Interview mit dem ehemaligen Schoeps-Entwicklungsleiter Jörg Wuttke
von Nicolay Ketterer,
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(Bild: Jörg Wuttke)
Jörg Wuttke war für die Schoeps Colette- und CCM-Modulserien verantwortlich und entwarf unter anderem einen klanglich möglichst färbungsarmen Windschutz. Der 78-Jährige vermittelt gelebte »Audio-Historie« mitreißend und unterhaltsam – eine gute Gelegenheit für ein Gespräch.
Beim Besuch seines Zuhauses in Pfinztal, einer beschaulichen Gemeinde nahe Karlsruhe, ordnet Jörg Wuttke gerade jede Menge Zeitschriften seiner »Audio-Historie«, entschuldigt sich für die Unordnung – die absolut überschaubar scheint. »Vieles, was ich in der Firma nicht weiterbearbeiten konnte, weil die Zeit fehlte, durfte ich zum Glück mitnehmen. Jetzt habe ich nicht mal mehr meine Garage frei!«, meint er schmunzelnd. Dabei finde er allerdings viele interessante Dinge, die er nun aufarbeite. Der Ingenieur, bekannt für seine lebendigen Vorträge, tauscht sich noch rege mit Tonmeistern aus aller Welt aus. In seiner aktiven Zeit bei Schoeps zwischen 1970 und 2007 war er beispielsweise für deren modulare Serien Colette und CCM verantwortlich sowie für jede Menge »Sonder-Entwicklungen« – da hätten wir ein paar Fragen…
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Lassen Sie uns mit dem ursprünglichen »Meilenstein « beginnen: Sie haben das Colette-System ins Leben gerufen, das Kapsel und Verstärker eines Mikrofons trennt, sodass vom Mikrofon am Stativ nur die kleine Kapsel sichtbar wird. Das war praktisch ihr »Start-Projekt« bei Schoeps. Wie sind Sie bei der Firma gelandet?
Die Colette-Serie habe ich geerbt – mein Vorgänger hieß Dr. Küsters, der hatte das Projekt in die Wege geleitet. Er baute von Anfang an kleine Mikrofone. Als ich 1970 in die Firma kam, war das ein Notfall, da Dr. Küsters ziemlich krank war. Schoeps brauchte jemanden mit Kenntnissen in Akustik und Mechanik, was unter Elektronik-Ingenieuren eine seltene Kombination ist. Die hassen Mechanik! Mir machte es Spaß. Ich wurde von meinem Professor empfohlen, wollte eigentlich promovieren. Bei Schoeps würde ich vielleicht zwei Jahre aushelfen, die suchten allerdings eine Dauerlösung. Als sie niemanden fanden, riefen sie ein halbes Jahr später wieder an. Sie bedankten sich für meine Ehrlichkeit, nicht ewig bleiben zu wollen, und meinten, ich solle kommen, vielleicht gefällt es mir ja dauerhaft. Nach einem Jahr verstarb Dr. Küsters leider bereits, und ich blieb, da sonst niemand da war, der den Bereich hätte übernehmen können.
Die Herausforderung fand ich spannend. Schoeps war gerade im Begriff, den Wechsel von der Röhren- zur Transistortechnik zu vollziehen. Das erfolgreiche Röhrenmikrofon M221B wurde noch hergestellt. Der Hauptabnehmer waren der französische Rundfunk, Telefunken, Siemens und Phillips – als OEM-Modelle! Schoeps hatte damals keinen eigenen Vertrieb. Nur wenige Schoeps-Mikrofone waren in deutschen Studios – der deutsche Rundfunk hatte nur Neumann! Der saarländische Rundfunk war eine Ausnahme, mit einzelnen Schoeps-Mikrofonen, aber das war auch der französische Nachbar! Dr. Schoeps und Dr. Küsters hatten einen gemeinsamen Freund mit guten Beziehungen zum französischen Rundfunk, der für den erfolgreichen Start des Unternehmens 1948 wesentlich war. Dessen Nichte hieß übrigens »Colette«.
Was zeichnete das Colette-System mit seinen unterschiedlichen Kapseln und dem separaten Verstärkerteil technisch aus?
