Gute Verbindung

Bei Sommer Cable zu Besuch – Aufklärung von Mysterien

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(Bild: Nicolay Ketterer)

Der süddeutsche Hersteller Sommer Cable bietet im Audio-, Video- und Broadcast-Bereich nahezu jegliche Kabel an. Das 20-Jährige Firmenjubiläum bot eine gute Gelegenheit, das Thema »Kabel« zu beleuchten: Welche Details sind wichtig, welche Hürden treten bei der Fertigung auf? Und: In welchen Bereichen treten Klangunterschiede auf, wo beginnt Esoterik? Pascal Miguet, Produktmanager und einer der Firmengründer, zeigte uns die Produktion und klärte einige »Mysterien« auf.

Der Produktmanager Pascal Miguet sitzt in einem der sonnendurchfluteten Konferenzräume mit viel Tageslicht, umrahmt von Holzstrukturen des großen dreistöckigen Gebäudes im Industriegebiet der kleinen Baden-Württembergischen Gemeinde Straubenhardt, nahe Karlsruhe. Die Umgebung am Rande des Nordschwarzwalds verströmt Naturidyll. Eines der großen Lager, mit dem Parkplatz zur Straße, fasst mit einem Wandbildnis − ein Pferd, das eine große hölzerne Kabelrolle mit Sommer Cable-Logo zieht – die scheinbaren Gegensätze aus ländlicher Umgebung und moderner Technik zusammen. Auf der anderen Seite der Einfahrt prangt eine alte englische Telefonzelle, für Sommer passend in der hellgrünen Hausfarbe lackiert und mit »Anmeldung« beschriftet – also Dekoration. Eingang und Anmeldung im Gebäude sind moderngehalten.

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Miguet will der scheinbar »toten« Materie Kabel, wie er sie nennt, Leben einhauchen: »Kabelwirken auf den ersten Blick langweilig und statisch.« Die Herstellung vergleicht er mit der Arbeit eines Konditors an einem neuen Kuchen: »Bei der Entwicklung eines neuen Produkts kann man nur bedingt absehen, was am Ende rauskommt.« Die Augen leuchten, er redet schnell, kommt vom Hundertsten ins Tausendste, lässt sich von Details wie dem Reinheitsgrad bei Kupfer begeistern. Der Enthusiasmus steckt an.

Miguets Produktskizze zu einem „umklappbaren“ Klinkenstecker, der je nach Bedarf zwischen geradem und angewinkeltem Format umgestellt werden kann.
Zur Kabelkonfektionierung nutzt Sommer Cable auch selbstentwickelte Roboter — im Bild konfektioniert eine Angestellte einen Stecker. »Pro Stunde lassen sich dadurch — je nach Organisation — bis zu 150 Kabel fertigen, fertig geprüft«, erläutert Miguet.
Mitarbeiter beim Löten einer Stagebox

Sommer-Cable-Geschäftsführer Rainer Blanck, der zuvor mit Friedhelm Sommer das Maschinenbau-Robotik-Unternehmen Sommer-automatic leitet, und Pascal Miguet lernten sich bei einem Konzert der Manfred Manns’s Earth Band kennen und entschieden später, eine Kabelfirma zu eröffnen. »Die erste Produktion stand damals in der Ecke auf Paletten, etwa fünf Kilometer Kabel. Rainer fragte: ›Bist du sicher, dass wir das alles verkauft bekommen?‹ Nach zehn Minuten war alles abverkauft.«

Der Unterschied zu anderen Firmen? »Viele Unternehmen sind lediglich Distributoren, die ihr Produkt bei einem Hersteller fertigen lassen. Auf der Musikmesse und Prolight + Sound stammt ein hoher Prozentsatz der angebotenen Kabel von uns, nur mit anderen Printings und Logos.«

Joint-Venture in Asien

Das Hauptwerk mit rund 60 Mitarbeitern befindet sich in Straubenhardt. Zudem ist man seit Beginn an einem Werk in Italien beteiligt, hinzu kommen Werke im fränkischen Großhabersdorf und im Elsass. Insgesamt sind knapp 90 Mitarbeiter bei Sommer Cable angestellt.

