Kolumne mit Peter Walsh

24 Stunden Nashville

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Ich bin bereits an vielen Flughäfen aus vielen Flugzeugen gestiegen, aber meine Ankunft vor Kurzem am International Airport Nashville muss ganz oben auf der Liste der »Most welcoming places« stehen, an denen man aus einem Flugzeug steigen kann!

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Auf dem Weg zur Ankunftshalle wurde ich mit Durchsagen von vielen bekannten Country-Musikern begrüßt, die mich in Nashville »Music City – Home of Country Music« willkommen hießen! Das ist eine großartige Deklaration, wenn man darüber nachdenkt. Gibt es andere Städte auf der Welt, die einen ähnlichen Status in Bezug auf ein bestimmtes Musikgenre haben? Memphis wird als die »Heimat des Rock’n’Roll« angesehen, aber dieser Titel könnte vielen Städten in den USA oder der ganzen Welt verliehen werden. Es ist schwer, eine bestimmte Stadt genau zu bestimmen. Aber Nashville ist wirklich das Zentrum des Universums, wenn es um Country-Musik geht, und das war schon immer so. Es ist schwierig, das bei der Ankunft nicht sofort zu spüren! Es ist jedoch nicht nur die Musik, die einer Stadt ihre Identität verleiht. Natürlich haben die Leute vor Ort auch viel damit zu tun.

Es liegt ein warmes, freundliches Gefühl in der Luft – diese bekannte südländische Gastfreundschaft, von der ich oft gehört habe, ist allgegenwärtig. Sogar die Einwanderungsbeamten lächeln: »Howdy Sir, and welcome to Nashville!« Nicht die respektvolle Begrüßung, die ich bei der Einreise in die USA erwartet hatte, auch nicht zur Weihnachtszeit.

Die »Alien-Einreiseabfertigung« kann unglaublich einschüchternd sein und ist keine Sache, auf die ich mich immer freue! Aber in Nashville lief es so einfach wie nie – »As easy as (pecan) pie!« Das war auch gut so, denn ich hatte nur 24 Stunden Zeit, um diese großartige Stadt zu erkunden, bevor ich nach Atlanta flog!

Peter und James Templeton

Wir wohnten bei einer Arbeitskollegin meiner Freundin, die mit dem Singer/Songwriter James Templeton von »James And The Wild Spirit« verheiratet ist. James war in der Musikbranche tätig und lebte über 10 Jahre in Nashville. Er war der perfekte Gastgeber und Guide. Es war unvermeidlich. Es folgte eine lange Nacht, in der wir in einige von James »Lieblings-Country-Songs« eintauchten, ganz zu schweigen von einigen seiner Lieblings-Craft-Biere aus Tennessee … und Bourbons.

Wir haben eine Menge großartiger Musik gehört, James hat mich durch eine sehr detaillierte Geschichte des »Nashville Sound« geführt und wie er sich im Laufe der Jahre entwickelt hat. James erzählt von Künstlern wie Hank Williams und seinem Meisterwerk Hey Good Lookin von 1951 (aufgenommen in den Castle Studios, Nashville) oder Buddy Holly, Roy Orbison und dem 1960er-Hit Only The Lonely (aufgenommen von Bill Porter im legendären RCA Studio B, Nashville). James erläutert, dass das Lied ursprünglich Elvis Presley und den Everly Brothers angeboten worden war, aber sie lehnten es ab! Hoppla!

Wir haben einige Dolly-Parton-Songs durchgespielt. Davon gibt es viele. Sie ist auf 63 Alben mit dabei! Ich hatte vergessen, dass sie den Song I Will Always Love You komponiert hat. Anscheinend wollte Elvis das Lied 1974 aufnehmen, allerdings unter der Bedingung, dass sie ihre Verlagsrechte abtritt. Es brach ihr das Herz, nein zu sagen, aber wie wir alle wissen, wurde der Song in den 80ern von Whitney Houston im Film Bodyguard berühmt und ist einer der meistverkauften Singles aller Zeiten. Interessanterweise hat Dolly Parton inzwischen verraten, dass sie am selben Tag, an dem sie die Melodie von I Will Always Love You schrieb, ihren Signature-Song Jolene komponiert hat. Kein schlechter Arbeitstag!

James machte mich auch mit Santo & Johnny bekannt, einem seiner Lieblingsduos aller Zeiten. Sie sind während der 50er-Jahre in New York aufgewachsen und waren stark von der Nashville-Szene und dem Sound der Lap-Steel-Gitarre (meistens eine vor dem Bauch quer getragene und mit einem Bottleneck gespielte Dobro; Anm.d.Red.) beeinflusst. Das kann man in ihrem Nummer-1-Hit Sleep Walk hören – ich bin sicher, ihr werdet die Melodie kennen. Die Morgendämmerung brach bereits an, bevor wir zu einigen der moderneren Künstler kamen, die mit Nashville in Verbindung gebracht wurden: Kings of Leon, Jack White, Faith Hill, Taylor Swift und viele mehr. So viel Musik. So viele Künstler. Es ist unglaublich, dass sie alle aus einer Stadt kommen! Als ich am nächsten Morgen einen guten alten Tennessee-Kater hatte, wollte ich unbedingt raus und einige der Wahrzeichen besuchen, die Nashville zu der Stadt gemacht haben, die sie heute ist.

