Mixpraxis

Mark Needham mixt Lindsey Buckingham/Christine McVie

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Mark Needham ist ein Veteran der Musikindustrie, der seit den frühen 70ern im Geschäft ist und mit allen von Elton John über Fleetwood Mac bis zu Pink gearbeitet hat. In seiner fünften Dekade als Top-Engineer, -Mischer und -Produzent mit einer so beeindruckenden Erfolgsbilanz wäre es durchaus verzeihlich, wenn Needham zum Traditionalisten geworden wäre, der weiterhin das Hohelied des analogen Equipments und der Arbeit am Pult singt. Ganz im Gegenteil steht er aber seit jeher an vorderster Front neuer Entwicklungen und hat die kühnen Möglichkeiten, die die digitale Welt zu bieten hat, begierig aufgesogen. So war er nicht nur unter den Ersten, die Slate Digitals Touchscreen-DAW-Controller Raven MTX bekommen haben, sondern hat noch einen draufgesetzt, indem er die Firma sofort bat, ihm eine Custom-Version mit dualem Screen zu bauen.

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Sich den Raven Dual MTX anzuschaffen, war der Kulminationspunkt von Needhams schrittweisem Weg von der analogen hin zur vollständigen In-the-box-Arbeitsweise, der 2004 begann. Beim Skypen aus dem Red Oak Studio, seinem Heimstudio in Los Angeles, erinnert er sich: »Als der digitale Klang und die Plug-ins besser und besser wurden, hat sich mir irgendwann die Frage aufgedrängt: Dieses UAD EQP1A-Plug-in klingt genauso gut wie die zwei EQO1As, die ich in meinem Rack habe. Also warum sollte ich weiter für deren Wartung zahlen und versuchen, ihren Status wiederherzustellen? Eine großformatige Konsole und das ganze Outboard in Schuss zu halten, ist ziemlich kostspielig. Am Anfang bekam ich Gegenwind von manchen Labels, weil ich zum Mixen in-the-box übergegangen bin, trotzdem hat es sich für mich so dargestellt, dass alles in diese Richtung wies. Um 20110 war ich komplett in-the-box, denn als Bands und Labels sechs oder sieben Recalls [Wiederherstellungen von Sessions bzw. von Versionen eines Mixes; Anm.d.Aut.] erwarteten, wurde die Kapazität an Sofort-Recalls überragend wichtig. Jahrzehntelang habe ich eine SSL G-Konsole benutzt, und ich kann die paar Male an den Fingern abzählen, in denen ein Recall genau gleich klang. Stattdessen musste ich normalerweise eineinhalb Stunden repatchen und dann noch eine Stunde tweaken, bis alles genauso klang wie vorher.«

Heute mischt Needham um die 400 Songs pro Jahr, und oft arbeitet er an zehn Projekten am selben Tag. Mit Freude nutzt er die Möglichkeiten zum Exzess, die der Workflow einer DAW im 21. Jahrhundert bereitstellt: Sessions mit mehr als 200 Spuren und gerne mal 10 Plug-ins pro Spur, dazu parallele Spuren und Aux-Spuren – DAW-Sessions von atemberaubender Komplexität. Dass Needham nicht der Typ für halbe Sachen ist, zeigt sich auch darin, dass das Interview für diesen Artikel um 14 Uhr mitteleuropäischer Zeit begann, als in bei ihm in Los Angeles gerade 5 Uhr morgens war. Offensichtlich beginnt Needhams Tagesrhythmus damit, um 4 Uhr morgens aufzustehen und um 5 Uhr mit der Arbeit anzufangen. Wenn diese Aufstehzeiten Rock’n’Roll sind, dann wohl nicht in dem Sinne wie wir ihn bisher kannten! In Anbetracht von Needhams hohem Output scheint aber offensichtlich, dass der frühe Start effektiv ist.

Needhams Arbeitsplatz…

… zeugt ebenfalls von einem Mann mit einer ungewöhnlichen Vision. Die Red Oak Studios sind riesig, mit Holzpaneelen überall, zwei großen gelben Sofas plus einigen bequemen Sesseln und vielen großen Fenstertüren, die einen tollen Blick in einen benachbarten Park in Hollywood freigeben. Ganz im Stil des 21. Jahrhunderts nimmt das Audio-Equipment im Herzen der stylischen und weitläufigen Einrichtung nur einen kleinen Teil davon ein. Es gibt ein Paar ATC SCM45-Lautsprecher mit einem ATC SCM0.1/15-Subwoofer, einen Avid S6 M10-8-5-Controller, drei Avid HD I/O-Interfaces, vier Lavry Blue-4496-D/A-Konverter, einen Apogee Rosetta-200-AD/DA-Konverter, eine Antelope Isochrone-OCX-WordClock, kolossale vier UAD Octo-Karten und ein allerlei Recording-Kleinkram wie Mikrofon-Preamps von Fairchild, GML und Daking sowie die Limiter/Kompressoren EAR 660 and Urei Silverface 1178. Was aber mehr ins Auge sticht als alles andere, sind die Dual Ravens.

