Mixpraxis

Jason Goldstein -Amerikanischer R&B/Hip Hop-Mixer

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Jason Goldstein gehört zu den aufstrebenden Stars unter den amerikanischen R&B/Hip Hop-Mixern. Noch mag er nicht den Rang eines David Pensado oder Tony Maserati haben, aber die Liste seiner Auftraggeber ist kaum weniger eindrucksvoll. Seit Beginn seiner Karriere in den 90ern arbeitete der 36-jährige New Yorker mit Größen wie Jennifer Lopez, LL Cool J, Rihanna, Mary J Blige, The Roots, Jay-Z, Tony Braxton, B Rich und – ganz besonders erfolgreich – mit Beyoncé.

Jason Godstein

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Du musst eben Platz schaffen. Du musst Levels und EQ einsetzen, um Raum zu schaffen – darum geht es

„B’Day ist mein bisher größtes Album”, bemerkt Jason Goldstein nicht ohne Stolz, und seine Freude ist durchaus nicht grundlos: Beyoncés zweites Soloalbum verkaufte sich weltweit 3,5 Millionen Mal und erhielt einen Grammy als „Best Contemporary R&B Album”. Goldstein mixte zehn der elf Albumtracks, einschließlich des weltweiten Smash Hits „Déjà Vu” (nominiert für Grammys in den Kategorien bester R&B-Song und beste Rap/Gesang-Zusammenarbeit), „Ring the Alarm” (nominiert für Best Female R&B Vocal Performance) und des Songs Irreplaceable, der zehn Wochen lang die US-Charts anführte. Ja, mit B’Day ist Goldstein ein wirklich großer Wurf gelungen.

Pre-Mix: Die Anfänge

Sein langer Weg an die Spitze begann, als Goldstein Anfang der 90er von seiner Heimatstadt Washington D.C. nach Los Angeles umsiedelte. Der damalige Teenager hatte auf eine Jobanzeige eines ihm unbekannten Studios geantwortet. Wie sich herausstellte, handelte es sich dabei um das legendäre Ocean Way.

Der noch junge und naive Jason Goldstein hatte „keinen Schimmer vom Rang dieses Studios”, der sich ihm jedoch bald offenbaren sollte, als sich so illustre Persönlichkeiten wie Phil Ramone, Rick Rubin, Arif Mardin und Don Was im Regieraum die Klinke in die Hand gaben. Goldstein sperrte Augen und Ohren weit auf, legte Nachtschichten ein, räumte auf und richtete das Equipment für die Session am nächsten Morgen. „Ich versuchte, so viel wie möglich aufzuschnappen. Ich hatte großes Glück”, so Jason Goldstein heute.

Seine Fähigkeiten als Toningenieur verfeinerte Goldstein also „ganz old-school, im praktischen Einsatz”. Diese Ausbildung legte auch das Fundament für seinen gegenwärtigen Erfolg, denn sie gab ihm „ein besseres Verständnis dafür, wie Sachen zu klingen haben. Wenn ich es heute mit Samples oder schlecht aufgenommenen Instrumenten zu tun bekomme, weiß ich, wie’s eigentlich klingen sollte.”

Schließlich zog er nach New York, wo er Verbindungen zum legendären Hip Hop-Produzentenduo The Track Masters knüpfen konnte, das es ihm ermöglichte, sich aufs Mischen zu spezialisieren. Heute arbeitet Goldstein hauptsächlich in den New Yorker Sony Music Studios, und das, obwohl er sich kürzlich entschloss, fortan komplett im Rechner zu mischen.

Hart und soft

„Du brauchst immer noch die Akustik eines Studios”, erklärt Goldstein. „Für einen wohlklingenden, korrekt designten Raum gibt es einfach keinen Ersatz. Außerdem kann ein Pro-Tools-System schon mal abstürzen, und dann ist es nett, den Kundendienst eines großen Studios vor Ort zu haben. Und dann ist da natürlich dieser gewisse Vibe.

