Mit EZkeys lassen sich bereits seit 2012 Songstrukturen auf der Basis von Akkorden ausarbeiten und in Form einer Keyboard-Begleitung arrangieren. Dabei eignet sich die Software als effektives Hilfsmittel für Komponisten, als Inspirationsquelle und für das Erlernen musiktheoretischer Zusammenhänge. Mit Version 2 hat Toontrack die Software nun deutlich aufgebohrt.
Hinter vielen Musikkompositionen stehen Akkordfolgen, die für Musiker ein gemeinsames Gerüst mit gemeinsamen Tonfundus bilden. Ob es sich dabei um eine Begleitung eines Singer/Songwriters handelt oder um das Riff eines Gitarristen, ob bewusst konstruiert oder als Ergebnis des täglichen Übens, ist letztlich egal. Genau auf diese Aufgabe ist EZkeys spezialisiert.
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Die neue Version läuft standalone oder in den Plugin-Formaten VST3, AU und AAX. Der Hersteller aus dem schwedischen Umeå hat dabei das Konzept der Software neu überarbeitet. Anders als bei der Vorgängerversion erwirbt man EZkeys 2 nun mit einer Core-Library in Form eines aufwendig mikrofonierten Flügels. Das kennt man so von EZdrummer 3 und EZbass, ebenso die Bereitstellung ergänzender Erweiterungen (EKX).
Neuerungen
Unmittelbar fällt die deutlich verbesserte Bedienoberfläche mit skalierbarem Fenster ins Auge, die sich ebenfalls an EZdrummer 3 und EZbass orientiert. Und auch weitere, lang ersehnte Neuerungen kennt man von den Schwesterprodukten: einen vollwertiger Grid-Editor, erweiterte Suchfunktionen wie »Tap2Find« und den »Bandmate«, der vorhandenes Material nutzt, um automatische Begleitungen zu generieren. Deutlich verbessert wurde auch der Songtrack. Wie zuvor lassen sich hier Akkorde per Klick in die lokale Timeline einfügen und über ein Akkordrad bei Bedarf näher spezifizieren oder ändern.
Mithilfe von »Suggest Chord« lassen sich aber auch zueinander passende Akkordabfolgen im Nu programmieren. Die passenden Vorschläge liefert EZkeys 2 in Form einer Tabelle, sodass man zügig eine Begleitung aufbaut, zu der man jammen oder die man seinen Mitmusikern präsentieren kann. Die gleiche Funktion lässt sich aber auch nutzen, um sich alternative Akkorde vorschlagen zu lassen, die man spielerisch bei laufendem Playback austauschen kann.
Ein weiterer Mehrwert ist es, nun auch mit mehreren Spuren arbeiten zu können. So kann man etwa die Melodie auf einer zweiten Spur verewigen. Das ist natürlich auch mit einer ganz klassischen MIDI-Aufnahme möglich!
Sinnvoll ist das mögliche Arrangieren mit Bausteinen (Song Parts), die Akkordfolgen gruppieren. Somit hat man nunmehr Zugriff auf MIDI-Noten, Akkorde und größere Arrangement-Blöcke, einschließlich neuer, Möglichkeiten, diese in der Zeitleiste zu platzieren.
Akkordisch komponieren.
Viele Musiker notieren Ideen in Form von Akkordfolgen – eine Arbeitsweise, die EZkeys 2 in vorbildlicher Weise unterstützt. Über die besagten Möglichkeiten lässt sich die Timeline effektiv befüllen. Steht die Akkordfolge, kommen die sogenannten Grooves zum Einsatz, die über einen eigenen Tab verfügen. Hierbei handelt es sich um mehr als 1.400 neu eingespielte Phrasen, die natürlich die jeweiligen Tempi und Akkorde automatisch berücksichtigen. Diese Patterns sind nach Genres und Songteilen unterteilt sowie umfassend mit Attributen versehen, um bei der Suche schnell gefunden zu werden. Hier hilft beispielsweise auch die praktische Funktion »Tap2Find« wieder, mit deren Hilfe man nach rhythmischen Mustern sucht, die man einfach per Maus eintippt. Patterns, aber auch externe MIDI-Dateien lassen sich per Drag&Drop in die Timeline einfügen, aber auch mittels »Replace MIDI« auf existierende Akkorde oder Akkordfolgen anwenden. So entsteht eine im Bedarfsfall en détail anpassbare Klavierbegleitung, die auch Musiker erstellen können, die keine Keyboarder sind.
