Längst sind es nicht mehr nur Hollywood-Blockbuster, die sich des immersiven Tonformats bedienen, sondern auch Hörspiele und Musikproduktionen erklingen in 3D. Dabei unterscheidet sich das neue Format in mehr als nur der Anzahl an Lautsprechern.
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Die Idee, der Musikwiedergabe eine räumliche Dimension zu verleihen, ist nicht neu. Von der in den 1960er-Jahren flächendeckend eingeführten Stereo-Wiedergabe über die Quadrophonie-Experimente der 70er und 80er bis hin zu moderneren Surround-Formaten wie 5.1 oder 7.1 haben unzählige Ansätze um die Gunst der Musikliebhaber gekämpft. Richtig durchgesetzt hat sich dreidimensionales Audio bisher allerdings nur im Kino. Seit einiger Zeit schickt sich Dolby nun an, auch die immersive Musikwiedergabe zu revolutionieren.
Es mag zunächst vermessen klingen, von einer »Revolution « zu sprechen. Tatsächlich taugt Dolby Atmos weit besser zum neuen Standard als andere Ansätze. Ausschlaggebend dafür sind nicht allein die neu eingeführten Höhenkanäle, sondern vor allem die Tatsache, dass ein in Dolby Atmos produzierter Titel auf einer Vielzahl unterschiedlicher Lautsprecher-Setups funktioniert. Die Fixierung auf eine bestimmte Konfiguration wie Stereo, 5.1 oder 7.1 entfällt … das binaurale Rendering erlaubt sogar eine 3D-Wiedergabe über Kopfhörer.
Objekte statt Kanäle
Der Schlüssel zu dieser Flexibilität liegt in der Arbeitsweise von Dolby Atmos, die die von bisherigen Formaten wie Stereo, 5.1 oder 7.1 bekannte klare Zuordnung der einzelnen Signale auf die jeweiligen Ausgabekanäle überwindet. Stattdessen organisiert Dolby Atmos Audio-Events als »Objekte«, deren exakte räumliche Position über Metadaten definiert wird. Bei der Wiedergabe dekodiert der Algorithmus diese Daten und verteilt die Objekte so auf die existierenden Lautsprecher, dass stets annähernd derselbe Raumeindruck wie in der Studioregie entsteht. Natürlich wird die Lokalisationsschärfe in einem Kino mit 60 Lautsprechern immer noch besser sein als mit einer Soundbar, die Surround- und Höheninformationen über Wandreflexionen realisiert. Dennoch: All diese Lautsprecherkonfigurationen funktionieren mit ein und demselben Master-File.
Input- und Output-Formate
Herzstück der objektbasierten Arbeitsweise von Dolby Atmos sind einerseits der pro Kanal vorhandene Dolby Atmos Panner und andererseits die Dolby Atmos Production Suite, die sich am Ende unserer Signalkette befindet und den Mix als Dolby Atmos Master File ausgibt. Beide Tools sind auf der Dolby-Webseite verfügbar. Einige DAWs wie Logic, Cubase oder Nuendo haben die entsprechenden Möglichkeiten gleich von Haus aus integriert. Nutzer der aktuellen Versionen dieser DAWs können also ohne weitere Software direkt beginnen, Dolby-Atmos-Mischungen zu erstellen.
Der Dolby Atmos Panner erlaubt die freie Positionierung unserer Audiosignale im virtuellen Raum; wir können also festlegen, wie weit vorne, hinten, links, rechts, oben oder unten sie ertönen sollen. Gleichzeitig legen wir den Pegel des LFE-Kanals fest. Selbstverständlich lässt sich all dies über die DAW automatisieren, sodass unsere Schallereignisse lustig durch den Raum fliegen.
Die eigentliche Magie jedoch liegt in der Arbeit der Dolby Atmos Production Suite beziehungsweise des Dolby Atmos Renderers in den kompatiblen Abspielgeräten. Die Dolby Atmos Production Suite verwaltet bis zu 128 Audio-Objekte, deren Position im Raum klar definiert ist. Wird ein Dolby Atmos Master File abgespielt, gibt der DSP-Algorithmus die Position dieser Objekte stets exakt wieder, egal welche Lautsprecherkonfiguration gerade zum Einsatz kommt.
Bed und Objekte
Auch wenn die Zahl von 128 »Objekten« als Ausgangsbusse für sich genommen beeindruckend erscheint, sind die Möglichkeiten damit noch lange nicht erschöpft. Jedes Objekt kann an unterschiedlichen Zeitpunkten einer Produktion mit verschiedenen Signalen belegt werden. Außerdem ist in der Regel nicht für jedes Signal eine gleichermaßen exakte Positionierungsmöglichkeit im Raum notwendig. Um die Flexibilität noch weiter zu steigern und gleichzeitig die Übersichtlichkeit zu erhöhen, hat sich Dolby für eine Mischform aus Objekten und dem sogenannten »Atmos Bed« entschieden.
Das Dolby Atmos Bed besteht dabei aus einem 7.1-Setup mit zwei Höhenkanälen (7.1.2) und belegt damit zehn Ausgangsbusse. Ein Dolby Atmos Masterfile besteht immer aus dem Bed und 118 Objekten, wobei sich in Spezialfällen auch mehrere Beds definieren lassen. In der praktischen Arbeit werden alle Audiospuren eines DAW-Projekts standardmäßig im Bed positioniert, solange sie nicht als eigenständiges Objekt definiert werden. Die Konfiguration als Objekt geschieht ganz einfach auf Knopfdruck im Atmos Panner der jeweiligen Spur.