Gerade bei der Musik, die ich mische, ist der ‚Wow’-Faktor extrem wichtig; ich brauche also große Boxen. Kunden gefallen Räume wie der hier in den Sony Music Studios mit Augsperger Speakern für 60.000 Dollar und einer Lounge mit Flat-Panel-TV. Die SSL9000- Konsole im Sony benutze ich nur noch als riesigen Monitoring-Mischer. Den Kunden ist egal, ob ich das Pult benutze oder nicht – die wollen einfach nur in einem großen Studio sitzen.”

Der ein oder andere Studiobesitzer mag den vorangegangenen Absatz mit Erleichterung gelesen haben, scheint er doch großen, wohlausgestatteten Studios eine geschäftliche Zukunft zu verheißen. Warum aber zahlt Goldstein viel Geld für eins der weltweit führenden Studios mit SSL-Konsole der Spitzenklasse und entschließt sich dann, die im Preis inbegriffene Technik nicht mehr zu nutzen? „Hauptsächlich aus zwei Gründen”, antwortet Goldstein. „Bis vor Kurzem hab ich nicht ernsthaft geglaubt, dass ich dieselbe Qualität ‚in-the-box’ erreichen könnte. Und ich rede jetzt nicht mal von digitaler Summierung oder zu geringer Auflösung. Ich meine, dass ich Probleme sah, von Plug-ins dieselbe Klangqualität wie von Outboard-Effekten zu bekommen. Aber in den letzten paar Jahren haben die Hersteller neue Plugins auf den Markt gebracht, mit deren Sound ich vollauf zufrieden bin. Tatsächlich klingen Plug-ins in mancher Hinsicht inzwischen besser.

Durch die Labels bzw. die Kunden sind uns allen mehr oder weniger die Hände gebunden. Wenn du David Pensado, Chris Lord-Alge oder Tony Maserati heißt, bekommst du vielleicht zwei oder drei Tage, um eine Aufnahme zu mischen. Aber ich kriege üblicherweise nur einen Tag. Und wenn alles rechnerintern abläuft, kann ich acht oder zehn Stunden in einen Mix investieren, und wenn nötig, kann ich am nächsten Tag auf eigene Kosten zurückkommen und in zwei Stunden Verbesserungen machen, die ich früher noch am vorangegangenen Abend hätte machen müssen und die mich locker sechs Stunden gekostet hätten, einfach weil die Ohren ermüden.

Tja, und dann hab ich bei Beyoncés Album acht Songs gemischt, bevor sie abgesegnet wurden. Als sie und ihre Produzenten am Ende ins Studio kamen, um sich die Mixes anzuhören, musste ich alle Songs aus dem einen oder anderen Grund wieder aufrufen. Teilweise gab es generelle Kommentare zum Vibe des Songs, aber manchmal waren es ganz kleine Dinge, wie z. B. eine einzelne Note in der Bridge, die einen Tick lauter sein sollte. Und so musste ich das ganze Outboard wieder einrichten und die SSL-Pult-Automation laden – für acht Songs und auf den allerletzten Drücker. Das hat eine Menge Zeit gekostet.”

Deshalb, sagt Goldstein, war B’Day das letzte Album „mit einem Hybrid-Setup aus Plug-ins und Outboard. Alles danach war 100% in-the-box.” Goldstein ist nach eigenem Bekunden „ein ziemlicher Minimalist”. Ihm ist es hauptsächlich wichtig, die vom Produzenten verwendeten Sounds zu respektieren und nicht gleich zu „Taschenspielertricks” zu greifen.