Inspiration finden.
Nicht immer jedoch kennt man die Akkorde, aus denen die zukünftige Komposition bestehen soll. Eventuell nimmt ein Song mit einer Textidee oder einem Melodiefragment seinen Anfang, oder man ist schlicht generell auf der Suche nach einem Ansatz. Hier ist die Funktion »Add Standard Groove« behilflich. Sie erzeugt eine Abfolge identischer Akkorde, die man über »Suggest Chord« genrespezifisch und in etlichen Möglichkeiten rasend schnell wunschgemäß ausarbeitet. Auch hier kann man über »Replace MIDI« die Grooves nutzen, um die Akkordwiedergabe in flüssiges Spiel zu verwandeln. In diesem Zusammenhang ist es jederzeit
auch möglich, durch Austausch der Grooves flüssig zwischen unterschiedlichen Genres zu wechseln.
In beiden Szenarien lassen sich die Akkorde jederzeit nach Bedarf ändern. Hinzu kommt die Sektion »Edit Play Style«, mit deren Hilfe sich Notenlängen, die Dynamik des Playbacks und die Anzahl der Ziernoten anpassen lassen.
Nicht zu vergessen ist der Grid-Editor, mit dem man Note für Note anpassen kann, ohne hierfür in die DAW wechseln zu müssen. Neben dem manuellen Zugriff auf jede Note gibt es Funktionen zur Quantisierung, Swing, Humanisierungen, Nudging und eine umfassende Unterstützung von Skalen, auf denen die Noten einrasten können.
Bandmate.
MIDI- und Audiodateien lassen sich per Drag&Drop in die Software importieren. Der »Bandmate« erzeugt hieraus automatisch eine Begleitung. Die Ergebnisse lassen sich sehen. Die Funktion macht Spaß und liefert Inspiration, allerdings sind die Resultate von der Komplexität der Vorlage abhängig. Verbesserungsbedarf sehe ich bei der Tempoerkennung. Gleichwohl konnte ich eine komplette Audio-Bass-Spur importieren, aus der EZkeys 2 nach kurzer Analyse genrespezifische Angebote für Klavierbegleitungen generierte. Interessanterweise war die Trefferquote im Einsatz als Plug-in bei gleicher Datei deutlich geringer.
Praxis.
Grundsätzlich arbeitet es sich mit EZkeys 2 angenehm leicht. Etwas Einarbeitung vorausgesetzt, gelangt man wirklich schnell zu musikalischen Ergebnissen, die keinesfalls nur für einen bestimmten Musikertyp interessant sind. Ob man komponiert, Inspiration sucht, Unterstützung bei der Probe oder harmonische Variationen erkunden möchte – Toontrack gelingt in allen Fällen eine geradlinige, kompetente Umsetzung, die das spielerische Elemente nicht unterschlägt.
Dennoch gibt es Grenzen: So lässt sich EZkeys 2 zwar in die DAW integrieren, allerdings ist eine lokale Timeline nicht unbedingt erstrebenswert. Im Idealfall würde man EZkeys, EZdrummer und EZbass natürlich seinen anderen Spuren im Arranger der DAW sehen. Das ist zwar durch einen Export von MIDI oder gar Audio möglich, man gibt in diesem Schritt aber die Funktionalität der Software auf.
Klang.
