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Universal Audio UAD-2 Capitol Chambers Hall-Plug-in im Test

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Was den Sound der großen Pop-, Rock- und Jazz-Klassiker ausmacht, ist längst nicht nur das verwendete Equipment, sondern vor allem die Studioakustik, nicht zuletzt auch die seinerzeit verwendeten Hallkammern. Mit dem brandneuen UAD-2-Plug-in Capitol Chambers erhält nun erstmals auch Otto Normalproduzent Zugang zu den legendären, bis heute intensiv genutzten Echo Chambers der Capitol Studios in Los Angeles.

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Hallkammern, im Englischen Echo Chambers genannt, waren die erste Möglichkeit, Aufnahmen zu verhallen. Die Aufnahme wurde durch Lautsprecher geschickt, die sich in einem leeren Raum befanden; über Mikrofone wurden die Raumreflexionen aufgenommen und wieder zurück zum Mischpult geführt, wo das Hallsignal dann hinzugemischt werden konnte.

Im Falle der Capitol Chambers wurde für das Design der Hallkammern der legendäre Les Paul verpflichtet. Den Namen Les Paul verbindet man heute mit der nach ihm benannten E-Gitarre von Gibson. Tatsächlich war Lester Polsfuss, wie er bürgerlich hieß, nicht nur ein wieselflinker Gitarrist und Star seiner eigenen TV-Show (zusammen mit seiner Frau Mary Ford), sondern auch ein extrem einfallsreicher Tüftler. Les Paul erfand das Overdub-Verfahren und ließ Ampex nach seinen Anweisungen die erste Achtspur-Bandmaschine bauen. Auch verschiedene Effekte wie Tape Delay und Flanging gehen auf ihn zurück.

Die Hallkammern unterscheiden sich u. a. in der Speaker-Bestückung. In Chamber 2 ist es ein Paar Altec 604 Duplex mit JBL-175 Horn.
Die legendäre Hallkammer Nummer 2: »Al’s Chamber" mit Altec A7 »Voice of the Theater« Speakern

Wer so technisch versiert ist, kann selbstverständlich auch Hallkammern designen, dachten sich wohl die Verantwortlichen bei Capitol Records, als sie 1956 ein eigenes Studio bauten. Und natürlich hat Les Paul ganze Arbeit geleistet: Die von ihm entworfenen Kammern liegen neun Meter unter der Erde, wo sie vor Störschall bestens geschützt sind. Die Wände und Decken bestehen aus dickem Beton, denn für ein reiches Klangspektrum müssen die Flächen über einen großen Frequenzbereich reflektierend wirken. Um Flatterechos durch parallele Flächen zu vermeiden, haben die Hallkammern einen trapezförmigen Grundriss und angeschrägte Decken. Der so generierte gleichmäßige, dichte und natürlich klingende Nachhall hat bis heute zahllose Aufnahmen veredelt.

Digitales Erbe

Universal Audios Plug-in bildet die vier beliebtesten Hallkammern der Capitol Studios nach. Das GUI im Hochformat ist vom Capitol-Logo gekrönt, darunter stehen über Buttons die Chambers 2, 4, 6 und 7 zur Auswahl, die in einem Fenster fotorealistisch dargestellt werden. Für jede der vier Kammern stehen vier Mikrofontypen zur Auswahl, die jeweils als Paar für einen stereofonen Nachhall sorgen. Das Altec 21D ist ein röhrenbetriebenes Kleinmembran-Kondensatormikrofon mit Kugelcharakteristik; diese Mikrofone gehörten zur ursprünglichen Installation. Das RCA 44 ist ein Bändchenmikrofon mit Achtercharakteristik; in Nordamerkika war es das Studiomikrofon der 40er und 50er. In den Hallkammern der Capitol Studios wurde es nicht verwendet, wohl aber in vielen anderen Hallkammern, deshalb ist es schön, nun diese klassische, etwas dunklere Klangfarbe zusätzlich zur Verfügung zu haben. Die dritte Option ist das Shure SM80, ein transistorisiertes Kleinmembran-Kondensatormikrofon mit Kugelcharakteristik. Die vierte Auswahl ist das Sony C37A, ein Großmembran-Kondensatormikrofon mit Röhrenelektronik und mechanisch umschaltbarer Richtcharakteristik (Kugel/Niere) − Universal Audio hat es in Nierencharakteristik eingesetzt. Auch das C37A wurde nie in den Capitol Chambers eingesetzt, aber es ist eine stimmige Alternative.

Zu den unterschiedlichen Klangfarben der vier Hallkammern tragen auch die dort installierten Lautsprecher bei, wobei es sich größtenteils um sehr alte Modelle aus den 1950ern handelt. In Chamber 2 ist es ein Paar Altec 604 Duplex mit JBL-175 Horn, in Chamber 4 sind immer noch die originalen Altec A7 »Voice of the Theater« mit Altec 802 Horn installiert, in Chamber 6 stehen, wie in Chamber 2, Altec 604 Duplex Speaker − hier aber ohne zusätzliches Hochtonhorn, weshalb diese Kammer etwas dunkler klingt. Einzig in Chamber 7 sind die Lautsprecher etwas jüngeren Datums; es handelt sich um Tannoy System-8-Koaxiallautsprecher, die in den 1980ern als Studiomonitore beliebt waren. Obwohl je zwei Lautsprecher zum Einsatz kommen, wird das zu verhallende Signal nicht stereo ausgegeben, sondern mono summiert. Stereofon ist nur das Return-Signal, das die Mikrofone aus den Kammern zurückspielen. Dabei hat Universal Audio nach eigenen Angaben den kompletten Signalweg nachmodelliert, inklusive der hausintern entwickelten Preamps der Capitol Studios.

