2016 überraschte der bis dahin unbekannte Hersteller AJH aus Bournemouth im Süden Englands mit einem Satz von fünf Eurorack-Modulen, die in Summe die Funktionalität des Minimoog Model D nachbildeten. Der MiniMod sorgte insbesondere durch hohe und authentische Klangqualität für Begeisterung. Diese Liebe zum Detail hat sich gelohnt, denn inzwischen ist AJH zu einem etablierten Boutique-Hersteller von Eurorack-Modulen herangewachsen, der aktuell 27 durchweg Skiff-taugliche Module anbietet.
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Die Entwicklung des MiniMod, der mit drei VCOs, Filter, VCA, Hüllkurven und Glide/Noise 84 Teileinheiten (TE) beansprucht, hat laut Firmengründer und Namensgeber Allan J. Hall 18 Monate gedauert. Die Schaltung basiert dabei auf ganz frühen Mk1-Modellen des Model D, von denen nur etwa 300 Exemplare gebaut wurden und deren Oszillatoren noch mit diskreten Transistoren aufgebaut waren. Auch das legendäre Kaskadenfilter setzt dort auf händisch abgeglichene Transistoren und keine integrierten Schaltkreise.
Dem hohen Anspruch ist AJH seither treu geblieben. Man verbleibt konsequent im hochwertigen Segment und bis auf wenige Ausnahmen bei rein analogen Schaltungen. Dazu behält der Hersteller die direkte Bedienbarkeit eines solchen System stets im Auge. Die Module sind grundsätzlich wahlweise in Silber oder Schwarz verfügbar.
Über AJH
Allan J. Hall beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Synthesizern, Elektronik und Musik. Schon im Kindesalter baute er eine Fuzz-Schaltung und wurde nach eigenen Aussagen maßgeblich durch elektronische Musik geprägt – von Tangerine Dream über Pink Floyd bis hin zu Vangelis. Er hat sich in den letzten Jahren intensiv dem Modularbereich sowie der Modifikation existierender Synthesizer gewidmet und war darüber hinaus immer wieder auch als Keyboarder live zu sehen. Umfassende Kenntnisse erwarb er in einer fünfjährigen Technikertätigkeit bei der Reparatur und Modifikation alter Synthesizer, von Pro-Audio-Geräten sowie bei der Konstruktion von Röhrenverstärkern für den Gitarrenbereich.
Als Firma ist AJH dezentral organisiert, und die wenigen Mitarbeiter arbeiten allesamt aus dem Homeoffice. Die Entwicklungsarbeit findet bei Allan J. Hall selbst statt, während die Fertigung von zwei Kollegen in etwa 50 km Entfernung übernommen wird. Die Pressearbeit wiederum übernimmt Wayne Taylor.
AJH-Module werden in England in einer Kombination aus Bestückung im eigenen Haus und von Hand gefertigt, kalibriert und getestet. Überwiegend kommt dabei SMD-Technik zum Einsatz. Durchsteckkomponenten kommen zum Einsatz, wenn ein SMD-Pendant nicht verfügbar ist beziehungsweise den Klang ungünstig oder ungewollt beeinflussen. Nach eigenen Angaben ist es durch diese Art der Fertigung überhaupt erst möglich, die gewünschte Funktionalität im kompakten Eurorack-Format unterzubringen. Als Transistoren kommen oft gepaarte Transistoren zum Einsatz, weil diese Platz auf der Platine sparen.
Die Produkte
Im Bereich der Klangerzeugung gibt es die diskret aufgebauten, hervorragend klingenden »Moog-Oszillatoren« (VCO Vintage Transistor Core, 14 TE) mit Oktavlagenschalter, Sync und Pulsbreitenmodulation. Sie erhalten Unterstützung in Form eines ebenfalls diskret aufgebauten Ringmodulators mit integriertem Sub-Bass-Generator (Ring SM, 14 TE), rauschbasiertem Oszillator Entropic Doom (14 TE), der zusätzlich einen anderen Ringmodulator offeriert, und dem Spezialisten Lunar Module (14 TE), der den Klang der Kommunikationseinheit zwischen NASA und Apollo aus den Sechzigern nachbildet und mit einem Mikrofon kombiniert werden kann.