»Als ich den ersten Raven zum ersten Mal gesehen habe«, erinnert sich Needham, »war ich sofort begeistert von der Bildschirmauflösung und habe direkt gesehen, dass die Anordnung mir die Arbeit sehr angenehm machen würde. Ich glaube, mein Workflow wird dadurch einfacher und schneller. Außerdem ist das Problem mit [akustischen] Reflexionen mit diesen Bildschirmen nicht so ausgeprägt. Eine meiner ersten großformatigen Mix-Konsolen war eine API DeMideo aus Wally Heiders Studio in San Francisco − in der Zeit hatte ich dort auch ein Studio. Der Aufstellwinkel dieser API-Konsolen war etwas steiler als der von normalen Konsolen, das hat mir sehr gefallen. Die Raven hat auch so einen Winkel, daher fühlen sich die Reflexionen von den Lautsprechern genauso an.

Das Bass-DI-Signal wird mit der UAD B15-Ampeg-Simulation aufpoliert.
Die Backing-Vocals bekommen mit dem Waves SSL-Channelstrip den letzten Schliff.

Ich höre 13 bis 14 Stunden pro Tag mit demselben Lautsprecherpaar ab, mit meinen ATCs. Ich habe früher zwischen verschiedenen Lautsprechern hin und her geschaltet, aber letztlich habe ich mich davon eher abgelenkt gefühlt. Ich weiß sehr genau, wie die ATCs klingen, und das gibt mir mehr Kontinuität von Song zu Song und zwischen verschiedenen Projekten. Wenn man zu viele Variable in den Topf schmeißt, bringt das nur meine Ohren durcheinander. Ich habe auch ein Studio in Nashville, das fast exakt genauso aufgebaut ist. Um meinen Workflow halten zu können, ist es beim Monitoring, bei der Raven-Konsole und bei der Akustik am wichtigsten, dass es in beiden Studios Duplikate voneinander sind.«

(K)ein neues Fleetwood-Mac-Album

Der Kontrast in Needhams Arbeitsplatz zwischen der stylischen, aber traditionellen Holz-Ästhetik des Raumes und den ultra-modernen Glitzer- und Glanz-Oberflächen der Dual Raven und des Avid S6 M10 8-5 zeugen von einem Mann, der Tradition ebenso wie Innovation zu schätzen weiß. Diese Spannweite kam ihm zugute bei der Arbeit an einem der profiliertesten Projekte, an denen er in dieser Dekade gearbeitet hat, dem Album von Lindsey Buckingham und Christine McVie. Needham arbeitet seit den späten 90ern mit Buckingham und hat Fleetwood Macs letztes Studioalbum Say You Will (2003) gemischt, ebenso wie das darauffolgende Livealbum Live In Boston (2004). Nachdem die Sängerin/Keyboarderin Christine McVie 2014 zur Band zurückgekehrt war, war für einige Jahre ein neues Fleetwood-Mac-Album im Gespräch, aber am Ende wurde aus diesem Vorhaben ein 40 Minuten langes Album mit dem simplen Titel Lindsey Buckingham/Christine McVie, auf dem alle Fleetwood-Mac-Mitglieder außer Stevie Nicks auftauchen.

Needham wurde als Engineer, Co-Mixer und Co-Produzent einberufen, als 2014 die Arbeit an dem Album begann − im Studio D des Village Recorder in Los Angeles, demselben Ort, an dem die Band 1979 ihr klassisches Album Tusk aufgenommen hatte. Nach zwei Monaten erfolgreicher Aufnahmesessions ging die Band für ein Jahr auf ihre »On With The Show«-Welttournee, bevor die Arbeit an dem Album zwei Jahre später, Ende 2016, wieder in Studio D weitergeführt wurde. Die finalen Mixdowns haben Buckingham und Needham im Village Recorder und in den Red Oak Studios vorgenommen. Von den zehn Songs, die es auf das Album schafften, wurden drei von Buckingham und Mitchell Froom produziert, fünf von Buckingham und Needham und zwei von Buckingham im Alleingang. Needham erzählt die Hinter-den-Kulissen-Geschichte von Anfang an:

»Wir haben vor vier Jahren vielleicht acht oder neun Songs im Village Recorder aufgenommen. Als sie dann von der Tour zurück waren, setzten wir an dem Punkt an, wo wir vorher aufgehört hatten, indem wir die Songs nachbereiteten und ein paar zusätzliche aufnahmen. Bevor ich vor vier Jahren in dieses Projekt einstieg, hatte Lindsey [Buckingham] schon mit Mitchell Froom an drei Stücken gearbeitet. Die waren schon ziemlich weit gediehen, es waren nur noch Vocals neu aufzunehmen, vielleicht ein paar kleine Arrangement-Änderungen und etwas zusätzliche Produktion. Die Aufnahme der anderen Stücke haben wir aber ganz von vorn begonnen − wobei die Richtung bei den meisten zu dem Zeitpunkt schon ziemlich klar war. Lindsey hatte ja Demos für viele der Stücke aufgenommen, und es gab auch Demos von Christine, die sie Lindsey geschickt hatte, um daran zu arbeiten. Er hat verschiedene Konzepte dafür mitgebracht.

Plug-in-Kette der Kickdrum-Loops
Die Keyboards, die Hammond B3 und auch das akustische Piano laufen durch den SSL-Channelstrip.

+6-DB-Print

Ein Detail in Needhams Mix-Session für Feel About You verdient Aufmerksamkeit. Die +6-dB-Print-Spur (183) hat einen Send zum Printrig, einem separaten Pro-Tools-Aufnahme-Rig. Needham baut es für jede Session auf, »damit ich in einer bestimmten Samplerate aufnehmen kann. Das mache ich, weil ich viele Alben ‹reinbekomme, bei denen die verschiedenen Sessions drei verschiedene Sampleraten haben. Hinzu kommt, dass 192 kHz für viele Konverter ein Problem sind, außer man hat einen echten High-End-Konverter. Sogar viele der eher teuren Konverter performen nicht so gut, wenn man auf 192 kHz hoch geht. Ich bleibe bei meinen Produktionen normalerweise bei 48 kHz, aber für reine Mix-Sessions bleibe ich meistens bei der Samplerate, mit der ich die Session bekomme, und versuche einfach, es damit gut klingen zu lassen.«


Lindsey ist wirklich die Konstante, der rote Faden dieses Projekts, der organisatorisch alles zusammenhält und Ideen mitbringt. Zusammen haben wir alles aneinandergefügt. Wir haben alle Songs außer denen, die Mitchell schon aufgenommen hatte, von Null an aufgenommen, meistens mit allen live im Studio. Danach haben wir viel Zeit damit verbracht, die Demos nochmal zum Vergleich anzuhören − und dabei manchmal festgestellt, dass die Demos besser klangen! Wir haben über das Neve 88R-Pult aufgenommen, das in dem Raum stand, und in jedem Stadium wieder Mixprints erstellt, sodass wir jederzeit auf das zurückgreifen konnten, was wir an einem bestimmten Tag eines bestimmten Monats in einem bestimmten Jahr gemacht hatten. Es gab eine Men ge Vor und Zurück und Nachschlagen, und viele kollektive Arrangement-Entscheidungen haben sowohl Probleme gemacht beim Ausprobieren, wie die Songs am besten funktionieren, als auch beim Versuch, den Flow unserer Arbeit beizubehalten.«

Während des ganzen Projekts hatte insbesondere Buckingham eine sehr genaue Vorstellung von Sound und Produktion des Albums: Es sollte einen klassischen FleedwoodMac-Sound mit moderneren Einflüssen kombinieren. Der zweite Aspekt wurde erweitert, nachdem entschieden war, dass aus dem Projekt doch kein Fleetwood-Mac-Album werden sollte. Needham: »Ich musste mich wirklich nicht auf den Sound früherer Fleetwood-Mac-Alben beziehen, denn er steckt in dem, was die Musiker sowieso mitbringen. Welches Mikro ich an Mick Fleetwoods Bassdrum oder an Lindseys Gitarre halte, definiert nicht, wie sie klingen. Micks Schlagzeug-Sound und John McVies Bass-Sound sind einfach so charakteristisch. Ein Teil ihres Sounds ist die Art, wie die beiden zusammen auf dem Beat landen. Das unterscheidet sie von vielleicht jeder anderen Rhythm-Section, und dieser Besonderheit wollten wir auf jeden Fall gerecht werden.

Im Village Studio D aufzunehmen, war eine Reminiszenz an die Geschichte. Aber wir haben komplett in-the-box gemixt und uns dann aber darauf beschränkt, auf den meisten Spuren nur ein einzelnes Channelstrip-Plug-in plus ein paar andere Plug-ins zu benutzen, um zu einem Ansatz und zu einem Sound ähnlich wie in den 80ern zu kommen. Damals habe ich an einem SSL-Pult gearbeitet und hatte vielleicht zehn Kompressoren hinter mir in einem Rack, sodass ich mir wirklich über die Verteilung der Ressourcen Gedanken machen musste. Heute habe ich normalerweise viel mehr Plug-ins am Start. Aber wir wollten wirklich bei diesem Ansatz bleiben, als würden wir an einer [analogen] Konsole arbeiten, von dem Moment der Aufnahme bis zum Mix. Also haben wir Panning, EQ und Lautstärke während der Aufnahmesessions eingestellt.

