Jacob Morris mixt David Kushners Mega-Hit Daylight
von Paul Tingen; Übersetzung: Matthias Fuchs,
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Um die Hörgewohnheiten der zunehmend schneller konsumierenden TikTok-Generation zu befriedigen, verlangt es nach neuen Produktions-Workflows – Biz Morris berichtet über Effizienz beim Mix und über Gratwanderungen zwischen Qualität und Kommerz.
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Die Tatsache, dass viele neue Künstler heute ihren Durchbruch über TikTok erzielen, ist nichts Neues. Schon weniger bekannt ist der Einfluss der Plattform auf die Musikindustrie. So haben allein im Jahr 2020 70 Künstler, die auf TikTok viral gingen, Verträge mit großen Labels abgeschlossen. Somit ist es nicht weiter verwunderlich, dass Tiktok auch großen Einfluss auf die Musik selbst nimmt. Die Tatsache, dass Popsongs immer kürzer werden, ist zum Teil auf TikTok zurückzuführen – man fragt sich, wann der erste 15-Sekunden-Pop-Hit kommen wird. Tiktok steht für kurze, selbstgedrehte Videos, und deren improvisierte, meist unprofessionelle Machart hat zweifellos ihre Freunde gefunden. Dieser amateurhafte Ansatz hat sich auch auf die Musik übertragen.
Künstler veröffentlichen gerne unfertige Song-Fragmente auf TikTok, um zu testen, ob sie Anklang finden. Darüber hinaus nutzt man gerne sogenannte »Evergreen«-Pre-Saves, die es ermöglichen, noch nicht existente Musik ohne Veröffentlichungsdatum oder sogar ohne Songtitel zu bewerben. Finden diese groben Demos genügend positive Resonanz, landen deren Unzulänglichkeiten oft im Endprodukt. Die Ära der perfekt abgemischten und produzierten Popsongs könnte also bald vorbei sein.
Zufällig Popstar. Der amerikanische Singer/Songwriter David Kushner ist ein Beispiel für diese Entwicklung: Im Januar 2022 veröffentlichte er den Gitarren-Song Miserable Man auf Tiktok, angeblich ohne dabei an eine Musikerkarriere gedacht zu haben. Er schien höchst überrascht, dass der Song viral ging und bald in vielen Ländern ein großer Hit wurde. Sehr ähnlich, wenn auch nicht ganz so erfolgreich, etablierte sich seine zweite Single Mr Forgettable. Beide Songs klingen wie aufgehübschte Gitarren- und Gesangsdemos.
In einem Interview erklärte David Kushner, seine ersten Songs seien auf einem iPhone und mit billigen, kabelgebundenen Ohrhörern entstanden. Er fügte hinzu: »Ich mag diesen rohen, authentischen Ansatz.« Seine ersten beiden Singles fanden ihren Weg auf Kushners Debüt-EP Footprints I Found. Ende 2022 zählten die Songs eine halbe Milliarde Streams, und Kusher hatte fast eine Million Follower allein auf Spotify. Der US-Amerikaner war fast buchstäblich über Nacht von einem völlig Unbekannten zum Star durchgestartet.
Anfang des Jahres veröffentlichte Kushner den Ausschnitt eines neuen Song-Demos auf TikTok und puschte es mit dem Meme »Du siehst glücklicher aus; was ist passiert?«. Auch diese Sache ging viral, und eine finale Version musste umgehend realisiert werden. Das Ergebnis – Daylight – wurde am 14. April offiziell veröffentlicht und ist bis heute Kushners erfolgreichster Song mit wochenlangen Top-Platzierungen in zahlreichen Ländern.
Bug oder Feature?
Der Song Daylight wurde von Rob Kirwan produziert, bekannt für seine Arbeit mit Hozier und dessen Song Take Me To Church. Kushner ist ein großer Bewunderer Hoziers, und Daylight hat Ähnlichkeiten zu dessen Stimmung und Gesang. Der auffällige Hall und Kushners tiefe Baritonstimme erinnern auffällig an Hozier.
