Die Firma Zoom wird oft mit ihren populären Handyrecordern wie dem H5 und H6 in Verbindung gebracht, in den Reihen der Audio-Interfaces taucht der Firmenname allerdings eher selten auf. Die mobilen »Handy Audio Interfaces« sollen nun mit den Stärken der Zoom Handyrecorder den Markt der mobilen Interfaces aufmischen. Wir sehen uns mal genauer an, welche Features hier integriert wurden und wie sich unsere zwei Testkandidaten im Einsatz machen.
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Wenn ein Hersteller eine neue Interface-Serie veröffentlicht, stellt sich immer die Frage, was an dieser nun eigentlich neuartig ist. Die große Konkurrenz und das umfangreiche Angebot auf dem Markt weisen viele Möglichkeiten auf und lassen nur wenige Nischen zu. Ein Blick auf die Verpackung zeigt, dass Zoom die Handy-Interface-Serie sowohl als mobile Aufnahmelösung wie auch im Bereich der computergestützten Live-Auftritte sieht. Zudem ist die Nutzung plattformübergreifend für PC, Mac und sogar auf dem iPad (ab iOS 7.1) möglich.
Überblick
Die beiden Audio-Interface-Modelle gleichen sich in der Anzahl der analogen Ein- und Ausgänge sowie dem integrierten MIDI-I/O und dem grundlegenden Aufbau. Für die Stromversorgung stehen drei Optionen zur Verfügung: Batteriebetrieb, Netzteil (mit Micro-USB- Anschluss) oder die USB-Bus-Power des Computers.
Eingangsseitig sind zwei Combo-Buchsen vorhanden, die als Mikrofon- oder Line-Input genutzt werden können. Die verwendeten »Low-Noise«-Mikrofonvorverstärker entsprechen denen, die Zoom auch in seinen Fieldrecordern H5 und H6 verbaut. Allerdings bieten diese mit 43 dB Verstärkung rund 10 dB weniger Spielraum als bei den Handyrecordern. Für viele der gängigen Mikrofone ist dies grundsätzlich ausreichend, doch bei sehr leisen Signalen könnten die Preamps etwas zu schwach sein.
Phantomspeisung ist natürlich ebenfalls an Board, sie wird per Knopfdruck für beide Kanäle aktiviert. Der erste Kanal kann zudem auch als Instrumenteneingang auf »Hi-Z« umgeschaltet und somit für E-Gitarren-Aufnahmen verwendet werden. Für latenzfreies Monitoring können die Eingangssignale dem DAW-Playback über »Direct Monitor« hinzugemischt werden.
Als maximale Auflösung stehen bei Aufnahme und Wiedergabe 96 kHz und 24 Bit zur Verfügung. Neben den üblichen 44,1 kHz und 48 kHz kann die Samplerate auch bei 88,2 kHz arbeiten.
Ausgangsseitig bieten die Interfaces einen Main-Out, einen Kopfhörerverstärker und zwei Cinch-Ausgangspaare, die leider allesamt unsymmetrisch ausgelegt sind. An den Cinch-Ausgängen sind alle vier Ausgänge ohne weiteren Lautstärkeregler abzugreifen. Dem Hauptausgang sind Ausgänge 1 und 2 fest zugewiesen, am Kopfhörerverstärker sind es 3 und 4. Der »Main-Out« und die »Phones« werden über große Lautstärkeregler auf der Front kontrolliert, die wie beim H6 mit einer Schutzkante gegen versehentliches Verstellen eingefasst sind. Für jedes Ausgangspaar ist zudem ein Mute-Button vorhanden.
Beiden Interface-Modellen liegt ein Download-Lizenzcode für Ableton Live 9 Lite bei. Die Recording-Software für Audio- und MIDI-Daten wird also direkt mitgeliefert, sodass man ohne Weiteres loslegen kann.
Features des U-44
Der größere Bruder des U-24 weist neben den analogen Ein- und Ausgängen eine zusätzliche Digital-Option auf. Hier kann ein Stereosignal über S/PDIF sowohl in der coaxialen als auch in der optischen Ausführung gewandelt und aufgezeichnet werden. Durch die beiden zusätzlichen digitalen Inputs wird das U-44 zu einem Interface mit vier Eingängen, was auch zur Modellbezeichnung »44« führt. Die Einstellungen für den Wandler sowie die S/PDIF-Buchsen sind an der linken Gehäuseseite platziert.