Ab dem Moment aber, als entschieden war, dass dies ein Album von Lindsey und Christine wird, hat uns das zugleich den Freiraum gegeben, experimentellere Recording-Methoden anzuwenden, für die wir uns nicht entschieden hätten, wenn es ein Fleetwood-Mac-Album geworden wäre. So haben manche der Stücke ein normales Live-Schlagzeug, und andere haben 90 Spuren Drums mit allerlei Zeug drauf, wie Loops von Micks Live-Takes. Insgesamt sind sie ein wenig aus ihre Komfortzone herausgekommen, immer eine Band zu sein, die live im Studio aufnimmt.«

Effektkette der Main-Lead-Vocals
Die Stereo-Bus-Kette

Recording-Equipment

Die wesentlichen Elemente eines klassischen 80er-Sounds wurden auch mithilfe der Mikrofone und Signalketten erzeugt, die Needham benutzte, inklusive der Neve 88R-Konsole und ein paar Hardware-Klassikern. »Was das Schlagzeug betrifft: Ich habe eine Kombination von Shure Beta 97 in der Bassdrum und [Neumann] TLM170 außen davor benutzt, dazu ein Moon-Mic für die Sub-Frequenzen. Unter der Snare war ein Shure SM57 und oben drauf ein Heil PR-22 Vocal-Mic. Es ist weiß mit einem goldenen Pop-Filter − ich habe vor fünf Jahren angefangen, damit Snares von oben abzunehmen, und diesen Sound mag ich sehr. Es hat eine tolle Richtcharakteristik und gibt mir ein herrlich großes, fettes ›Pop‹. Die Toms waren komplett mit Sennheiser MD421 bestückt, und ich hatte zwei AKG C12 als Overheads plus ein Neumann KM84 an der Hi-Hat. Wir hatten drei Raummikros, nämlich zwei AKG C12 und in der Mitte ein AEA-Bändchen. Das Studio hat eine Echokammer direkt hinter dem Platz, wo das Schlagzeug stand, und darin hatte ich noch ein C12 in Omni-Position.

Den Bass haben wir mit einer Kombination aus DI und einem Neumann U67 am Ampeg B15-Verstärker aufgenommen, dazu eine NS10 als Sub. Die E-Gitarren haben wir ebenfalls per DI aufgenommen, dazu mit einem Neumann U67 an den Amps. Ich nutze sonst gern dynamische Mikrofone für die Gitarren-Speaker, aber für Lindsey wollte ich etwas Hochwertigeres für mehr Knackigkeit und Extra-Höhen, besonders für seine unverzerrten Stellen. Lindseys Akustikgitarren haben wir mit einem Sanken CU41 und per DI aufgenommen. Das Keyboard, das wir bei den Live-Aufnahmen hauptsächlich benutzt haben, war eine Hammond B3, die ich mit einem Shure SM7 unten, zwei [Neumann] U87 und einfach per Stereo-DI an den Tasten aufgenommen habe.

Sowohl für Lindseys als auch Christines Vocals habe ich ein Sanken CU41 benutzt. Es klingt fantastisch und unterdrückt rückwärtigen Schall super. Vor allem, wenn ich mit einem Mikrofon direkt vor dem Lautsprecher aufnehmen will und die Sängerin bzw. der Sänger keinen Kopfhörer benutzt, nehme ich immer die Sanken. Zuerst habe ich eines für Chris Isaaks Stimme auf Wicked Game genutzt, das er vor den Lautsprechern eingesungen hat, und seitdem habe ich mir mehrere davon zugelegt. Sie sind auch tolle Akustikgitarren- und Piano-Mikros. Sehr vielseitig. Manchmal benutze ich auch das Manley Ref Gold für Vocals.

