Tracktion 6 Software-Sequenzer für Mac, Windows & Linux im Test
von Axel Latta,
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Das gute Preis/Leistungs-Verhältnis und eine einfache Handhabung machten die DAW Tracktion besonders für jene Musiker attraktiv, die den unkomplizierten Einstieg ins Recording und Songwriting am Musikrechner suchten. Nach mehreren Monaten öffentlicher Beta-Testphase geht nun Version 6 des Software-Sequenzers an den Start. Mal sehen, wo der amerikanische Hersteller noch weiter verbessert hat …
Im letzten Test von Tracktion konnte uns die einfach gestrickte DAW in erster Linie mit der simplen Drag&Drop-Funktionalität, frei positionierbaren „Freeze Points“ und den „Filter Racks“ zur flexiblen Verschaltung von Effekten überzeugen. Sehen wir uns die neuesten Features also etwas genauer an. Für OS X und Windows stehen kleine 32-Bit-Installer zum Download bereit, für Linux ist zusätzlich noch eine Variante mit 64 Bit verfügbar.
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Gui und Workflow
Tracktion 6 erscheint weiterhin in einem gut durchdachten Einzelfenster-Design, dessen Signalfluss übersichtlich von links nach rechts verläuft. Rein von der Optik her scheint der Sequenzer noch nicht ganz im Jahre 2015 angekommen zu sein … aber die Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden. Während einige DAW-Boliden oft alle vorhandenen Spuren eines Projekts in einer separaten Spurliste anzeigen, die es ermöglicht, nur „bestimmte Instrumentengruppen oder Effektspuren im Arrangement ein- und auszublenden, hat sich das Entwickler-Team für Tracktion etwas anderes ausgedacht.
Die sogenannten „Track Tags“ erlauben es, Spuren mit beliebigen Attributen zu versehen, etwa „Vocals, Keys, Bass“; diese Tags erscheinen dann im Browser unter „Tracks“. Ist dort die Option „Show Only Tagged Tracks“ aktiviert, kann man blitzschnell die gewünschten Spuren ins Arrangement holen − ein recht praktisches Feature, das für mehr Übersichtlichkeit sorgt. Groß angekündigt ist der neue „Marketplace“, ein In-App-Portal, das dazu dient, zusätzliche Plugins oder Sounds direkt in Tracktion zu erwerben und zu installieren – das kennt man in ähnlicher Form bereits von anderen Herstellern wie Propellerhead, Steinberg oder Avid. Die Auswahl ist noch recht übersichtlich und kann das mangelnde Effekt- und Instrumenten-Defizit in Tracktion noch nicht ganz ausgleichen.
So bringt die Software lediglich ein paar Brot-und-Butter Effekte sowie nur ein simples Instrument, den „Sampler“, mit. Mal sehen, wie viele Softwareschmieden zukünftig in diesem Online-Handel zu finden sein werden. Immerhin handelt es sich bei den Plugins nicht um geschlossene, auf Tracktion spezialisierte Systeme, sondern um herkömmliche VST- und AU-Instanzen, die auch in anderen DAWs genutzt werden können.
Editing
So gut wie jede DAW verfügt heute über „Comping“, also ein spezialisiertes System, um Teile mehrerer Aufnahmen zu kombinieren. Auch bei Tracktion 6 hat sich diesbezüglich einiges getan. Gehen wir zum Beispiel von vier Vocal-Performances aus, die auf unterschiedlichen Audiospuren vorliegen. Um eine Kombination dieser Gesangslinien zu erstellen, kann man alle Audiospuren einer sogenannten „Comp Group“ zuweisen. Mit der Maus markiert man einfach die besten Bereiche − Tracktion gibt in diesem Fall nur die verschiedenen Selektionen wieder, unabhängig der jeweiligen Spur.
So kann man ohne Schnittarbeiten den bestmöglichen Take zusammenstellen und anschließend auf eine neue Audiospur rendern. Ganz ähnlich funktioniert dieser Prozess auch bei mehreren Takes auf einer Spur. Die klassischen „Fade-Ins“ und „Fade-Outs“ am Anfang oder Ende eines AudioClips sind selbstverständlich weiterhin vorhanden. Doch mit einem Rechtsklick auf das Fade-Symbol steht neben der Lautstärke jetzt noch eine zweite Option bereit: „Speed Up“ bzw. „Slow Down“.
