Live & Studio, Studioplanung, -Ausbau und -Verkabelung
Toni Loitsch – Produzent, Studio- & FOH-Engineer – Sound&Recording-Podcast
von Marc Bohn , Artikel aus dem Archiv
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Toni Loitsch ist Produzent, Studio- und auch FOH-Engineer. Wenn er nicht gerade mit den Donots oder Joris & Co. unterwegs ist, verbringt der Österreicher seine kreative Zeit im Nautilus Studio in Dornbirn am Bodensee, das er selbst gegründet hat und als Kapitän führt.
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Das Studio hat er selbst mit Unterstützung gebaut, mit allem, was dazugehört: Studioplanung, Akustik, Verkabelung etc. Im Interview gibt Toni uns einen Einblick in seine Arbeit im Studio und im Live-Bereich, er erklärt, was für ihn die Unterschiede, die Gemeinsamkeiten und übergreifende Learnings aus beiden Bereichen sind. Außerdem dokumentiert er den Studiobau seiner Nautilus und erzählt unter anderem, worauf er bei der Akustik geachtet hat und welche Kriterien Studiokabel für ihn erfüllen müssen.
Toni Loitsch – Produzent, Studio- & FOH-Engineer – Live und im Studio, Studioplanung, -Ausbau und -Verkabelung
Shownotes: Kleine Korrektur: Die Nautilus ist das U-Boot aus den Romanen “20.000 Meilen unter dem Meer” und “Die geheimnisvolle Insel” (1996 bis 70) von Jules Verne, das unter dem Kommando von Kapitän Nemo steht.
Toni, deine Regie ist echt schick, sie erinnert mich etwas an die 30er-Jahre: Die Tapete ist braun mit goldenen Retro-Ornamenten, dein Studiotisch ist ein abgerockter Schreibtisch, davor steht ein abgenutzter Hocker aus Holz mit Lederpolsterung und ohne Rückenlehne! Dahinter steht noch eine Ledercouch mit Servierwagen. Glaubst du, dass die Gestaltung des Raums deine Arbeit beeinflusst?
Eigentlich wollte ich als Räumlichkeit für das Studio eine alte Bootsbauerei, deshalb auch der Name Nautilus, das U-Boot von Captain Nemo. Das Studio ist auch verschachtelt. Die Regie ist zum Beispiel 2 Meter über dem Aufnahmeraum. Man kuckt also nach unten, was es total übersichtlich macht, da man den ganzen Raum betrachten kann und zu jedem der Musiker im Aufnahmeraum leicht den Augenkontakt findet. Mir war es dann im Studio auch wichtig, so ein Feeling zu haben, als würde man in einem gemütlichen Wohnzimmer oder einer gemütlichen Bar sitzen. Ich wollte nicht das Gefühl haben, als wäre ich den ganzen Tag in einem Büro. Es sollte klanglich optimiert sein, optisch auch was hergeben und sich angenehm anfühlen. Das tut es auf jeden Fall!
Dein Rack ist auch ganz gut ausgestattet. Kommt das analoge Outboard noch oft zum Einsatz?
Absolut! Meine Mastering-Kette ist beispielsweise immer analog! Ich habe einen Heritage MCM 20 zum Summieren, wo ich dann die Drums, die Vocals oder die Gitarren aufteilen kann. Die Subgruppen schicke ich dann durch einen Transformer, den Burl Audio B2 Bomber, um nochmal analoge Sättigung reinzubekommen. Ich finde, das klingt dann trotzdem anders als digital. Obwohl durch UAD & Co. die Digitalwelt schon mega gut aufgestellt ist. Ich hab aber auch einen Cranseon, den es digital nicht gibt, ich hab einen Distressor, den es bis vor Kurzem nicht in der Form digital gab. Für mich ist das aber auch Spaß. Ich vergleiche das am Schluss auch gerne mal gegen die Plug-ins und finde, dass die analogen Geräte es schon ein paar Prozent besser machen.