Die Signalketten während der Aufnahmen bestanden aus einer Kombination von mehreren Neve 1073 und 1081 an den Schlagzeug- und Bass-Mikrofonen, 1073 auf den Vocals, außerdem hatte ich einen LA-2A auf den Vocals und einen Urei 1176 auf dem Bass. Alles andere lief durch das Neve 88R. Ich benutze seine Kompressoren während des Playbacks, aber ansonsten komprimiere ich insgesamt nicht viel.«

Mixphase

Während der Aufnahmen im Village ließ Needham das Monitoring über das Neve-Pult laufen, die Rough-Mixes erstellte er aber in-the-box. »Alle Volume-Fahrten, Bearbeitungen und Effekte sind in-the-box vorgenommen worden. Ich hatte eine Hand voll Fader, die ich am Pult benutzt habe, um dann zu Pro Tools zurückzukehren, aber ich habe versucht, sie so einheitlich wie möglich zu halten. Natürlich funktioniert das so nicht so richtig, denn wenn man manchmal etwas hochschieben will, ist es leichter, einfach nach einem Fader zu greifen. Wie schon erwähnt, haben wir immer wieder zur Referenz Mix-Prints erstellt. Da das Projekt sich über einen so langen Zeitraum erstreckt hat, war es sehr wichtig, auf verschiedene Referenz-Mixe zurückgreifen zu können.«

Gegen Ende 2016 gingen Needham und Buckingham zum finalen Mix-Stadium über. Needham: »Um es für Lindsey und die anderen angenehm zu machen, haben wir zunächst im Village Recorder gemixt, wo ich ein Interims-Studio aufgebaut hatte, das meinen eigenen Raum hier nachstellt, mit einem weiteren Dual Custom Raven und den gleichen ATC-Monitoren. Der gesamte Mix-Prozess dauerte ca. zwei Wochen. In meinem eigenen Studio habe ich viel vorbereitet, und gegen Ende haben Lindsey und ich die Mixe auch hier fertiggestellt. Ich habe eher als Mix-Engineer fungiert, er mehr als Künstler/Produzent. Er hat ein sehr gutes Gehör und bringt sehr spezifische Ideen zu EQing und Panning mit, die wirklich ungewöhnlich sind, aber sich als gut herausstellten. Zum Beispiel mag er merkwürdiges Stereo-Panning, er teilt die Dinge sehr auf. Ein Beispiel dafür sind die Background-Vocals in Feel About You, die zwischen hart-links und hart-rechts wechseln, anstatt über das Stereo-Spektrum verteilt zu sein. Darin ist er ganz groß, und es klingt cool.

Meine Vorbereitung für diese Mixe bestand darin, das Aufnahme-Template ein Stück weit zu dem zu transformieren, was normalerweise mein Mix-Template ist, und zugleich dem ›treu zu bleiben‹, was wir vorher von der Monitor Section der Konsole gehört hatten. Wir hatten während der Aufnahme-Sessions ein Tracking-Template aufgebaut, das hoffentlich jede Recording-Situation abdecken würde, in die wir kommen. Letztlich bin ich dann die ganze Zeit bei diesem Tracking-Template geblieben, auch für die Mixe. Am Ende hatte ich immer noch Busse für Zeug wie Aux-Returns, Drums, Gitarren und so weiter in der Session, was mir sonst nicht passiert. Wir hatten schon eine Richtung festgelegt für Panning, Platzierung und Filter und sind bis zum Ende dabei geblieben. Es gab ein paar Songs, bei denen Lindsey beim Mixen noch das Arrangement ändern wollte. Einer hatte zum Beispiel acht verschiedene Bridges. Er hat eine Gitarre geholt, wir haben einen neuen Gitarrenpart und neue Vocals aufgenommen, um eine Bridge zu bekommen, mit der er zufrieden war.«

Feel about you

Die finale Pro-Tools-Session von Feel About You ist 189 Spuren groß. Die gut organisierte und farblich markierte Session ist aufgeteilt in, von oben nach unten, 44 Drum- und Percussion-Spuren, fünf Bass-Spuren (braun), 26 Gitarren-Spuren (grün, blau), 14 Keyboard-Spuren (lila, braun, orange, blau), fünf Lead-Vocal-Spuren (hellblau), 76 Backing-Vocal-Spuren inklusive eines bemerkenswerten Musters von »Oohs« und »Aahs« (114−137), 10 Bus-Spuren, die Needham normalerweise nicht in seinen Sessions hat (dunkelgrün), zwei Master-Spuren, vier Mix-Print-Spuren und nochmal zwei Master-Spuren mit EQ, der an den Raum anpasst, in dem Needham zuhört. Diese Aufteilung beinhaltet die Aux-Effekt-Spuren, die genau unter den Spuren angebracht sind, auf die sie jeweils wirken. Mark Needham beginnt oben mit der Erläuterung …

Drums

»Die Drums in diesem Song sind so zusammengebaut, dass Mick spezifische Parts gespielt hat und ich diese dann geschnitten und zusammengeloopt habe, um ein moderneres Feeling einzubringen. Manche der Songs sind komplett live eingespielt, aber in diesem haben wir eine Menge geschnitten, andere Sounds, andere Bassdrum-Schläge und andere Effekte eingebaut, um modernere Elemente drin zu haben. Normalerweise würde ich parallele Bus-Kompression auf die Drums geben, aber wir versuchen, die Dinge nicht überzukomprimieren.