Mit seinem Klavierpart, der Pedalgeräusche und andere Artefakte enthält, sowie dem angezerrten Gesang besitzt auch »Daylight« eine deutlich wahrnehmbare Unvollkommenheit. Unser Gesprächspartner, der Mix-Engineer Jacob »Biz« Morris aus Atlanta nahm an, es handele sich um Aufnahmefehler und versuchte zunächst, einige dieser Artefakte zu beseitigen: »Man kann die Verzerrung im Raum und die der Mikrofonkapsel hören – er schreit wirklich in das Ding hinein. Ich habe mein Bestes getan, um den Song zu säubern, aber ich erhielt eine Info von David, die besagte: »Nein, nein, lass es dreckig klingen!« Der Refrain trägt den Song, und er wollte dort tatsächlich diesen richtig dreckigen Sound.
Ich nutze TikTok nicht und kannte somit auch nicht die ursprüngliche Version des Songs, die dort aufgetaucht war. Als ich sie schließlich hörte, dachte ich: »Ok, jetzt weiß ich, worauf er hinaus will.« Es klang wirklich grungy. Aber die Leute hatten sich das auf TikTok so angehört, und die Platte musste dazu passen.
Um den Song nicht zu poppig klingen zu lassen, habe ich den dreckigen Vibe nicht weiter angetastet. Tatsächlich habe ich die Vocals mit dem SoundToys Decapitator noch mehr aufgeraut. Außerdem beließ ich alle Störgeräusche auf dem Klavier. Letztlich ist es tatsächlich die Rohheit, die diesen Song so besonders macht.«
Morgens Hörsaal, abend Grammy-Verleihung.
Morris erinnert sich, dass er Anfang 2023 zum ersten Mal mit Kushner zusammenarbeitete: »Davids Manager fragte mich, ob ich seine Single Elk Grove mastern würde. David mochte meine Arbeit. Als feststand, dass Daylight veröffentlicht werden würde, bat mich sein Manager, den Song zu mischen.«
Morris mag als eine etwas merkwürdige Wahl erscheinen, da er eher für Rap- und Popmusik bekannt ist. Mit dem rauen und stimmungsvollen Singer/Songwriter-Material, oftmals mit nur sehr spärlichem Schlagzeug, wie es zu Kushners Markenzeichen geworden ist, brachte man ihn bis dato kaum in Verbindung.
»Ich komme aus Dallas, Texas, und hatte schon immer eine Vorliebe für Musik und Sound«, erinnert sich Morris. »Und ich war von der Musikproduktion fasziniert. Es hat mich wirklich interessiert, wie hinter den Kulissen ein toller Sound entsteht, und ich wusste schon in jungen Jahren, dass ich Toningenieur und Mixer werden wollte. Meine Mutter unterstützte mich und kaufte mir eine entsprechende Ausrüstung – als ich 14 war, hatte ich ein komplettes Pro Tools HD-System! Ich nahm die Sache sehr ernst und besuchte das Conservatory of Recording Arts and Sciences in Phoenix.«
Während seiner Zeit an der Hochschule arbeitete Harris als Engineer mit an Lecraes Album Rehab (2010). Es erschien bei Reach Records und wurde für einen Grammy Award als bestes Rock- oder Pop-Gospel-Album nominiert. Morris arbeitete auch an Lecraes Album Gravity (2012). Es wurde mit einem Grammy und einen Dove Award ausgezeichnet. Einen weiteren Grammy erhielt er für Lecraes Single Messengers (2014). »Es war irgendwie lustig, tagsüber in der Vorlesung zu sitzen und abends zu den Grammy Awards zu gehen«, erinnert sich Morris. »Nach der Hochschule kehrte ich zunächst nach Dallas zurück, zog aber wegen meiner Verbindung zu Lecrae und Reach Records schon bald nach Atlanta. Heute arbeite ich immer noch viel für Reach, beschäftige mich jedoch mittlerweile meist mit Künstlern auf anderen Labels.«
Outboard für alle!
Aktuell besteht ein Großteil von Morris Arbeit aus Abmischen und/oder Mastering, sowohl in Stereo als auch in Atmos. Morris arbeitet mit mehreren Assistenten in verschiedenen Räumen der Reach Records Studios in Atlanta. »Ich arbeite zu etwa 80 % im Rechner«, erklärt Morris: »Davor sitzt ein Burl-Wandler. Und ich benutze regelmäßig Outboard-Equipment. Meine Lieblings-Outboard-Geräte sind derzeit der Tube-Tech CL-1B und der Neve 1073. Wenn ich das Gefühl habe, einer Stimme fehlt etwas, schicke ich sie durch den Tube-Tech und den Neve. Auch David Kushners Gesang ist durch diese beiden Geräte gewandert. Meine Kicks schicke ich regelmäßig durch ein Drawmer MX40 Gate. Das liefert richtig Punch. Ich habe außerdem noch einen DBX160. Für eine Weile besaß ich einen Dangerous-Kompressor, habe ihn jedoch gerade verkauft.