Die Colette-Serie war die erste, bei der gleich hinter der Kapsel der Feldeffekt-Transistor kommt, in einem kleinen Gehäuse. Dann wird das Signal unsymmetrisch weitergeführt, aber nur über ein sehr kurzes Kabel oder alternativ in einem metallenen Rohr – dabei entstehen in der Regel keine Probleme. Davor existierten bei Neumann auch solche Rohre. Darin lag ein einziger dünner Draht. Der muss natürlich isoliert sein, bildet allerdings eine parasitäre Kapazität, was negativ ist – bis hin zu Feuchtigkeitsempfindlichkeit. Die Schoeps-Lösung hatte ich patentiert. Neumann hat später den Feldeffekt-Transistor in die Kapsel gebaut, und nun die Trennstelle zwischen Kapsel und restlicher Elektronik niederohmig gehabt. Sehr gut! Das kann ich nur beglückwünschen. Warum haben wir das nicht gemacht? 1973 waren Feldeffekt-Transistoren noch sehr teuer, ein Wertobjekt. Wir mussten sie vorher selektieren, der Hersteller Valvo schickte uns Chargen zum Durchprüfen. Als Neumann Jahre später nachzog, waren Feldeffekt-Transistoren deutlich günstiger. Dadurch, dass sie die Feldeffekt-Transistoren in die Kapsel mit verbauten, sprachen sie von aktiven Kapseln, wir hingegen von aktivem Zubehör. Durch den Einsatz ins Zubehör brauchte man den Transistor nur einmal, auch beim Wechsel der Kapseln.
Der Fokus auf schmal zu bauenden Kleinmembranmikrofonen lag auch darin begründet, dass sie grundsätzlich neutraler abbilden als Großmembran-Exemplare …
Das war auch bei Neumann nicht unbekannt – deren M7-Kapsel, die heute noch gebaut wird, war ziemlich groß. Sie wurde allerdings um 1920 entwickelt! Damals gab es noch kein Fernsehen und keinen Bedarf für möglichst kleine Mikrofone – man war froh, dass es überhaupt funktionierte! (lacht) Mein Vorgänger wollte nur kleine Mikrofone, möglicherweise auch, um sich absetzen zu können, und natürlich aufgrund der physikalischen Vorteile. Beim Anwender – auch bei Künstlern – herrscht ein gewisses Unverständnis, dass ein kleines Mikrofon ein gutes, genaugenommen das »neutralere« Mikrofon ist. Aber der Künstler will etwas Imposantes vor sich stehen haben.
Bei den »Drei Tenören« machten die Decca-Leute Vergleiche und setzten kleine Mikrofone ein, weil ihnen der Klang besser gefiel, außerdem sollten die Mikrofone die Sänger möglichst wenig verdecken. Das Großmembran-Mikrofon, wie es historisch begründet am Anfang nicht anders gebaut werden konnte, ist genaugenommen ein Hindernis im Schallfeld: Etwas, das schallhart ist, wird zum Hindernis, wenn es mit der akustischen Wellenlänge vergleichbar ist. Die Wellenlänge von 10 Kilohertz beträgt 34 Millimeter. Da ist sogar unser Mikrofon mit 20 Millimetern Durchmesser noch groß. Ein Großmembranmikrofon beginnt ab 5 Kilohertz im Schallfeld zu stören. Das, was es naturgetreu aufnehmen sollte, wird verändert. Diese Abweichung ist bei einigen Großmembranmikrofonen zum Glück nicht negativ. Im Gegenteil, das kann sogar gefallen. Ich möchte es trotzdem nicht, sondern als Ingenieur »neutral« beginnen. Einen welligen Frequenzgang kann ich nachträglich mit Equalizer erzeugen, und kenne dann die Ursache für meinen Klang.