Er zieht es vor, es mit Outboard nicht zu übertreiben; sein über die Jahre zusammengestelltes Rack mit Spezialgeräten wirkt vergleichsweise bescheiden. Als die B’Day-Songs bei ihm eintrafen, umfasste sein Rack noch die folgenden Geräte: Pendulum Audio 6386,TC M3000,TC 1220, TC Finalizer, Alan Smart C2 Compressor, den SPL Transient Designer, zwei Empirical Labs Distressors und einen Manley Massive Passive. Goldstein ist darüber hinaus stolzer Besitzer von JBL LSR6328p Monitoren.

Gewöhnlich schaffe ich es innerhalb der ersten paar Stunden, die Aufnahme ziemlich gut klingen zu lassen. Und dann fängt der eigentliche Spaß erst an

Mix-Vorbereitungen

„Ich finde, man sollte mit dem arbeiten, was man bekommt, und es so gut klingen lassen, wie es eben geht”, erklärt Goldstein. „Wenn ich einen Mix erhalte, betrachte ich zuerst einmal das Edit-Window und schaue, wie gut die Spuren aufgenommen, arrangiert und beschriftet wurden. Damit fange ich an – auch weil immer mehr in Heimstudios aufgenommen wird. Ist alles an einem Temporaster ausgerichtet? Wenn nicht, muss ich vielleicht Sachen durch den Beat Detective jagen und meine eigene Tempo-Map anlegen, falls ich später Edits machen möchte.

Wenn Spuren nicht das sind, was draufsteht, höre ich mir jeden Track einzeln an und beschrifte ihn selber. Wie du auf den Screenshots siehst, ordne ich die Spuren im Edit-Window genauso, wie ich das bei einem Pult tun würde: Die Drums sind ganz links, dann der Bass, andere Rhythmuselemente, und dahinter alles, was über einen Großteil des Songs zu hören ist. Aus Gewohnheit lege ich die Vocals immer auf Kanal 23 und 24 im Mixer. Die Background-Vocals beginnen dann rechts von der Mitte; irgendwelche Instrumente, die nur gelegentlich einsetzen, kommen ganz nach rechts.”

„Wenn alles so ist, wie ich es mag, und dort, wo es sein soll, stelle ich alle Fader auf die Nullposition, lasse den Song laufen und höre auf das, was ich dabei empfinde. Danach widme ich mich den Drums und sehe zu, dass die für sich alleine richtig gut klingen. Allmählich kommen dann andere Elemente dazu, wobei ich die Vocals schon relativ früh rein-bringe, denn ich hatte mal diese Angewohnheit, unglaublich klingende Instrumentals zu mischen, und wenn ich danach die Gesangsspuren aufzog, war es schwierig, sie in den Mix einzufügen.

Du musst eben Platz schaffen. Du musst Levels und EQ einsetzen, um Raum zu schaffen – darum geht es. Ich höre mir die Spuren kaum solo an, außer wenn ich nervende Frequenzen höre, die mich stören, und ich herausfinden will, wo die herkommen. Es sind also alle Spuren aktiv, und ich versuche, alles im Kontext des Gesamtmixes zu equalisieren. Gewöhnlich schaffe ich es innerhalb der ersten paar Stunden, die Aufnahme ziemlich gut klingen zu lassen. Und dann fängt der eigentliche Spaß erst an. Mit Pro Tools hast du den Luxus, dass du jede Stunde einen Mix auf die Platte brutzeln kannst; wenn du dich in eine Richtung verfranzt hast, kannst du immer wieder auf einen früheren Mix zurückgehen und von dort aus wieder aufbauen.

Déjà Vu

Im Grunde ist der Song eine Quincy-Jones-Hommage und erinnert an seine Arbeit mit Michael Jackson vor Thriller. Beyoncé wollte unbedingt, dass der Track ein ‚Street Feel’ besitzt. Über dem Bassdrum-Pattern gibt es eine 808 und einen klasse eingespielten Bass, der richtig abgeht. Die Bläser sind ebenfalls echt. Das potenzielle Problem bei so einer Aufnahme ist, dass die Drum- und Bass-Patterns sehr voll sind und die vielen darin enthaltenen Frequenzinformationen die Dynamik und die Klarheit herabsetzen. Das war meine große Herausforderung.