Beim Recorden nutze ich das Outboard auch sehr viel. Ich packe dem Schlagzeuger immer schon Kompression auf die Overheads, damit er, wenn er spielt, ein Gefühl dafür bekommt, wie fest er spielt und dass direkt etwas passiert und nicht erst später. Wenn ich Gitarren mit einem heftigen Attack will, haue ich auch gern mal den 1176er oder den Distressor drauf. Auch nicht viel zu viel, aber so, dass man weiß, es passt! Im äußersten Notfall, wenn ich mir unsicher bin, mache ich zusätzlich eine Parallelaufnahme, damit ich die Spuren zusätzlich unbearbeitet habe. Wenn ich selbst mische, nutze ich zu 99 % das bearbeitete Signal, weil ich ja während der Aufnahme schon weiß, wo es hingeht. Sonst gehe ich da etwas sanfter ran und frage vorab den Mixing-Engineer, was er gerne hätte oder braucht. Ich beschrifte auch immer alles, damit er weiß, wo was drauf ist.
Du hast gerade dein Studio erweitert und umgebaut. Was hat sich verändert?
So ein Studioumbau ist sehr kostenintensiv, und es ist einfach schwierig, alles auf einmal zu machen. Ich habe vor vier Jahren mit dem Bau begonnen. Dann muss man sich natürlich überlegen, wie lange das Studio eine Baustelle sein darf, weil irgendwann muss man ja auch mal arbeiten und Geld verdienen. Eine befreundete Band hat mir beim Ausbau geholfen. Mit denen hatte ich den coolen Deal, dass sie mir helfen und ich sie aufnehme.
Der Ausbau sollte allerdings vom Kern auf perfekt sein. Der erste Part, der gebaut wurde, war die Regie, damit ich schon mal mischen konnte. Der zweite Part war der Aufnahmeraum, und der dritte ein Aufenthaltsraum, wo man auch aufnehmen kann. Alle Räume sind auch untereinander mit Leitungen verbunden. Das waren die Sachen, die mir wichtig waren, damit ich arbeiten kann.
Unter der Regie gab es lange eine Abstellkammer, mittlerweile ist dort auch ein verkabelbares Badezimmer, wo man auch mal einen Sänger oder eine Gitarrenbox reinstellen kann, mit ein bisschen Hall! Dann gibt es noch eine Küche und ein kleines Lager, die ebenfalls verkabelt sind.
Die neue Regie ist noch im Bau und wird größer als die aktuelle. Sie wird auf eine Höhe von 1 Meter gebaut, und unter der Regie möchte noch einen natürlichen Hall-Raum aus Lehm oder Fliesen einbauen. Von dort unten erreiche ich auch gut alle Kabelführungen, kann die Kabel schön verlegen und muss sie nicht alle durch den Raum legen. Da mir kurze Kabelwege wichtig sind, habe ich natürlich auch darauf geachtet, dass alle Kabelführungen möglichst kurz sind.
Es gibt dort unten auch zwei Sandkästen, durch die man im Nachhinein noch Kabel durchführen kann, da sowohl die Regie als auch der Aufnahmeraum Raum-In-Raum-Konstruktionen sind. Man hat also immer zwei Schalen, einmal innen im Raum und einmal ganz außen, dazwischen mit Schaum abgedichtet, damit man keine direkte Verbindung hat. Dazwischen kommen dann die Kabel und jede Menge Quarzsand. Wenn ich dann nach einem Jahr merke, dass ich ein Kabel vergessen habe oder noch eins brauche, stecke ich das einfach da durch und fertig!
Hier wird noch gebaut: Das Panorama der neuen Regie
Der neue Aufnahmeraum im Umbau
Die Akustik hat Toni selbst geplant.
Nautilus-Style
Wie sah die Optimierung der Akustik aus?
Ich bin da ganz pragmatisch rangegangen. Ich habe mir ein Viereck gebaut, geschaut, wo die Fenster und wie die Ecken sind, und alles ein bisschen gemessen. Dort habe ich meine Studiomonitore mit einem Sub reingestellt, damit ich auch richtig Bässe habe. Dann habe ich einfach gehört und mal irgendwo ein Brett drangelehnt, und gekuckt, was passiert. So habe ich mich rangetastet. Ich wollte nämlich auf gar keinen Fall, dass alles zu tot wird. Viele ausgemessene Studios sind super analytisch, aber dadurch auch ein bisschen langweilig – das ist mein Empfinden.