Der Dolby Atmos Decoder verteilt auch Signale des Beds intelligent auf die verfügbaren Lautsprecher. Audio kann auch innerhalb des Beds dynamisch in der Position automatisiert werden – die Ortungsschärfe ist eben nur nicht genauer als bei einem 7.1.2-Setup. Dennoch wird dies für eine Vielzahl von Signalen wie Drums, Bass oder Vocals in der Regel völlig ausreichen, sodass für immersive Effekte mit perfekter Lokalisation sicherlich immer genügend Objekte vorhanden sind.
3D direkt im Kopf: binaurales Rendering
Eines der faszinierendsten Features von Dolby Atmos ist sicherlich das binaurale Rendering, das eine lebensechte dreidimensionale Darstellung inklusive der Höheninformationen über handelsübliche Kopfhörer ermöglicht. Spätestens seit Android- und iOS-Handys die entsprechenden Decoder an Bord haben, wird das auch für Streaming-Anbieter immer interessanter. Viele Major-Labels schreiben inzwischen einen entsprechend aufbereiteten Atmos-Mix zwingend vor.
Die technische Grundlage bildet die sogenannte Head Related Transfer Function (HRTF). Sie analysiert Laufzeit-und Frequenzdifferenzen, die zwischen beiden Ohren entstehen, wenn Signale aus verschiedenen Richtungen kommen. Diese Informationen werden auf das Atmos Master File gerechnet und erzeugen bei Kopfhörerwiedergabe die Illusion der Dreidimensionalität. Dabei ist es wichtig, sich zwei entscheidende Aspekte bewusst zu machen:
1. Binaurales Rendering verändert immer das Audiosignal selbst. Es sollte daher entsprechend umsichtig angewendet werden.
2. Binaurales Rendering ergibt nur bei Wiedergabe über Kopfhörer Sinn. Bei der Reproduktion über Lautsprecher werden die entsprechenden Informationen daher auch ignoriert. Auch wenn binaurales Rendering hervorragend dafür geeignet ist, im Studio oder auch unterwegs mit Dolby Atmos zu arbeiten, sollte eine Produktion immer auch auf Lautsprechern verifiziert werden. Dolby empfiehlt für Atmos-Tonstudios übrigens mindestens ein 7.1.4-Setup, also 7.1 mit vier zusätzlichen Höhenkanälen.
Nah und fern
Für die Anpassung der binauralen Darstellung an eine Produktion bietet Dolby vier verschiedene Modi, die sich in der Atmos Production Suite individuell für jedes Audio-Objekt und für jeden Bed-Kanal festlegen lassen. Auch diese Modi beziehen sich ausschließlich auf das binaurale Rendering für die Kopfhörerwiedergabe, bei der Lautsprecher-Reproduktion werden sie ignoriert.
In der Stellung »Off« ist das binaurale Rendering für das entsprechende Objekt abgeschaltet. Es entsteht eine ganz normale Stereo-Wiedergabe. Da eine räumliche Verteilung von Bassfrequenzen wenig Sinn ergibt, ist der LFE-Kanal des Bed fest auf »Off« eingestellt. Dies kann nicht verändert werden.
»Near«, »Mid« und »Far« simulieren unterschiedliche Lautsprecherabstände. »Mid« geht von etwa 1,5 Metern aus und ist die Standardeinstellung. Hier kann man in der Produktion nach Herzenslust ausprobieren und beispielsweise Keyboardflächen auf »Far« stellen, während die Lead-Vocals in »Near«- oder gar »Off«-Stellung unmittelbar und direkt in die Ohrmuscheln kommen.
Das alles funktioniert über handelsübliche Kopfhörer zunächst ganz ohne Investitionen in aufwendige Lautsprecher-Setups, wie sie für ein Atmos-Studio sonst unabdingbar wären. So kann wirklich jeder mal in die spannende Welt von Dolby Atmos eintauchen.
Leider nutzen viele Filme das Potential nicht aus
Hoffnung Musik wird Immer öfter produziert. Ich plane ein Auro Set up der upmixer überzeugt. Werde 4 High Layer Nutzen. Ground Layer 7.1
Danke für den sehr informativen und aufschlußreichen Artikel. Sehr interessant, wie Dolby die 3D-Audioreproduktion umsetzt und auch sehr aufwendig und kompliziert.
Meine RaumClang Version ist im Vergleich nicht so flexibel. Dafür einfach und zwingend festgelegt auf 8 Kanäle. Der Höreindruck war bisher bei den Zuhörern immer sehr beeindruckend.
Schmunzeln muss ich immer, wenn ich mir die Schallwandler Systeme anschaue. Ich habe meine “Erleuchtungserfahrung” gemacht, als ich für die Wiedergabe zunächst mit Yamaha HS8 eingesetzt habe. Danach Wiedergabe mit KS digital! Die Wiedergabe damit war wie eine akustische Offenbarung.
Da werden sicher noch andere Tonmeister diese Klangmagie entdecken und den Unterschied verstehen.
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Danke für den sehr informativen und aufschlußreichen Artikel. Sehr interessant, wie Dolby die 3D-Audioreproduktion umsetzt und auch sehr aufwendig und kompliziert.
Meine RaumClang Version ist im Vergleich nicht so flexibel. Dafür einfach und zwingend festgelegt auf 8 Kanäle. Der Höreindruck war bisher bei den Zuhörern immer sehr beeindruckend.
Schmunzeln muss ich immer, wenn ich mir die Schallwandler Systeme anschaue. Ich habe meine “Erleuchtungserfahrung” gemacht, als ich für die Wiedergabe zunächst mit Yamaha HS8 eingesetzt habe. Danach Wiedergabe mit KS digital! Die Wiedergabe damit war wie eine akustische Offenbarung.
Da werden sicher noch andere Tonmeister diese Klangmagie entdecken und den Unterschied verstehen.