori Ubukata, Alessandro Cardinale und Daniel Starczyk stammen, liefern Startpunkte aus allen möglichen Klang-Ecken des ikonischen Synthesizers, immer wieder inspiriert von berühmten Werken. Dazu gehören auch die ursprünglichen Presets des Originals.
Poly-Aftertouch
Die Herausforderung bei der Emulation des CS-80 liegt besonders in dessen komplexer Architektur. Ein wesentliches Merkmal des Originals ist „Poly-Aftertouch“, der maßgeblich zum charakteristischen Ausdrucksreichtum beiträgt. Gerade dieses Feature unterscheidet den CS-80 von vielen anderen Synthesizern seiner Zeit. Glücklicherweise gibt es immer mehr aktuelle Controller, die dieses Feature ebenfalls mitbringen, wie z. B. die Keyboards von Native Instruments oder Novation, so dass man mit der Emulation auch beim Spiel näher an das Original herankommen kann.
Alternativen
Der Markt für CS-80-Nachbildungen ist mittlerweile durchaus vielfältig. Etablierte Softwarelösungen wie der Arturia CS-80 V4 (ca. 149 Euro), Cherry Audio GX-80 (ca. 59 $) oder Memorymoon ME80 (nur für Windows, rund 40 $) sind bereits seit einiger Zeit erhältlich. Im Hardwarebereich bietet Black Corporation mit dem „Deckard’s Dream“ sogar eine analoge Neuauflage des Klangmoduls an, die für knapp 5000 Euro zu bekommen ist.
Der Preis
Der originale Yamaha CS-80 ist heute kaum noch zu bekommen und wenn man Glück hat, wird er zu Preisen im fünfstelligen Bereich gehandelt (aktuell ist ein Exemplar bei Reverb.com für gut 50.000 Euro + Versand zu bekommen). Für die meisten Musikschaffenden ist er also unerschwinglich und zudem mit seine 100 kg unglaublich schwer. Eine hochwertige Software-Alternative für den charakteristischen CS-80-Klang – vor allem, wenn sie mit so viel Liebe zum Detail nachgebaut wurde, kommt sehr gelegen!
„The Eighty“ liegt zwar mit einem regulären Verkaufspreis von 179 Euro am oberen Ende der CS-80-Emulationen, wer schnell ist, bekommt ihn aber in der Einführungsphase bis zum 31.01.2025 für günstigere 89 Euro.
Dass das historische Synthesizer-Erbe mittlerweile fast vollständig in Plug-ins gegossen wurde, merkt man auch daran, dass sich die virtuellen Nachbauten wiederholen. Allerdings scheinen noch nicht alle Nuancen vollständig eingefangen zu sein, und leistungsstärkere Computer erlauben immer feinere Berechnungen. So ist es schön zu sehen, dass die Begeisterung, mit der die Originale geschaffen wurden, nun auch in den Nachbauten wie diesem zu finden ist.
Bonus-Tipp von Xils Lab: Les Diffuseurs
Bei den Recherchen zu „The Eighty“ bin ich auch auf eine weitere, relativ neue Veröffentlichung von Xils Lab gestoßen, die ich bisher übersehen hatte. Die beiden wirklich besonderen Hall-Plug-ins, die gemeinsam unter dem Namen „Les Diffuseurs” firmieren, erinnern mich an die Experimentierfreude, die man auch bei den Klangverbiegern von AudioThing findet. Auch dort gibt es mit dem „Gong Amp“ einen vergleichbaren Nachbau.
Die Reverbs sind von den Lautsprechern des historischen elektronischen Musikinstruments „Ondes Martenot” inspiriert. Die beiden Plug-ins „La Palme“ und „Le Metallique“ bringen die einzigartigen Klänge der originalen „Diffuseurs“-Lautsprecher von Maurice Martenot in die Moderne.
Das eine Plug-in basiert auf dem „Palme”-Lautsprecher von 1950 mit seiner Resonanzkammer und den gestimmten Saiten. „Métallique“ wiederum modelliert den gleichnamigen Lautsprecher von 1932, der einen Gong statt einer Membran verwendet. Wie bei solchen Reinkarnationen üblich wurden auch hier neue Möglichkeiten hinzufügt, wie das Stummschalten einzelner Saiten oder die Veränderung der Gong-Größe in Echtzeit.
Die beiden Reverbs sind auf jeden Fall eine Empfehlung für das Ungewöhnliche – nicht nur für Sounddesigner. Sie sind für knapp 90 Euro (im Sale bisweilen für 29 Euro) zu bekommen.