Der neue Flügel überzeugt. Zwar sollte man keinen VSL-Flügel mit unzähligen Artikulationen
erwarten, aber er ist ein sehr authentisch klingendes Instrument mit musikalischer Spielbarkeit, Dynamik und zugehörigem Ausdruck. Für diesen Zweck wurde eigens ein sagenhaft kostspieliger Fazioli Z212 im Riksmixningsverket Studio (RMV) in Stockholm über eine Neve 8068-Konsole aufgenommen. Hinter diesem Studio verbirgt sich niemand geringer als Benny Andersson!
Der Fazioli wurde mit etlichen Direkt- und Raummikrofonen erfasst, Hammer- und Pedalgeräusche inklusive und separat im Pegel steuerbar. Auch passiv mitschwingende Saiten und die resultierende Resonanz des Instruments wurden berücksichtigt, sodass die Library auch tatsächlich eine beachtliche Dreidimensionalität liefert. Das Dynamikverhalten ist überzeugend und lässt sich in Ansprache über MIDI an den eigenen Geschmack anpassen. Hinzu kommen die Pedalspielweisen Sustain, Una Corda (Soft Pedal) und Sostenuto.
Für eine Auswahl unterschiedlicher Klänge sorgen etliche, kategorisierte Presets. Zum Einsatz kommen dabei vordefinierte Effekte, die in ausgewählten Parametern editierbar sind – so kennt man das auch von anderen EZ-Produkten. Das Klangspektrum reicht somit über reine Flügelnachbildungen hinaus und liefert ergänzende Effektklänge und flächenartigen Sounds, bei denen etwa Streicher im Hintergrund mitspielen.
Da sich der Ausgang auch in der DAW mit Plug-ins versehen lässt, geht man keinen echten Kompromiss ein. Darüber hinaus gibt es in einzelnen Presets die Möglichkeit für ein Routing der einzelnen Mikrofone auf individuelle Ausgänge.
Wer sich übrigens um seine Investitionen in die erste EZkeys-Version sorgt, kann beruhigt durchatmen. Sämtliche Sound- und MIDI-Libraries sind weiter nutzbar und gliedern sich direkt in die entsprechenden Bereiche von EZkeys 2 ein. Die unterschiedlichen Klangerzeuger von EZkeys 1 liefern als EKX-Librays weitere Klangfarben, während sich die MIDI-Grooves im entsprechenden Tab einreihen. Bleibt noch zu erwähnen, dass es seit jeher möglich ist, MIDI-Dateien per Drag&Drop zu exportieren und über die DAW von beliebigen Instrumenten spielen zu lassen.
Soul Roads
Der Klassiker unter den E-Pianos ist das Rhodes, dem sich die erste Erweiterung von EZkeys 2 widmet. Sie bietet gleich zwei restaurierte Instrumente aus unterschiedlichen Epochen, den Siebzigern und den Achtzigern. Aufgezeichnet wurden beide Instrumente im Toontrack-eigenen Studio. Neben den Samples werden auch hier multiple Presets, maßgeschneiderte Effekte sowie MIDI-Grooves beigefügt. Dabei erhält man charakterstarke Klänge, die stets auf eine Auswahl mit passenden Effekten wie Tremolo/Autopan, Reverb, Bandecho, Phaser, Chorus oder Overdrive zurückgreifen und herrlich authentische Ergebnisse liefern. Inhaltlich zielt diese Library deutlich auf Vintage-Klänge ab. Das ältere Stage hat dabei einen helleren, drahtigen Charakter, während das Stage Two wärmer und glockiger klingt. Definitiv lohnenswert. Der Preis liegt bei 89 Euro.
Fazit.
EZkeys 2 ist mit 179 Euro ein Schnäppchen. Ich stelle die These auf, dass nahezu jeder Musiker, der am Computer komponiert, von dieser Software profitieren kann. Das gilt insbesondere für Musiker, die akkordisch komponieren und solche, die nach Inspiration suchen. Auch Keyboarder braucht man keinesfalls zu sein.
Wer EZkeys bereits besitzt, braucht beim Update nicht weiter zögern. Für 99 Euro erhält man nicht nur einen wirklich gut klingenden Fazioli-Flügel, sondern eben auch eine funktionale und optische Rundumerneuerung. Her damit!