Mixpraxis

Dan Lancaster mischt Bring Me The Horizon

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Wie viele junge Engineers ist Dan Lancaster Autodidakt und besitzt ein eigenes Studio mit der typischen Ausstattung des 21. Jahrhunderts: eine DAW (Pro Tools HD), einige Mikrofone, ein absolutes Minimum an Outboard und erstklassige Monitorlautsprecher (Barefoot MicroMain 27). Gegenwärtig befindet sich sein Studio namens Zing in seiner Wohnung im Osten Londons.

Lancaster erzählt: „Mit Engineering und Musikproduktion beschäftige ich mich seit 2008. Damals bekam ich einen Tower Mac und ein „Pro Tools 002+“-Rig sowie ein paar Mikros. Meine Familie ist im Druckgewerbe tätig, und damals hatte mein Bruder eine Druckerei in Hatfield. Er lieh mir das Geld und bot mir Räumlichkeiten in seinem Fabrikgebäude an. Ich war ganz besessen von Musikproduktion und Sound, Aufnahmetechnik und Mixing. Ich las gerne [das britische Recording-Magazin] Sound on Sound, und einige Artikel der Serie „Secrets of the Mix Engineers“ [die engl. Version von Mixpraxis]. Sie hatten einen großen Einfluss auf mich. Ich studierte die Artikel mit religiösem Eifer, um zu Hause dann die beschriebenen Praktiken selbst anzuwenden.

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Sound & Recording 04/16 – Dante Special 

In der Sound & Recording-Ausgabe 04/16 steht die Studio-“Verkabelung” mittels Dante-Netzwerks im Mittelpunkt.  Dazu waren wir im Chellow Park Studio in England, wie auch bei Toneblasphemy, die bereits auf Dante umgestellt haben. Außerdem besuchten wir das neueingerichtete aber original 50er Jahre Studio namens Moonshine Records. In der Mixpraxis lauschen wir That’s the Spirit von Bring Me The Horizon und Henning Verlage analysiert Jack Garratts Breath Life.

Getestet haben wir das Audio-Interface Apollo Twin USB, den offenen Studiokopfhörer Audio Technica ATH 370x und das Grenzflächen-Kondensatormikrofon TG D71c von Beyerdynamic. Zu guter Letzt interviewten wir Marco Haas aka T.Raumschmiere über sein neues Album King of Gnarz.

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Die nächste Stufe war zu erkennen, dass ich bessere Mikrofone und Preamps brauchte, also habe ich meinen Bruder erneut angepumpt. Danach habe ich ein Upgrade auf Pro Tools HD gemacht, was noch einmal zehntausend [Pfund] gekostet hat, aber da ich zu dem Zeitpunkt schon Kunden hatte, konnte ich es über ein Bankdarlehen finanzieren. Das Engineering habe ich mir weiter selbst beigebracht, und dabei waren diese Magazinartikel für mich von unschätzbarem Wert. Ich hatte so viele Fragen, was man beispielsweise mit der Bassgitarre anstellt, wie man einen tollen Snare-Sound hinbekommt, usw. Vieles von dem, was ich gelesen hatte, konnte ich praktisch umsetzen, und es ist schon ziemlich verrückt, Jahre später hier zu sitzen und den Lesern dieser Serie zu erklären, wie ich Bring Me The Horizion gemischt habe!“

Laut Lancaster ist seine gegenwärtige Tätigkeit, andere Künstler zu produzieren, mit ihnen Songs zu schreiben und ihre Aufnahmen bis hin zum Mix zu betreuen, gleichzeitig ein Weg, ein immer stärkeres Netzwerk von Kunden aufzubauen, um sich selbst als Künstler vermarkten zu können. Fürs Erste konzentriert sich Lancaster jedoch ganz darauf, andere Künstler nach vorne zu bringen. Als Mix-Engineer etablierte er sich durch seine Arbeit mit der Band Lower Than Atlantis, deren gleichnamiges viertes Album er produziert hatte. Die daraus ausgekoppelte Hitsingle Here We Go – einer der Songs, an denen Lancaster mitgeschrieben hatte – entstand, nachdem Neil Avron das Album bereits gemischt hatte. So kam es, dass Lancasters Mix verwendet wurde. Der Song erhielt jede Menge Airplay und half, das Album bis auf Platz 16 der UK-Charts zu katapultieren. Bereits sein nächstes Projekt war Bring Me The Horizon.

„2014 habe ich zum ersten Mal mit der Band gearbeitet“, erinnert sich Lancaster, „als sie einen Song zu Zane Lowes Projekt beisteuerten, bei dem es darum ging, dem Film Drive einen neuen Soundtrack zu verpassen. Sie nahmen einen Song mit programmierten Drums auf, und über einen gemeinsamen Freund erhielt ich den Job, diesen Song zu mischen. Ich habe mir wirklich große Mühe gegeben, einen tollen Sound hinzubekommen. Tatsächlich habe ich den Track mit meinem Bose QC15 gemischt; das ist ein Noise-Cancelling-Kopfhörer – mit das Wichtigste ist eben, dass man sich eingehört hat!

