Sean Lennon, Jennifer Lopez, Jon Batiste, Alan Cumming, André 3000, David Crosby, Wu Tang Clan … die Referenzliste der Flux Studios beeindruckt mit ebenso populären wie vielseitigen Produktionen. Wir sprachen mit Studiomanager und Produzent Daniel Sanint über seine Herangehensweise, seinen Weg in die Musikindustrie und darüber, dass jedes Genre einen eigenen Raum in den Flux Studios hat.
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Das Recording-Fieber packte Daniel Sanint im Teenager-Alter, als er noch in Kolumbien wohnte. Er ging mit seiner damaligen Band in ein Studio, um ein paar Songs aufzunehmen, und war begeistert – obwohl das Studio nicht recht mit der Band umzugehen wusste. »Es war ein Salsa-Studio, und wir machten harten Rock mit Metal-Growls. Aber sie haben gute Arbeit gemacht!« Sein neues Interesse an Musikproduktion führte Sanint in eine spezielle Musikschule, wo er Musiktheorie, Aufnahmetechniken und technische Hintergründe lernte.
Dann zog Daniel nach New York und begann ein Praktikum in den Dubway Studios. Einer seiner Mentoren dort legte ihm nahe, er solle sich mal ein neues Studio anschauen, das gerade von Produzent Fab Dupont gegründet worden war und den Namen Flux Studios trug. Sanint half dabei, dieses neue Studio aufzubauen, die Kundenliste zu erweitern und mehr und mehr Engineering-Jobs zu übernehmen. Heute ist er der Studiomanager und hält die Balance zwischen der geschäftlichen Seite und der Musikproduktion. Der Komplex wächst (weshalb man auch sehr verschiedene Informationen über seine Größe findet) und umfasst momentan acht Studios.
Flux Studios besteht aus acht Studios. Wie nutzt ihr diese Räume?
Daniel Sanint: Manchmal ist es eine Frage der Verfügbarkeit, manchmal sind ganz bestimmte Räume gewünscht. Bei einer Salsa-Produktion habe ich kürzlich zum Beispiel erstmals eine komplette Band für ein Salsa-Album aufgenommen. Am ersten Tag waren wir im Dungeon Room, der einen kleineren Aufnahmeraum hat, dafür eine etwas größere zusätzliche Kabine. Die Produktion wollte Timbales und Congas gleichzeitig aufnehmen, und diese beiden Instrumente sollte man besser trennen, um ihnen mehr Raum geben zu können. Daher war die Verbindung des Aufnahmeraums mit der Kabine perfekt. Grundsätzlich ist der Dungeon Room als Studio für Komposition und Hip-Hop/RnB-Produktionen eingerichtet.
Ihr habt den Raum gezielt auf ein Genre hin abgestimmt?
Wir haben den Raum für diese Art von Musik vorgesehen. Wenn wir von einem Label eine Hip-Hop- oder RnB-Produktion reinbekommen, bin ich unten im Dungeon Room, wo das Equipment entsprechend darauf abgestimmt ist. Außerdem ist die Regie ein bisschen größer, sodass mehr Leute reinpassen. Der Dangerous Room dagegen ist unser Raum für Mehrspur-Aufnahmen. Er wurde in den Neunzigern von Dangerous Music gebaut und ist ganz die alte Schule, mit einer vergleichsweise kleinen Regie und einem großen Aufnahmeraum, in dem man eine ganze Band aufnehmen kann. Aber das Business hat sich verändert im Hinblick auf die Musiker und die Budgets.
Was für Veränderungen meinst du?
In den Neunzigern gab es eine Band, die ist in einen Raum gegangen und hat aufgenommen. Heute bestehen die großen, teuren Produktionen aus Leuten, die zu Hause mit ihren Laptops produzieren. Die brauchen dann nur einen Ort, um Vocals aufzunehmen oder ein paar Synthesizer-Spuren zu schreiben. Heute müssen also die Regien größer sein, weil man dort mehr Platz haben will. Unser neuestes Studio ist der Transporter Room, das ist unser Schreib-Mekka. Dort haben wir die Synthesizer, ein Klavier, Aufnahmemöglichkeiten, eine Vocal-Ecke – und es ist einfach geräumiger.
