Warm Audio WA-2A – Opto-Kompressor in Röhrentechnik im Test
von Dr. Andreas Hau, Artikel aus dem Archiv
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Beim Auspacken überrascht der WA-2A mit einem kompakten Formfaktor. Das Gerät kommt in einem knapp 18 cm tiefen 19-ZollGehäuse mit nur zwei Höheneinheiten − eine weniger als das Original. Eine Inschrift auf dem Gehäusedeckel mahnt, mindestens eine halbe Höheneinheit über dem WA-2A frei zu lassen, damit es zu keinem Hitzestau kommt. Ähnliche Hinweise kennt man auch von anderen Röhrengeräten. Beim WA-2A sollte man ihn aber besonders ernst nehmen, denn die stehend verbauten Röhren im Innern berühren fast den Gehäusedeckel.
Schau an!
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Der WA-2A ist sauber verarbeitet, wirkt aber deutlich ökonomischer in der Anmutung als das Original. Amerikanische Studiotechnik ist ja oft hemmungslos überdimensioniert, mit panzerbrechenden Blechen und finger – dicken Frontplatten; das darf man bei einem so preisgünstigen Produkt natürlich nicht erwarten. Das Gehäuse wirkt dennoch angemessen stabil. Ins Rack eingebaut macht die hellgraue Front einen formidablen Eindruck, zumal die wenigen Bedienelemente von nobler Zurückhaltung zeugen: Ganze zwei Regler hat dieser Mono-Kompressor: Gain und Peak Reduction. Dazwischen ein großes, beleuchtetes Zeigerinstrument, das zwischen Pegelund Gain-Reduction-Anzeige umgeschaltet werden kann.
Das war’s auch schon − fast! Ein großer Kippschalter auf der linken Seite versetzt den WA-2A wahlweise in den Kompressor- oder Limiter-Modus. Ganz rechts gibt es einen ebenso dicken Ein/Aus-Schalter. Die Rückseite präsentiert sich ähnlich aufgeräumt: Eingang und Ausgang sind jeweils doppelt ausgeführt als XLR- und symmetrische Klinkensteckverbinder. Das dient alleine der Bequemlichkeit bei der Verkabelung; XLR und Klinke sind jeweils parallel verdrahtet. Ansonsten gibt’s eine Kaltgerätebuchse zum Netzanschluss. Anders als einige andere Geräte von Warm Audio arbeitet der WA-2A mit einem internen Netzteil.
Interessant wird’s in der Mitte der Rückseite: Hier befinden sich drei Potis und eine Klinkenbuchse. Letztere dient zur Stereoverkoppelung zweier WA-2A-Einheiten. Das dazugehörige Poti regelt die Stärke der Verkoppelung, denn nicht immer ist es sinnvoll, dass beide Kanäle gleich stark auf Impulsspitzen auf nur einem der beiden Kanäle reagieren. Gerade programmierte Drums klingen oft lebhafter, wenn die Kompressorkanäle nur schwach oder gar nicht miteinander verkoppelt sind. Leider hat man bei den meisten Kompressoren nur die Auswahl zwischen ganz oder gar nicht; der WA-2A ist da (wie sein großes Vorbild, der LA-2A) feinfühliger. Schade nur, dass man hinters Rack klettern muss, um die Stereoverkoppelung zu regeln.
Gleiches gilt für das Bias-Poti, das die spektrale Verteilung im Sidechain regelt. D. h., hier kann man einstellen, wie stark die Kompression auf tieffrequente Signalanteile reagiert. Gerade für basslastige Musik mit drückenden Kick-Drums eine wichtige Option, auf die man gerne frontseitig zugreifen würde. Besonders wunderlich ist die rückseitige Platzierung des Meter-Adjust-Potis für das frontseitige Zeigerinstrument. Aber denken wir positiv: So wird aus der schnöden VUMeter-Kalibrierung ein spannendes VaterSohn-Projekt!
