Eine Mastering-Lösung, die auf dem iPad läuft und somit die mobile Bearbeitung per Touchscreen ermöglicht, gab es bisher in dieser Form noch nicht. Haben Gavin Lurssen und IK Multimedia nun ein Werkzeug entwickelt, mit dem wir »on the road« professionell mastern können?
Die Credit-Liste von Gavin Lurssen, der als »Master of Mastering« gilt, ist mehr als anschaulich − neben Künstlern wie den Foo Fighters, Bruno Mars, Ryan Adams und Snoop Dogg finden sich dort zudem zahlreiche Soundtracks internationaler Blockbuster. Er stellte für die Zusammenarbeit mit IK Multimedia neben seiner Expertise auch sein Studio-Equipment zur Verfügung, das im Detail digital nachempfunden wurde. In erster Linie geht es bei dem Produkt jedoch um die die Arbeitsweise, die Gavin Lurssen und Reuben Cohen von Lurrsen Mastering täglich für die Bearbeitung des Klangmaterials über die letzten Jahrzehnte perfektioniert haben.
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ÜBERBLICK
IK Multimedia stellt den geeigneten Partner für dieses Produkt dar, da sie einen Großteil ihrer Musiksoftware auch für die iOS-Plattform programmieren und somit auf dem iPad nutzbar machen. Genau dort setzt auch die Lurssen Mastering Console an, die es außer für Mac und PC auch für das iPad ab der 2. Generation gibt. Die Console bietet auf dem Computer neben einer Stand-alone-Version auch Plug-ins in allen gängigen Formaten für die DAW. In diesem Test wollen wir uns auf die iPad-Version konzentrieren. Preislich sind beide Versionen recht unterschiedlich ausgelegt. Während das Computerprogramm mit ungefähr 240,− Euro zu Buche schlägt, gestaltet sich der Preis für die iOS-App variabel. Die App ist zunächst als Demo-Version kostenlos im App-Store zu haben. Um anschließend Demo-bedingte Klangunterbrechungen zu beseitigen und die fehlende Exportfunktion freizuschalten, kann die gesamte Funktionalität entweder für zwei Tage (4,99 Euro), eine Woche (9,99 Euro), einen Monat (29,99 Euro) oder unbegrenzt (99,− Euro) freigeschaltet werden.
Die Bedienoberfläche ist sehr übersichtlich gestaltet. Die essenziellen Bedienelemente für die Klangbearbeitung sitzen in der unteren Hälfte, während im oberen Teil zwischen den Ansichten der Wellenform, der Signalketten oder einem Foto von Gavin Lurssens Mastering-Studio gewählt werden kann. Die Projekt-Einstellungen sind auf der linken Seite angesiedelt, darunter befinden sich die Import-Funktion und die Preset-Einstellungen. 25 Presets verschiedener Stilrichtungen wurden von Garvin und Reuben erstellt und sind werksseitig verfügbar. Auch wenn eine Reihe von Klangbearbeitungen durch die Mastering Console vorgenommen wird, so hat man nur einen limitierten Zugriff auf die Prozessoren der Signalkette und deren Parameter. Der Rest läuft im Hintergrund. Der Signal-Level wird über »Input-Drive« mit einem Regelbereich von −15 bis +15 dB eingestellt. Damit wird kontrolliert, wie stark das Signal an die Equalizer und dynamikbearbeitenden Prozessoren weitergegeben wird. Anschließend folgen fünf festeingestellte EQFrequenzbänder mit einer Absenkung bzw. Anhebung von −34 bis +34. Über »Push« werden alle Equalizer-Bänder im gleichen Verhältnis bearbeitet, was alle Frequenzbereiche anhebt und ein höheres Level zum darauf folgenden Limiter oder Kompressor weitergibt.
Neben dem Bypass-, Metering- und einem Mono-/Stereo-Schalter kann die Verlinkung des Input-Drive-Reglers für den linken und rechten Kanal außer Kraft gesetzt werden, um diese individuell zu bearbeiten. In der Signalkettenansicht sind weitere Einstellungen vorzunehmen, wobei sich diese auf den Threshold-Parameter von DeEsser und Buskompressor beschränken. Als dritter Parameter kann das Makeup-Gain des »Solid State«-Buskompressors angepasst werden, welches die finale Lautheit des Masters bestimmt. Einstellmöglichkeiten für den Limiter am Ende der Signalkette sind nicht gegeben. Daher ist die bearbeitete Datei immer auf maximal -0,3dBFS begrenzt, und der Headroom kann nicht verändert werden. In der Wellenform-Ansicht kann die Automation von Input Drive und Push mit einem Stiftwerkzeug eingegeben oder bearbeitet werden.
TABLET VS. COMPUTER
Die verfügbaren Versionen der Lurssen Mastering Console sind im Funktionsumfang und der Bedienung grundlegend identisch. Die App weist eine kurze Bedienungsanleitung und Hilfe zur Beschreibung der Parameter und Schaltflächen auf. Der Hauptunterschied liegt allerdings beim Import von Audiodateien. Während dies bei dem Computer-Programm gewohnt über ein Dialogfeld vorgenommen wird, ist der Import bei der iOS-Version etwas umständlicher. Hier kann der Mix entweder aus der iTunes-Bibliothek ausgewählt oder mit dem Computer über iTunes in die App-Dateistruktur eingefügt werden. Eine Cloud-basierende Lösung wie z. B. Dropbox wird nicht unterstützt.