Im Filterbereich wartet das klassische Tiefpass-Kaskadenfilter (Transistor Ladder Filter, 14 TE) mit einer Flankensteilheit von 24 dB pro Oktave auf. Es bietet einen integrierten 3-in-1-Mixer. Ergänzend offeriert AJH das Modell Sonic XV (14 TE). Dieses empfindet das flexible diodenbasierte Kaskadenfilter des Musonics Sonic V mit erweiterter Funktionalität nach, inklusive umschaltbarer Flankensteilheit, Bandpass-Ausgang und zwei integrierten Waveshapern. Hinzu kommt das beeindruckende Gemini 2412 (28 TE) – ein zweifaches Multimode-Filter nach SEM-Vorbild. Es lässt sich wahlweise in stereo oder seriell verschaltet betreiben. Im Unterschied zum Vorbild ist hier auch eine CV-Steuerung der Resonanz vorgesehen.
Für den Ausgang hält AJH bislang den diskret aufgebauten doppelten VCA aus dem MiniMod bereit ( Discret Cascaded VCA, 10 TE). VCA 1 lässt sich dort bei Bedarf per Jumper mit mehr Gain betreiben. Eine entsprechende Option ist übrigens auch für das Transistor Ladder Filter vorhanden. Da kommt es gerade recht, dass sich beide Funktionen über das Hilfsmodul Gain Switch Multi (2 TE) praktisch auf die Frontplatte holen lassen.
Am Ende der Signalkette hat AJH dann den stereofonen Finaliser R-EQ (18 TE) im Angebot, der mit einem vierbändigen Equalizer, einem zweibändigen Enhancer für die Bässe und Höhen sowie einer Auswahl von Nachhall-Algorithmen Summensignale kräftig aufwerten kann. Ebenfalls stereo, aber komplett analog aufgebaut ist Next Phase (18 TE), der Nachfolger des Mega-Phase 12, der den klassischen Small-Stone-Phaser von EHX gehörig aufbohrt.
Es folgen drei Module, die an unterschiedlichen Stellen im Signalweg für Klangvariationen sorgen: Da wäre zunächst V Shape (10 TE), das eingehende Wellenformen verbiegen und per Clipping verzerren kann, alles mit möglicher CV-Steuerbarkeit. Wave Swarm (14 TE) hingegen ist ein zweikanaliges Modul, mit dem sich die Ausgänge zweier Oszillatoren jeweils sechsfach vervielfachen lassen, indem diese über integrierte LFOs leicht moduliert werden – perfekt für Drones. Schließlich hält AJH mit FFB914 (30 TE) eine Festfilterbank im Stile von Moog bereit: Hoch- und Tiefpassfilter und zwölf Bandpässe lassen sich hier abwechselnd auf zwei Ausgänge verteilen, im Mischungsverhältnis justieren und modulieren und mit Feedback versehen.
Modulationen und mehr
Üppig deckt AJH auch den Bereich der Modulatoren ab. So gibt es zunächst die ADS-Hüllkurven für den MiniMod im Doppelpack (Contour Generators, 12 TE). Wem das zu minimal ist, greift zur erweiterten Hüllkurve DH-ADSR (10 TE) mit Vorverzögerung und Haltephase. Hinzu kommt ein echter Spezialist: Das Modul Multi Burst Env (12 TE) erzeugt eine Sequenz von bis zu 40 in variabler Geschwindigkeit ausgelöster skalierbarer Preset-Hüllkurven, deren Form per Wahlschalter selektiert wird.