Wie eben erwähnt, hatte ich es mir für die ganze Dauer des Projekts zur Regel gemacht, möglichst bei nur einem Plug-in zu bleiben, dem Waves SSL Channel, um den Klang einer Hardware-Konsole beizubehalten, anstatt eines modernen Ansatzes, der auf Unmengen von Plug-ins setzt. Wir haben versucht, eine Mitte zu finden zwischen einem traditionelleren Sound und einem gewissen Maß an Modernität.

Zum Beispiel ist das Intro dieses Songs in gewissem Sinne konstruiert. Wir haben verschiedene Intros ausprobiert und am Ende eines konstruiert mit zwei Kickdrum-Loops (1−2), und ich habe eine Snare (15) dazugegeben. Spur 3 ist dann ein Sample von einer [Roland TR-]909, das ich daruntergelegt habe, um weich im Hintergrund four-to-the-floor zu spielen. Spur 4 fügt einen Kickdrum-Akzent dazu, aufgenommen mit dem NS10-Mikrofon und mit ein wenig Distortion angezerrt; leicht verschoben, sodass es im Takt auf dem Offbeat zwischen den Zählzeiten 3 und 4 ist.

Wenn man darauf achtet, wird man feststellen, dass in einem großen Teil von Lindseys Material und von Fleetwood Macs Output subtile, weiche Dinge unter der Oberfläche ablaufen, die man nicht mal bewusst hört, die aber so einen Puls im Hintergrund kreieren. Es kann jemand sein, der mit der Hand aufs Sofa klopft. Tatsächlich gibt es viele Sofas in diesen Stücken!

Die Spuren 5 bis 9 sind Kickdrum-Loops, die den ganzen Track durchlaufen, 10 bis 11 sind linke und rechte OverheadLoops, und 12 bis 14 sind LCR [Left − Center − Right] Raum-Loops. All diese Spuren haben den Waves SSL Channel drauf. Hier könnte ich mit einem Kickdrum-Preset als Startpunkt angefangen haben, aber die Einstellungen können sich für jede Spur enorm unterscheiden. Fünf der Bassdrum-Spuren haben auch den [Envelope Shaper] Sonnox Envolution drauf, der ein bisschen mehr Attack dazu gibt und etwas Sustain abschneidet. Auf der Spur mit dem Kickdrum-Akzent läuft das Softube Abbey Road RS127-Plug-in, das für etwas mehr Attack 4 dB bei 2,7 kHz dazugibt.

Die restlichen Drum-Spuren, 15 bis 30, inklusive Snare, Overhead, Raum, Chamber und Becken, haben auch jeweils nur das Waves SSL Channel drauf. Auf den Spuren 31 bis 39 sind Claps und ein paar wenige davon haben den Waves Joe Meek EQ drauf, den ich beim Tracking dazugeschaltet habe. Ich habe es mal umgeschaltet zum SSL-Channel-Plug-in und dann einen meiner frühen Referenz-Mixe angehört. Daraufhin habe ich entschieden, dass ich den Joe Meek hier besser fand. Es gibt keine Sends auf der Drum-Spur. Alles an Hall und Ambience kommt von den Raum-Mikrofonen. Hier sind ein paar grau [stumm] geschaltete HP5960- und HP57- Sends, die für Kopfhörer gedacht sind. Die Spuren 43 bis 44 beherbergen ein kleines Cocktail-Drumkit, das wir als zweites Drumset für ein paar Fills aufgebaut hatten. Das Tom war nicht ganz in tune mit dem Bass, eine dieser Sachen, die die tiefen Frequenzen etwas schlackern lässt, also habe ich es einfach mit dem Waves SoundShifter etwas tiefer gestimmt, und das Problem war gelöst.«

Bass

»Spur 45 ist der DI-Bass, den ich auf die Spuren 46 bis 48 dupliziert habe, wo ich einen UAD SVT benutze. Ich zerschneide die Bass-Spuren in verschiedene Sektionen, damit der Sound sich im Laufe des Songs ändert und in den Refrains etwas aggressiver klingt. Spur 49 ist das Mikrofon am Bass-Amp-Lautsprecher, und es lief tatsächlich darauf hinaus, dass ich das noch durch den the UAD B15-Amp-Simulator laufen ließ, der mir in den Höhen etwas mehr Klarheit dazugegeben hat. Ich benutze auch den FabFilter Pro-MB Multiband-Kompressor auf allen Bass-Spuren, um etwas von den Fingergeräuschen wegzunehmen und die tiefen Frequenzen zu kontrollieren. Ich habe ungefähr 3 dB Kompression von 180 Hz abwärts, wo es sonst anfängt, ein wenig zu kläffen. Ich benutze auch einen UAD 560 [EQ] auf Spur 49, der ein bisschen bei 500 Hz und im Bereich von 2 kHz wegnimmt.«