Wie der Name bereits verrät, handelt es sich um eine Geschwindigkeits- und Tonhöhenänderung, mit der man sehr gut Bandmaschinen-Start/Stop-Effekte umsetzen kann. Die Qualität ist einwandfrei, was in erster Linie am neu integrierten TimeStretch-Algorithmus „Z-Plane Elastique Pro“ liegt, einem Werkzeug, auf das sich auch die „großen“ Hersteller seit Jahren verlassen. Elastique lässt sich zudem mit verschiedenen Modi für die herkömmliche Stretch-Bearbeitung unter „Loop Properties“ eines jeden Audio-Clips anwählen. Immer noch an Bord ist „Melodyne Essential“ von Celemony.
Dieses Werkzeug zur Intonationskorrektur ist per ARA-Schnittstelle direkt in den Software-Sequenzer integriert. Mit einem Einzelpreis von 99 Euro besitzt dieser Studioklassiker ironischerweise einen hö- heren Wert als Tracktion selbst.
Mixing
Das Automationssystem wurde in Version 6 verbessert. So kann man mit dem Plus-Symbol beliebig viele Automationspuren hinzufügen. Die Parameterzuweisung ist dabei sehr praxisorientiert umgesetzt. Sobald man das „A“-Symbol auf das zu automatisierende Bedienelement zieht, ist der Vorgang abgeschlossen, und der Parametername sowie der aktuelle Wert (z. B. dB oder Hz) werden ebenfalls in den Automationsspuren angezeigt. Andere DAWs, beispielsweise Ableton Live, lösen die Zuweisung meist einfach durch ein Kontextmenü, das nach einem Rechtsklick auf den entsprechenden Parameter erscheint − „Automationsspur für Parameter XYZ erzeugen“… und fertig ist das Mapping.
Vielleicht kommt diese etwas schnellere Methode ja noch mit dem nächsten Update. Nicht nur das Erstellen von Automationsspuren, sondern auch die Arbeitsweise mit deren Inhalt wurde überarbeitet und für das Zeichnen mit der Maus optimiert. So lassen sich Filterfahrten und Lautstärkenänderungen noch angenehmer und exakter gestalten. Zwischen den normalen Knotenpunkten einer Automation erzeugt Tracktion nun noch einen weiteren Punkt in der Mitte, mit dem man die ursprüngliche Line in exponentielle oder logarithmische Kurven mit beliebiger Steigung umwandeln kann.
Die Einfachheit gehört selbstverständlich zu Konzept von Tracktion, allerdings wäre eine Mix-Console, die alle Fader, Insert-Effekte und Aux-Sends zusätzlich in einer separaten Ansicht versammelt, für einen noch schnelleren Workflow recht hilfreich. Dass dies trotz Einzelfenster-Design möglich ist, beweisen inzwischen viele andere DAWs.
MIDI
Seit Version 5 bereits hat Tracktion einen „Inline Step Sequencer“ im Angebot. Dieser ist verfügbar, sobald man ein Clip-Objekt auf einer Spur einfügt und dann die Option „Insert new Step Clip“ auswählt. Diese Programmieroberfläche für MIDI-Loops wurde weiter ausgebaut. In alle acht Slots kann man MID-IImpulse auf einem Taktraster einzeichnen und dann deren Velocity-/Gate-Werte variieren. Alle Slots schicken ihre Informationen vorerst über MIDI-Kanal 10 ab. Diesen Wert und die zu sendende Note kann man aber individuell unter „Clip Properties“ im unteren Fensterbereich anpassen. Sehr erfreulich, dass man jedem der acht Slots ein eigenes MIDI-Instrument zuweisen und somit sein eigenes Drum-Setup kreieren kann. Für detailliertere Bearbeitungen lässt sich dieser „Step Clip“ nachträglich in einen herkömmlichen MIDI-Clip umwandeln.
Fazit
Kein wirklich großes Major-Update, aber Tracktion bekommt einige sehr nützliche Funktionen dazu. Ein überarbeitetes Automations- und Comping-System, ein neuer Time-Stretch-Algorithmus und ein paar Tagging-Funktionen verrichten ihren Dienst gut. Im Vergleich zu anderen DAWs lässt Tracktion Klangerzeuger, Sound-Libraries und eine modernere, optische Verpackung vermissen, da – für ist aber alles Nötige an Bord, um Musik aufzunehmen, zu editieren und zu mischen. Außerdem ist der Downloadpreis von nur knapp 53,− Euro ein gewichtiges Argument für alle, die eine DAW für kleines Budget suchen, da kann man eigentlich kaum meckern.
Wer das Programm erst einmal Testfahren möchte, kann sich die kostenlose „Version 4“ für uneingeschränkte Zeit genauer ansehen − oder eine von 100 Vollversionen gewinnen, die wir auf unserer Website verlosen. Dort findest du auch praktische Anwendertipps zu den neuen Features.