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Text und Musik: Beyoncé Knowles, Rodney Jerkins, Delisha Thomas, Makeba, Keli Nicole Price, Shawn Carter Produzenten: Beyoncé Knowles, Rodney Jerkins gemischt in den Sony Music Studios, NY, veröffentlicht im Juni 2006, UK-Charts Platz 1, US-Charts Platz 4

Ich war sehr besorgt und redete mit Rodney und Beyoncé darüber, dass, wenn der Mastering Engineer seinen Limiter auf den Mix loslässt, um für Lautheit zu sorgen, der Bassbereich ebenfalls lauter werden würde, und dass damit dieser besondere Schmiss verschwinden könnte, der diesen Track so großartig macht. Letztlich hab ich dann ein paar Versionen gemacht, bei denen die 808 leiser gemischt ist, und die haben sie dann auch benutzt.

Drums

Es gibt da etwas, das wie ein Loop klingt, aber das ist ein Hi-Hat-Pattern, das ich durch einen Distortion-Effekt gejagt habe, damit es Lo-Fi und weniger statisch klingt. Rodney programmiert wie ein Schlagzeuger, es kann jederzeit zusätzliche Fills oder kleine Variationen in den Patterns geben. Ich hab die Drums deshalb wie ein echt eingespieltes Schlagzeug behandelt, was mir großen Spaß bereitet hat. Auf dem Bildschirm siehst du, dass es fünf Bassdrums gibt. Rodney schichtet sie.

Es kann sein, dass er eine ganz leise programmiert und dann weitere triggert, um das Feel zu erzeugen, das ihm vorschwebt. Aber dann gibt es kleine Variationen, weil ein paar Kicks zeitweise aussteigen, was das Feel verändert. Ich hab da eine dreckige Bassdrum, eine cleane und noch eine, die eher so etwas wie ein Click ist. Wenn eine aussetzt, klingt ein Beat etwas anders, wodurch das Ganze mehr wie ein echter Drummer klingt, der ja auch nicht jedes Mal exakt gleich zuschlägt.

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Bassdrum à la Goldstein: mehr Bass, weniger Tiefmitten, Höhen gleich doppelt geboostet für den Extra-Click

Die Schwierigkeit für mich war, das Pattern zum Bass und zur 808 passend zu machen. Das waren nämlich lange 808-Sounds, die über mehrere Beats hinweg gingen. Also hab ich mit dem EQ alles außer den Tiefbässen abgesenkt und ein Gate dahinter gehängt, das von einer der kurzen Bassdrums ausgelöst wurde, die die ganze Zeit spielte. Damit ist die 808 nur zu hören, wenn auch die Kick spielt.

Wie bei vielen Mix-Engineers beschwerten sich Kunden, meine Mixes seien nicht laut genug. Ich weiß nicht, warum das eine Rolle spielt, denn nachher im Mastering werden die Mixes ja sowieso noch laut gemacht

Dann hab ich die Release-Zeit zurückgedreht und damit das Ausklingen der 808- Schläge verkürzt. Das hat den Bassbereich aufgeräumt und Bewegungsfreiheit für den Bass geschaffen. Es ist nämlich eine so tolle Bass-Line, dass ich den Bass sogar in etwas höheren Frequenzen betont habe, als ich das normalerweise auf einer R&B-Aufnahme tun würde, damit der Bass mehr Präsenz erhält. Er hält den Song echt in Bewegung. Mit den Bassdrums hatte ich sowieso genug Tiefengehalt, an Bässen mangelt es dem Song nicht. Wäre diese Aufnahme komplett im Rechner gemischt worden, würdest du mehr Plug-ins sehen, aber hier ist ein Beispiel meiner Arbeitsweise.

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Hüllkurven-Kneten mit dem Sony Transient Modulator macht EQ und Kompressor oft überflüssig.

