Kolumne mit Hans-Martin Buff

2018 und Studios: Arbeiten in den Abbey Road Studios

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Ich wünsch euch was. Selbstverständlich wünsche ich euch zum neuen Jahr Gesundheit, Wohlsein, fette Beute und ein Jahresabo von SOUND&RECORDING. Desgleichen wünsche ich euch viel tolles Musikschaffen, und aus diesem Grund wünsche ich euch ganz besonders, dass ihr auch dieses Jahr und überhaupt nie (in Worten: NIE) auf die Idee kommt, euch ein eigenes Mietstudio zu wünschen.

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»Na hör mal«, röhrt es da aus dem Kopfweh der Neujahrsnachlese, »warum wünscht du mir denn sowas?!«

Ganz einfach. Ich wünsche euch, dass ihr ein Leben lang genau das machen könnt, was euch zum Musikzirkus hingezogen hat, sei das nun Liedchen schreiben, fette Gitarren aufnehmen, mischen, egal was, und dieses Was würde ein jähes Ende nehmen, sobald irgendwie ein zu betreuendes Mietstudio im Spiel ist.

»Hä?!«, entfährt es da wieder der Silvesterleiche. »Was soll denn ein Mietstudio bitte anderes sein als mein Rockkeller in groß?«

Ui. Gefahr im Verzug. Vielleicht sollte ich den Abowunsch zurücknehmen und euch lieber einen Arbeitstag in den berühmten Abbey Road Studios zu London wünschen. Selbst wenn euch der Museumskram mit Beatles-Klavier und Pink-Floyd-Pult und so überhaupt nicht interessiert, Abbey Road macht alles, was ein Studio so machen kann, und ihr könntet mal sehen, wie ein einwandfreies Studio funktioniert − was selbstverständlich sein sollte, was wünschenswert ist, und wie viel Einsatz man für beides braucht.

Aus meiner Sicht als abgestumpfter Studiobucher geht das so: Bevor ich für eine größere Aufnahmesession (also für mehr als einen Musikmacher auf einmal) in ein Aufnahmestudio wandere, erkunde ich erstmal die Mikroliste. Nach dieser Erkundung spiele ich in den meisten Studios ein Weilchen Mikrofon-Tetris: Wie schaffe ich es, dass ich meine Notwendigkeiten abdecke? Gibt’s nur ein Großmembran-Kaliber, gibt’s Stereopärchen, wer kriegt die, muss ich für Overdubs mein Setup umstellen und so? Meist gibt’s noch ein Star-Mikro, welches der stolze Besitzer nur eigenhändig aus dem Köfferchen holt und vor meine (von ihm zugelassene) Klangquelle stellt.

Beim Lesen der Abbey-Road-Liste hingegen stören zunächst Glückstränen das Leseerlebnis, aber wenn die versiegen und der Wagemut auf Turbo schaltet, schreibe ich einen Wunschzettel mit so Sachen wie AKG C12 für den Bassverstärker, RCA44 auf jedem Gitarren-Amp, und falls mir für irgendein Instrument mal kein passendes Mikro einfallen sollte, erwünsche ich mir einfach verschiedene zur Erkundung.

Keiner schimpft ob meiner Dekadenz (schließlich gibt’s von fast jedem Mikro mindestens zwei), und wenn mir verschämt doch mal ein Mikro verweigert wird, dann nur deswegen, weil schon eine andere Session mein Mikro vorbestellt hatte, nicht, weil es das Mikro nicht gäbe oder weil’s nicht geht. Letzteres garantiert ein netter älterer Herr, der seit über 40 Jahren ausschließlich für die Hege und Pflege der Hausmikros bezahlt wird (Lester Smith; Anm. d. Red.).

Tauche ich schließlich im Studio auf, erwartet jedes Wunschmikro eingestöpselt meine Avancen, denn natürlich wartet bereits ein Assistent, und der fragt auch unaufgefordert nach so Sachen wie meiner Wunschperspektive bei der Schlagzeugaufnahme (also links/rechts, wie man draufschaut, oder wie’s der Drummer sieht), meiner Philosophie beim Auflegen der Mikros am Pult (ich erfinde sofort eine) und wie ich meinen Kaffee nehme.

Der Assistent kennt kraft seiner zehn(!)jährigen Tätigkeit vor Ort den Laden auswendig und versprüht trotz klarer Qualifikation zu Weltruhm immer noch Freude an der undankbaren Assistenten-Mischung aus großen Pflichten und kleiner Erwähnung. Läuft die Session erstmal, ist er mein Orakel und lebt in der Zukunft, zieht die überflüssigen Kopfhörer für den Overdub, bevor ich daran denke, erwähnt die Essensbestellung vor der Hungerentwicklung und läuft zur Lösung von zu Lösendem, wenn der Gitarrist gerade erst die Stirn runzelt.

Ist der Assi doch mal überfordert, schwupps, steht der Techniker vom Dienst da, vielleicht sogar der gleiche, der schon zu Anfang der Session ohne Murren mein Laptop mit den Studiowandlern und dem dicken Fernseher über dem Pult verbunden hatte.

Ein Flügel für einen Overdub? Kein Problem, ist gleich da. Ob er gestimmt ist? Klar, sowieso dreimal die Woche plus Sonderstimmungen nach Wunsch.

Liebe Mit2018er, ich wünsche euch viele Sessions in tollen Studios, ohne dass ihr je selber Mikromann, Assistent, Techniker und Klavierstimmer sein müsst oder ihr euch finanziell ruiniert. Ein paar Tage Luxusstudio sind möglicherweise eine bessere Anlage für Omas Erbe als täglich 80 Euro Strom für ein analoges Mischpult. Zudem habt ihr so einen Schwung edle Aufnahmen, den ihr den Rest des Jahres glücklich und wohlklingend im Rockkeller zu Hause verschrauben könnt.

Und 2019? Noch ein weiterer Ausflug in ein anderes geiles Studio?

Schon gewünscht!

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