Ehrenfeld Sessions Episode #2 Ein Film über die Kölner alternative Musikszene
von Redaktion,
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In der Kick-off-Story der vorigen Ausgabe haben wir über das Konzept von »Ehrenfeld Sessions« berichtet, die teilnehmenden Partner und Protagonisten eingeführt sowie durch ein Interview mit Max und Philipp von der Band Astairre, welche den Film initiiert hat, über Hintergründe, Entstehen und Motivation zum Filmprojekt informiert. »Ehrenfeld Sessions« ist ein Film über den Musikstandort Köln, die aufstrebenden Bands der hiesigen Szene, die Irrungen und Wirrungen der heutigen Zeit und vor allem über ihre Musik.
Nachdem ein erster Schritt für die Band Astairre darin bestand, das Konzept des Films zu finalisieren sowie Partner und Bands für das Projekt zu gewinnen, läuft mittlerweile die aktive Produktion auf Hochtouren: Die Band-Sessions sind abgedreht, Interviews mit Bands und Figuren der lokalen Szene werden koordiniert und geführt, neue Impulse und Anfragen bereichern die inhaltliche Vielfalt, Social-Media-Kanäle werden gelauncht und ausgewählte Kooperationen beschlossen.
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Ein solch idealistisches Projekt wie dieses lebt vom Engagement seiner Beteiligten und Förderer − von Menschen, die von der Idee hinter dem Konzept so überzeugt sind wie die Macher selbst und die im Rahmen ihrer Möglichkeiten dazu beitragen, das extrem anspruchsvolle Unterfangen (man bedenke: Die ausführenden Produzenten sind normalerweise Musiker in einer Rockband) gemeinsam zu realisieren. Auch hier ist das Ganze wie immer mehr als die Summe der einzelnen Teile.
Everything pretty live!
Als ein elementares wie herausragendes Beispiel für dieses Engagement stehen die Partner prettylivesessions. und das Kölner Gottesweg Studio, welche wir euch nun im Folgenden näher vorstellen wollen. Das Team von prettylivesessions. um Engineer/Produzent Nico Vetter und Kameramann Daniel Polle hat die Band-Sessions von KMPFSPRT, Bergfilm und Neufundland im Gottesweg Studio durchgeführt, was auf die Initiative und Unterstützung von dessen Betreiber, Produzent Dan Enderer (u. a. KILIANS, Von Spar, Peter Licht) und Sebastian Blaschke (u. a. Bosse, KMPFSPRT, Days In Brief), zurückgeht. Im exklusiven SOUND&RECORDING-Interview mit prettylivesessions.-Produzent Nico Vetter erklärt dieser das Konzept hinter ihren Sessions, berichtet vom Verlauf der Sessions und gibt technische Infos zur Produktion im Gottesweg Studio.
Wer und was ist prettylivesessions.?
prettylivesessions. ist eine von mir ins Leben gerufene Serie von Videoclips, in denen intime Live-Darbietungen von Bands verschiedenster Rock-Genres zu sehen sind. Es gibt weder Moderator noch ein Studiopublikum. Dem Zuschauer soll das Gefühl vermittelt werden, sich bei einer exklusiven Performance mitten im Geschehen zu befinden. Inspiriert von englischen Formaten wie »From the basement« oder »Live from Abbey Road« habe ich ein eigenes Konzept entwickelt, um mit möglichst geringem Personal- und Materialaufwand die bestmögliche Ton- und Bildqualität und ein international vergleichbares Endergebnis zu erreichen. Zunächst habe ich mit wechselnden Kameramännern, u. a. Nils Tammen, gearbeitet und war neben der kompletten Audioproduktion auch für den Videoschnitt zuständig. Im Sommer 2013 habe ich dann meinen talentierten Kollegen Daniel Polle an Bord holen können, der nun für die gesamte Videoproduktion zuständig ist.
Welches Ziel verfolgt ihr mit prettylivesessions.? Was ist euch dabei wichtig?
Es wurde bewusst nicht das Format einer ganzen Sendung oder Show gewählt, sondern die Veröffentlichung einzelner Videos in regelmäßigen Abständen, um angepasst an Album-Veröffentlichungen oder Tour-Ankündigungen der jeweiligen Band zu den passenden Zeitpunkten Videos releasen zu können. Ein weiterer Grund ist der kürzere Produktionszeitraum, der konstante Veröffentlichungen ermöglicht und die Zuschauer regelmäßig mit neuem Material versorgt. Mit der Veröffentlichung von einzelnen Songs soll außerdem der geringeren Aufmerksamkeitsspanne Internet-Zuschauer, speziell bei Nachwuchskünstlern, entgegengekommen werden.
Für Newcomerbands ist es aufgrund des Überangebots an Bands nicht einfach, Aufmerksamkeit bei Bookern, Veranstaltern und Labels zu erzeugen. Vor allem die Livequalitäten einer Band sind in der heutigen Zeit wichtiger denn je, da die Musikindustrie mittlerweile eher vom Live-Geschäft lebt als von Tonträgerverkäufen.
Hinter den prettylivesessions. steht der Gedanke, zwei Bereiche der audiovisuellen Musikprodukte miteinander zu verbinden. Es soll sowohl ein Einblick in die Live-Qualität einer Band als auch ein teurer MusikvideoLook ermöglicht werden. Auch die Audioaufnahme an sich kann genutzt werden. Dieses Konzept kann so für die Bands einen starken Promotion-Effekt und Kosten-Nutzen-Faktor haben.
Welche Bands habt ihr bereits produziert, und wodurch zeichnet sich die auch ideelle Zusammenarbeit aus?
