Umfangreich, komplex, Drum-Production-Studio

Toontrack Superior Drummer 3 im Test

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Gretsch

Mit dem Superior Drummer 3 veröffentlichte Toontrack nun die dritte Generation der beliebten Drum-Library. Dass es sich bei dieser Serie allerdings nicht nur um eine Sammlung an Samples handelt, haben die Schweden bereits mit Superior Drummer 2 und den EZdrummer-Versionen gezeigt. Mit der Zeit wurde auch das Thema Songwriting integriert und verfeinert. In Superior Drummer 3 legte die Softwareschmiede nicht nur mit den Tracker, einer Audio-To-MIDI-Funktion, eine ordentliche Schippe drauf.

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Zum 03.05. dieses Jahres wurden wir von Toontrack in die Galaxy Studios nach Belgien eingeladen, wo Superior Drummer 3 aufgenommen wurde. Stargast war niemand geringeres als George Massenburg, der Superior Drummer 3 engineerte und bereits mit Größen wie Earth, Wind & Fire, Toto und den Dixie Chicks arbeitete. Das untermauert auch nochmal den Stellenwert dieses Projekts, was uns an diesem Tag vorgestellt wurde.

Die SD3 Core-Library umfasst 235 GB Sounds von insgesamt sechs akustischen Drumsets, 33 verschiedenen Cymbals, 25 verschiedenen Snares in 35 verschiedenen Konfigurationen und 16 verschiedenen Kicks mit 27 unterschiedlichen Konfigurationen. Zu den sechs Kits wurden 14 zusätzliche Optionen wie beispielsweise verschiedene Sticks, Hot Rods und Besen integriert.

Hinzu kommen 350 elektonische Samples aus klassischen und vintage Drum-Machines, die zum Layern und fürs Sounddesign verwendet werden können.

Aufgenommen wurden die Soundfiles mit einem Setup aus 16 Close-Mics und elf zusätzlichen Raummikrofonen, die entweder als ganz normale Ambiences in Stereo oder zum Erstellen von 5.0-, 7.0-, 9.0- oder 11.0- Surround-Mischungen verwendet werden können.

Drums Tab

Superior Drummer 3 wurde von Grund auf in einer neuen Plattform erstellt. Was beim Öffnen direkt auffällt ist: Die Fenster sind skalierbar und können individuell angepasst und verschoben bzw. auch angeordnet werden. Das funktioniert sowohl auf einem als auch auf mehreren Monitoren. Außerdem gibt es weniger Fenster als bei den Vorgängern. In den sogenannten »Property Boxes« wird nun alles übersichtlich in Drums, Grooves, Mixer und Tracker dargestellt, und man hat alles im Blick. Daumen hoch!

Im Tab »Drums« wird wie gewohnt das ausgewählte Set dargestellt. Hat man das passende Schlagzeug gefunden, wird das angewählte Instrument mit einem blauen Rahmen hervorgehoben und kann nun über die Utility-Box rechts bearbeitet werden. Hier gibt es neben den Artikulationen wie Center, Rimshot oder Rim auch Level, Tuning, Re – verse, Level Envelope, Pitch Fix, Velocity Curve, Velocity Gate, Soft Hit, MIDI Mapping, MIDI Monitor, Voice and Layer, Humanize, Hit-Hat CC Edit, Smoothing und Mute Tail Trigger. Wer möchte, kann also viel Zeit mit dem Feintuning verbringen. Jedes Instrument kann natürlich auch gegen ein anderes aus einem der anderen Sets getauscht werden, um den Sound individuell anzupassen.

Beim Klick auf »Add Instrument« in der linken oberen Ecke öffnet sich ein Dropdown-Menü, über das sogenannte »Future Hit Instrumente« wie Shaker und Tambourine, Sounds aus der SD3-Sound-Library, den zusätzlich installierten EZX- oder SDX-Libraries sowie eigene Audio-Files als zusätzliches Instrument zum bestehenden Set hinzugefügt werden können. Diese werden alle einer eigenen MIDI-Note zugewiesen und können andere Instrumente ersetzen, aber auch als Layer eines anderen Instruments im Set fungieren.

In der Suchfunktion ist die SD3-Datenbank in Library, Type, Instrument Type, Instrument, Manufacturer und Tool unterteilt. Hier wird man schnell fündig.