Für zyklische Modulationen gibt es Dual LFO and VCA (10 TE), das zwei analoge LFOs und einen einfachen VCA in einem Modul vereint. Die Alternative oder optimale Ergänzung hierzu ist der digitale Tap Tempo LFO (12 TE) mit 16 Kurvenformen und einer flexiblen Tempo-Synchronisierbarkeit. Und wem der Sinn nach zufälligen Modulationsspannungen steht, der greift zum Dual RVG (14 TE), einer funktional erweiterten Replica des EMS Random Voltage Generator im Doppelpack.
Schließlich findet man bei AJH noch eine Reihe von Hilfsmodulen. Unverzichtbar ist beispielsweise der Muting Mixer & VCA (10 TE), der einen 5-1-Mixer mit Performance-tauglichen, beleuchteten Mute-Tasten offeriert und sich sowohl für Steuerspannungen als auch für Audiosignale nutzen lässt.
Ganz auf Steuerspannungen fokussiert ist hingegen CV Mix-Offset-VCA (10 TE), der einen vierkanaligen bipolaren CV-Mixer mit ergänzender Offset-Funktion birgt. Bereits erwähnt wurde Glide – Noise (6 TE), in dem ein Rauschgenerator und eine Glide-Funktion vereint wurden. Noch mehr Rauschen findet sich in Sample Hold & Slew (12 TE). Es kombiniert Sample & Hold/Track & Hold, einen Slew-Generator und Rauschen mit filterbarem Obertonanteil.
Zu guter Letzt gibt es das aktive und variable 1-auf-5-Multiple VScale (4 TE) sowie das enorm präzise Precision Voltages (10 TE), mit dem sich der Standard 1 Volt pro Oktave auf +/-0,5 mV genau kalibrieren lässt. So lässt sich eine perfekte Referenzspannung erzeugen, die sich in Halbtonschritten und Oktaven umschalten lässt.
Natürlich arbeitet Allan J. Hall kontinuierlich an einem Ausbau seines Systems. Tatsächlich ist die Modulauswahl auch nicht komplett vollständig; so gibt es beispielsweise kein MIDI-to-CV-Interface, keinen Sequenzer und auch kein Schnittstellenmodul für Ein- und Ausgänge im Studioformat. Anders aber als in der ersten Generation der Modularsysteme besteht hierfür auch nicht unbedingt konkreter Bedarf.
Als Teil der Eurorack-Famile lassen sich die Module von AJH natürlich mit allen Produkten der Mitbewerber kombinieren – ein Segen. Für einige Anwender wäre es zwar sicherlich reizvoll, ein großes System aus einer Hand zu besitzen, auf der anderen Seite aber muss ein Hersteller heute auch mit einer Unmenge von Mitbewerbern konkurrieren. Da macht es nicht unbedingt Sinn, den zwanzigsten MIDI-CV-Converter zu bauen. Man bedenke: In einer kleinen Firma wie AJH sind die Entwicklungskapazitäten begrenzt, und es gibt oft genug alternative Ideen, die interessanter erscheinen.
Die Konzeption der ersten MiniMod-Module liegt inzwischen bereits neun Jahre zurück. Mein Ziel war es stets, das für mich persönlich beste Modularsystem zu entwickeln. Ich habe nie für den »Markt« entwickelt und produziert. So ist jedes neue Modul aus meiner Perspektive auch ein Schritt weiter in die Richtung des ultimativen, analogen Modularsystems. Dieses System betrachte ich als immens vielseitigen, analogen subtraktiven Synthesizer ohne architektonische Begrenzungen. So ist es möglich, Module in beliebiger Kombination bei gleichzeitig nahezu unbegrenzten Modulationsmöglichkeiten zu verschalten. Durch die Verfügbarkeit unterschiedlicher Filtertypen – Moog-Transistorkaskade, Dioden-Kaskade, State Variable Filter, Fixed Filterbank und mehr – können wir viele Vintage-Instrumente mit hoher Akkuratesse nachbilden. Aber natürlich lassen sich auch jede Menge neuer Klänge erschaffen, die auf vorverkabelten Instrumenten so nicht möglich wären.
Welche Schritte sind typischerweise nötig, um ein Modul zur Serienreife zu bringen?