Eine Vocal-Ecke, keine Kabine?
Dieser Raum hat keine Kabine, die meisten Leute brauchen keine. Sie nehmen einfach in der Regie auf. Es ist einfacher, alles hier aufzubauen. Wir bemühen uns darum, die Räume auf die verschiedensten Anforderungen hin zuzuschneiden. Der Dangerous Room mit dem großen Aufnahmeraum für komplette Bands, Jazz-Drums, Flügel oder Orgel. Der Dungeon Room für Hip-Hop, mit großen Lautsprechern, einem kleinen Aufnahmeraum und einer sehr guten Gesangskabine. Nur ein kleines Pult für Overdubs. Der Transporter Room als große Regie zum Komponieren.
Ihr scheint mächtig zu wachsen …
Nach der Pandemie haben wir den kompletten Keller und den zweiten Stock dieses Gebäudes übernommen. Wir haben fast 10.000 Quadratfuß Fläche [ca. 929 m2; Anm.d.Red.]. Flux Studios besteht aus acht Räumen, aber aufgrund des Geschäftsmodells habe ich nicht acht Räume zum Vermieten. Ich habe drei Mietstudios, ein viertes kommt in Kürze. In den anderen vier Räumen arbeiten feste Produzenten. Es sind Flux Studios, aber die Produzenten verwalten sie selbst. Im Fabulous Room arbeitet Fab Dupont. Das Studio buche ich manchmal, aber Fab ist meistens hier und arbeitet viel. Im Revolution Room sitzt David Kahne. Wir haben noch den Inspiration Room, in dem Stelios Phili arbeitet. Den vierten Raum haben wir gerade erst übernommen und bauen ihn noch fertig. Das wird unser Dolby Atmos Raum.
Hat er auch schon einen Namen?
Das wird Cloud Nine. Wir waren das erste kommerzielle Recording Studio in Manhattan mit einem Dolby-Atmos-Raum, der stündlich gebucht werden konnte. Das war im Dungeon Room, aber es sollte sich zeigen, dass eine Kombination aus Kompositionsstudio und Dolby-Atmos- Raum schwer zu managen ist. Da wir jetzt mehr Platz haben, wollten wir Dolby einen eigenen, einzigartigen Raum geben. Jedes unserer Studios soll seine eigene Geschäftsnische haben.
Du selbst hast aber auch eine Doppelrolle, betreust sowohl die geschäftlichen als auch kreativen Aspekte von Flux Studios.
Früher hat sich jemand anderes um die Geschäfte gekümmert, aber sie haben sich für einen anderen Weg entschieden, und dann fiel mir die Verwaltung zu, weil ich am meisten hier war. Ich wusste immer, dass ich auf irgendeine Weise in die Studioarbeit involviert sein wollte. Als ich erlebte, wie ein Studio gebaut wird und welche Herausforderungen damit einhergehen, begeisterte ich mich für den Aufbau einer Marke, eines Geschäfts und seine kontinuierliche Verbesserung und Ausweitung. Angefacht wurde das von Fab und seiner Absicht, die Marke aufzubauen und etwas Besonderes zu schaffen. Also führten Fab und ich ein Gespräch.
Aus dem du als Studiomanager herausgegangen bist?
Ich wollte sowieso einen Music Business Master an der New York University machen, weil ich mein Netzwerk erweitern wollte. Zu dem Zeitpunkt kannte ich viele Musiker und Engineers, aber viel Kontakt zu Labels oder Managern gab es nicht. Fab fragte mich, ob ich das Management der Studios wirklich übernehmen wollte, weil das mit viel Verantwortung einherginge. Ich wollte das. Ich bin in erster Linie ein Recording Engineer, das will ich mein ganzes Leben lang machen. Aber solange die Verwaltung der Studios und meine Engineering-Jobs sich nicht im Wege stehen, mache ich gerne beides.
Das klingt wie die ideale Lösung für dich!