Eine sehr praktische Neuerung sind die Macro-Controls, die über die Fußleiste aufgerufen werden können. Mit ihnen lassen sich mehrere Parameter über nur einen Knopf regeln. Längere Prozesse können auch per MIDI-Record aufgenommen werden und einer der Macro-Controls zugewiesen werden. Hier können wirklich sehr komplexe Dinge realisiert und gesteuert werden. Auch im Mixer lassen sich verschiedene Abläufe damit steuern. Aber dazu später mehr.

Groove Editor

Das Grooves-Tab bietet alle Songwriting- Features, die man bereits aus EZ Drummer 2 kennt (s. Test in SR 06.2014). Hier fällt auf, dass File-Browser und Suchfunktion in einem Fenster untergebracht wurden und auch zusammenarbeiten, um schneller den passenden Groove zu finden. Die Suchergebnisse werden in Genre, Play Style, Type, Time und Power Hand sortiert. Mit »Tap2Find« kann zusätzlich per Maus ein Groove auf dem Drumset gespielt werden, und SD3 spuckt einen passenden Beat aus. Das verbessert meine Klick-Drum-Skills!

Links kann man sich im File-Browser durch verschiedene MIDI-Libraries wie Ballade, Half Time und Midtempo klicken, die wieder nach Taktart, Play Style oder Chorus, Verse, Musikart und Co. sortiert sind. Durch das Anwählen mehrerer Ordner mit [CMD]- bzw. [Strg]-Taste kann die Suche nach dem richtigen Groove auch auf die ausgewählten Ordner eingeschränkt werden.

Hat man den richtigen Groove gefunden, kann er per Drag&Drop direkt in den Track am unteren Rand des Bildschirms gezogen, um einen Song aufzubauen. Hier kann sogar an verschiedenen Versionen des Songs gleichzeitig geschraubt werden. Mit dem Song-Creator können Grooves als Intro, Verse, Pre-Chorus, Bridge, Fill oder Ending deklariert werden, und somit lassen sich Formen wie ABAB oder AABA usw. umsetzen und die Drums eines kompletten Songs in kurzer Zeit mit wenigen Klicks arrangieren. Ich persönlich neige beim Produzieren dazu, ständig die gleichen Schemen zu verwenden. Vielleicht komme ich mit den verschiedenen Optionen, die der Superior Drummer 3 vorschlägt, ja so aus meinem Hamsterrad.

Neu in SD3 sind an dieser Stelle die Funktionen »Edit Tempo« und »Edit Time Signa – ture«. Dort lässt sich das Grid an das Tempo bzw. den Takt individuell anpassen. Verändert man das Tempo, werden die Grooves schneller bzw. langsamer abgespielt. Das Wechseln der Taktart ändert zwar die Bars und die Beat-Anzeige in der Timeline, ändert allerdings nicht die Taktart der Grooves, die sich aktuell auf der Timeline befinden.

Auch der Grid-Editor und »Edit Play Style« sind neu. In SD3 lässt sich jetzt, wie man das aus EZDrummer 2 kennt, über Edit Play Style ein Groove bearbeiten, wo die Software automatisch über »Amount Hits« mehr oder weniger Noten spielt und die Velocity variiert.

Im Grid-Editor lassen sich Hits aller Instrumente ähnlich wie in der MIDI-Ansicht verschieben, löschen oder hinzufügen. Die Velocity kann individuell für jeden Hit bearbeitet werden. Hier stehen alle MIDI-Funktionen wie Velocity, Snap to grid, Quantize und der Strength-Slider zur Verfügung; Letzterer gibt an, wie stark die Quantisierung sein soll und wie genau die Hits auf dem Grid liegen. Auch die Instrumente, die über »Add Instrument« hinzugefügt wurden, können hier bearbeitet werden. Mit einem Poti lässt sich die Velocity aller angewählten Hits anpassen. Die Gesamtlautstärke bleibt bestehen, allerdings wird das Lautstärkeverhältnis zwischen den einzelnen Schlägen verändert. Somit kann man einem Groove mehr oder weniger Dynamik verleihen.

Die »Fade Velocity«-Funktion ermöglicht es zusätzlich, Lautstärkekurven einzuzeichnen oder von einem externen MIDI-Groove zu importieren. Damit lassen sich schnell Cymbal Swalls, Snare Build-ups und Crescendos umsetzen.