Ich liebe den Sound, den man mit Outboard erzeugen kann, und denke, dass er einer vollständig rechnerbasierten Produktion überlegen ist. Außerdem genieße ich es, meine Geräte anzufassen. Wenn ich nur mit der Maus arbeite, finde ich keinen wirklichen Flow. Es gibt unendlich viele Plug-in-Presets, die man sehr einfach ausprobieren kann. Bei Hardware-Outboard muss man dagegen wissen, was zu tun ist, um gezielt einen perfekten Sound zu finden.
Darüber hinaus zwingt dich die Arbeit mit Outboard zu Entscheidungen: Es gibt hier keine Undo-Liste – was einmal aufgenommen wurde, lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Im Notfall hilft nur, neu aufzunehmen. Wirklich viel Outboard habe ich jedoch nicht – will ich ein Gerät für einen bestimmten Song verwenden, leihe es mir oder kaufe es. Damit meine Assistenten dieselbe Arbeitssituation haben, muss ich jedoch immer gleich drei Stück auf einmal kaufen! Das kann ziemlich kostspielig werden, und deshalb stoße ich die Geräte nach der Produktion meist wieder ab.
Mein Abhörsystem besteht aus PMC TwoTwo8, einigen Yamaha NS-10 und dem Trinnov Lautsprecher-Kalibrierungssystem. Mein Mix-Raum ist mit einem PMC Atmos-System ausgestattet. Weil ich mitunter das Gefühl hatte, der Mitteltonbereich würde mir fehlen, habe ich die ATCs und PMCs getestet. Allerdings baue ich gerade ein neues, von Gavin Haverstick entworfenes Studio und werde hier wieder auf Focal-Lautsprecher zurückgreifen. In der Vergangenheit habe ich mit Focal Trios gearbeitet. Die PMCs sind super, aber ich vermisse meine Trios einfach sehr. Ich kann ihnen zwölf Stunden ohne Ermüdung zuhören.
Die Dateien für Daylight erhielt ich am Geburtstag meines drittes Kind. Als dreifacher Vater möchte ich meinen Arbeitsablauf mit meiner Familie vereinbaren, nicht umgekehrt. Deshalb befindet sich das neue Studio direkt neben meinem Wohnhaus. Die Räume haben viele Fenster, und es wird vollständig für Atmos eingerichtet sein. Ich hoffe, dass ich nächsten Monat einziehen kann. Meine Assistenten werden dann weiterhin die vier Räume im Reach nutzen.«
Schnell und effizient mixen.
Zu Morris’ jüngsten Referenzen gehört David Crowder, davor auch viele weitere christliche Acts wie etwa Social Club Misfits, Nobigdyl, Andy Mineo, Switchfoot und Lecrea. Ein neuer und wichtiger Aspekt in Morris’ Geschäftskonzept ist sein Online-Mix-Portal GETMXD, auf der er für 500 Dollar Mixe nach Industriestandard anbietet (siehe Kasten auf Seite xx). GETMXD richtet sich an unabhängige Künstler, die mit geringen Budgets arbeiten: »Die Künstler laden ihre Dateien auf die MXD-Website hoch, und mein Team und ich erstellen den Mix. Es ist ein sehr effizientes Verfahren. Die Künstler sparen dadurch eine Menge Geld. Meist erhalte ich Pro-Tools-Sessions oder Audio-Files, die mit Ableton, Logic oder Ähnlichem erstellt wurden. Auch Daylight war eine Pro-Tools-Session. Am Tag, als ich die Files erhielt, sollte unser Baby kommen. Ich sagte zu Connor, meiner rechten Hand: ›Wir müssen das unbedingt hinbekommen.‹ Also bereitete einer meiner Assistenten sofort die Session für mich vor. Das bedeutet im Wesentlichen Farbcodierung, Beschriftung, Routing und das Ablegen der Aufnahmen in Ordnern.