Ich verwende normalerweise den URS EQ auf der Bassdrum und hebe bei 30 oder 60 Hz an. Bei 300 Hz senke ich ab, um Platz für die Bassgitarre zu schaffen. Bei 5.000 Hz hebe ich gleich zweimal an, einmal mit einem Glokkenfilter und noch einmal mit einem Kuhschwanzfilter – da siehst du, dass ich einfach die Knöpfe drehe, bis es gut klingt! So bekommt die Bassdrum diesen Snap.

Der Sony Oxford Transient Modulator ersetzt nun den Transient Designer in meinem Rack. Das Plug-in formt die Hüllkurve des Sounds; mit der Ratio von 0,20 wird der Attack der Bassdrum betont. Denselben Effekt benutze ich auch auf dem Finger-Snap. Es wird wirklich die Hüllkurve verändert. Wenn bei der Aufnahme das Mikrofon der Bassdrum zu weit entfernt stand, kannst du den Attack verstärken, und es klingt, als ob man das Mikro näher zum Schlägel rücken würde.

Ich benutze dieses Plug-in auch oft auf Akustikgitarren. Wenn die Gitarren nur Rhythmus spielen und sie zu perkussiv klingen, kann ich den Slider runterziehen und den Attack reduzieren, ohne komprimieren zu müssen. Das mach ich oft. Das hängt mit dem Lautheitseindruck zusammen. Wenn du den Attack betonst, klingt’s lauter, und der Sound setzt sich besser im Mix durch, ohne dass du die Lautstärke anheben musst. Außerdem brauchst du weniger EQ und hast damit weniger Phasenverschiebungen.

kicks-und-bassspuren
In den tiefen Frequenzen tummeln sich fünf Kicks und zwei Bassspuren.

Für die Drums hab ich auch meinen Alan Smart C2 Compressor benutzt. Der hat diesen „Crush”-Modus, bei dem ein übersteuerter Feldeffekttransistor Verzerrungen erzeugt. Ich bin ein großer Fan davon, Distortion in kleinen Dosen hinzuzugeben. Röhren verzerren harmonischer, während Transistoren und Class-A-Geräte aggressiver zerren. Ich glaub, das ist auch, warum viele Jungs immer noch gern auf dem SSL4000 mischen – diese Pulte sind immer kurz vorm übersteuern. Das gibt dem Mix eine gewisse Aggressivität.

Bei ‚Déjà Vu’ hab ich also die ganzen Drums durch den Alan Smart geschickt; den Attack hab ich sehr lang gewählt, damit alle Transienten durchkommen, aber die Release-Zeit ist sehr kurz, sodass die Dynamik der Drums verändert wird. Und zum Schluss hab ich dann den Crush-Knopf gedrückt, um das Ganze agressiver klingen zu lassen. Während des Mischens hab ich die unkomprimierten und die komprimierten Drums parallel gefahren und den Pegel der komprimierten Drums je nach Songabschnitt variiert. Du kannst den Chorus herausheben, indem du ihm ein anderes dynamisches Feel gibst.

Bass

Zusätzlich zum echten, eingespielten Bass gibt es noch einen Sub-Bass, so etwas wie einen Moogerfooger. Ich hab nicht viel Gebrauch davon gemacht, weil es mit der Kick und der 808 zusammen schon zu viel war. Die Herausforderung lag darin, das Ganze trotz der vielen verschiedenen tieffrequenten Elemente dynamisch klingen zu lassen. ‚Bass 4.02’ ist der eingespielte Bass; die Nummer bedeutet vermutlich, dass es der vierte Take war. Du siehst, dass ich den URS EQ und den Oxford Compressor/Limiter darauf benutze. Die machen, was man von ihnen erwartet.