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Sechs Monate später kontaktierte mich die Band wegen eines blinden Mix-Shootouts für ihr neues Album. Damals wusste ich nicht, wer die anderen Mix-Engineers waren, aber später fand ich heraus, dass einige große Namen darunter waren. Ich konnte einfach nur mein Bestes geben. Wir bekamen alle die Stems eines Songs namens Drown [bislang die höchstplatzierte Single der Band, die 2014 Position 17 der UK-Charts erreichte]. Allen gefiel mein Mix am besten, also bekam ich den Job.“

Lancaster mischte „Drown“ in seinem Zing Studio mit demselben Equipment, das er derzeit besitzt – mit einer wichtigen Ausnahme: Bevor er das Albumprojekt That’s The Spirit begann, legte er sich ein neues Paar Monitorboxen zu, die Barefoot MM27. „Ich besitze einiges Outboard, u. a. einen Urei 1176 und Mikrofonvorverstärker wie den API 3124+ und den DAV Electronics BG2 4-Kanal-Preamp sowie Mikros wie das sE Electronics Gemini II (mit sE Reflexion Filter), ein Stereopaar AKG C414 und einige dynamische Mikros. Mein Interface ist ein Avid 192 mit 16 Ein- und Ausgängen. Sachen wie Gitarren und Gesang nehme ich hier auf, aber für Schlagzeug gehe ich weiterhin in ein größeres Studio. Diese Räumlichkeiten sind klasse für Songwriting und, wie man sieht, auch fürs Mixing. Drown habe ich über meine KRK VXT8 Boxen gemischt, die ich seit sechs Jahren besitze und die richtig gut sind. Aber als ich die Gelegenheit bekam, das ‚Bring Me The Horizon‘-Projekt zu mischen, fand ich, dass es an der Zeit war, meine Monitoring-Situation zu verbessern, weil die KRKs mir nur bedingt Auskunft über den Bassbereich geben konnten. Man findet zwar Workarounds, aber es dauert einfach länger, den Bassbereich einzuschätzen.

Also habe ich mir die Barefoots zugelegt, die mich einen riesigen Schritt voran gebracht haben, denn sie sind deutlich aussagekräftiger. Ich habe die Mark-2-Version mit dem ‚MeMe‘-Schalter; damit kann ich sie wie [Yamaha] NS10, Mid-Range-Cubes [d. h. Auratones] oder Hi-Fi-Lautsprecher klingen lassen. Das ist eine Funktion, die ich sehr mag. Ich erinnere mich an den Augenblick, als ich sie in meinem Studio hatte und zum ersten Mal einen meiner Mixes über die Barefoots hörte: Ich war sofort überzeugt. Das sind zwar große und schwere Boxen, aber nicht so groß, dass sie übermäßig Platz in meinem Raum einnehmen würden. Und sie sagen mir ganz genau, was sich im Low-End abspielt, damit ich nicht noch einen Sub dazustellen muss, der ja auch wieder Platz einnehmen würde. Das ist schon klasse, und hat bei den ‚Bring Me The Horizon‘-Mixes super funktioniert, denn bei ihnen läuft immer ein Synthesizer-Subbass parallel zur Bassgitarre.“

Kritiker nannten das Album That’s The Spirit von Bring Me The Horizon eine „Abkehr der Band von ihren Metalcore-Wurzeln, hin zu einem melodischeren Rock-Sound“, ein anderer Rezensent fand, dass „die stadiontauglichen Alternative-Rock-Hymnen eher zum Glastonbury Festival passen als zur Warped Tour“; ihr neuer Sound sei eine Mischung aus Stadion Rock, Nu Metal und EDM.“ Das Album ist die erste Major-Label-Release der Band in den USA; in Großbritannien erschien bereits der Vorgänger bei einem Major. Außerdem ist es das erste Album, das die Band selbst produzierte, in Person des Sänger Oliver Sykes und des Keyboarders Jordan Fish. Letzterer ist auch fürs Programming und Engineering zuständig, wobei er vom Toningineur Al Groves unterstützt wurde.

Hartnäckigen Gerüchten zufolge produzierte die Band das Album selbst, um das gesparte Geld anschließend für einen Personal Fitness Trainer auszugeben. Dem widerspricht jedoch die Tatsache, dass das Album fast vollständig in den angesehenen Black Rock Studios aufgenommen wurde – ein topausgestattetes Studio in einer Luxusvilla mit Swimmingpool [auf der griechischen Insel Santorini]. Wohl kaum der richtige Ort, um Geld zu sparen! Lancaster hat eine simplere und glaubhaftere Erklärung, warum die Band die Aufnahmen selbst leitete: „Sie sind locker dazu in der Lage, denn Jordan und Oli haben gemeinsam alles, was dazu nötig ist: die technischen Fähigkeiten und die Vision; und Jordan hat die entsprechenden Fähigkeiten, was Pro Tools und Synthesizer angeht.“

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Der 29-Jährige stammt ursprünglich aus Hertfordshire, arbeitet aber nun in London. Erste Bekanntheit erlangte Lancaster 2007 als Gitarrist und Sänger der Post-Hardcore-Band Proceed. Seitdem hat Lancaster hart daran gearbeitet, sich als Produzent, Engineer und Mixer zu profilieren; zu seinen Kunden zählen Künstler wie 5 Seconds of Summer, Lower Than Atlantis, Don Broco, Mallory Knox, Nina Nesbitt und Little Mix. Breite Aufmerksamkeit erhielt Lancaster für seine Arbeit an Hit-Singles wie She Looks So Perfect (Single und EP) von 5SOS, Here We Go von Lower Than Atlantis und You Wanna Know von Don Broco. Seinen ersten Großauftrag erhielt Lancaster letzten Sommer, als die Formation Bring Me The Horizon ihn bat, ihr gesamtes fünftes Studioalbum That’s The Spirit zu mischen. Das Werk erreichte nach seiner Veröffentlichung im letzten September Platz 2 der UK-Charts, gleich hinter Keep The Village Alive von den Stereophonics. Auch in den USA stieg das Album auf Platz 2, in Australien erreichte es gar die Spitzenposition. Einen gewissen Anteil am größten Charterfolg der Band hatte natürlich auch Lancaster, der damit gleichfalls seinen größten Erfolg feierte — bisher!

 

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