KLANGBEARBEITUNG
Die mitgelieferten Presets sind ein essenzieller Startpunkt, da sie je nach Stilrichtung einen von zwei unterschiedlichen Röhren- Limitern in den Signalweg schalten. Zudem greifen die Equalizer-Bänder entweder auf den Röhren- oder den Transistor-Equalizer zurück und besitzen somit je nach Stil eine unterschiedliche Klangfarbe. Die Genre-Auswahl hat also einen großen Einfluss auf den Grundklang der Signalkette. Als Beispiele wurden eine Pop-Produktion, ein Elektro-Titel und ein Rock-Mix ausprobiert. Da diese im Pegel und ihrer Dynamik recht unterschiedlich angelegt waren, musste die Einstellung des Input-Drive-Parameters sehr vorsichtig vorgenommen werden. Wird hier zu viel Signal an die Prozessoren weitergegeben, entstehen Verzerrungen. Das VUMeter ist dabei eine gute Einstellungshilfe. Klang und Ansprache der Equalizer- Bänder sind sehr gut, und trotz fester Frequenzen kann man eine ausreichende Klanganpassung vornehmen. Durch die voreingestellte breite Mittenanhebung in den Presets wird der anschließenden Klangveränderung durch die Dynamikbearbeitung entgegen – gewirkt. Bei der Dynamikbearbeitung ermöglichen die Threshold-Parameter lediglich kleinere Eingriffe. Als Hauptaspekt ist eher das generelle »Gain-Staging«, also die LautstärkeStruktur der einzelnen Bearbeitungsstufen, zu sehen. So ist der Einfluss von Input Drive und Push entscheidend für die grundlegende Dynamik des Mixes. Recht schwierig gestaltet sich der Vergleich des ursprünglichen Mixes mit der be – arbeiteten Version. Es gibt zwar einen BypassSchalter, doch der Lautheitsunterschied kann nicht ausgeglichen werden. Selbst das Herunterregeln des Buskompressor-Ausgangs resultiert immer in einer lauteren Master- Version. Ein objektiver A/B-Vergleich ist somit leider nicht möglich.
TECHNISCHES MASTERING
Der technische Aspekt des Masterings wird in der Lurssen Mastering Console außen vor gelassen. Wenn es beispielsweise um gezieltes Absenken störender Frequenzen geht, Fades erstellt werden sollen oder eine CD-Pressung mit allen dazugehörigen Metadaten vorbereitet werden muss, ist das Programm keine passende Lösung. Es können zwar mehrere Titel in ein Projekt geladen werden, doch die Bearbeitung muss individuell pro Mix geschehen, und zusammenhängende Bearbeitungsschritte bleiben aus. Auch beim Export der Files stehen Industriestandards wie das »Disc Description Protokoll« (DDP) nicht zur Auswahl.
FAZIT
Der Markt der Mastering-Lösungen für das iPad ist bisher recht überschaubar. Die Lurssen Mastering Console bietet dabei eine sehr benutzerfreundliche und weniger technische Herangehensweise. Eine Mastering-Lösung ist für mich aber mehr als nur ein Equalizer und eine Dynamikbearbeitung, dem Nutzer der Lurssen Mastering Console bleiben die professionellen Features jedoch leider vorenthalten. Auch wenn als Resultat des Masterings heutzutage nicht immer eine CD darstellt, so sind Fea – tures wie die Bearbeitung von Pausenzeiten und Fades zwischen mehreren Titeln eines Projektes und der DDP-Export für eine professionelle Lösung unverzichtbar. Unterm Strich muss man sagen, dass die Lurssen Mastering Console keine vollwertige Mastering-Lösung darstellt, sondern eher als Signature-Plug-in mit Zusatz-Features zu sehen ist. Der Klang der Effektgeräte ist allerdings sehr gut und die Einfachheit der Bedienung überragend. Seinen Mix »mal eben« etwas lauter zu machen und zu verschönern ist definitiv möglich und steht im Fokus. Zudem kann die App-Lösung frischen Wind in die eigene Arbeitsweise bringen und damit der Kreativität freien Lauf lassen. So kann die klangliche Anpassung mit dem iPad in unterschiedlichen mobilen Situationen überprüft werden, und das finale Master wird dann mit der Plug-in-Version in einer Mastering-DAW, wie beispielsweise Steinbergs Wavelab oder Presonus Studio One, erstellt. Da schließt sich für mich dann auch der Kreis, der nicht nur mit dem »Premaster«, also der klanglichen Anpassung, endet.
+++ Klangqualität
+++ mobiles Konzept der iPad-Version
++ Einfachheit der Bedienung
– keine Vergleichsmöglichkeit mit Lautheits-Ausgleich
Da gibt es schon länger eine App von PositiveGrid namens “Final Touch”. Die App ist ech genial, finde ich zumindest.
Was ist mit dem Finalizer von TC Electronics?
Tut er das nicht auch?