Mixer Tab

Toontrack möchte dem User mit Superior Drummer 3 ein komplettes Drum-Produktionsstudio an die Hand geben, in dem er Zugriff auf alle Parameter und genügend Tools hat, um den richtigen Sound zu finden. Dazu wurde Superior Drummer 3 mit insgesamt 35 Plug-in-Effekten ausgestattet, die man über den Mixer erreicht. Sie sind unterteilt in EQ, Dynamics, Distortion, Reverb, Delay und Modulation. Hier findet man unter anderem auch Software-Clones von legendärer Hardware. Unter Dynamics gibt es zum Beispiel einen britischen 84er-EQ, einen 1176-Clone und Effekte wie Punch Exciter, Transient Designer, Frequency Gate und einen Multibandkompressor.

Die Effekte werden vom renommierten italienischen Hersteller Overloud programmiert. Toontrack nutzt die Overloud-Effekte bereits in ihrem Multi-Effekt-Mixing-Tool und Guitar-Amp-Simulation EZmix 2 sowie den über 35 verschiedenen EZmix-Packs.

Hier wird es jetzt komplex: Die eben angesprochenen Macro-Controls können auch mit jeder individuellen Funktion der Plug-ins belegt werden. So lassen sich beispielsweise zeitgleich der Input-Gain eines Kompressors und der Input-Level der Tape Simulation steuern, um den Drums mehr Sättigung zu verpassen und sie gleichzeitig nach vorne zu bringen. Ich bin ehrlich: Das Angebot an Möglichkeiten, die SD3 hier liefert, liegt weit außerhalb meiner Vorstellungskraft.

Multichannels

Die Superior Drummer 3 Core-Library wurde so aufgenommen, dass man in Formaten mit bis zu elf Kanälen mixen kann. Die Surround-Kanäle, die sich am rechten Ende des Mixers befinden, können ganz normal in Stereo als zusätzliche Ambience- oder Raum-Channels verwendet werden. Zu den für einen Stereo-Mix notwendigen Kanälen können verschiedene Ambient-Sounds dazugefahren werden. Diese Kanäle können nach Belieben gepannt, geroutet und bearbeitet werden.

Man kann beispielsweise auch das Übersprechen der einzelnen Instrumente in den Surround-Kanal-Leveln und damit den Raumanteil der Snare höher setzen als beispielsweise den der Becken oder der Kick. Hier sind die Möglichkeiten schon wieder schier unendlich. Mit »Time Offset« lässt sich sogar die Phase der Ambient-Mics an die Phase der Close-Mics samplegenau anpassen. Auch hier kann die Envelope eingestellt werden, was etwas echter klingt als bei den individuellen Settings der einzelnen Instrumente.


George Massenburg
George Massenburg

George Massenburg ist ein US-amerikanischer Recording-Engineer und Unternehmer. Seine Credit-Liste ist lang! Neben Earth, Wind & Fire, James Taylor, Billy Joel, Toto, Dixie Chicks und Journey arbeitete er auch mit Kenny Loggins, Mary Chapin Carpenter, Linda Ronstadt und Herbie Hancock zusammen.

Mit 15 arbeitete Massenburg bereits nebenbei in der technischen Entwicklung von Hardware. 1982 gründete er George Massenburg Labs, ein Unternehmen, das als Pionier der Audiotechnik bezeichnet wird. Massenburg ist heute vor allem bekannt für die Entwicklung des grundlegenden Konzepts des parame – trischen EQs


Tracker

Der Tracker ist mein persönliches Highlight am neuen Superior Drummer 3. Mit ihm können die Audiofiles einer Drum-Aufnahme in MIDI konvertiert bzw. die Drums durch die Sounds von Superior Drummer 3 ersetzt werden. Hierzu muss man einfach die AIFF- oder WAV-Dateien in den Tracker importieren, entweder per Drag&Drop oder über den Menü- punkt »Add«. Es muss allerdings darauf geachtet werden, dass ausschließlich die Close-Mic-Spuren importiert werden. Das funktioniert allerdings auch mit Stereo-Files von Drumaufnahmen, dort aber nicht ganz so exakt. Danach erkennt SD3 automatisch, um welches Instrument es sich bei der jeweiligen Spur handelt und analysiert, wo sich die Hits im Track befinden. Dazu arbeitet SD3 laut Toontrack mit einem eigens erfundenen neuronalen Netzwerk, einer künstlichen Intelligenz, die ihr Wissen aus den Erfahrungen von über 1,2 Millionen verschiedenen Schlagzeugaufnahmen verschiedenster Instrumente zieht und ableitet.

Falls Tracker das Instrument falsch erkannt hat, kann es in der zugehörigen Spur links in den Settings unter »Target Sound« korrigiert werden. Dann ändern sich allerdings auch die Trigger-Points, die Tracker selbst gesetzt hat, da diese ja unter den Bedingungen eines anderen Instruments erkannt wurden.