Grundsätzlich sollen meine Assistenten die Spuren nicht bereinigen, denn die Leute schätzen vielleicht die vorhandenen Hintergrundgeräusche oder andere Artefakte. Ausnahmen sind richtig große Pop-Tracks oder etwas Ähnliches. Die Entscheidung darüber will ich jedoch selbst treffen. Wie schon gesagt, gab es bei Daylight eine Menge Geräusche auf dem Klavier, aber der Sound war toll, und die Artefakte unterstrichen die Stimmung des Songs. Die einzige Stelle, die David tatsächlich bereinigt haben wollte, ließ sich jedoch aus technischen Gründen nicht entsprechend bearbeiten – also haben wir es so gelassen.
Mein Team verwendet ein Pro-Tools-Template, welches hauptsächlich aus einem Routing und Ordnern besteht. Außerdem beinhaltet es eine Reihe von Aux-Effektspuren, die ich jederzeit einfügen kann. Auf ihnen befinden sich Valhalla Room, Vintage-Verb und -Plate, einige SoundToys Echoboy-Delays (1/8, 1/4 und 1/2 Note und Slap), das Waves H-Delay und der Waves Doubler sowie drei verschiedene Audio Ease Altiverbs. Mit diesem vorgegebenen Routing und allen wichtigen Tools darin startbereit lässt sich sehr schnell arbeiten. Zudem sind die Sessions so organisiert, dass wir jederzeit einen Mix ausspielen können, sollten Labels vorzeitig nach Ergebnissen fragen.«
Morris betont wiederholt, wie wichtig eine gute Organisation des Mix-Prozesses ist: »Künstler können jederzeit Änderungen wünschen, und man muss in der Lage sein, sie sofort machen zu können. Ich habe schon viele Leute gesehen, die es verbockt haben, nur weil sie nicht gut genug organisiert waren. Natürlich passt das, was für mein Team und mich funktioniert, nicht unbedingt für andere. Jeder hat seinen eigenen Workflow.
Ganz oben in der Session habe ich immer die Referenzspuren angeordnet. Darunter ist alles in Ordnern organisiert. Meine Sessions beginnen mit einem Bass-Ordner mit allen Bass-Spuren, einschließlich Synth-Bass. Dann folgt ein Drum-Ordner. Gibt es Live-Drums, habe ich auch dafür einen Ordner. Weitere folgen mit allen Instrumenten, wie etwa Gitarren und Keyboards. Schließlich gibt es noch »All Vox« für sämtliche Vocals. Vervollständigt wird die Session mit dem Mix Bus-Ordner, der Master-Spur und schließlich einer Print-Spur.
Ist die Session vorbereitet, beginne ich mit dem Abmischen. Dazu höre ich mir den Song ein paar Male an und versuche, eine Vorstellung davon zu bekommen, wo der Künstler mit dem Song hin will. Diese Einschätzung ist für die Musik sehr wichtig. Es gibt Künstler, die bereits 12, 14, 16 oder sogar 48 Stunden mit der Erstellung ihres Rough-Mixes verbracht haben. In 90 % der Fälle stimmt der Sound schon sehr gut, und meine Arbeit beschränkt sich auf ein paar Lautstärke-Korrekturen sowie Feinheiten auf dem Master-Bus.
Was der Künstler haben möchte.
Üblicherweise sehe ich unsere Aufgabe als Mixer darin, den Sound eines Tracks zu verdichten und zu optimieren – nicht, ihn neu zu erfinden. Es hängt natürlich davon ab, was der Künstler wünscht, aber ich denke, als Mixer ist es nicht die Hauptaufgabe, kreativ zu sein. Es geht vielmehr darum, die Vision des Künstlers und seines Songs zu verstehen und sie umzusetzen. Manche Mixer wollen kreativ sein und verbringen vier, fünf, sechs oder sieben Stunden mit einem Mix, und ich sage dann: ›Du machst zu viel, konzentriere dich einfach darauf, was der Künstler haben möchte.‹ Deshalb befindet sich ganz oben in der Session immer der Rough-Mix zum direkten Vergleich. Nach ihm muss ich mich unbedingt richten! Ein Kunde hat sich seinen Rough-Mix wahrscheinlich über 300 Mal angehört! Ich kann also mit meinem Mix nicht einfach eine klangliche Kehrtwendung machen. Alle Korrekturen müssen entsprechend feinfühlig erfolgen.