Die beiden zusätzlichen Eingänge des U-44 können außerdem noch auf eine andere Weise genutzt werden. An der Unterseite befindet sich der 10-Pol-Anschluss, welcher den Betrieb der Zoom-Wechselkapseln ermöglicht − hier kann frei aus dem umfangreichen Zubehörpaket der H-Serie gewählt werden. Allerdings fällt mit der Verwendung der Mikrofonkapseln die digitale S/PDIF-Schnittstelle weg. Es handelt sich eben nur um maximal vier simultane Eingänge.
Der U-44 ermöglicht des Weiteren auch den Stand-Alone-Betrieb als AD/DA-Wandler, inklusive der beiden integrierten Mikrofonvorverstärker. In diesem Fall werden die Signale, die am Interface anliegen, sowohl analog als auch digital ausgegeben. Ein sehr schönes Feature, um bestehende Studio-Setups mal eben um zwei Mikrofoneingänge zu erweitern.
Ausgeklügeltes Monitoring
Ein Alleinstellungsmerkmal der beiden Zoom »Handys« ist das analog gelöste Monitoring-System. Dies ermöglicht den Direktzugriff auf das Mischverhältnis der Ausgänge 1/2 und 3/4. So kann man den Kopfhörer und auch den korrespondierenden Cinch-Ausgang »Line-Out B« mit der Mischung zweier Stereosummen speisen. Wer sich also fragte, warum bei beiden Interfaces eigentlich vier Ausgänge zur Verfügung stehen, erhält hiermit die Antwort.
Es dreht sich rein um das Monitoring von zwei unterschiedlichen Stereoquellen, die beispielsweise beim digitalen DJing benötigt werden. So kann ein Musiktitel vorgehört werden, während der Hauptausgang gerade einen anderen Titel wiedergibt. Eine weitere Anwendung findet sich bei Live-Musikern. Immer mehr Bands spielen mittlerweile mit einem Playback, das zusätzliche Elemente ihrer Musikstücke beinhaltet. Damit alles synchron läuft, müssen die Musiker (oder zumindest der Schlagzeuger) auch beim Konzert zu einem Klick spielen. Mit der Zoom U-Serie lässt sich dieser getrennt vom eigentlichen Playback ausgegeben, und der Musiker behält auf der Bühne dennoch die Kontrolle über das Mischverhältnis der beiden Signale.
Es besteht auch die Möglichkeit, dass dasselbe Signal über den Balance-Regler an beiden Ausgängen anliegt. Dadurch lassen sich zwei Abhören mit dem Interface verbinden. Über die Mute-Schalter für Line-Out A und B können diese aktiviert und deaktiviert werden.
Praxis
Die Einrichtung der Interfaces ist am Mac und am iPad kinderleicht, da weder Treiber benötigt noch besondere Einstellungen vorgenommen werden müssen. Allerdings fehlt das passende Verbindungskabel für das iPad, sodass der Betrieb erst mit dem USB-Kamera-Verbindungs-Kit von Apple möglich wird.
Für das Zuweisen der Ein- und Ausgänge ist keine weitere Software notwendig. Alle Einstellungen sind direkt an den Interfaces vorzunehmen, was die Bedienung sehr übersichtlich gestaltet. Die Einstellungen der Digitalschnittstelle des U-44 können im Audio-MIDI-Setup unter OS X gemacht werden.
Auf den ersten Blick scheinen beide Handyinterfaces bis auf die Gehäusefarbe identisch, doch der Teufel steckt ja bekanntermaßen im Detail.
Bild: Stephan Lembke
Bild: Stephan Lembke
Bild: Stephan Lembke
Die Übersetzung des Begriffs »Handy«, die ja bekanntermaßen »handlich« und »praktisch« bedeutet, trifft auf die beiden Interfaces nur bedingt zu. Während die U-Serie praktisch und gut durchdacht ist, ist die Abmessung des Gehäuses weniger handlich. Besonders im Vergleich mit den mobilen Zoom-Recordern wie dem H2 und H5 wird der Größenunterschied recht deutlich. Dennoch ist das Gewicht mit ungefähr 300 Gramm nicht übertrieben, und die Interfaces lassen sich definitiv mobil einsetzen.
Die Regler wirken trotz Plastikausführung stabil und bieten genügend Wiederstand für eine feinere Justierung der Parameter.
Bei der Verwendung des Balancereglers für den Kopfhörerausgang fällt auf, dass dieser etwas eng neben der rechten Main-Out-Buchse platziert wurde. Ist der Main-Out mit Klinkensteckern verbunden, kann man den Kopfhörer-Mix lediglich mit der rechten Hand erreichen. Hier wäre eine Position im unteren Gerätebereich die bessere Lösung, da gerade DJs den Regler beim Live-Set häufig verwenden dürften.