Ich würde ungern nur Studios verwalten, ich würde aber auch nicht ausschließlich als Engineer fungieren wollen. Nur eine dieser Tätigkeiten alleine erfüllt mich nicht. Ich mag den kreativen Aspekt von Recording, Mixing und Mastering, aber ich genieße es auch, das Business zu betreuen, Räume zu buchen und ein Netzwerk aus Labels und Publishern zu knüpfen.
Es hat sicher Vorteile, wenn sich jemand um das Geschäftliche kümmert, der sich auch mit dem kreativen Teil auskennt.
Ich glaube, dass uns das auszeichnet. Ich will nicht schlecht über andere Studios sprechen, aber ich habe mit Studiomanagern gesprochen, die eigentlich Anwälte mit Fachgebiet Musik-Business oder sowas Ähnliches sind. Die kennen natürlich schon irgendwie die Vorgehensweisen, aber sie sind nicht wirklich im Thema. Wenn ich einen Raum buche, weiß ich alles darüber, weil ich sehr genau im Bilde bin, was wir technisch leisten können und was nicht. Wenn wir ein zwanzigköpfiges Orchester aufnehmen wollen, kann ich Vorschläge machen, wie wir das umsetzen. Das ist hilfreich. Ich verstehe die Vision der Kunden und weiß, was möglich ist.
Du machst die Kunden glücklich.
Ich kann mich nicht erinnern, wann wir zuletzt eine Beschwerde von einem Kunden bekommen hätten. Ich möchte, dass die Leute das Gefühl haben, dass wir wirklich alles geben. Zu wenig versprechen, zu viel abliefern – das ist das Prinzip. Wir haben unser Business mit Independent-Künstlern aufgebaut, das funktioniert per Mundpropaganda. Ein Beispiel: Eine Band mit fünf Mitgliedern kommt ins Studio, der Sänger hat die Session gebucht. Der Schlagzeuger ist begeistert. Er spielt noch in vier oder fünf anderen Bands, also sagt er mir, dass er mit diesen Bands auch gerne hier aufnehmen möchte. So arbeiten wir. Wann immer fünf Leute hier reinkommen, betrachten wir das als einen wiederkehrenden und vier neue Kunden, die wir hoffentlich gewinnen können. Wenn der Künstler eine gute Erfahrung macht, gibt es keinen Grund, weshalb er nicht zurückkommen sollte. Ein großer Teil unserer Kundschaft kommt immer wieder zu uns.
Ein besseres Zeugnis gibt es kaum.
Wir haben Kunden, mit denen wir bereits seit zehn oder fünfzehn Jahren zusammenarbeiten. Die Leute kommen immer wieder. Das ist in der Musikproduktion schon etwas Besonderes. Für viele ist das wie eine Sportlerkarriere: Sie sind vier oder fünf Jahre lang Musiker und machen dann was ganz anderes. Dass wir Kunden haben, die seit zehn Jahren oder noch länger zu uns kommen, ist super! Wir wissen, dass nicht jeder für immer Musiker sein wird. Aber sie wollen mit uns arbeiten und wir mit ihnen, das ist die Idee.
Das ist übrigens auch ein Vorteil der verschiedenen Räume – wir können auf verschieden große Budgets angemessen reagieren. Du nimmst also vielleicht nicht im großen Raum oben auf, mit den großen Fenstern, aber du kannst hier unten aufnehmen, mit tollem Equipment und erfahrenen Engineers.
Mir ist aufgefallen, dass in den verschiedenen Studios unterschiedliche Lautsprecher stehen. Focal, Barefoot, PSI Audio, Kii Audio …
Wir sind ein kommerzielles Unternehmen, wir möchten ein breites Angebot liefern. Gerade Monitoring kann eine sehr persönliche Sache sein. Plug-ins ändern sich, Mischpulte ändern sich, die Laptops ändern sich. Aber die zwei Sachen, mit denen man sich als Engineer fest verbindet, sind Lautsprecher und die DAW.