Normalerweise klingen die Rough-Mixe, die ich erhalte, schon sehr gut. Ich bringe sie einfach auf die nächste Ebene, indem ich die entscheidenden Elemente an den richtigen Punkten hervorhebe. Meist nimmt das optimale Herausarbeiten der Vocals den größten Teil dieser Arbeit in Anspruch. Das Optimieren der Instrumente ist in der Regel recht schnell erledigt.«
Schnellschuss.
Bei Daylight ist Morris aus mehreren Gründen von seinem üblichen Workflow abgewichen: »Der Song wurde am Tag vor der Mix-Session aufgenommen, es ging also alles sehr, sehr schnell. Für den Mix, das Mastering und den Atmos-Mix waren nur ein paar Tage Zeit. Es war echt ein Schnellschuss. Normalerweise höre ich mir einen Song an, bevor ich den Mix zusage. Hier gab es dazu keine Gelegenheit. Ich musste mit dem Mix anfangen, noch während an Davids Vocals geschnitten wurde. Die fertigen Vocals habe ich in den Mix eingebaut, was einen zusätzlichen Arbeitstag notwendig gemacht hat. Danach bearbeitete ich das Piano als zweitwichtigstes Element des Songs. Schließlich folgten Backing-Vocals, Drums, Bass und die restlichen Instrumente. Zwischendurch checke ich natürlich sämtliche Elemente gegen.«
Morris beschreibt die Bearbeitung und den Mix von Daylight noch etwas genauer und beginnt mit den Lead-Vocals: »Ich habe Davids Gesang mit dem 1073 und dem CL-1B bearbeitet, wobei ich die Höhen ein wenig angehoben habe. Zurück im Rechner, wurden die Vocals mit dem FabFilter Pro-DS entschärft und dann mit einem UAD LA 2A-Plug-in noch etwas mehr komprimiert. Auf vielen Spuren gab es bereits Hall, so auch auf den Vocals. Dennoch habe ich noch etwas mehr Hall aus dem Valhalla Room und aus Altiverb darübergelegt.
Die beiden neuen Takes der zweiten Strophe wurden unmittelbar vor dem Mix mitten in der Nacht in Logic aufgenommen. Sie klingen minimal anders – es ist etwas mehr Raum darauf. Ich habe sie ebenfalls durch meinen CL-1B und den 1073 geschickt und sie mit dem Decapitator noch etwas rauer gemacht. Außerdem wurde der Klang mit zwei FabFilter Pro-Q3 EQs angepasst.
Das Piano ist ziemlich ausgiebig bearbeitet. Es erhielt ordentlich Kompression mit dem UAD Shadow Hills Mastering-Kompressor. Mittels UAD Ampex ATR-102 und Decapitator habe ich den Raumklang und den Schmutz noch stärker herausgearbeitet. Das hat den Vibe des Tracks verbessert. Die Höhen habe ich mit dem Pro-Q3 angehoben und schließlich den Valhalla VintageVerb daraufgelegt.
Das Wichtigste zuerst.
Danach kamen Drums und Bass an die Reihe. Das gesamte Schlagzeug ist mit FabFilter Pro-C2 und UAD Fatso komprimiert und mit einem FabFilter Pro-Q3F als Hochpass bearbeitet. Auf der Kick liegen Pro-C2 und Little Labs Voice of God – ein hervorragendes Plug-in. Der Decapitator unterstützt auch bei den Drums den Vibe. In der dritten Hook gibt es einen sehr fetten Bass. Dessen Höhen und Tiefen wurden mit dem UAD Cambridge EQ angehoben. Außerdem hört man einen richtig kräftigen Synth-Bass, der mit Altiverb ein wenig entschärft und in den Hintergrund bewegt wird, um genügend Raum für Vocals und Piano als Hauptelemente des Tracks zu belassen.
