In der Dezember-Ausgabe 2016 haben wir das aktuelle Modell, den Zoom H4n Pro, getestet. Der Vorgänger H4n kam bereits 2009 auf den Markt. Den Test dieses Modells haben wir für euch wieder rausgekramt.
Innerhalb kürzester Zeit konnte sich der japanische Hersteller Zoom eine Spitzenposition auf dem Gebiet der mobilen Aufnahmegeräte erarbeiten. Mit dem H4n geht die Modellreihe in die nächste Generation.
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Vor exakt zwei Jahren stellten wir Ihnen den Vorgänger, den Zoom H4, vor (siehe S&R 06/2007), einen bestens ausgestatten Fieldrecorder, der sich trotz kleinerer Schwächen einiger Beliebtheit erfreuen durfte – bis ihn das günstigere Brüderchen H2 (Test in S&R 03/2008) hausintern mächtig unter Druck setzte. Mit dem H4n legt Zoom nun ein Modell vor, das mit den Schwächen des Vorgängers aufräumt und einen klaren Mehrwert gegenüber dem „kleinen” H2 darstellt.
„n“ wie Next
Einer der Kritikpunkte am „alten” H4 war das etwas billig wirkende Gehäuse. Das braucht sich der Nachfolger nicht vorwerfen lassen: Der H4n wirkt sehr robust und gibt mit seiner nüchternen Kombination aus reflexionsarmem Grau mit mattiertem Alu ein professionelles Bild ab. Mit 280 g ist der H4n allerdings auch knapp 100 g schwerer als das Vorgängermodell. Dafür sieht der H4n aber nicht mehr so gefährlich nach Elektroschocker aus wie sein Urahn – gerade an Flughäfen ein nicht zu unterschätzender Vorteil! Das Grundarrangement ist ähnlich geblieben: Oben sitzen zwei Mikrofonkapseln, unten gibt’s zwei Kombibuchsen als Mikrofon/Line-Eingänge für externe Quellen. Wie gehabt, liefern die XLR-Mikrofonanschlüsse bei Bedarf Phantomspeisung mit 24 oder 48 Volt. Etwas versteckt auf der Rückseite des Kapselkopfs befindet sich ein Miniklinkenanschluss für semiprofessionelle (Stereo-) Mikrofone, der bei Bedarf auch für Elektret-Kondensatormikros Plug-in-Power bereitstellen kann.
Anders als der Vorgänger kann der H4n nun aber die Signale der internen Mikrofonen und der externen Quellen gleichzeitig auf vier Spuren aufnehmen. Die internen Mikros sind nun auch nicht mehr in einer Pseudo-XY-Anordnung, sondern in einer lehrbuchhaft korrekten mit über Kreuz liegenden Kapseln. Zudem lässt sich die Breite des Aufnahmefelds nun manipulieren: Durch Verdrehen der leicht schräg eingebauten Kapseln ändert sich der Winkel von 90 Grad auf 120 Grad. Clevere Idee!
>>Das neue Model H4n Pro haben wir in der aktuellen Sound&Recording Ausgabe ausführlich getestet<<
Auch sonst hat Zoom zahlreiche Detailverbesserungen einfließen lassen, so wurde nicht zuletzt die Bedienung stark vereinfacht. Die wichtigen „Laufwerksfunktionen” (oder wie immer das bei digitalen Rekordern heißen soll) sind nun durch dedizierte Taster auf der Vorderseite repräsentiert, während der Menu-Taster zum Jog-Wheel auf die Seite gewandert ist, sodass der H4n nun leichter mit einer Hand zu bedienen ist als sein Vorgänger. Auch die umständliche Einstellung des Aufnahmepegels wurde vereinfacht: Statt Dreifachschalter und Feineinstellung im Menu gibt es nun einen ganz simplen Rec-Level-Wipptaster – fertig! Der Ein/Ausschalter ist jetzt gegen versehentliches Betätigen besser geschützt und bietet zudem eine Hold-Funktion, die alle Einstellungen sperrt.
Auf der Rückseite befindet sich nun ein stabiles Stativgewinde aus Metall, und direkt darüber gibt’s wie beim Olympus LS-10 bzw. vielen Diktiergeräten einen kleinen Lautsprecher, der zwar plärrig klingt, aber wertvolle Dienste leistet, wenn man, ohne dafür einen Kopfhörer anschließen zu müssen, überprüfen möchte, ob die Aufnahme „im Kasten” ist.
Schon der Vorgänger hatte – für einen Fieldrecorder ungewöhnlich – eine ganze Menge Digitaleffekte zu bieten, ja sogar Amp-Modelling (!). Der H4n liefert nun als logischen Schritt auch noch einen Vierkanal-Multitrack-Modus dazu. So lassen sich im Overdub-Verfahren kleine Arrangements einspielen. Zoom-typisch lässt sich der H4n auch als Audiointerface bzw. USB-Mikrofon einsetzen. Ein Standardtreiber installiert sich automatisch, ein von Centrance programmierter ASIO-Treiber für Windows-Rechner steht auf der Zoom-Homepage zum Download bereit. Zoom hat auch schon die ersten Firmware-Updates mit kleineren Bugfixes veröffentlicht. Getestet wurde unter System 1.30.