Das ist drin und so funktioniert´s
Trotz des Kampfpreises von knapp 1.308,− Euro (UvP) bzw. 1.100,− Euro (Straße) ist der WA-2A durchweg aus hochwertigen Komponenten aufgebaut. Es kommen vier Röhren zum Einsatz, zwei 12AX7 (europäische Bezeichnung: ECC83), eine 12BH7 und eine 6P1. Letztere dient als Ersatz für die im Original verbaute 6AQ5A, die nicht mehr neu erhältlich ist. Warm Audio hat aber eine zusätzliche Röhrenfassung für eine 6AQ5A eingebaut, sodass man sich ggf. selbst eine besorgen kann (die 6P1 muss dann natürlich entfernt werden). Auswirkungen auf den Klang sollte man nicht erwarten, denn die 6AQ5A bzw. 6P1 sitzt nicht im eigentlichen Signalweg, sondern dient als Treiber für die Optozelle. Aus irgendeinem Grund hat Warm Audio hier zusätzlich einen »schnöden« IC-Opamp verbaut; mit hoher Wahrscheinlichkeit sitzt dieser jedoch nicht im Signalweg.
Einen gehörigen Anteil an der charmanten Klangformung von Röhrengeräten haben bekanntermaßen die Ein- und Ausgangsübertrager. Beim WA-2A kommt hier keine No-Name-Billigware zum Einsatz, sondern speziell für Warm Audio gewickelte Übertrager des kalifornischen Traditionsherstellers Cinemag. Lecker! Und auch beim Gain-Regelelement, dem Optokoppler, wurde nicht gespart. Hier entschied sich Warm Audio für eine T4B-Zelle von Kenetek. Diese Firma ist bekannt für ihre besonders sorgfältig und konsistent gebauten Optozellen mit genau dem richtigen Attack und Release-Verhalten. Manche Anwender bevorzugen die Kenetek T4-Replacements sogar gegenüber den Originalen.
Eigentlich sind diese T4-Optokoppler ein technologisches Relikt aus grauer Vorzeit. Seit den Siebzigern gibt es viel kompaktere und verschleißärmere Optokoppler in LEDTechnik, doch als der LA-2A Anfang der 1960er entworfen wurde − ursprünglich als Broadcast-Limiter −, gab es noch keine LEDs. Da Glühlämpchen zu langsam ansprechen, nutzte man stattdessen elektrolumineszierende Folie, ähnlich der, die man als Hintergrundbeleuchtung von LCD-Displays kennt. Zusammen mit einem Fotowiderstand ergab sich eine recht reaktionsschnelle Optozelle. Das Funktionsprinzip ist recht simpel: Der Fotowiderstand sitzt im Massezweig eines Spannungsteilers. Die ihn bestrahlende EL-Folie wird so angesteuert, dass sie mit steigendem Signalpegel immer heller leuchtet. Damit sinkt der Widerstandswert des Fotowiderstands, und das Audiosignal wird über den Spannungsteiler abgesenkt. Das Ganze funktioniert im Grunde wie ein automatisch regelndes Potentiometer: eine genial simple und artefaktarme Form der Pegelkontrolle.
Praxis
Genug theoretisiert! Wie klingt das Ding? Bereits ohne Kompressor-Aktivität, wenn man den Peak-Reduction-Regler auf null dreht, erzeugt der WA-2A eine angenehme, wohlige Klangfärbung. Ohne aber zu dick aufzutragen, sondern schön subtil, wie ein echtes VintageGerät. Die Audioqualität ist sehr gut. Je weiter man das Peak-Reduction-Poti aufdreht, desto weiter wird der Threshold abgesenkt und die Kompression entsprechend stärker. Am Output-Gain-Poti gleicht man den Pegelverlust aus − fertig! Der Compressor/LimiterSchalter macht, wie beim Original, keinen großen Unterschied, was auch daran liegt, dass die Kompressionskurve mit einem sehr weichen Knie arbeitet, also stets sanft einsetzt.