Ein großer Spaßfaktor dieses Live-Formats ist auf jeden Fall, mit den Bands direkt nach dem Einspielen den fertigen Song an – hören zu können und die kurze Produktionsdauer eines Videos. Bisher konnten wir u. a. Bands wie Fjørt, Adolar, City Light Thief oder Zen Zebra für unser Konzept gewinnen. Wichtig ist uns eine gewisse Attitüde der Bands und vor allem die Live-Qualität, da das ganze Konzept darauf aufbaut.
Wie ist euer Part bei »Ehrenfeld Sessions«?
Unser Part bei »Ehrenfeld Sessions« ist, dass wir für die Rock-affineren Band-Sessions verantwortlich zeichnen. Die Kollegen von »hndgmcht« aus Berlin kümmern sich um die filigraneren Akustik-Sessions, auf die ich auch sehr gespannt bin.
Welche Bands habt ihr im Rahmen von »Ehrenfeld Sessions« aufgenommen und produziert?
Wir hatten die Ehre, die Kölner Bands Neufundland, KMPFSPRT und Bergfilm aufzuzeichnen. Interessant war daran, dass die drei Bands sehr unterschiedliche Musik machen und wir uns bei jeder Band auf etwas ganz Neues einstellen mussten.
Wie sind diese Aufnahmen vonstatten – gegangen? Wie viel Zeit habt ihr veranschlagt, und wie ist der Ablauf einer prettylivession?
Für die Ehrenfeld Sessions haben uns Dan und Sebastian vom Gotteswegstudio A freundlicherweise das Studio für drei Tage zur Verfügung gestellt, in denen wir uns austoben konnten. Das Drehen und Aufnehmen eines Videos dauert ca. 10 Stunden, und wir konnten uns so jeden Tag auf eine neue Band konzentrieren.
Worauf kam es euch bei den Recordings der EFS-Bands an? Welche Schwerpunkte habt ihr audio/visuell gesetzt?
Ich habe versucht, jeder Band einen möglichst druckvollen, aber natürlichen Sound zu geben, der mit Studioaufnahmen mithalten kann. Die Bands spielen ihre Songs live und in voller Lautstärke wie bei einem Konzert oder einer Probe im selben Raum. Dabei werden die Gitarrenverstärker nicht in separate Räume gestellt, sondern sind Teil des Gesamtsounds. Durch Ausprobieren verschiedener Aufstellungen der Instrumente und Verstärker soll ein lebendiger und authentischer Bandsound durch ein möglichst ausgewogenes Maß an Übersprechen entstehen. Durch Raummikrofone verschmelzen die einzelnen Instrumente zusätzlich miteinander.
Gottesweg Studio A
Das Gottesweg Studio A − der Name stammt übrigens vom Straßennamen − ist inzwischen eine Institution in Köln. Es ist ein Zusammenschluss von Musikern, Produzenten und Bands, unter anderem ist hier auch Uli Baronowskis Galaxy-Pianos-Studio zu Hause (siehe S&R-Story über das Software-Piano »The Giant« auf unserer Website). Der Studiobetreiber und Initiator des Gottesweg Studio A, Dan Enderer, erklärt uns zwischen den Aufnahmesessions, dass man in den Studios besonderen Wert auf Performance, gemeinsames Musikmachen und Interaktion legt: »Die Bedingungen dafür sind mit unserem 65 m2 großen Aufnahmeraum optimal. Es kommt schon mal vor, dass wir Bands dazu überreden müssen, live zu recorden, aber am Ende sind von dieser Entscheidung alle überzeugt. Der Moment, in dem die Band nach einem gelungenen Take die Aufnahme gemeinsam in der Regie hört, zählt zu den inspirierendsten. Im Gegensatz zu einen Overdub-Produktion hört man sofort den Song und kann direkt feststellen, ob es den Vorstellungen des Produzenten und des Künstlers entspricht, ggf. Ansätze ändern oder Details ausarbeiten. Diese Arbeitsweise − eine gute Vorbereitung der Band vorausgesetzt − funktioniert grundsätzlich schneller und macht einfach mehr Spaß. Diese Arbeitsweise ist es, was uns in erster Linie von Projektstudios und LaptopRecordern unterscheidet.«
Ein nicht unwichtiger Unterschied sind außerdem die technischen Möglichkeiten im Gottesweg Studio A, wobei man aufgrund der hohen Studiodichte aus Synergien schöpfen kann. »Wir haben für jede Aufnahme-Situation das richtige Equipment«, fährt Dan fort, »vom analogen Mischpult über alle Arten von Mikrofonen bis zur digitalen Bearbeitungssoftware. Hinzu kommen der große Aufnahmeraum und die geräumige Regie. Besonders hervorzuheben wäre noch unsere ausgetüftelte ReAmping-Anlage, mit der man ganz schnell und bequem den passenden Gitarren und Bass-Sound kreieren kann.
Unser Studio ist sehr geräumig und bietet einen großen Aufenthaltsraum und eine Küche. Man kann es bei uns schon einige Zeit aushalten«, stellt Dan mit zufriedener Mine fest. Mehrwöchige Albumproduktionen finden hier regelmäßig statt, u. a. KMPFSPRT und Klee.
Dan Ender über Ehrenfeld Sessions: »Das Konzept zu dem Film hat uns sehr gut gefallen. Wir kennen die meisten der darin vorkommenden Bands, von denen einige auch schon bei uns aufgenommen haben. Über eine lebendige Kölner Musikszene freuen wir uns natürlich besonders, weshalb mein Angebot und unser Engagement eine Selbstverständlichkeit war.«
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