Zum Lieferumfang des H4n gehört ein erfreulich winziges Netzteil, ein anschraubbarer Griff, der auch als Adapter für Mikrofonstative dient, ein Plastiktransportbehältnis im Tupperware-Look, ein Schaumstoffwindschutz, ein Mini-USB-Kabel sowie als nette Softwarezugabe Steinberg Cubase LE4 (für PC und Mac).
Eine 1-GB-SD-Karte liegt dem Rekorder ebenfalls bei. Verarbeiten kann der H4n SD bzw. SDHC-Karten mit bis zu 32 GB und erreicht damit eine maximale Aufnahmekapazität von über 25 Stunden im unkomprimierten 44,1-kHz/16-Bit-Format bzw. 272 Stunden im 128-kbps-MP3-Format. Für die normale Praxis reichen locker die derzeit für unter 10 Euro erhältlichen 4-GB-SDHC-Karten, denn mittlerweile wird die Aufnahmezeit nicht mehr durch die Medien, sondern durch die Akkulaufzeit begrenzt. Der H4n arbeitet mit normalen Batterien bzw. Akkus im AA-(= Mignon-)Format. Handelsübliche NiMH-Akkus mit 2.300 mAh Kapazität genügten dem Testgerät für eine ununterbrochene Aufnahme im MP3-Modus von 6,5 Stunden (30 Minuten länger, als der Hersteller angibt). Zoom hat aber zusätzlich einen Strom sparenden „Stamina”-Modus implementiert, der die Aufnahmezeit auf rund 11 Stunden fast verdoppelt. Dazu werden einige energiefressende Funktionen deaktiviert, u .a auch die MP3-Enkodierung: Im Stamina-Modus wird das Aufnahmeformat auf 44,1 kHz/16 Bit WAV fixiert – was aber in der Praxis den durchaus positiven Nebeneffekt hat, dass man bei der Aufnahme im Eifer des Gefechts weniger falsch machen kann. Etwas umständlich: Der Schalter für den Stamina-Modus befindet sich im Batteriefach.
Praxis
Der neue Zoom H4n ist wirklich angenehm zu bedienen. Hat man sich erst einmal an die Navigation per Jog-Wheel und Menu-Taste gewöhnt, findet man trotz der vielen Funktionen auf Anhieb die richtigen Unterpunkte, denn die Menüs sind logisch gegliedert. Das Handbuch könnte etwas übersichtlicher sein, derzeit steht es auch nur in einer englischen Version zur Verfügung, die offensichtlich kein Muttersprachler verfasst hat. Andererseits benötigt man das Handbuch eher selten; das Gerät erschließt sich beinahe intuitiv. Die Taster machen einen hochwertigen Eindruck und haben einen definierten Druckpunkt mit einem vernehmlichen Klick. Leider hört man das Tastenklicken auch in der Aufnahme; Abhilfe verheißt eine optionale Kabelfernbedienung, die dem Testpaket allerdings nicht beilag.
In Sachen Handgeräuschen liegt der H4n im Mittelfeld. Er ist nicht ganz so empfindlich wie der kleine H2, aber man sollte die Hand schon einigermaßen ruhig halten, wenn die Aufnahme frei von Wischgeräuschen bleiben soll. Die eingebauten Mikros sind sehr windempfindlich, schon ein leises Lüftchen macht sich störend bemerkbar. Für den Außeneinsatz ist der Schaumstoffwindschutz daher absolut Pflicht.
Die internen Mikros des H4n wirken etwas feinzeichnender und filigraner als die des kleinen H2. Das Klangbild ist etwas höhenreicher, was allerdings auch zu einem – zumindest subjektiv – minimal höheren Rauschen führt. Dafür wirken die Aufnahmen des H4n „fertiger”; Nachbearbeitung ist kaum nötig; der günstigere H2 klingt deutlich mittiger und etwas rauer. Im Nahfeld hat der H4n die Nase vorn, bei Atmos mit weit entfernten Schallquellen kann der H2 mit einer etwas spektakuläreren, greifbareren Stereoortung punkten, denn der H2 arbeitet mit einer „unechten” XY-Anordnung mit etwas auseinander liegenden Kapseln, die aufgrund der leichten Laufzeitunterschiede das Stereo – bild etwas überzeichnet. Der H4n arbeitet mit einer technisch korrekten Kapselanordnung, die aber – typisch XY-Stereofonie – bisweilen ein wenig langweilig wirkt, gerade bei fernen Schallquellen. Immerhin lässt sich aber mit der 120-Grad-Stellung die Stereobreite ein bisschen aufbauschen. Außerdem besteht ja die Möglichkeit, externe Mikrofone mit beliebigen Anordnungen anzuschließen. Sehr schön: Der H4n verfügt sogar über eine zuschaltbare M/S-Matrix für Mitte/Seite-Stereofonie!