»Seit Kurzem haben wir ein Joint-Venture in China, um Produkte kurzfristig in größeren Mengen produzieren zu können.« Hierzulande fänden sich schlicht nicht genügend Mitarbeiter. In China wird beispielsweise die neue »Basic«-Klinkenkabel-Serie gefertigt. »Alleinstellungsmerkmale im Budget-Bereich sind beispielsweise Farbkodierungen an den Steckverbindern, die höchste OFC-Kupferklasse N6 und Soft-PVC. Dadurch sind die Kabel kälteflexibler, während andere Mischungen bei −5 Grad Celsius brechen.« Die Kriterien seien die gleichen wie bei der deutschen Fertigung.

Diese Maschine isoliert mehrstufig Kabel mit mehreren Leitern ab. Pascal Miguet: “Früher musste man die Geräte manuell mit Messern bestücken. Hier werden sie automatisch zugeführt.” (Bild: Nicolay Ketterer)

Unterschied Gitarre- und Instrumentenkabel

»Viele Kabel auf dem Markt sind keine echten Gitarrenkabel, sondern ›nur‹ Instrumentenkabel«, so Miguet. »Ein Klinken-Instrumentenkabel hat normalerweise keinen Karbonschirm. Der dient aber dazu, eine hundertprozentige Bedeckung des Kabelschirms zu gewährleisten. Dadurch entsteht kein Geräusch, wenn das Kabel auf dem Boden bewegt wird. Das Geräusch würde durch den hochohmigen Ausgang einer Gitarre entstehen, nicht aber bei einem Synthesizer – dort kann man theoretisch auf den Karbonschirm verzichten. Bei uns ist es umgekehrt: Auch das günstigste Kabel hat einen Karbonschirm, um Verwirrung zu vermeiden.«

Neutralität und Eigenklang

»Grundsätzlich bestehen zwei Philosophien: Die der möglichst neutralen Übertragung, und die des Kabels als ›Klangveränderer‹.« Bei einem Audiokabel verändere lediglich die Kapazität den Klang − gerade beim Anschluss hochohmiger Signale wie E-Gitarren oder Bässen. »Wir stellen lineare und auch färbende Produkte her, das SC-Classique, das etwas »wuchtiger«

klingt, mit weniger Höhen, wäre in der Realität ein Defizit, aber es ist eine Geschmacksrichtung, die manche Kunden schätzen. Auch der Steckverbinder muss mit dem Kabel abgeglichen werden, sodass das Kupfer auch auf die Kontaktfläche kommt.«

»Im Audiobereich wahrscheinlich das größte Meterwarenlager in Europa«, schätzt Pascal Miguet.
»Allein von unserem günstigsten Mikrofonkabel ›Stage‹ verkaufen wir pro Jahr zwischen vier und
fünf Millionen Meter.«
(Bild: Nicolay Ketterer)

Klangbewertung

Sein persönliches Fazit für den »idealen« Klangtest? »Meiner Meinung nach ist das präziseste Instrument, um ein Kabel zu testen, ein Drum-Computer, da er statisch und reproduzierbar arbeitet. Damit lässt sich auch erkennen, ob die oberen Mitten angehoben werden. Das ist der Grund, warum viele Hörer Silberkabel bevorzugen − dort werden die oberen Mitten angehoben. Dann entsteht der Eindruck, der Klang sei offener, transparenter und besser im Stereobild ortbar − was allerdings eine Täuschung ist.«

Die Esoterik im Kabelbereich sei ihm manchmal peinlich, erklärt er. »Marketing ist bei einem scheinbar ›toten‹ Produkt besonders wichtig. Nur, das sollte auch seriös und transparent sein. Das versuchen wir. Anstrengend sind in dem Bereich Firmen, die Behauptungen aufstellen, die mit der Kabelproduktion nichts zu tun haben − zum Beispiel die Relevanz der Laufrichtung eines Kabels. Klangliche Unterschiede sind im Hi-Fi-Bereich marginal, sehr große Unterschiede treten bei Lautsprecherleitungen auf. Den größten Unterschied hört man bei Gitarrenkabeln, aufgrund des Ohmschen Ausgangs.«

Individualisiertes Logo

»Was uns im Konfektionsbereich viele Kunden beschert hat, ist die Möglichkeit, individualisiert Brands aufbauen zu können. Wir bieten jedem Händler an, bereits kleine Stückzahlen nach seinen Wünschen zu fertigen − Steckverbinder, Meterware und Bedruckung. Ab zehn Stück können wir ein eigenes Label anbieten.« Mit zwei Laser-Automaten werden Steckverbinder graviert und Kunststoffteile geschnitten, »… beispielsweise, wenn eine Band ihr eigenes Logo auf einer Stagebox möchte«.

www.sommercable.com

(Bild: Nicolay Ketterer)

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