Der Abstand zwischen den Speakern und den Mikrofonen lässt sich über einen Schieberegler verändern. Alternativ kann man auch die Mikrofone (als Paar, nicht einzeln) in der Plug-in-Grafik mit der Maus verschieben. Der maximale Abstand entspricht der Originalinstallation, da man logischerweise versucht hat, möglichst wenig Direktsignal von den Speakern einzufangen. Für bestimmte Anwendungen, insbesondere als Insert-Effekt, kann es dennoch sinnvoll sein, den Abstand zu reduzieren. Nettes Gimmick: Beim Verändern des Mikrofonabstands wie auch beim Auswechseln der Mikrofone öffnet sich die Tür in der Grafik. Das Plug-in benötigt dann ein paar Sekunden, um die neuen Einstellungen zu berechnen. Während dieser Zeit kann es zu Audio-Artefakten kommen; man sollte diese Einstellungen daher nicht automatisieren. Sobald die Berechnungen abgeschlossen sind und man das Plug-in wieder artefaktfrei verwenden kann, schließt sich die Tür wieder.

Universal Audio hat es aber nicht beim reinen Nachmodellieren der Chambers belassen, sondern zeitgemäße Zusatz-Features implementiert. Dazu gehören ein einstellbares Pre-Delay von bis zu 250 ms sowie ein Decay-Regler, der es erlaubt, die Hallfahne zu kürzen, d. h. die Originallänge entspricht der Maximaleinstellung. Anpassen lässt sich die Farbe des Nachhalls über einen variablen Hochpass (bis 750 Hz) und eine 3-Band-Klangreglung (Bass/Mid/ Treble) mit festen Einsatzfrequenzen (125/500/5.000 Hz). Abgerundet wird das Feature-Set durch den obligatorischen Mix-Regler plus Wet-Solo-Button und einen Width-Regler für die Stereobasisbreite.

In Chamber 6 stehen wie in Kammer 2 Altec 604 Duplex Speaker, hier aber ohne zusätzliches Hochtonhorn.
In Chamber 7 sind Tannoy System-8-Koaxiallautsprecher aus den 1980ern installiert.

You can call me Al

Für die Capitol Chambers hat Universal Audio auf dieselbe Technologie zurückgegriffen wie beim »Ocean Way Studios«-Plug-in, d. h. es handelt sich nicht »nur« um Faltung

anhand von Impulsantworten, sondern es findet zusätzlich eine − nicht näher spezifizierte – algorithmische Verarbeitung statt. Das Ergebnis spricht aber für sich: Der Nachhall des Capitol Chambers Plug-ins klingt natürlich, »echt« und lebendig. Das Eingangssignal verschmilzt ganz nahtlos mit dem Nachhall, wie man es von rein faltungsbasierten Reverbs nicht kennt. Gleichzeitig hat der Raumeindruck eine natürliche Tiefe, die algorithmische Reverbs oft vermissen lassen.

Besonders gespannt war ich − wie sicher viele andere − auf »Al’s Chamber.« So nennt man inzwischen Hallkammer Nummer 4, die der legendäre Al Schmitt, inzwischen 89, aber immer noch höchst gefragt, seit Jahrzehnten bevorzugt verwendet. Es handelt sich schlichtweg um die »nackte« Chamber Nr. 4, ohne jede Nachbearbeitung. Sie ist halt perfekt, und ein wirklich guter Toningenieur weiß eben, die Finger von den Knöpfen zu lassen, wenn es nichts zu verbessern gibt. In der Tat klingt Al’s Chamber sagenhaft. Selten habe ich einen so dichten und doch durchsichtigen Hall gehört, der sich so homogen um den Lead-Vocal hüllt. Interessant auch, wie leicht sich der Hall der Capitol Chambers mischen lässt, denn selbst überdosiert klingt er immer noch absolut überzeugend.

Fazit

Ob das Plug-in nun exakt so klingt wie die originalen Hallkammern, vermag ich nicht zu sagen. Fakt ist, der Sound ist absolut grandios. Die von Universal Audio implementierten Zusatzoptionen machen die Capitol Chambers besser nutzbar für moderne, sehr dicht gemischte Produktionen, die nach kürzeren Hallzeiten und einem extrem aufgeräumten Sound verlangen. Für traditionelle Musikrichtungen funktionieren die Hallkammern immer noch ausgezeichnet im unbehandelten Original-Sound, auch wenn die Hallzeiten beim ersten Hören vielleicht etwas lang erscheinen mögen. Der Sound ist so homogen und natürlich, dass er sich dennoch bestens einfügt. Einzig der hohe Rechenbedarf könnte zur Spaßbremse werden. 74,1% eines DSPs belegt eine einzige Stereo-Instanz (mono nahezu identisch mit 73,9%). Wohl deshalb lässt sich das Plug-in nur mit Abtastraten von 44,1 und 48 kHz verwenden; für höhere Raten fehlt DSP-Power, denn ein UAD-2-Plug-in kann nicht DSP-übergreifend berechnet werden.

Tja, wer hätte gedacht, dass eine dunkle, menschenleere Kammer neun Meter unter der Erde mein Sehnsuchtsort sein würde? Ich sage: Kaufen! So günstig kommt man nie wieder an ein Kämmerchen in Los Angeles.


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legendäre Akustik fürs eigene Studio
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großartiger, dichter, sehr räumlicher Hall
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ungewöhnlich realistische Tiefe

hoher Rechenbedarf, keine hohen Abtastraten

Hersteller: Universal Audio
Download-Preis: 349,− Euro

www.uaudio.com

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