Zunächst unterscheiden wir zwischen Modulen, die sich im Audiosignalweg befinden können und Modulen, die Steuerspannungen erzeugen oder verarbeiten. So würde beispielsweise die Entwicklung eines neuen Filtermoduls in aller Regel auf der Schaltung eines analogen Vintage-Synthesizers basieren. Wir würden uns also diesen Synthesizer beschaffen und die Filtersektion isolieren, sodass wir deren Verhalten exakt testen und dokumentieren könnten. Sobald der eigentliche Design-Vorgang beginnt, legen wir zuerst die gewünschte Funktionalität des Moduls fest. Einher geht ein grobes Layout der Frontplatte, um die Platzierung der Regler, Schalter und Buchsen zu definieren und den Platzbedarf im Eurorack zu spezifizieren. Es folgt ein Zeichnen der Schaltung und ein Erstellen des initialen Platinen-Layouts. Dieser Schritt findet noch nicht im Eurorack-Format statt. In der Regel nutzen wir größere Platinen, die wir von Hand bestücken und auf Funktionalität überprüfen. Sobald ein solcher Prototyp korrekt arbeitet, beginnen wir mit umfassenden A/B-Vergleichen mit dem Originalfilter. Die wichtigste Ausstattung sind dabei definitiv gute Ohren! Hierbei handelt es sich in der Regel um den längsten Teil der Arbeit. Gelegentlich gelangt man schnell zu einem Ergebnis, aber meist dauert es Wochen oder gar Monate, in denen Komponenten getauscht oder auch Revisionen der Platine erstellt werden müssen, bis man zu einem authentisch klingenden Ergebnis gelangt, das sich zudem auch korrekt verhält.
Sobald wir mit dem Klang zufrieden sind, entwerfen wir das Platinen-Layout für die Produktion mit sämtlichen Potentiometern, Schaltern und Anschlüssen in den jeweils richtigen Positionen auf der Frontplatte. Zu diesem Zeitpunkt werden dann auch sämtliche Pegel für Audiosignale und Steuerspannungen an das Eurorack-Format angepasst. Im nächsten Schritt begeben wir uns in die Betaphase, in der Fehler identifiziert und eliminiert werden. Dabei gehen wir teils durch zwei, drei Platinen-Revisionen. Insbesondere gilt das, wenn Klangunterschiede gegenüber den Prototypen hörbar werden. Das liegt oft am unterschiedlichen Layout der Schaltung. Wir müssen Übersprechen und Impedanzunterschiede korrigieren, die aufgrund des kompakteren Eurorack-Formats auftreten.
Gibt es bei AJH eine Meinung zum Thema Thru-Hole- und SMD-Technik?
Das ist ein komplexes Themengebiet, über das man vermutlich ein Buch verfassen könnte! Es kommt regelmäßig vor, dass alten Designs mit Durchsteckkomponenten ein besserer Klang zugeschrieben wird. Das ist aber eine Pauschalisierung und muss definitiv nicht der Fall sein, wenn man gewissenhaft an der Schaltung im Audiosignalweg arbeitet. Sofern man die Unterschiede bei sogenannten parasitären Kapazitäten und Induktivitäten berücksichtigt und eine sorgfältige Komponentenauswahl trifft, kann man durchaus Klanggleichheit erzielen. Halbleiter sind oftmals sowohl als Durchsteck- als auch als SMD-Komponenten verfügbar. Dabei werden genau die gleichen Halbleiter-Materialien verwendet und in den entsprechenden Formaten untergebracht. Das gilt nahezu immer für Transistoren und integrierte Schaltungen. Und weil ein gleiches Innenleben vorhanden ist, werden sich diese Bauteile auch identisch verhalten und klingen.
Die passiven Komponenten einer Schaltung (Widerstände, Kondensatoren, Induktionsspulen) können mit den gewünschten Werten bezogen werden. Allerdings ist an dieser Stelle die Materialauswahl kritischer. Insbesondere Kondensatoren können den Klang der Schaltung verändern, sodass man auf seine Erfahrungen und sorgfältige Tests zurückgreifen muss, um zu gleichen Klangergebnissen zu gelangen.