Gitarren

»Die Gitarren fangen bei Spur 50 an, mit den Gitarren aus der ›middle eight‹ [eine Art Bridge] auf den Spuren 61 bis 70 und dem Outro-Vamp auf den Spuren 71 bis 74. Auf allen Spuren ist wieder der Waves SSL Channel drauf, an manchen Stellen auch Avid DVerb. Ich gebe sie beim Tracking hinzu, ohne irgendwelche Extravaganzen, damit die Latenzzeit niedrig bleibt. Beim Mixen haben wir zwar teurer klingende Reverbs ausprobiert, dann aber entschieden, dass der Klang des Avid DVerb es auch tut. Alle Plug-ins sind nur Werkzeuge aus der Kiste, und das DVerb hat einen sehr eigenen, wiedererkennbaren Klang. Ich habe auch den SoundToys EchoBoy auf den mittleren acht Gitarren, dazu ein Send zu Spur 75, wo ein UAD EMT140 Plate [Reverb] liegt, weil wir für diesen Abschnitt einen größeren Effekt wollten.«

Keyboards

»Auf den Spuren 76 bis 89 sind die Keyboards. Auf 76 und 77 ist der Marimba-artige Sound, den man am Anfang hört, hart auf den rechten Kanal gepannt. Auf 80 bis 82 ist das akustische Piano, wobei 80 eine MIDI-Spur ist. Ich glaube, diese drei Spuren sind eigentlich während des Mixes aufgenommen worden. Von den Spuren 81 und 82 gehen Sends an die Aux-Spur 83, auf der das Sound-Toys Christallizer-Plug-in und der Waves SSL liegen.

Bei den Pianos hatten wir zum Beispiel so eine Situation, in der wir ausprobiert haben, was man mit der Bridge machen könnte. Auf den Spuren 84 bis 85 ist akustisches Piano, Spur 86 ist stumm geschaltet, und auf den Spuren 87 bis 89 ist die Hammond B3. Auch diese Spuren haben alle den Waves SSL Channel drauf.«

Vocals

»Auf dem Spuren 90 bis 91 liegen Christines Lead-Vocals mit einer gedoppelten und einer Aux-Spur (92) mit UAD EMT 140 Plate Reverb. Auf den Spuren 93 bis 94 haben wir Lindseys Lead-Vocals, ebenfalls gedoppelt, und 95 bis 96 sind seine Refrain-Lead-Vocals. Ja, auf diesen Spuren sind mal eine Menge Plug-ins! So mache ich das normalerweise mit Vocals, und hier möchte ich auch einen modernen Vocal-Sound.

Die Signalkette für alle Main-Lead-Vocals beginnt mit dem FabFilter Pro-DS De-Esser, sehr weit eingestellt, sodass er kaum die Stimme berührt, dann ein Waves CLA1176 [Kompressor], auf mittleres Attack eingestellt und mit superschnellen Release, und dann kommt der UAD Precision De-Esser, schon etwas enger gestellt als der Pro-DS. Danach geht es in den Waves SSL Channel und zuletzt in den sehr weich eingestellten UAD LA2A [Leveler], der höchstens 0,5 dB wegnimmt. Ich benutze deshalb eine Kombination von zwei De-Essern, weil das mir mehr De-Essing ermöglicht, ohne dass es ›de-essed‹ klingt. Ich mag auch die Kombination von zwei Kompressoren, zwischen denen ich gern eine hübsche Mitte finde. Die Lead-Vocal-Dopplungen sind in den unteren Frequenzen ziemlich hart weggefiltert.