Man findet im Song noch einige Hintergrundelemente – etwa akustische Gitarren-Swells –, die allerdings fast unhörbar sind und vor allem die Stimmung des Songs prägen sollen. Auf dem gesamten Instrumenten-Ordner liegt das UAD-Studer Plug-in – auch hier, um den Vibe zu verstärken. Als Hip-Hop-affiner Produzent sind mir natürlich Bässe und Drums sehr wichtig. Einer der Gründe, weshalb so viele Kunden aus anderen Genres bei mir anfragen, liegt vermutlich darin, dass sie dieses Hip-Hop-Low-End haben wollen.
Mix-Bus und Mastering. Auf meinem Mix-Bus liegen das Jaycen Joshuas The God Particle Plug-in und der FabFilter Pro-L2 für die Lautstärke. Da ich wusste, dass ich Daylight auch mastern würde, habe ich nicht allzu viel am Mix-Bus gemacht, sondern einfach den Waves L2 abgeschaltet und dann den Mix ausgegeben. Für das Mastering verwende ich eine separate Session mit entsprechendem Template. Einziges, standardmäßig darin enthaltenes Plug-in ist das TC Electronic Clarity Meter. Beim Mastering einfach nur ein Template mit einer ganzen Reihe von Plug-ins zu öffnen, wird der Sache einfach nicht gerecht. Es ist immer eine individuelle Herangehensweise notwendig. Manchmal braucht es nur ein bisschen Kompression und Limiting, manchmal jedoch auch wesentlich mehr. Für Daylight verwendete ich Oeksound Soothe 2, um die tiefen Mitten zu säubern, und den UAD Oxford Inflator, um insgesamt etwas mehr Crunch zu erhalten. Außerdem sind FabFilter Pr-Q3 und UAD Curve Bender EQs im Einsatz. Schließlich gebe ich dem Ganzen mit dem FabFilter Pro-L2 noch mehr Lautheit. Früher habe ich die Dangerous-Sachen benutzt, das Mastering von Daylight erfolgte jedoch vollständig im Rechner.«
Atmos-Mix
»Für Atmos-Mixe verwende ich eine eigene Pro Tools-Session«, erklärt Biz. »Sie enthält alle Stems sowie die Einzelspuren des Songs. Im Bedarfsfall kann ich Letztere einfach für bestimmte Zwecke mitnutzen. Die Atmos-Session enthält nur Spuren, die aus der Mix-Session ausgespielt wurden. Da es nämlich vorkommen kann, dass wir Atmos-Sessions an Labels schicken müssen, soll sichergestellt sein, dass sie die Session dort öffnen können. Deshalb dürfen sie keine Plug-ins enthalten.«
Online-Mixing – die GETMXD-Webseite
Vor ein paar Monaten startete Morris seine GETMXD-Website und bietet dort kostengünstiges Online-Mixing an. Stereo- und Atmos-Mixe kosten 500 Dollar pro Song, Mastering 125 Dollar. Revisionen werden mit jeweils 30 Dollar berechnet. Für die Arbeit eines Grammy-ausgezeichneten Mix-Engineers erscheinen diese Preise äußerst attraktiv. Morris sagt dazu: »Ich möchte Independent-Künstlern helfen, ihre Musik wirklich gut klingen zu lassen. Die Musik ist oftmals großartig, allerdings nicht unbedingt der Sound – meist, weil sich keine Möglichkeit für amtliches Mixing und Mastering bietet. Hier komme ich ins Spiel: Ich habe einen sehr effizienten Workflow entwickelt, der es mir möglich macht, diese Dinge sehr preisgünstig anzubieten.
Fünfhundert Dollar für einen Mix klingt verrückt, aber es ist machbar. Für die GETMXD-Webseite haben wir ein System entwickelt, welches vor allem die Dateiverwaltung und die Kommunikation – beides große Zeitfaktoren – vereinfacht. Die Mixe teilen meine rechte Hand Connor, meine beiden Assistenten und ich unter uns auf. Wir sind ein sehr gutes eingespieltes und dementsprechend schnelles Team. Der Erfolg von Daylight hat natürlich für große Nachfrage gesorgt. Pro Monat bearbeiten wir bis zu 30 oder 40 Songs. Das meiste passiert über Mundpropaganda, denn ich bin kein großer Fan Sozialer Medien und bewerbe deshalb die Webseite nicht wirklich. Wenn Anfragen kommen, ist es gut – wenn nicht, ist es auch gut.«