Am Oxford hab ich den ‚Warmth’-Knopf gedrückt, um zusätzliche Obertöne zu erzeugen, die den Bass präsenter und durchsetzungskräftiger machen. Der Renaissance Compressor  wird von der Bassdrum getriggert. Das mach ich oft, wenn sich der Bass mit der Kick überschneidet. Mit jedem Schlag der Bassdrum wird der Bass kurz um etwa 2 dB abgesenkt. Wenn du einen Bass hast, der so sehr im Vordergrund spielt wie auf dieser Aufnahme, kannst du dir nicht genug Mühe geben.

Rein in die Kiste

Seit er B’Day mischte, hat Goldsteins Outboard-Equipment, abgesehen von seinen JBLs, Staub angesetzt. „Innerhalb des letzten Jahres hab ich für all meine Outboard-Geräte Ersatz gefunden“, sagt Goldstein. „Die URS EQs sind ausgezeichnet zur allgemeinen Klangformung, von denen bin ich ein großer Fan. Was ich nicht so mag, sind Parametric-EQ-Plug-ins, denn da kann man die Filtergüte so eng einstellen, dass es zu Phasenverschiebungen kommt. Wenn du überall Parametric-EQs einsetzt, bekommst du ernste Probleme. Breitere Eingriffe klingen einfach musikalischer.

Von URS gibt es auch eine exzellente API-Neve-Emulation, von der ich nicht finde, dass sie wirklich nach API-Neve klingt, aber sie klingt trotzdem toll. Ich mag auch die Oxford Plug-ins sehr, besonders für Vocals. Der Compressor/Limiter ist wirklich klasse. Den neuen Waves SSL Compressor mag ich ebenfalls, den verwende ich neuerdings anstelle des Alan Smart als Kompressor für die Drums-Subgruppe. Impact von Digidesign ist auch ziemlich gut. Du muss dir ein bisschen mehr Mühe geben, weil es nicht diese Transistor-Verzerrung hat. Aber du kannst ja mit Amp-Farm deine eigene Distortion hinzufügen und hast praktisch denselben Effekt. Ich benutze auch das Cranesong Phoenix Plug-in viel; das ist die beste Emulation von Analogband, die ich bisher gehört habe.

Lange Zeit war mein größtes Problem, dass ich kein Reverb-Plug-in finden konnte, das dieselbe Qualität bot wie externe Hardware. Das war mir ein Rätsel, wo doch die meisten Reverbs sowieso digital sind; warum konnten die nicht einfach dieselben Algorithmen in ein Plug-in einbauen? Aber dann fällt dir ein, dass Hardware 3.000 Doller kostet und ein Plug-in vielleicht 600 Dollar. Das Lexicon 960 kostet sogar 10.000 Dollar, aber so toll das Teil auch klingt, ist es doch nur ein Algorithmus, und die heutigen Computer haben genug Rechenleistung für so ziemlich alles.

Erst im letzten Jahr sind wirklich gute Reverb-Plug-ins erschienen. Wenn dein Reverb nicht gut genug ist, sumpft es dir die ganze Aufnahme zu; vielleicht merkst du es nicht einmal, bis es zu spät ist. Ich bin kein Fan von mittigem Wölkchen-Hall und schon gar nicht von diesen aufgeblasenen 80er-Reverbs. Ich mag Klarheit. Ich will den Hall nicht vordergründig hören. Ich finde, viele Reverbs klingen wie ein Effekt. Du kannst jetzt aber Tonnen von TC-Plug-in-Hall verwenden, und der Klang wird einfach nur größer. Ich hab früher auch das Lexicon PCM70 gerne benutzt, das nur mit 8 Bit arbeitet (das PCM70 verfügt bereits über 16-Bit-Wandler; Anm. d. Übersetzers) und ein bisschen dreckig klingt, aber Dinge gut miteinander verbindet.

