Der amerikanische Hersteller Warm Audio hat sich mit seinen hochwertigen, in den USA gefertigten Hardware-Klonen einen guten Namen in der Audiobranche erarbeitet. Im Jahr 2011 wurde der einkanalige Mikrofonvorverstärker WA12 als erstes Produkt veröffentlicht, der dem Klang der berühmten amerikanischen Preamp-Schaltung des Mischpult-Herstellers API nacheifert und mittlerweile als MKII-Version verfügbar ist. Der für diesen Test vorliegende WA-412 umfasst nun vier Kanäle an Mikrofon- und Instrumentenverstärkung im 19″-Format, die auf den gleichen »API-Sound« abzielen. Inwiefern sich dieses Gerät von seinem Warm-Audio-Vorgänger und auch vom Vorbild der Firma API unterscheidet, wollen wir im Folgenden herausfinden.
Wenn man die bekanntesten Mikrofonvorverstärker aufzählt, fällt neben den britischen Vertretern von Neve und SSL auch der Name des amerikanischen Herstellers API (Automated Processes, Incorporated). Dieser verbaut das als »312« bezeichnete Vorverstärkerdesign in seinen frühen Mischpulten und macht sich unter anderem durch den Punch und die Durchsetzungsfähig der Preamps einen Namen. Mit den Jahren gab es diverse hauseigene Nachbauten dieses Vorverstärkers, die sich bezüglich der Transformer und Operationsverstärker unterscheiden. Trotz dieser Unterschiede gehen die API-Mikrofonvorverstärker dennoch klanglich in dieselbe Richtung.
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Warm Audio hat es mit seinem neusten Preamp-Klon auf den klassischen »API-Sound« abgesehen und gleich vier Kanäle der legendären Mikrofonvorverstärkung in einem 19″- Chassis untergebracht.
Überblick
Der WA-412 wird im Gegensatz zu den anderen Mikrofonvorverstärkern von Warm Audio nicht im knalligen Orange, sondern mit einem schlichten schwarzen Gehäuse ausgeliefert. Die silberfarbenen Beschriftungen und frontseitigen Potis sind ebenfalls unauffällig, die Bedienelemente sind übersichtlich angeordnet. Alle vier Kanäle des Mikrofonvorverstärkers sind gleich aufgebaut und weisen dieselben Funktionen auf.
Der WA-412 ist ein diskret aufgebauter Vorverstärker, dessen Schaltung aus einem Eingangsübertrager, einem Operationsverstärker und einem Ausgangsübertrager besteht − eine klassische Transistorverstärker-Schaltung, wie sie in den frühen Siebzigern noch ohne ICs aufgebaut wurde. Diese Schaltung ist zwar identisch zum WA12 (MKII), allerdings werden im WA-412 speziell angefertigte Übertrager des amerikanischen Herstellers Altran anstelle von Cinemag-Übertragern verwendet. Darüber hinaus ist der Operationsverstärker eine maßgeschneiderte Version des klassischen API 2520-Op-Amps, während sich der WA12 an dessen Vorgänger, dem Melcor 1731, orientiert.
Der im WA-412 verwendete Op-Amp mit der Bezeichnung X520 weist im Vergleich zum klassischen 2520 den Vorteil auf, dass er nicht vergossen ist. Dadurch ist eine bessere Hitzebeständigkeit gegeben, und die Langlebigkeit wird verbessert. Zudem lässt es das Tüftlerherz höherschlagen, da die Op-Amps auf die 6-Pin-Sockel gesteckt wurden und somit austauschbar sind. Die Suche nach dem »perfekten« Sound hat also noch weitere Schichten bekommen − großartig!
Die Vorverstärkung des WA-412 bietet bei der Eingangsimpedanz von 600 Ohm bis zu 59 dB an Gain-Reserven, während eine Umschaltung der Impedanz auf 150 Ohm (via »Tone«-Schalter) die Verstärkung auf 65 dB anhebt. Das integrierte Pad ermöglicht eine Absenkung des Signals vor dem Ausgangsübertrager um 20 dB. Der Output-Trim ermöglicht eine weitere Absenkung des Signals, allerdings greift dieser erst hinter dem Übertrager und stellt das letzte Glied in der Verstärkungskette dar. Eine Phantomspeisung (48V) gibt es selbstverständlich ebenfalls, und auch an einen Phasenumkehrschalter wurde gedacht.
Der Anschluss eines Mikrofons erfolgt über die rückseitige XLR-Buchse, alternativ steht eine frontseitige Klinkenbuchse als Instrumenten-Eingang zur Verfügung. Diese wird mit den »Hi-Z«-Schalter aktiviert und deaktiviert im gleichen Zug den Mikrofon-Eingang. Ausgangsseitig stehen sowohl eine XLR-Buchse als auch ein symmetrischer Klinkenausgang zur Verfügung, die parallel geschaltet sind.