So bin ich auch im Aufnahmeraum rangegangen. Da habe ich dann mal eine Gitarrenbox, eine Snare oder eine Kick-Drum reingestellt und geschaut, wo es gut klingt. Dann habe ich einen Raum etwas offener und den anderen etwas gedämmter gestaltet, damit man mehrere Möglichkeiten hat. Da wird akustisch noch viel passieren. Ich will mir auch noch einen Drumbrella bauen, einen Schirm, den man zu den Drums runterlassen kann, und mit Gobos an den Seiten einen sehr bis ganz trockenen Sound bekommt. Mir war es wichtig, dass die Räumlichkeiten in der Akustik flexibel sind.
Wir haben bereits über die Studioverkabelung gesprochen. Was glaubst du, warum das Thema Kabel so polarisiert?
In erster Linie ist das ja Geschmackssache. Das Wichtige an einem Kabel ist, dass es funktionieren muss. Es muss amtlich gelötet sein, es muss vernünftige Stecker und Klinken haben. Das ist definitiv wichtig! Ich achte natürlich darauf, dass ich qualitativhochwertige Kabel nutze, ich muss aber auch nicht unbedingt total viel Geld für Kabel an einer Stelle ausgeben, wo es keinen Sinn macht. Ich nutze Kabel von verschiedensten Kabelanbietern mal aus günstigeren oder mal aus teureren Serien. Bei einer Gitarre oder einem Bass kann zum Beispiel ein ganz billiges oder teures Kabel gut sein. Das ist dann wirklich Geschmackssache. Ich nehme eine Fender Stratocaster zum Beispiel über einen Fender Twin auf, was beides stachelige Komponenten sind. Da kann ich natürlich die Höhen runterdrehen oder ein Kabel nehmen, das weniger Höhen durchlässt und so seinen eigenen Sound macht, was mir dann auch in dem Moment gut gefällt. Wenn man eine Idee hat und da hinkommt, ist es ja egal, wie man hinkommt und welches Kabel, welche Gitarre oder welcher EQ es ist. Es ist wichtiger: „Funktioniert das Kabel?“, oder: „Wie lang ist das Kabel“, statt: „Wie heißt das Kabel?“
Du hast die Verkabelung selbst gemacht und auch selbst gelötet?
Ich habe sehr viel selbst gelötet. Dadurch, dass ich vorher mobil gearbeitet habe, läuft auch vieles über SUB-D, was für mich ein super Format ist, da man schnell arbeiten und umstecken kann. Ich habe drei kleine Neutrik-Patchbays, über die sich externe Engineers mit eigenen Hardware-Komponenten über kurze oder auch lange SUB-D-Strecken anschließen können.
Welche Kabel hast du jetzt bei der Verkabelung deines Studios verbaut?
Ich nutze sehr viel Cordial-Zeug. Wir hatten uns damals schon im Principal Studio für Cordial entschieden. Ich habe hier viele Klangvergleiche von Kabeln gemacht, und beim Hin- und Her-Stecken bin ich darauf gekommen, dass, solange das Kabel nicht brummt oder kaputt ist, der Unterschied für mich nicht groß ist. Das liegt wohl vor allem daran, dass ich keine Kabel nutze, die länger als 2 Meter sind. Ein Vovox-Kabel lässt da zum Beispiel viel mehr durch, und es ist sauber gemacht. Das heißt aber nicht, dass es das beste Kabel der Welt ist. Es kann auch mal ein anderes gut sein. Das Thema würde ich gerne offenlassen, das muss jeder für sich selbst wissen! (lacht)
„Aber bei dLive habe ich all die alten Klassiker sehr originalgetreu nachgebildet: Von der Lexicon 480L-Emulation über EMT-Plates für Snares bis zum Gated Reverb, das eines meiner Lieblings-Tools für klassische 80er-Jahre-Snares und -Toms ist und dem AMS-Hall klanglich sehr nah kommt.”
Geiler Bericht, ich danke euch dafür!
Spielt Loitsch noch immer mit dLive? Hatte ich in einem Interview gelesen: https://www.mothergrid.de/news/die-donots-rocken-die-republik-mit-allen-heath-dlive/
„Aber bei dLive habe ich all die alten Klassiker sehr originalgetreu nachgebildet: Von der Lexicon 480L-Emulation über EMT-Plates für Snares bis zum Gated Reverb, das eines meiner Lieblings-Tools für klassische 80er-Jahre-Snares und -Toms ist und dem AMS-Hall klanglich sehr nah kommt.”
Greez