Die Blackbox von Roland

Vintage Park: Roland MKS-30

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Er ist nach dem MKS-80 der begehrteste Expander von Roland: der sechsstimmige, auch als Planet-S bekannte Analogbolide MKS-30.

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Was steckt wohl hinter der schwarzen Fassade des MKS-30? Ist er eine Rack-Version des JX-3P oder des Juno-106, hat er was mit dem Gitarren-Synth GR-700 zu tun, oder besitzt er gar die MKS-80-DNA? Roland brachte den MKS-30 1984 heraus, zu einer Zeit, in der analoge Synthesizer immer unpopulärer wurden und die Mehrheit der Keyboarder sich einen digitalen Synthesizer wie Yamahas DX7 oder einen Sampler wünschte. Daher war der 1.650,– Mark teure MKS-30 kein echter Verkaufsschlager.

Rückseitig ist der MKS-30 mit MIDI-In und -Thru sowie einem Stereoausgang mit zugehörigem dreistufigen Level-Schalter bestückt.
Ohne Programmer ist die Bedienung des MKS-30 nicht sehr komfortabel.

Äußerlich gibt sich der MKS-30 (ganz im Gegensatz zum farbenfrohen JX-3P) nüchtern: Auf der schwarzen Front gibt es ein zweiteiliges 7-Segment-Display mit vier Zeichen zur Anwahl der 64 Soundspeicher und der Parameter sowie gerade mal drei Regler für Tune, Lautstärke und Brilliance. Weitere Sounds lassen sich auf einer M-16C-Cartridge ablegen, die u. a. auch bei der TR-909 verwendet werden kann. Editiert wird mit Down/Up-Tastern.

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Das Panel des MKS-30 ist nur sparsam mit Reglern für Tune, Volume und Brilliance ausgestattet.

Die sechsstimmige Klangarchitektur des MKS-30 entspricht weitgehend der des JX-3P von 1983. Jede Stimme basiert auf zwei digital kontrollierten Oszillatoren (DCOs), die entsprechend stimmstabil sind und die Wellenformen Sägezahn, Puls und Nadelpuls erzeugen. Der zweite Oszillator ist außerdem noch mit einem Rauschgenerator mit White Noise ausgestattet. Die beiden DCOs sind in drei Fußlagen spielbar und lassen sich gegeneinander feinverstimmen, synchronisieren und crossmodulieren, sodass auch böse, schneidende Klänge möglich sind. Ein Nachteil ist allerdings das Fehlen der Pulswellenmodulation.

Die niederländische Firma DTronics bietet mit dem DT-200 einen Nachbau des originalen Programmers PG-200 an.

Das Lowpass-Resonanzfilter hat eine 4-Pol-Charakteristik. Außerdem kommt ein statisches, resonanzloses Hochpassfilter zum Einsatz. Als Modulationsziele stehen Filter-Cutoff, DCO und VCA zur Verfügung; sie können von einem LFO mit den Wellenformen Dreieck, Puls und Sample & Hold oder der ADSR-Hüllkurve moduliert werden. Eine schöne Beigabe ist der zweistufige Chorus, der vor allem die Pad-Sounds deutlich aufwertet; er ist zwar nicht ganz rauschfrei, aber er klingt großartig.

Die Filter-Sektion des MKS-30: sechs Filterchips inklusive eines 80017A-Klons

Der MKS-30 ist im Gegensatz zum JX-3P anschlagsdynamisch. VCF und VCA lassen sich durch die Velocity beeinflussen, dafür muss man auf den internen polyfonen Sequenzer verzichten. Aber es gibt trotz ähnlicher Klangarchitektur subtile, aber wahrnehmbare klangliche Unterschiede: Beide Synthesizer bieten eine breite Palette klassischer Analogsounds, die von überzeugenden Bässen und Pads bis hin zu durchsetzungsfähigen Lead-Sounds reicht. Dank der Crossmodulation lassen sich auch heftigere metallische Klangspektren erzeugen. Der MKS-30 klingt aber etwas wärmer als der leicht mittigere und in höheren Lagen »bissigere« JX-3P. Der MKS-30 erinnert zuweilen ein wenig an den Juno-106, obwohl er leider nicht über dessen Pulsweitenmodulation verfügt.

Das farbenfrohe Design des 1983 vorgestellten JX-3P wird in der Vintage-Szene z. T. kontrovers diskutiert. Mit seinen rot-blauen Applikationen und den silbernen Tastern fällt er etwas aus dem Rahmen und ist eine Art Glam-Rocker unter den Roland-Synths.