Das Platinen-Layout für eine Eurorack-SMD-Schaltung fällt verglichen mit Schaltungen alter Synthesizer deutlich kompakter aus. Somit sind auch die Leiterwege kürzer und enger beieinander als in der Originalschaltung. Auf den ersten Blick handelt es sich dabei zwar nur um Drähte, bei denen das Routing keinen Klangunterschied generieren sollte. In der Realität verfügt jede Leiterbahn aber über zugehörige Parasitärspannungen, durch die sie als Widerstand, Kondensator, Induktionsspule oder Antenne wirkt. Zwar sind die Parasitärspannungen klein und oftmals unerheblich, wir müssen sie aber kennen, um zu kompensierenden Schritten in der Schaltung greifen können, sofern wir Unterschiede bei Durchsteck- und SMD-Schaltungen erkennen.
Es gibt auch klare Vorteile bei der Nutzung von SMD-Technik: So gibt es eine deutlich größere Teilauswahl, während viele der alten Durchsteckkomponenten nicht mehr verfügbar sind, wohl aber als SMD-Pendant. Ergänzend sind die Bauteiltoleranzen bei SMD geringer als bei frühen Durchsteckkomponenten und die Verlässlichkeit höher. Mit SMD ist zudem aufgrund der kleineren Größe eine deutlich höhere Bauteildichte möglich. Das kann ein großer Vorteil sein, denn wir versuchen, die komplette Schaltung auf einer Platine unterzubringen statt multiple Platinen zu nutzen, die über Verbindungen zusammengeführt werden. Diese können über die Zeit an Qualität verlieren und oxidieren, was zu einer Verringerung der Betriebszuverlässigkeit führen kann.
Gibt es technische Nachteile bei Eurorack-Modulen gegenüber Standalone-Geräten?
Bei der Konstruktion eines autarken Geräts gibt es eine deutlich höhere Freiheit bei der Entwicklung. Gleichzeitig ist zu bedenken, wie ein solches Gerät mit anderen Geräten kommuniziert. Vintage-Synthesizer, Pro-Audio-Geräte und Eurorack-Module nutzen allesamt Unterschiede Signalpegel. In der Eurorack-Welt ist es so geregelt, dass Module unterschiedlicher Anbieter in einem gemeinsamen System genutzt werden können. Eine der Begrenzungen des Eurorack-Formats ist die Spannungsversorgung, die auf +/-12 Volt limitiert ist. Viele Vintage-Synthesizer nutzen +/-15 Volt für die Spannungsversorgung. Entsprechend ist eine Anpassung nötig, damit die adaptierten Schaltungen korrekt mit den niedrigeren Spannungen im Eurorack umgehen können. Gleichzeitig ist die Übersteuerungsreserve der Module kleiner.
Gibt es Nachteile bei der Konstruktion speicherbarer Systeme?
Zunächst einmal ist die mögliche Speicherbarkeit von Klängen sehr nützlich und stellte für meine Begriffe einen großen Vorwärtsschritt bei der Entwicklung der Hardware-Synthesizer dar. Dabei sind die jeweiligen Verknüpfungen zwischen den Elementen eines Synthesizers ebenfalls Teil der Speicherbarkeit. Leider ist das bei einem Modularsynthesizer größtenteils unmöglich, da für das Routing Patchkabel zum Einsatz kommen.
Ein großer Teil der Magie von Modularsystemen macht deren Unmittelbarkeit aus. Audiosignale, Filter und Modulationen lassen sich von Hand anpassen und die bevorzugte »Automation« erfolgt über Steuerspannungen. Diese lassen sich beispielsweise von Sequenzern animieren, die möglicherweise über Speicherplätze verfügen – ein Schritt in Richtung speicherbares System. Allerdings ist der einzige Weg zu einem vollständig speicherbaren Modularsystem eine Emulation als virtuelles Instrument, etwa im VST-Format. Das jedoch meines Erachtens aber ein Schritt rückwärts, weil man sämtliche Unmittelbarkeit und auch Klangqualität verlieren würde.