Die Logik verstehe ich, sehe es allerdings eingeschränkt: Die erwähnten Effekte eines großen Mikrofons im Schallfeld wie auch die Kammerresonanzen, die im Innern eines U47- oder U67-Korbs entstehen, oder auch die Membranverzerrungen einer Großmembrankapsel kann ich so detailliert nicht per Equalizer nachbilden. Auch die Feindynamik wird anders über die Großmembrankapsel abgebildet …
Ja! Zudem wird der Frequenzgang nicht universell erfasst, sondern bevorzugt nur auf der Achse gemessen – und das ist keinesfalls der einzige Parameter. Dazu kommt das Polardiagramm: Das müsste bei allen Frequenzen gleich sein, ist es allerdings nicht. Eine Kugel ist bei 10 Kilohertz keine saubere Kugel mehr. Bei einer Niere gilt Ähnliches. Wenn wir den Klang eines Mikrofons ganz verstehen wollen, müssen immer zwei Frequenzgänge betrachtet werden: Der im »Freifeld« – die Katalogangabe – und der im diffusen Schallfeld. Letzteres wird selten veröffentlicht. Die Differenz ist das Bündelungsmaß. Dessen Frequenzgang ist das wichtigste klangliche Merkmal eines jeden Mikrofons. Dies lässt sich mit dem Prinzip »PolarFlex« einstellbar machen [eine von Wuttke für Schoeps patentierte Methode, die mit zwei Signalen ein Mikrofon beliebiger Richtcharakteristik und beliebigen Polardiagramms auch frequenzabhängig virtuell erzeugen kann. Aktuell wird bei Schoeps eine kostenlose Plug-in-Version des Prozesses angeboten; Anm.d.Aut.]. Leider sind zwei Wandler erforderlich, und der Aufwand ist so groß, dass ein kommerzieller Erfolg bislang ausblieb. Wir haben das Patent dazu deshalb aufgegeben.
“KÜNSTLER WOLLEN ERNSTGENOMMEN WERDEN – DIESER EINDRUCK IST MIT KLEINEN MIKROFONEN MANCHMAL SCHWIERIG ZU VERMITTELN.”
War der Verzicht auf Großmembran-Mikrofone für Schoeps auch problematisch?
Es kann sogar sein, dass ich hier oder da einen Kunden nicht bekommen habe, weil ihm meine Ansichten zu radikal waren, indem ich einfach sage: »Ich baue kein Großmembranmikrofon.« Ich weiß nicht, ob die Firma Schoeps das noch lange durchhält, nein zu sagen. Bei dem größer wirkenden Schoeps 4VU ist immerhin noch die Kapsel klein. Wenn nur nach Äußerlichkeiten gegangen wird, Argumente nicht mehr gefragt sind und »größer ist besser« gilt, hätte ich vielleicht auch gesagt: »Wir müssen!«
Einen vergleichbaren Fall gab es allerdings: Bis zum Jahr 2003 hat Schoeps kein Richtrohr gebaut. Mein Mentor, Professor Kurze, ist mit seinem Kollegen Thamm der Erfinder dieser Gattung. Das Patent hat er »für einen Appel und ein Ei«, wie er sagte, an Sennheiser verkauft – weil er nie glaubte, dass das ein anständiges Mikrofon wird, da es bei hohen Frequenzen stärker richtet als bei tiefen. Aber für viele ist das in Ordnung, und die wollen schlicht ein Richtrohr. Ich selbst habe immer für die Superniere gekämpft, die auch heute noch in vielen Fällen die bessere Lösung ist.
Nochmal zur Colette-Serie: Danach kam als Nachfolger das CCM-Mikrofonsystem heraus. Worin bestanden die Vorteile?
Da war schon erkennbar, dass wir auch mit den neueren Technologien – damals mit der Verarbeitung sogenannter »Nackt-Chips« – unseren eigenen integrierten Schaltkreis schaffen. Damals hatte ich Kontakte zur Universität Karlsruhe und der Fachhochschule Mannheim, wodurch wir das realisieren konnten. Dadurch war das gesamte Mikrofon so groß wie früher der aktive Teil! Um ehrlich zu sein: Meine Absicht bestand darin, dadurch die Colette-Serie abzulösen. Allerdings gibt es viele tausend Anwender, die mit der Colette-Serie weiterarbeiten wollen. Das ist der Fluch eines Modulsystems!