Lindseys Refrain-Vocals haben die gleichen Plug-ins drauf, außer dem FabFilter, aber mit deutlich anderen EQ- und Kompressions-Levels. Lindseys Vocals haben alle einen Send zu einem Altiverb [Reverb] Aux (101) in Cello-Chamber-Einstellung. Die Spuren 102 bis 113 beinhalten die Post-Chorus-Vocals des Songs und haben einen Send zu den Bussen 23 und 24, die zu einer weiteren Aux-Spur (146) mit Altiverb Cello Chamber laufen, aber diesmal anders eingestellt. Der Send zu Bus 23 bis 24 ist beim Rest der Backing-Vocals stummgeschaltet, Spuren 114 bis 145, da wir am Ende entschieden haben, diese komplett trocken zu lassen. Ich habe gerne leicht unterschiedliche Kombinationen von Reverb zwischen Strophen, Refrain und Bridge. Ich mag den Eindruck eines sich leicht ändernden Raumes zwischen den verschiedenen Sektionen und Teilen eines Songs. Bei den Backing-Vocals von 116 ist ›Didrik‹ in der Kommentar-Sektion markiert, weil ich ein Mikrofon von Didrik De Geer benutzt habe, um sie aufzunehmen. Ich habe einen Freund in San Francisco, der acht Stück davon hat, und habe ein paar davon für diese Session geliehen. Es ist eine Art superschniekes C12, das normalerweise für Orchester-Aufnahmen benutzt wird, aber ich mag es für Vocals. Die Vocals auf den Spuren 114 bis 115 haben dieses scharfe Panning, wo eine Gruppe von Spuren ganz rechts ist und die Antwort auf den anderen Spuren ganz links.«

Gruppen und Stereo-Chain

Die Spuren 171 bis 180 sind Gruppen von den ursprünglichen Tracking-Sessions. Alle Drums durch den Drum-Bus, alle Bass-Spuren durch den Bass-Bus usw. Ich mache das eigentlich nicht mehr so, aber als ich noch auf einer SSL gemixt habe, hatte ich immer acht Subgruppen dieser Art. Auf Spur 171 ist ein Hall, mit dem wir experimentiert haben, aber letztlich haben wir ihn stumm geschaltet. All diese Gruppen-Spuren gehen zu meinem Mix-Bus auf Spur 180, wo meine Mix-Bus-Kette drauf liegt, und der wird dann an zwei Master-Fader-Spuren geschickt, Spuren 181 und 182, die jeweils den UAD Precision Maximizer drauf haben, der eine auf +6 dB und der andere auf +0 dB eingestellt. Diese Spuren werden geprintet auf die Spuren183 und 184. Und schließlich liegt auf den Spuren 187 bis 189 dreimal das Sonarworks Studio Calibration Plug-in, um jeweils passend für das Abspielen in meinem Raum in Los Angeles, in dem Raum im Village Recorder, in dem wir gemischt haben, und in meinem Raum in Nashville zu kalibrieren.

Um das noch etwas mehr aufzudröseln: Meine Stereo-Bus-Kette auf Spur 180 besteht aus UAD Shadow Hills Mastering Kompressor, UAD SSL G Channel, UAD Precision K-Stereo Ambience Recovery, um die Unterschiede etwas größer zu machen, wenn nach der Strophe der Refrain kommt, UAD Maag EQ4, mit dem ich gern etwa Subbass hinzugebe, UAD Precision Multi-Band, UAD Chandler Curve Bender und UAD Oxford Limiter. Ich benutze eine Kombination von ein paar unterschiedlichen Kompressoren, jeden davon nur sehr wenig und subtil. Das ist eine Kombination, die ich oft benutze und die hilft, eine Balance zwischen all den verschiedenen Dingen zu bekommen. Der Precision Multiband strafft die unteren Frequenzen in manchen der Sektionen ein wenig. Der VariMu ist im Limiter-Modus, beeinflusst aber die lauteste Passage um nur 1/4 oder 1/2 dB.

Es gibt ein paar Dinge, die mir über die Jahre so eingefallen sind, deren Klang ich mag. Der Oxford Limiter greift vielleicht nur bei ein paar Spitzen ein. Meine Master-Bus-Kette ist normalerweise etwas mehr beteiligt als hier. Normalerweise lägen da einige Sachen mehr drauf.

Meine Master-Fader habe ich hinter meinem MasterBus liegen, also beeinflussen meine Master-Faderfahrten nicht, wie der Bus in den UAD Maximizer geht. Ich printe meine Referenz-Mixe mit +6 dB und schicke sie mit +0 dB zum Mastering, um das sich in diesem Fall Stephen Marcusson gekümmert hat. Das ganze Lautheits-Thema überlasse ich ihm. Dies ist kein Album, das wir extrem laut gemixt oder gemaster hätten. Wenn Stephen es um 10% verbessern kann: großartig.«

Angesichts von Mark Needhams Erfahrungsreichtum könnte es für Marcussen schwierig gewesen sein, seine Mixe um 10% zu verbessern. Wenngleich das Album kommerziell nicht den Blockbuster-Erfolg hatte, der einem Fleetwood-Mac-Album möglicherweise zuteil geworden wäre, wurde es dennoch gut angenommen und von Kritikern als »eigenartig und wunderschön« sowie »ein weiteres denkwürdiges Kapitel in der längsten Seifenoper der Rockmusik« bezeichnet. Für Needham bedeutet es einen weiteren Triumph in seinem ohnehin schon beeindruckenden Werk.

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