Weitere Regler wie Attack und Release braucht ein solcher Opto-Kompressor nach klassischer Rezeptur nicht, denn die T4-Zelle interagiert mit dem Signal und regelt sich quasi von selbst. Das betrifft insbesondere die Rückstellzeiten. Im Grunde gibt es zwei Release-Phasen, die erste ist recht flott, die zweite sehr langsam. Das ergibt ein sehr musikalisches Verhalten, bei dem kurze Impulse schnell verarbeitet und längere Pegelmaxima weich ausgeregelt werden. Die Attack-Zeit liegt bei etwa 10 ms, aber auch sie ist in gewissem Rahmen signalabhängig; Optozellen verhalten sich eben nicht so linear wie etwa ein VCA-Baustein. Zudem arbeitet der WA-2A, wie viele ältere Kompressor-Designs, mit Rückwärtsregelung. Während moderne VCAKompressoren üblicherweise auf das Eingangssignal reagieren (Feed forward), reagieren Vintage-Kompressoren mit Feedback-Regelung auf das bereits geregelte Ausgangssignal. Plötzliche Signalspitzen können so zwar nicht mehr abgefangen werden, aber das Regelverhalten wirkt ruhiger, souveräner.
In genau dieser Anwendung habe ich den Warm Audio WA-2A gegen zwei Konkurrenten antreten lassen. Einen originalen Teletronix LA-2A besitze ich leider nicht, wohl aber einen Universal Audio LA-610 (ein 610- Preamp mit eingebautem LA-2A-Style-Kompressor inklusive T4-Zelle). Der zweite Vergleichskandidat kam ebenfalls von Universal Audio, allerdings in digitaler Form, nämlich das UAD LA-2A-Plug-in (die überarbeitete Version in der »Grey«-Ausführung).
Gegen den LA-610 konnte sich der WA-2A über – raschend klar durchsetzen; der Warm Audio Kompressor hatte einfach mehr Bassdruck; dagegen klang der LA-610 ein wenig pappig. Allerdings handelt es sich um die erste Ver – sion des LA-610. Knapper war das Rennen gegen das UAD LA-2A-Plug-in. Abzüglich leichter individueller Unterschiede, die auch zwischen zwei Hardware-Geräten bestehen (alleine schon wegen der T4-Optozellen), ist das Regelverhalten nahezu identisch. Auch die grundsätzliche Klangfärbung ist ähnlich. Letztlich würde ich der Warm-Audio-Hardware einen etwas lebendigeren, plastischeren, »körperhafteren« Sound bescheinigen, der mehr Tiefe ausstrahlt. Aber das sind Nuancen. Wie man diese bewertet, muss jeder selbst für sich herausfinden.
Ökonomisch macht das Plug-in natürlich mehr Sinn, zumal es natürlich auch Stereosignale verarbeiten kann. Die Frage ist jedoch, ob man Musik und Klang nach den Gesetzen der Ökonomie bewerten darf. Kunst ist Luxus − aber wie öde wäre das Leben ohne diesen Luxus? FAZIT Der Warm Audio WA-2A ist ein wirklich sehr gut klingender Opto-Kompressor mit Röhrenelektronik, nach klassischem Vorbild. Optisch und mechanisch erreicht das Gerät nicht ganz die Anmutung des Vintage-Originals, doch der interne Aufbau, die Bauteilausstattung und nicht zuletzt das Klang- und Regelverhalten sind auf hohem Niveau. Mit einem Straßenpreis von rund 1.100,− Euro darf man dem WA-2A ein sehr gutes Preis/Leistungs Verhältnis bescheinigen. Klar, ein entsprechendes Plug-in ist noch deutlich günstiger zu haben und liefert ebenfalls gute Klangergebnisse. Wer aber echte Knöpfe virtuellen vorzieht und einen Sinn für das letzte Quäntchen Lebendigkeit hat, der darf unbesorgt das Scheckbuch zücken. Das Teil rockt!