Eine weitere Besonderheit im Laufe ihres Schaffens: Im Rahmen der »Drei Tenöre«-Auftritte von Plácido Domingo, José Carreras und Luciano Pavarotti war ein möglichst färbungsarmer Windschutz gefragt, den die Plattenfirma Decca bei ihnen in Auftrag gab …
Das fing 1990 mit einem Telefonat in meiner Mittagspause an. John Pellowe rief an, damals ein führender Toningenieur bei Decca. Die hatten einiges bei uns gekauft, mit denen verstand ich mich gut. John meinte, das Management sei auf die Wahnsinns-Idee gekommen, die drei Sänger Pavarotti, Carreras und Domingo gemeinsam auftreten zu lassen, im Freien. Decca war eine Klassik-Firma, die hatten noch nie im Freien aufgenommen und schließlich erste Versuche gemacht. John meinte, das funktioniere nicht, unsere Schoeps-Windschütze seien furchtbar, das Ergebnis klinge vollkommen nasal. Ich meinte: »Das weiß ich, und das ärgert mich auch immer – aber wenn ich Film-Leuten erkläre, wie sich das verbessern ließe und dass die Windschütze dann etwas größer werden, ist das Gespräch bereits vorbei.« Das Problem: Die Drei Tenöre sollten auf der Aufnahme klanglich verfärbungsfrei hörbar sein, ausgestattet mit eigenen Mikrofonen. Theoretisch hätte Decca Kugelmikrofone nehmen können, wie sie im Decca-Tree zum Einsatz kommen. Kugeln sind recht unempfindlich gegenüber Wind, mit dem mussten sie rechnen. Die Frontmikrofone mussten allerdings Nierenkapseln sein, auch zur Reduzierung von Feedback.
“DIE ALTEN, HARTEN SCHOEPS-WINDSCHÜTZE KLANGEN NASAL UND UNANGENEHM. FÜR DIE FILM-LEUTE WAR DAS IN ORDNUNG – DIE WOLLTEN AUF KEINEN FALL EINEN GRÖSSEREN WINDSCHUTZ, DER DAS PROBLEM BEHEBT.”
Die Tenöre wurden über die gleichen Mikrofonsignale für das Konzert verstärkt, weil man keine zusätzlichen aufstellen wollte?
Richtig. John fragte, ob ich eine Idee hätte. Ich meinte: »Ich kann mir was vorstellen, aber bis zu deinem Termin ist das nicht möglich.« John ist ein sehr liebenswerter und humorvoller Mensch. Das war das einzige Mal, wo er leicht unangenehm wurde: »Jörg, du musst das machen! Vergiss nicht, was für ein wichtiger Kunde Decca für euch ist!« (schmunzelt)
Meine Idee basierte darauf, dass es bei Druckgradienten-Empfängern wichtig ist, für beide Schalleinlassgruppen – eine frontale und eine hintere – ein gemeinsames Volumen zu erhalten. Daher gibt es Windschutzkörbe, die beides umschließen. In den damals »harten« Windschutzkörben entstehen leider doch recht deutlich hörbare stehende Wellen bei sehr hohen Frequenzen, wenn der Korb so groß ist, dass eine halbe Wellenlänge reinpasst. Mir war klar: Wir müssen Schaumstoff nehmen und innen aushöhlen. Meine damalige rechte Hand, Norbert Kleber – ein großartiger Mitarbeiter, der gerade in den Ruhestand geht –, war nicht glücklich darüber. Er fragte sich, wie er das denn machen sollte. Aber Norbert ist ein Tüftler, so hat er sich im Einstellungsgespräch vorgestellt – also durfte er tüfteln. Er schaffte es, indem er innen mit einer Nagelschere die Windschütze entsprechend der passenden Form aushöhlte, um das gemeinsame Volumen zu gewährleisten. Zusätzlich durfte der Windschutz nicht »auf Anschlag« gegen das Mikrofon geschoben werden, er sollte die Kapsel vorne nicht berühren. Dazu spannte er innen Nylonfäden als Abstandshalter. Norbert Kleber hat 50 Stück eigenhändig gefertigt – Decca meinte, die dürfen was kosten, sie zahlen auch die Entwicklung – nur der Termin war wichtig. Den Einzelpreis weiß ich nicht mehr, aber das war teuer: Schoeps war immer schon teuer, aber das war Handarbeit vom Abteilungsleiter des Kapselbaus. Ich weiß nicht, wie viele Exemplare die Aufführung überlebt haben, da die Konstruktion sehr fragil war.