Es gilt aber auch: In einem Hardware-Synthesizer kann ein speicherbares System niemals besser klingen, denn es müssen Transkonduktanzverstärker (VCA) und elektronische Schalter zum Einsatz kommen. Das gilt für jedes einzelne Element der Schaltung, das speicherbar gemacht werden soll. Hieraus ergibt sich eine höhere Komplexität der Schaltung, die ihrerseits das Platinen-Layout erschwert, was wiederum Auswirkungen auf den Klang nehmen kann. Viele Anwender sind der Meinung, dass der speicherbare Moog Voyager weniger gut als das nicht-speicherbare Minimoog Model D klingt. Ein Großteil der Unterschiede liegt dabei wohl in Unterschieden in der Schaltung und der eingesetzten Komponenten. Allerdings lässt sich ein weiterer Teil den zusätzlichen Schaltungen zuschreiben, die im Signalpfad für die Speicherbarkeit zwangsläufig vorhanden sein müssen.
Können Software-Hüllkurven ihre Hardware-Pendants wirklich ersetzen?
Ja, es ist ja bereits der Fall in vielen Hardware-Synthesizern. Hüllkurven befinden sich nicht im Signalweg und man kann folglich kaum argumentieren, dass die Hardware-Lösung besser klingen würde. Umgekehrt ist die Situation für ein Eurorack-Modul nicht so klar. Eine digitale Hüllkurve benötigt einen extra Regulator für den Mikrocontroller (typischerweise +5 V oder +3,3 V). Dazu muss der PWM-Ausgang des Controllers gefiltert und gepuffert werden, um eine saubere Steuerspannung zu generieren. Dazu bedarf es einer Firmware auf dem Mikrocontroller.
In Bezug auf die Kosten und die Komplexität ist eine digitale Hüllkurve also kein echter Vorteil. So sind beispielsweise unsere Multi Burst Envelopes digital ausgeführt. Der Grund dafür ist die gewünschte Verfügbarkeit von acht Hüllkurvenformen, einem LFO und einem Burst-Generator, die alle in einem Modul untergebracht sein sollten. Da macht der Einsatz eines Mikrocontrollers durchaus Sinn. Im Unterschied dazu sind unsere Module DH-ADSR und Dual Contours traditioneller und somit auch analog ausgeführt.
Grundsätzlich können Software-Hüllkurven schneller als analoge Schaltungen agieren. Hier sind Anstiegsgeschwindigkeiten im Mikrosekundenbereich möglich, während analoge Lösungen im Millisekundenbereich operieren. Oft ist es allerdings ein Problem, dass die Hüllkurven in einer Warteschleife der genutzten CPU liegen – etwa in einem polyphonen, speicherbaren Instrument. Dort werden auch Funktionen wie MIDI, die Anschlagsdynamik, MIDI und die Berechnung eines LFOs berechnet. Resultierend kann es durchaus sein, dass eine Software-Hüllkurve anders und weniger »knackig« klingt, etwa bei Filter-Sweeps. Und das ist auch dann möglich, wenn ein Hersteller die Kennlinie einer Hüllkurve eines Originals exakt nachempfindet (etwa im Prophet 5/10; der Autor)
Kannst Du uns etwas über zukünftige Produktpläne verraten?
Wir haben immer ungefähr fünf, sechs Produkte in unterschiedlichen Stadien in der Entwicklung. Leider bereitet uns die derzeitige Versorgungslage mit Bauteilen Probleme. Sie führt zu unvermeidlichen Verzögerungen bei der Markteinführung einiger geplanter Produkte. Gleichwohl sind ein paar neue Designs in Arbeit, die hiervon nicht betroffen sind. Wir hoffen, diese bald vorstellen zu können.