Praxis
Um einen Eindruck zum Frequenzgang zu bekommen, wird der WA-412 für eine E-Gitarrenaufnahme mit einer Gibson Les Paul mit P-90- Tonabnehmern und einem Fender »Hot Rod Deluxe III«-Verstärker eingesetzt. Das Signal klingt mit einem Shure SM57 vor dem Lautsprecher recht rund und gleichmäßig − was mich kaum an den typischen API-Sound erinnert −, doch mit dem Aktivieren des Tone-Schalters ändert sich der Klang massiv! Die Mitten kommen nun deutlich hervor, und das Signal hat jetzt die gewohnte Durchsetzungsfähigkeit. Im Vergleich mit dem 3124+ ist eine klare Richtung im Klang zu erkennen, allerdings wirkt der API noch ein wenig präsenter und »offener« als der WA-412. Diese Nuance ist jedoch auch zwischen den verschiedenen Baureihen der Mikrofonvorverstärker von API mehr oder weniger deutlich vorhanden und hängt von dem verwendeten Op-Amp ab. Im Praxistest wurde der WA-412 parallel mit meinem bewährten API 3124+-Vorverstärker verglichen, der ebenfalls mit vier Kanälen im 19″-Format ausgestattet ist. Der 3124+ gehört zwar zur neueren Generation der API-Mikrofonvorverstärker, allerdings weist er für mich ganz klar die Essenz des klassischen API-Sounds auf.
Auch bei der Aufnahme einer Holz-Snaredrum von Sonor wird der Einfluss der beiden Eingangsimpedanzen auf das Audiosignal deutlich. Rein technisch betrachtet ist die 600-Ohm-Impedanz zwar die bessere Wahl für moderne Mikrofone, doch klanglich offenbart sich das Gegenteil. Der gewollte Punch und der knackige Attack kommen erst mit dem aktivierten Tone-Schalter deutlich zum Vorschein. Um nun noch von der Sättigung des Ausgangsübertragers profitieren zu können, wurde der Pegel der Verstärkung erhöht, sodass die Meter-LEDs im gelben Bereich aufleuchteten. Mit dem Output-Trim-Regler wurde das Ausgangssignal entsprechend reduziert, um dem Clipping des A/D-Wandlers meiner DAW zuvorzukommen. Klanglich wurde die Durchsetzungsfähigkeit der einzelnen Schläge weiter gesteigert, ohne dass deutliche Verzerrungen eine Verschlechterung der Signalqualität zur Folge hatten. Erhöht man den Pegel jedoch bis in den roten Bereich, bewegt man sich klanglich schnell außerhalb des Sweet-Spots, bei dem das Signal von der Sättigung profitiert.
Während die niedrige Eingangsimpedanz mein Favorit bleibt, sind dennoch auch der Verwendung der höheren Eingangsimpedanz klangliche Qualitäten abzugewinnen. Bei Schlagzeug-Aufnahmen habe ich meinen API-Vorverstärker beispielsweise nur sehr ungern zur Verstärkung der Overhead-Mikrofone verwendet. Der Sound des gesamten Drumsets wirkte darüber häufig zu »knöchern« und der Klang der Becken zu mittig, weshalb statt des APIs neutralere Vorverstärker zum Einsatz kamen. Durch die verschiedenen Charaktere des WA-412 wäre es nun allerdings möglich, zwei Kanäle im Tone-Modus für Kick- und Snaredrum einzusetzen, während die Stereo-Overheads über die beiden anderen Kanäle ohne Tone-Schaltung verstärkt werden. Diese Flexibilität ist in meinen Augen ein deutlicher Pluspunkt.
Um den Instrumenten-Eingang und den Klang eines DI-Signals testen zu können, kam ein Music Man Sting-Ray E-Bass zum Einsatz. Der klangliche Unterschied zwischen den beiden Eingangsimpedanzen war beim Bass Signal nicht so deutlich wie bei der E-Gitarre oder der Snaredrum. Im Vergleich mit dem 3124+ machten ebenfalls beide Varianten eine gute Figur und forcierten leicht unterschiedliche Frequenzbereiche. Deutlicher wurden die Unterschiede mit der Übersteuerung des Ausgangs bei anschließender Anpassung mithilfe des Output-Trims. Während die leichte Sättigung eine sinnvolle Erweiterung darstellte, sorgte die stärkere Verzerrung lediglich im niederohmigen Betrieb für ein annehmbares Klangbild. Es offenbarte sich jedoch insgesamt eine recht flexible Palette an unterschiedlichen Klängen, wie man sie von einem Vorverstärker mit DI-Box eigentlich nicht erwarten würde.
Fazit
Äußerlich wirkt das schwarz-silberne Design im Vergleich zu den Preamp-Vorgängern von Warm Audio eher unscheinbar, doch dieser Schein trügt. Warm Audio schafft es mit dem WA-412, den begehrten Transistor-Sound der amerikanischen 70er-Jahre zu einem günstigen Preis anzubieten, ohne dabei Abstriche bei den Features oder in der Verarbeitung zu machen. Bei aktiviertem Tone-Schalter ist der von API bekannte »Punch« direkt vorhanden, und der WA-412 lässt dadurch E-Gitarren und Drums besonders gut dastehen. Sollte die klangliche Richtung des Preamps bei aktiviertem Tone-Schalter dennoch unpassend sein, wird mit der Eingangsimpedanz von 600 Ohm eine neutralere Alternative im Klang geboten. Ein weiteres gelungenes Feature des WA-412 ist der Output-Trim, der eine volle Kontrolle über die Sättigung des Ausgangsübertragers bietet.
Alles in allem ist der WA-412 ein gelungener Mikrofonvorverstärker, der ein in seiner Preisklasse überdurchschnittliches Feature-Set anbietet. Damit bleibt Warm Audio seiner Firmenphilosophie treu und bietet ein weiteres Stück klassischer Tonstudiotechnik mit überzeugender Qualität an, ohne das Budget auszureizen.
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Klangspektrum
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Output-Regler und Tone-Control
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austauschbare Operationsverstärker