Der Batteriebetrieb wird in der Bedienungsanleitung mit rund vier Stunden ohne die Verwendung der Phantomspeisung für die Mikrofonvorverstärker angegeben. Im Fieldrecording-Test des U-24 wurden zwei Sanken CO-100k-Mikrofone am iPad aufgezeichnet, die als Kondensatormikrofone Phantomspeisung benötigen. Durch das Anschalten der 48 Volt verringerte sich die Nutzungszeit erheblich, und die beiden handels- üblichen Mignon-Alkaline-Batterien hielten lediglich 55 Minuten durch. Für ein mobiles Setup, z. B. für einen Konzertmittschnitt, ist dies eindeutig zu schwach!
Die Aufnahmequalität war hingegen zufriedenstellend, was auf die rauscharme A/D-Wandlung und die mittlerweile verbesserten Zoom-Mikrofonvorverstärker zurückzuführen ist. Die Vorverstärkung war aufgrund der empfindlichen Mikrofone vollkommen ausreichend. Beim Einpegeln des Mikrofonsignals informiert allerdings nur eine einzelne LED über eventuelles Clipping. Grundsätzlich kommt man beim Einpegeln klar, sofern man die DAW-Software beim Aussteuern der Vorverstärker im Blick hat.
Bild: Stephan Lembke
Bild: Stephan Lembke
Der hochohmige Instrumenten-Eingang sowie die Line-Ins funktionierten problemlos, und der Kopfhörerverstärker wies kein übermäßiges Rauschen auf. Die digitale Schnittstelle arbeitete wie erwartet, doch musste das U-44 immer als Slave die Clock der anderen Digitalgeräte erhalten. Ansonsten war es nicht möglich, dass die Clock der Geräte mit dem Interface synchron war.
Ein Highlight ist die integrierte MIDI-Schnittstelle, auch wenn diese an einem Interface ja eigentlich nichts Besonderes ist. Doch wenn die Interfaces mit dem iPad verwendet werden, wird dieses zum flexiblen Klangerzeuger auf kleinstem Raum. Im Test funktionierte die MIDI-Schnittstelle reibungslos und diente zeitweilig als Steuerzentrale eines modularen Synthesizers.
Fazit
Die Zielgruppe der mobilen Interfaces von Zoom ist recht breit gefächert. Während ein Laptop- (oder gar iPad-)DJ ein Interface benötigt, mit dem er beide Musiktitel vorhören kann, nutzt der Live-Musiker das Interface zur Wiedergabe von Playbacks, dem Umschalten seiner Keyboard oder Effektgeräte via MIDI oder dem Spielen von Software-Synths und Samplern. Die Anwendung der mobilen Aufnahme scheint eher als Audio-Notizblock sinnvoll, denn für Fieldrecording ist das Setup recht umständlich und das Interface größer als die gängigen Handyrecorder. Auch die Akkulaufzeit bei aktivierter Phantomspeisung wirkt für diesen Zweck zu knapp bemessen.
Es bleibt festzuhalten, dass die analogen Ein- und Ausgänge sowie die MIDI-Fähigkeit zu dem Preis des U-24 absolut unschlagbar sind! Die Qualität des Audio-Pfades ist gut, und als mobiles Interface erfüllen die beiden Vertreter der U-Serie von Zoom ihren Zweck vollends. Das Monitoring-Konzept bietet viele Anwendungs-Optionen und ermöglicht eine schnelle Anpassung des Kopfhörer-Mixes im Live-Betrieb. Hier werden Probleme auf eine einfache Weise gelöst, die sonst nur durch den Einsatz weiterer Software oder umfangreicherer Audio-Interfaces umgangen werden können.
Der Mehrwert des U-44 ist gegen den kleinen Bruder U-24 allerdings schwerer zu erkennen. Die Nutzung der Zoom-Wechselkapseln ermöglicht die schnelle Aufnahme von akustischen Instrumenten, doch müssen diese zusätzlich erstanden werden. Bei der digitalen S/PDIF-Schnittstelle handelt es sich eher um einen Sonderfall, der für manche Nutzer relevant sein könnte. Ich bleibe jedenfalls beim U-24 und habe damit ein kostengünstiges Interface für mein iPad gefunden, das alle Anforderungen erfüllt.
+++ Monitoring-System
+++ Preis/Leistungs-Verhältnis
++ Stand-Alone-Modus der Mikrofonvorverstärker des U-44