Die internen Preamps liegen nicht ganz auf dem Niveau von Studio-Mikrofonvorverstärkern – das hätte wohl auch niemand erwartet. Immerhin liefern sie aber völlig legitime P48-Phantomspeisung mit gemessenen 45,4 V und 13,4 mA maximalem (Kurzschluss-)Strom. Alle Achtung! Trotzdem ist es natürlich eine gute Idee, Mikrofone mit geringer Stromentnahme zu verwenden, denn sonst sind die Batterieakkus rasch leergenuckelt.
Wie angesprochen, kann der H4n auch als portables USB-Audiointerface verwendet werden. Anders als im normalen Betrieb, in dem der H4n Samplingraten bis 96 kHz unterstützt, bietet der Treiber nur 44,1 kHz und 48 kHz zur Auswahl. Beim Audiotest stellt sich heraus, dass man unbedingt 48 kHz den Vorzug geben sollte, denn bei 44,1 kHz bricht der Frequenzgang recht früh ein. Im 48-kHz-Betrieb dagegen, zeigt sich der Zoom H4n bis auf einen minimalen Buckel in den oberen Mitten weitgehend linear bis über 20 kHz. Mit einem Grundrauschen von –92 dB A und Verzerrungswerten von 0,08 % kann der Zoom H4n natürlich nicht ganz mit „richtigen” Audiointerfaces mithalten, aber für einfache Aufgaben „on the road” taugt der Zoom-Rekorder allemal. Insofern ist die Zweitverwertbarkeit als Audiointerface durchaus ein nützliches Zusatzfeature, das man durchaus in die Kaufentscheidung mit einfließen lassen darf.
Ähnliches gilt für die integrierten Amp-Simulationen und Effekte. Einen Lexicon-Hall oder NI Guitar Rig 3 können sie gewiss nicht ersetzen, aber für Songskizzen im Multitrack-Modus reicht die Qualität voll aus. Wenn ich’s recht bedenke, kann diese kleine Kiste weit mehr als mein alter 4-Spur-Kassettenrekorder, Baujahr 1987, und alles, was ich zu jener Zeit an Peripherie besaß. Stimmgerät und Metronom sind selbstverständlich auch mit an Bord. Eine Karaoke-Funktion darf an einem japanischen Gerät natürlich nicht fehlen, und Varispeed ohne Tonhöhenveränderung ist bei Fieldrecordern fast schon Standard (klingt aber genauso grobkörnig wie bei der Konkurrenz).
Was noch? Der schaltbare Low-Cut ist in zehn Stufen von 80 bis 237 Hz einstellbar, sogar getrennt für die internen Mikros und externe Quellen. Die Auto-Level-Funktion arbeitet recht gut, auch einen internen Kompressor/Limiter gibt es. Aktiviert man beide, kann der H4n praktisch idiotensicher saubere Aufnahmen anfertigen. Ein Pre-Record-Buffer von 2 Sekunden erlaubt sogar, dem Raum-Zeit-Kontinuum ein Schnippchen zu schlagen.
Fazit
Der Zoom H4n macht einen rundum durchdachten Eindruck. Praktisch alle Kritikpunkte des Vorgängers wurden ausgeräumt. Das Gerät wirkt robust und professionell, ist hochfunktional und bietet jede Menge Extras wie Multitrack-Modus, Effekte, Verwendbarkeit als Audiointerface u.v.m. Natürlich erkauft man sich die professionelle Ausstattung mit einem etwas erhöhten Kampfgewicht von 280 g und einem Gehäuse, das nicht so leicht in die Jackentasche passt wie der zu Recht höchst beliebte H2.
Kritikpunkte technischer Art gibt es wenige: Die eingebauten Mikros sind sehr windempfindlich, und der Kopfhörerausgang rauscht mehr, als er müsste. Am Klang der Aufnahmen gibt es indes nichts auszusetzen; speziell im Nahbereich zeichnet die echte XY-Kapselanordnung ein präzises Stereobild; der Klang wirkt luftig und angenehm. Als einer der wenigen handlichen Fieldrecorder kann der H4n korrekte P48-Phantomspeisung liefern. Auch die vielen Komfortfunktionen wie Auto-Level, Kompressor/Limiter funktionieren prächtig. So viel Funktionalität in einer Kiste wäre wohl nur noch zu toppen, wenn Zoom mit Casio fusionieren und die gesamte Funktionalität des H4n in eine Armbanduhr integrieren würde.
Hersteller / Vertrieb: Zoom / Sound Service
Internet: www.zoom.co.jp / www.soundservice.de
UvP / Straßenpreis: 415,31 / ca. 350,–
+ guter Klang der internen Mikros
+ robustes Gehäuse
+ einfache Bedienung
+ lange Laufzeit im Stamina-Modus
+ umfangreiche Ausstattung mit vielen Extras
+ eingebaute Digitaleffekte
+ Vierspur- und Multitrack-Modus
+ echte P48-Phantomspeisung
+ als USB-Audiointerface verwendbar
+ Cubase LE4 im Lieferumfang