Ein bisschen PCM70 hab ich auf so ziemlich allem verwendet, was ich je gemacht habe, wobei ich das Tiled-Room-Setting verwendet habe, einen sehr kleinen Raum. Dafür hab ich nun auch eine Emulation gefunden. Ich hab im TCR 3000 ein Programm namens Tight & Natural modifiziert, indem ich die Höhen etwas reingedreht und an der Delay-Einstellung rumgeschraubt habe.“

Piano

Durch den gesamten Song klimpert ein Klavier. Es ist in Mono, und ich ließ es durch den Waves PS22 Spread laufen, um das Stereobild zu verbreitern. Bei den meisten Popsongs hast du viele Sachen gleichzeitig laufen, aber dieser Track, so belebt er auch wirkt, ist eigentlich ziemlich leer. Es gibt nicht viel, was die ganze Zeit über spielt, außer den Drums, dem Bass und dem Klimper-Klavier. Indem ich das Stereobild des Pianos verbreiterte, hab ich mehr Raum geschaffen für die Lead-Vocals in der Mitte.

Vocals

‚BLD1C001’ auf Track 24 sind die Lead-Vocals mit nur ein bisschen De-Esser drauf. VxFX ist das Delay, das du auf Beyoncés Lead-Vocals hörst. Mit Echo-Farm Dynamic Stereo Delay erzeuge ich ein bisschen Tiefe, Charakter und Breite für den Gesang. Dynamische Delays nennt man auch ‚Ducked Delays’, weil sie vom Signal geduckt (d. h. im Pegel abgesenkt) werden und nur am Ende von Wörter und Phrasen nach vorn treten. Ich benutze fast nie normale Delays, außer als offensichtlichen Effekt.

Ich hab außerdem den Avalon 2055 EQ und meinen Pendulum Audio Compressor auf Beyoncés Vocals benutzt, weil sie manchmal einen Tick zu schrill und aggressiv klingen kann; der Röhrenkompressor glättet das ein bisschen und nimmt diesen Stellen das Kantige. Track 23 ist die Ad-Lib-Spur; auf der hab ich den De-Esser benutzt, dann geht’s raus in den Avalon 2055, rein in den Pendulum Kompressor und schließlich ins Pult. Beyoncé muss die Vocal-Takes an zwei verschiedenen Tagen aufgenommen haben; ein Take geht in Audio 17, wo ich mit dem Oxford-EQ die Klangunterschiede ausgleiche.

Gesamtmix

Aux 1 ist mein Stereo-Bus. Den Oxford 3- Band-EQ hab ich benutzt, um den Klang des jeweiligen Songs abzustimmen – gewöhnlich nur ein bisschen in den Bässen und Höhen. Der Oxford Inflator ist eine dieser Voodoo-Kisten mit ein bisschen Kompression und Obertonerzeugung; damit kannst du mit der Dynamik spielen oder den Sound von Analogband nachahmen. So mache ich meine Mixe lauter. Wie bei vielen Mix-Engineers beschwerten sich Kunden, meine Mixes seien nicht laut genug. Ich weiß nicht, warum das eine Rolle spielt, denn nachher im Mastering werden die Mixes ja sowieso noch laut gemacht. Diese beiden Plug-ins erhalten die Dynamik, sodass der Mastering-Engineer ungehindert seinen Job erledigen kann.

Die beiden TC VSS3 Reverb Plug-ins wurden eigentlich gar nicht auf der Aufnahme verwendet.

Ich hab sie hinzugefügt, weil sie die M3000- Hardware, die ich für diese Mixes tatsächlich verwendet hab, exakt nachbilden. Seit ich nur noch im Rechner mixe, benutze ich diese TC Reverbs. Ich mag kurze Reverbs, weshalb das Programm ‚Stairway Plate’ mein Haupt-Hall ist, den ich viel eingesetzt hab. Und wo ich eine längere Hallfahne brauchte, um Lücken auszufüllen, beispielsweise am Ende von Worten oder zwischen Abschnitten, hab ich den Ambient Plate Reverb genutzt. Das ist eher Gefühlssache, als dass man es wirklich hört.

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