Mittlerweile befindet sich im Serienmodell ein Plastikteil, das wir spritzen können. Der hohle Schaumstoff wird dann aufgeklebt. Fraglich war, welche Windstärke sie erwarteten. Wir haben eine große Windmaschine bei Schoeps. Die macht Wind, kein Geräusch – das muss man ja trennen können. Ich stellte ein Stativ auf, dazu Noten. Als die Noten wild blätterten, dachte ich, ab dann müssen sie abbrechen … das sollte reichen.
Bild: Nicolay Ketterer
Ehrenpreis: die Goldmedaille des Deutschen Tonmeister Verbands
e.V. Die Laudatio hielt seinerzeit Stephan Peus, früherer Chef-Ingenieur
bei Neumann und heute ein Freund von Wuttke.
Bild: Nicolay Ketterer
Die Silbermedaille der AES (Audio Engineering Society) wurde Wuttke
ebenfalls verliehen.
Der Termin wurde gehalten, und alles hat funktioniert?
Ja! Als die Aufführung stattfand, saß ich vor dem Fernseher und hatte Lampenfieber, da ich mich mitverantwortlich fühlte! Für Decca war das ein Riesenerfolg – die verkauften rund eine Million CDs auf Anhieb. Solche Stückzahlen gab es bei Klassik in so kurzer Zeit selten. Dadurch kam die Idee auf, das Konzert rund um die Welt zu veranstalten. Das war auch für Schoeps ein gutes Geschäft, da die Produktion nicht mit dem Equipment reist. Sie wollten auch Schoeps-Mikrofone mieten, die nicht überall verfügbar waren. Dann wurden sie beschafft! John ist uns treu geblieben – der meinte: »Ich werde mich hüten, etwas anderes zu probieren. Mit Schoeps hatte ich nie Probleme.« Die Aufführung war mit der Grund, dass diese Mikrofone heute überall bei Klassikkonzerten sichtbar sind, erkennbar an dem Knickgelenk.
Darin steckt viel Erfahrung: Bis zu dem Zeitpunkt waren Schwanenhälse üblich. Ich meinte, dass ich in dem Fall keine Schwanenhälse möchte – wenn mehrere Exemplare nebeneinanderstehen und unterschiedlich gebogen sind … Bei einem Strauß Blumen ist das »Natur«, bei einer Technikanordnung sieht das nicht schön aus. Dazu würden wir bei einem festen Stab ein Gelenk brauchen. Möglich wurde das erst durch die aktive Technik mit dem Feldeffekt-Transistor hinter der Kapsel. Dazu lässt sich das Rohr nicht biegen. Mit dem Gelenk habe ich die Möglichkeit dazu!
Die erste Serie hat unser mechanischer Konstrukteur und Abteilungsleiter, Günter Schäufele, am Zeichenbrett konstruiert – bis 90 Grad. Ich bin kein Tonmeister, habe aber selbst immer auch aufgenommen. Ich nahm für meinen guten Freund, den Kantor Helmut Hoffmann auf, der später Bezirkskantor in Überlingen wurde. Ich meinte zu ihm: »Wenn du die Sänger in die erste Reihe stellst, sind sie zu nah am Mikrofon. « Er hielt mir dann Plätze in der zweiten Reihe für die Mikrofone frei – das sind die teuersten Plätze! Um den Abstand zu vergrößern, werden die Rohre nach hinten geneigt und die Kapseln in Richtung Mund abgewinkelt. Durch die Erhöhung auf dem Stuhl zeigte die Kapsel allerdings gegen die Decke! Ich ging zu Günter Schäufele und zeigte ihm, dass der Winkel größer sein müsste, so weit wie möglich – 120 Grad. Den Winkel sieht man häufig im Fernsehen. In der Firma hatte ich mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen: Viele meinten, ein Schwanenhals sei so viel einfacher, da bestünden Erfahrungen. Ich war immer anspruchsvoll und meinte: »Wenn ich den Zirkus gehe und jemand auf eine Art turnt, was ich auch turnen könnte – dann klatsche ich nicht! (schmunzelt) Ich will den Applaus der Kunden! Wir werden nicht den einfachen Weg wählen.« Das Argument »Es ist so schwer« ist eine Herausforderung und kein Grund, etwas nicht zu machen.