Einiges offenbart sich beim Öffnen des MKS-Expanders: Hier findet man nämlich die berühmt-berüchtigten vergossenen Roland-Chips 80017A, die für einen Teil der Klangcharakteristik verantwortlich sind. Diese VCF/VCA-Bausteine beherbergen den VCA und das 24-dB-OTA-Filter auf der Basis des IR3109, der in sehr vielen Roland-Synths wie z. B. dem Jupiter-8, einigen Versionen des MKS-80, dem Juno-60, dem JX-3P und dem SH-101 verbaut wurde. Die 80017A-Bausteine neigen leider dazu, im Laufe der Zeit kaputt zu gehen, was sich u. a.in einem merkwürdig flachen Klang (einer Stimme) ohne richtige Filterkontur äußern kann. Beim Gebrauchtkauf sollte man einen Sound mit viel Resonanz einstellen und sechs Töne nacheinander spielen und halten, um defekten Stimmen auf die Schliche zu kommen. Auch ist es ratsam, diesen Test nach einiger Zeit zu wiederholen, denn die Filter-Chips funktionieren oft in den ersten 10–15 Minuten nach dem Einschalten perfekt und geben dann erst ihren Geist auf. Roland stellt die Chips leider nicht mehr her, aber zum Glück gibt es mittlerweile einige Firmen, die Nachbauten anbieten.

Auf der Platine des mit Epoxydharz vergossenen VCF/VCA-Bausteins 80017A findet man ein IR3109-Chip und zwei BA662. Darunter sieht man einen Nachbau des 80017A von www.syntaur.com (59,– Dollar)

Die 80017A-Chips bzw. Mini-Platinen werden auch im Gitarrensynthesizer GR-700 von Roland verbaut; dieser besitzt eine dem MKS-30 sehr ähnliche Klangerzeugung und ist somit der nächste Verwandte des schwarzen Expanders.

Mit dem Programmer PG-200 wollte Roland den JX-3P-Besitzern eine intuitivere Bedienung ermöglichen. Er lässt sich auch mit dem MKS-30 und dem GR-700 verwenden. Mit diesem optionalen Zubehör kann man auf alle Parameter direkt zugreifen. Er wird mit einem speziellen 6-Pin-Kabel mit dem Synth verbunden. Allerdings ist im laufenden MIDI-Betrieb beim JX-3P keine gleichzeitige Editierung via Programmer möglich; beim MKS-30 gibt es diese Einschränkung aber nicht. Eine Alternative des auf dem Gebrauchtmarkt ziemlich teuren Roland-Gerätes ist z. B. der DT-200 von DTronics (ca. 300,– Euro).

Der GR-700 ist klanglich ein naher Verwandter des MKS-30. Das ultrafuturistische Design des silbernen Space-Keils vom Gitarren-Synth entspricht der Ästhetik der Mitt-Achtziger, die Roland z. B. auch beim JX-8P verwendete.

Pimp me up, Tauntek!

Eine andere, noch kostengünstigere Möglichkeit, direkter auf die Parameter des MKS-30 zuzugreifen, besteht im Austausch des Betriebssystems. Zum Glück für die Vintage-Freaks hat der findige Ingenieur Tauntek für den MKS-30 (und viele andere Synths, darunter auch der JX-3P) eine neue Firmware geschrieben. Der Firmwarechip ist hierzulande bei Ingenieur Günther Eggers aka Untergeek (www.untergeek.de) zum Selbstkostenpreis von 31,50 Euro erhältlich und lässt sich unproblematisch ohne Löten einbauen. Dadurch erhält der MKS-30 neue Superkräfte: Die Steuerung aller Patch-Parameter durch MIDI-Controller-Befehle ist jetzt möglich, es werden diverse Einstellungen im Patch mitgespeichert, und mit einer kleinen Hardware-Modifikation kann man auch Sounds per Sysex speichern und laden.

Der Roland MKS-30 wurde uns freundlicherweise von Jan Langner zur Verfügung gestellt.

Auch der Juno-106 von 1984 ist mit dem anfälligen 80017A-Baustein ausgestattet.
Der Firmware-Chip mit dem Tauntek-OS lässt sich dank Sockelung problemlos in den MKS-30 einbauen.
Der US-Hersteller G-Storm Electro hat das Roland-Lowpass-Filter auf Basis des IR3109-Chips mit dem JU-60 VCF-Modul jetzt auch für das Eurorack verfügbar gemacht (157,– Euro; schneidersladen.de/de/g-storm-electro).

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