In diesem Menü können auch die Instrumente den MIDI-Noten und dem geladenen Instrument von SD3 zugeordnet werden. Die Kits in SD3 verfügen meistens über fünf Toms. Wenn meine Aufnahme allerdings nur drei beinhaltet, können sie hier von Hand zugewiesen werden. Auch die Artikulationen lassen sich an dieser Stelle festgelegen. Das ist besonders bei der Hi-Hat sehr spannend, weil es hier sehr viele Varianten wie Closed, Open u.v.m. gibt. SD3 erkennt diese Artikulationen und bietet auch an, ggf. zu korrigieren. Hier hat man eine Menge Arbeit reingesteckt und kann dank der Komplexität von SD3 sehr ins Detail gehen.

Über »Find Tempo« in der Menüleiste kann eine Tempo-Map des von Tracker analysierten Audiomaterials erstellt werden. Dazu erscheinen an den von SD3 erkannten Takten blaue Linien, um Start und Ende des jeweiligen Taktes individuell anpassen zu können. Hier ist es wichtig, dass Snare und Kick importiert werden, da SD3 somit Start- Endpunkte besser erkennen kann. Falls von Tracker nicht alle Hits erkannt wurden, gibt es weitere Möglichkeiten, diese Hits halb – automatisch hinzuzufügen. Die erste Methode ist per Amount-Knopf, den man nur dann verwenden sollte, wenn man das Gefühl hat, dass der Tracker generell viele Hits nicht erkannt hat. Hier ist Rumspielen angesagt.

Danach kann man noch den Velocity-Threshold hoch- oder runtersetzen, wodurch weitere Hits auf der Spur erkannt werden. Das Schöne ist an dieser Stelle, dass der Threshold als Linie grafisch dargestellt wird, und sobald man sie verschiebt, in der Spur auch die Hits, die dazu kommen oder wegfallen, optisch dargestellt werden. So lassen sich aus den Overheads auch schnell die Instrumente herausfischen, die definitiv nicht zu den Becken gehören.

Mit der dritten Variante namens »Bleed Reduction« kann man dem Programm beibringen, dass verschiedene Instrumente wie etwa die Toms nur dann gleichzeitig auftauchen dürfen, wenn ein bestimmter Threshold, der festgelegt werden muss, überschritten wird.

Sollten diese drei Varianten nicht zum Ergebnis führen, bleibt die Möglichkeit, Hits manuell per Klick hinzuzufügen oder zu entfernen. Um auf dem Grid zu arbeiten, sollte man hier den Transient-Knopf aktivieren. Das Programm ist hier wirklich sehr komplex und bietet mit dem Schneide-Tool viele weitere Bearbeitungsmöglichkeiten.

Danach lässt sich der fertige MIDI-Groove speichern und exportieren und kann in SD3 weiterverwendet und mit den Sounds der SD3 Core-Library bearbeitet werden.

Fazit

Superior Drummer 3 ist für mich die umfangreichste und komplexeste Sound-Library unter diesem Drummer-Himmel. Trotz der Komplexität und den vielen Möglichkeiten hat es Toontrack geschafft, die Software Userfreundlich zu gestalten. Allerdings muss man sich an einzelnen Stellen reinfuchsen. Das schwedische Unternehmen hat sein selbstgestecktes Ziel, dem User ein komplettes Drum-Produktionsstudio an die Hand zu geben, definitiv erreicht. Von den Sounds ganz zu schweigen, unter denen sich ein passendes Kit für jede Stilrichtung findet und die einfach fett sind!


+++
Klang

+++
Audio-to-MIDI

+
Übersicht

Hersteller/Vertrieb: Toontrack

Preise (UvP) 349,− Euro, Upgrade von SD2: 179,− Euro, Crossgrade EZdrummer 2: 269,− Euro

www.toontrack.com

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Die Hallfahnen der Ambience (Room) und OH Mics sind derart lang, dass SD 3 für mich in 95% der Produktion durchfällt. Das Sustain einiger Kicks erinnert mich an die dicken Trummen im Kölner Karneval. Wenig prickelnd sowohl die Mixer Presets als auch die Midi Library. Für mich enttäuschend.

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  2. Herzlichen Glückwunsch zur Aufnahme der Lieder. Ich suche im Moment Drumset-Equipment für meinen Sohn. Er braucht unbedingt mal was Neues.

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