Im Ryman Auditorium wurde viele Jahre lang die Radiosendung »The Grand Ole Opry« ausgestrahlt. Es ist immer noch die am längsten laufende Radiosendung in der Geschichte der USA und zeigt eine Mischung aus etablierten Künstlern und zeitgenössischen Acts, die eine Vielfalt an Musikstilen liefern, einschließlich Country, Bluegrass- und Gospelmusik. Sie erreicht jede Woche Hunderttausende von Musikfans aus der ganzen Welt und Millionen Hörer am Radio oder im Internet.

Das Viertel mit seinen Radiosendern, Plattenlabels, Verlagen und den weltberühmten RCA Studios (heute ein Museum und eine Bildungseinrichtung), in denen so viele großartige Aufnahmen gemacht wurden, ist als »Music Row« bekannt. Die RCA Studios sind sozusagen Amerikas Abbey Road. Der Singer/Songwriter und Verleger Roy Acuff, der von vielen als »König der Country-Musik« bezeichnet wird, und der legendäre Gitarrist und Produzent Chet Atkins sind ihnen zu Ehre mit Straßen in Erinnerung geblieben, die nach ihnen benannt wurden. Stell dir das vor: Eine Straße zu Ehren eines Produzenten! Meine Gedanken wanderten zur »Fantasy Row …«: »George Martin Road«, »Peter Walsh Street« – wie cool wäre das? Zurück zur Realität: Ich müsste viel mehr Hits haben und ein paar Grammys gewinnen, bevor ich dieses Level erreiche – Chet hat 14 gewonnen.

Roberts Western World

Ich habe viel von Chet Atkins’ Musik gehört, da mein Vater ein großer Fan des Fingerpicking-Stils war, aber mir war mir nicht klar, welchen massiven Einfluss er auf Country-Musik und den »Nashville Sound« hatte, bis ich in Nashville war. Bekannt als »Mr. Guitar« (in den USA liebt man halt Slogans), arbeitete er auch als Geschäftsführer der Plattenfirma RCA Victor und war außerdem Studiomanager der RCA Studios. Er entwarf Gitarren für Gretsch und war ein produktiver Songwriter und Produzent. Sein Name ziert die Albumcover von Künstlern wie Elvis Presley, Roy Orbison, Dolly Parton, Everly Brothers, Norma Jean, Willie Nelson und vielen anderen. Seine erfolgreichste Single als Künstler kam 1965 mit Yakety Axe, einer Adaption von Yakety Sax, von seinem Freund, dem Saxofonisten Boots Randolph. Gitarristen hören bitte rein. Ihr werdet diese Melodie oft gehört haben. Seine Spieltechnik hat etwas Magisches.

Wir erholten uns langsam von der Nacht zuvor und machten uns auf den Weg zu einem späten Mittagessen in Roberts Western World am Lower Broadway. Obwohl diese Straße voller Touristen ist, hat sie immer noch viel Charme. Sie ist gesäumt von Bars wie dem Roberts, in denen Künstler nicht für ihren Auftritt bezahlt werden, sondern nur für Trinkgeld spielen – ein musikalisches Ökosystem, in dem nur der Stärkste überlebt.

Sowohl Faith Hill als auch Taylor Swift wurden hier in einer Bar namens »The Bluebird Café« entdeckt. Laut James und seiner Frau ist Roberts das Beste des ganzen Haufens. Eine authentische »Honky Tonk«-Bar mit Burgern, gebratenen Bologna-Sandwiches, eiskaltem Bier und Live-Musik. Früher konnte man sogar gleichzeitig ein Paar Cowboystiefel kaufen. Von den späten 1950ern bis zu den frühen 1980ern war das Gebäude auch die Heimat der Sho-Bud Steel Guitar Company, die einige der besten Steel- und Dobro-Gitarren baute, die jemals hergestellt wurden.

Wir hatten Glück. Chris Scruggs und seine Band spielten. Chris hat einen musikalischen Hintergrund, der bis in die frühen Tage der Country-Musik zurückreicht. Sein Opa, der legendäre Blugrass-Banjo-Spieler Earl Scruggs, ist auch in der Plattensammlung meines Vaters, die ich jetzt besitze, vertreten. Ich saß also auf der Kante meines Barhockers und wartete darauf, was sein Enkel kann! Ich wurde nicht enttäuscht. Er bewegt sich mühelos zwischen E-Gitarre, Lap Steel und Fiddle, während er zwischen Lead- und Backing-Gesang wechselt. Chris ist einer der begabtesten Musiker, die ich je gehört habe, und das ist schon was!

Nashville ist voll von wunderbar talentierten Künstlern wie Chris. Musiker, die Herzen berühren und einem den Atem rauben können. Hervorragend gemachte Songs über Leben, Liebe, Hoffnung und Verzweiflung. Ich habe keinen Toningenieur gesehen, der die Show gemischt hat, und das Soundsystem war auch nicht großartig. Diese Band hat sich selbst »gemischt«, und es klang fantastisch! Die Musiker hatten eine Dynamik und eine interne Kommunikation, die man heutzutage selten sieht. Man lernt nicht so zu spielen, man erbt es. Alles klang so warm und harmonisch – genau so, wie die Leute sind.

Meine sehr kurze Reise nach Nashville hat mich auf ein Musikgenre aufmerksam gemacht, das ich über die Jahre nicht wirklich ernst genug genommen habe. Ich kann nicht glauben, dass ich noch nie Country-Musik aufgenommen oder produziert habe. Ich denke, ich werde meinen Freund James anrufen und sehen, was er zusammenstellen kann. Und nun kann ich es kaum erwarten, »Music City« wieder zu besuchen. Vielleicht aber auch noch ein bisschen länger!

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