Wenn ihr den größten Teil eures Arbeitslebens, so wie ich, hinter einer Konsole verbringt und an Knöpfen in allen Formen und Größen dreht, müsst ihr eine tiefe Faszination dafür haben, wie Dinge klingen. Stellt euch meine Begeisterung vor, als ich die Nachricht hörte, dass am 18. Februar der NASA Mars-Rover »Perseverance «, auch als »Percy« bekannt, auf der Marsoberfläche gelandet war. Stellt euch vor, wie euphorisch ich war, zu hören, dass vernünftige Mikrofone mit an Bord sind und es jetzt möglich ist zu hören, wie der rote Planet tatsächlich klingt. Zum allerersten Mal!
Ich möchte nun nicht, dass es so aussieht, als würde ich DPA-Mikrofone verkaufen wollen. Aber ich muss vor meinen dänischen Freunden den Hut ziehen für das, was (nach meinem Wissensstand) bisher kein anderer Mikrofonhersteller auf dem Planeten erreicht hat: ihre Mikrofone auf einen anderen Planeten zu schicken, um uns Erdbewohnern die Chance zu geben, ein bisschen marsianisches Geratter zu hören.
Bei meinen Recherchen fand ich einen NASA-Link zu einer Website, auf der man sich jetzt diese historischen Aufnahmen in all ihrer überirdischen Pracht anhören kann. Was hatte ich erwartet? Wie klingt ein Planet eigentlich? Klingt ein roter anders als ein blauer? Klingt er nach irgendetwas?
Ich stellte mir vor, wie Gustav Holsts Epos The Planets, Op. 32: 1 oder Mick Ronsons »Nicht-von-dieser-Welt«-Streicharrangement in David Bowies Life on Mars durch die Lautsprecher fetzen. Aber nein, zu meiner leichten Enttäuschung kam keine Musik von dort draußen aus dem Weltraum. Es gab auch keine Tiergeräusche, keine Insekten, keine Sirenen, keine Alarmanlage von Autos! Was ich jedoch gehört habe, kann am besten als »GLUP« beschrieben werden. Vielleicht gibt es ein aussagekräftigeres marsianisches Wort dafür, das wir noch nicht kennen, aber so klang es für mich.
Das erste, was mir in den Sinn kam, war, dass es ein Windstoß war, eine leichte marsianische Brise, die durch das CO2 wehte. Und dann kam der »GLUP«, ein Teil des Audiomaterials, der mich sofort an einen dieser flauschigen Windschutze erinnerte oder, besser gesagt, an das Fehlen von einem! Um es klarzustellen: Die Mikrofone haben alles richtig gemacht – die siebenmonatige Reise überstanden und nicht zuletzt die feurigen Temperaturen von 1.500° Celsius, denen »Percy« beim Eintritt in die Marsatmosphäre begegnete, überlebt! Nein, daran war mehr als wahrscheinlich der Mars schuld: Im Moment ist dort nichts los, was ein Geräusch macht. Es könnte also ein leichter Windstoß gewesen sein oder auch nicht. Aber es war etwas – und mir reicht es völlig, einen Sound zu hören, der aus einem anderen Teil unseres Sonnensystems kommt, um meine lebenslange Obsession zu befriedigen.
Es kostete ungefähr 2,5 Milliarden US-Dollar, »Percy« zum Mars zu bringen und diese großartige Hörprobe zu uns auf die Erde zurückzusenden. Nie zuvor gab es eine so wertvolle oder, soll ich sagen, teurere Aufnahme. Stellt euch vor, wie viele Streams ihr auf Spotify benötigt, um so viel durch Lizenzgebühren zu verdienen. Ihr würdet euren Vorschuss niemals zurückbekommen. Und selbst wenn ihr das tun würdet, würde die Plattenfirma immer noch stöhnen: »Was geliehen habt?« Wie haben sie das gemacht? Welches Equipment haben sie benutzt? Und wer gewinnt den Grammy Award für »Beste Aufnahme auf einem anderen Planeten«?
Nach den Informationen, die ich auf der DPA-Website finden konnte, scheint es, als würden sie »Standard «-Kits verwenden. »Percy« ist mit omnidirektionalen DPA 4006-Mikrofonen ausgestattet, die mit aktiven MMP-G-Modular-Kabeln verbunden sind. Im Gehäuse des Rovers befindet sich ein digitales MMA-A-Audio-Interface – im Wesentlichen ein Vorverstärker und ein A/D-Wandler, der das Audiosignal digitalisiert und über USB an einen Computer sendet. Alles ziemlich »down to earth«, aber es scheint eine erstaunliche Erfolgsgeschichte zu sein … bis auf die Latenz: Es dauert 11 Minuten, bis der Ton hier auf der Erde ankommt.
DPA wurde 1992 von zwei ehemaligen Mitarbeitern von Brüel & Kjær, Ole Brøsted Sørensen und Morten Støve, gegründet und arbeitet seit einigen Jahren mit der NASA zusammen. Mit ihren Mikrofonen werden alle Arten und Lautstärken auf der Erde aufgenommen, angefangen von Schneeflocken in der Antarktis bis zu den tosenden Motoren aus der Formel-1. Und jetzt können sie den Mars ihrer Liste an außergewöhnlichen Aufnahmeorten hinzufügen. Herzlichen Glückwunsch an sie und all die wunderbaren Techniker und Träumer, die dies möglich gemacht haben. Sie alle verdienen es, einen Grammy zu gewinnen. »Percy« ist 470 Millionen Kilometer weit geflogen, auf einem anderen Planeten gelandet und hat ohne einen Soundcheck oder einen Toningenieur ganz alleine eine Aufnahme gemacht.
In unserem Podcast sprechen Klaus Baetz und Marc Bohn über die Aufnahme von »Percy« und spielen sie euch vor.
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Ich könnte meine Kolumne diesen Monat wohl nicht trüber beenden, muss allerdings an dieser Stelle den großen Rupert Neve würdigen, der am 12. Februar 2021 im Alter von 94 Jahren leider verstorben ist. Meine Gedanken und mein Beileid gelten seiner Familie, seinen Freunden und allen, die ihm nahestanden. Rupert war ein wahrer Pionier bei der Entwicklung professioneller Aufnahmetechnik, und viele in unserer Branche werden ihn sehr vermissen, insbesondere Toningenieure und Produzente wie ich, die ihm so viel verdanken. Ruhe in Frieden!