Wir hatten früher überall Lautsprecher von Focal, und viele Leute mochten sie nicht. Da hat jeder seine eigene Meinung, wir stellen uns nicht hin und behaupten, dieser Lautsprecher oder jener wäre der beste der Welt, das gibt es einfach nicht. Es ist vielmehr die Frage, wie gut ein System in einem bestimmten Raum funktioniert, um welches Genre es geht – und was dem eigenen Geschmack entspricht. Also haben wir uns für verschiedene Marken geöffnet. Jetzt finden die Leute bei uns die Lautsprecher, die sie mögen. Sie fühlen sich wohler, und die Ergebnisse übertragen sich besser auf ihre eigenen Systeme zuhause. Manche Kunden buchen die Studios auf Basis der Lautsprecher: »Ich will den Barefoot-Raum!« »Ich will den PSI-Audio-Raum!« Manche Engineers haben bestimmte Vorlieben und haben Schwierigkeiten, eine neue Umgebung unter Kontrolle zu bekommen. Die richtigen Lautsprecher können sie dabei unterstützen.
Sie müssen sich darauf verlassen können, dass der Mix immer noch gut klingt, wenn sie ihn zu Hause anhören.
Das ist auch so ein Punkt: Gegenhören in verschiedenen Umgebungen ist die beste Möglichkeit, eine Mischung abzurunden. Du hörst sie dir im Auto an, auf der Anlage zu Hause oder auf deinem Laptop. Im Dangerous Room haben wir PSI Audio A25-M in der Wand, wir haben die Kii Audio Seven als Nahfeldlautsprecher und ein Paar Auratones – einfach, um die ganze Bandbreite an Lautsprechern abzudecken. Gestern haben wir da eine Session abgeschlossen, der Kunde wollte einen Roughmix, und ich konnte ihm sehr schnell einen guten Mix liefern, indem ich zwischen den verschiedenen Systemen gewechselt habe.
Im Dangerous Room habt ihr dieses interessante Design, wo die Lautsprecher in der Wand mit Bilderrahmen eingefasst sind.
Der Dangerous Room wurde in den Neunzigern gebaut und hatte ursprünglich Tannoys in den Wänden. Der Raum klingt sehr gut, aber die Tannoys waren einfach nicht mehr zeitgemäß. Wir suchten eine moderne Lösung und haben viele Lautsprecher ausprobiert – aktiv, passiv, alles. Als wir uns die PSI Audio A25-M in Fabs Studio angehört haben, waren wir enorm beeindruckt. Sie übersetzen sich extrem gut, und sie liefern Leistung. Das brauchten wir für die Haupt-Abhöre, etwas mit viel Saft bei gleichzeitig präziser, knackiger und natürlicher Wiedergabe über das gesamte Spektrum. Das ist nämlich auch Teil eines kommerziellen Studios: Die Leute kommen her, um aufzudrehen, ohne dass sich die Nachbarn beschweren. Das gehört mit zur Erfahrung, für die sie bezahlen. Die A25-M liefern da mächtig ab, und als wir sie gehört haben, waren wir sofort verliebt.
Musstet ihr die Wand beim Lautsprecherwechsel anpassen?
Wir hofften, dass die A25-M in die vorhandenen Soffits passen würden, und sie passten perfekt! Das beste Lautsprecherpaar, das wir da je hatten. Wir haben sie mit unseren vorhandenen Subwoofern verbunden, um die A25-M noch etwas filtern zu können und dieses Sub-Feeling zu kriegen. Es ist unglaublich, wir hatten noch nie eine bessere Hörsituation mit den Mains in diesem Raum! Wir sind überglücklich damit.
Gestern habe ich den ganzen Tag mit ihnen gearbeitet. Bei der Aufnahme willst du die Energie spüren. In den Bässen ist eine Menge los. Diese Energie bewegt sich durch den Raum, sie triggert die Kompressoren u.s.w. Du wunderst dich, warum ein Kompressor so krass arbeitet, und dann stellst du fest, dass der 50-Hz-Bereich das Signal zerstört. Ein echtes Fullrange-System ist da enorm hilfreich.