Story

Mixpraxis: Mike Posner – I Took A Pill In Ibiza

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Welche Ironie! 2010 hatte der Sänger Mike Posner mehrere Hits, darunter Cooler Than Me, und sein im selben Jahr veröffentlichtes Debütalbum 31 Minutes to Takeoff stieg bis auf Platz 8 der US-Charts. Doch statt abzuheben, geriet seine Solo-Karriere ins Taumeln. Zwar war Mike Posner als Co-Autor zweier großer Hits erfolgreich, nämlich Boyfriend (2012) für Justin Bieber und Sugar (2014) für Maroon 5, doch seine eigenen Arbeiten wurden gar nicht erst veröffentlicht.

Gleich zwei Solo-Alben legte sein Label auf Eis, weil sie vermeintlich nicht kommerziell genug waren. Frustriert wechselte Posner das Label und schrieb die recht traurige autobiographische Ballade I Took A Pill In Ibiza, in der er, wieder nüchtern, seine Zuhörer warnt: »You don’t wanna be high like me«, und bilanziert: »I’m just a singer who already blew his shot«, um im Chorus zu wiederholen: »You don’t want to be stuck on stage singing / All that I know are sad songs, sad songs.«

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Im Original war der Song recht traditionell und spärlich arrangiert, Posners Stimme wurde im Wesentlichen von einer folkigen Akustikgitarre begleitet, und seine neue Plattenfirma wollte ihn auf einer 4-Track-EP ver- öffentlichen. Keine große Sache. Irgendein cleverer Mensch muss die EP-Tracks jedoch einem obskuren norwegischen Produktionsund Remix-Duo zugespielt haben, das bislang unerkanntes Potenzial in I Took A Pill In Ibiza ausmachte und den Song in einen »Tropical House«-Dance-Track verwandelte.

Und siehe da: Das kuriose Mash-up aus skandinavisch-tropischen Elektro-Folk-Klängen, wo norwegische Lebensfreude auf Ibiza-Trübsal trifft, entwickelte sich zu einer der meistverkauften Singles des Jahres 2016. Der unerwartete Erfolg verblüffte auch Mike Posner, der sich plötzlich im Rampenlicht wiederfand und gar ein Internet-Essay verfasste, in dem er konstatiert: »Die unmögliche Ironie meines letzten Hits ist kaum zu übersehen«, und sich fragt: »Wie kann ein Song über das Ringen mit dem verblassten Ruhm einen wieder berühmt machen?«

Er erklärt auch, dass die meisten Zuhörer zunächst nur auf die Musik achten und die Texte für zweitrangig halten, weshalb er den Star-Mixer Tony Maserati gebeten habe, »… die Lead-Vocals drei Dezibel lauter zu machen, als er es normalerweise tun würde.« Zudem drehte Posner ein Video zu seiner Originalversion, in dem er in einer einzigen Einstellung in einer Seitenstraße des Londoner Soho Square Texttafeln mit den Schlüsselwörtern des Songtextes in die Kamera hält [als Hommage an Bob Dylans berühmtes Video zu Subterranean Homesick Blues (1965); Anm. d. Übers.].

Ganz klar, der Mann will, dass seine Texte gehört und verstanden werden − und er möchte seine Zuhörer keineswegs dazu verleiten, Pillen einzuwerfen. Nicht, dass er etwas gegen seine Rückkehr ins Rampenlicht hätte, aber »… wenn Leute Party feiern, dabei all die Dinge tun, die mir nichts als Kummer bereitet haben, und dazu meinen Song als Soundtrack spielen, dann kann ich’s auch nicht ändern.«

Bemerkenswert ist, dass gleich zwei der größten Hits des Jahres 2016 melancholische autobiographische Songs mit skandinavischem Input sind, nämlich I Took A Pill In Ibiza von Mike Posner im Seeb-Remix und 7 Years von Lukas Graham, in dem der Kopenhagener Sänger seine Jugend im Christiana-Viertel schildert (s. S&R 10.2016). Für das norwegische Remix-Duo Seeb war I Took A Pill In Ibiza ein ebenso wichtiger Karriereschub wie für Mike Posner.

Das Duo Seeb besteht aus Simen Eriksrud und Espen Berg − ihr »Bandname« ist schlicht die Abfolge ihrer Initialen. In ihren Living Room Studios in Oslo beschreiben sie detailliert, wie sie aus einer dunkel-depressiven Ballade einen traumgleich schwebenden Dance-Track formten, der die Melancholie des Textes in norwegisches Sonnenlicht taucht. Für Seeb war der Erfolg von I Took A Pill In Ibiza umso entscheidender, weil sich beide, ähnlich wie Posner, zuvor in Sachen Karriere umorientieren mussten.

Berg hatte zuvor 20 Jahre lang als Toningenieur und Produzent gearbeitet, einige Jahre auch als MasteringEngineer. Eriksrud, der wie Berg aus Trondheim stammt, hat einen Background als Klassik- und Jazz-Pianist, verlegte sich aber auf EDM (Electronic Dance Music). Ab 2001 taten sich die beiden gelegentlich zusammen, um andere Künstler zu produzieren, und Eriksrud mietete einen Raum in Bergs Living Room Studios.

Während der letzten vier bis fünf Jahre arbeiteten die beiden öfters zusammen als Produzenten, was ihnen einige Hits in Skandinavien einbrachte. Doch vor etwa einem Jahr fassten sie den Entschluss, nicht weiter die Musik anderer Künstler produzieren zu wollen. »Wir waren dieser endlosen Folge von Single- und Albumprojekten müde geworden, also haben wir uns hingesetzt und gesagt: ›Lass uns ganz was anderes anfangen‹ «, erinnert sich Berg.

Simen Eriksrud und Espen Berg in den Living Room Studios in Oslo

Das war die Geburtsstunde von Seeb. Ziel des Duos war es, eigene Musik zu machen; Remixes für andere Künstler sollten ursprünglich nur eine Nebenbeschäftigung sein. Im Laufe des zweistündigen Interviews erzählen Eriksrud und Berg ausführlich, wie und warum Remixes dann doch einen Großteil ihrer künstlerischen Aktivitäten einnehmen. Harmonie auf persönlicher Ebene scheint dem Erfolg zumindest nicht im Wege zu stehen, jedenfalls beenden die beiden gegenseitig ihre Sätze wie ein altes Ehepaar. Im Sinne besserer Lesbarkeit haben wir jedoch darauf verzichtet, dies in der Transkription nachzubilden.

»Unmittelbar nachdem wir Seeb starteten, haben wir einige Remixes gemacht, eigentlich nur aus Spaß«, beginnt Eriksrud. »Nur mit einem A-Capella-Vocal anzufangen ist super. Als wir Künstler produzierten, konnte es drei Tage dauern, die Vocals aufzunehmen, zu editieren und aufzupolieren. Wenn wir aber einen Remix machen, beginnen wir gleich vom ersten Moment mit fertigen Vocals, und das ist ein wirklich guter Ausgangspunkt, um kreativ zu werden.«

Berg ergänzt: »Sinn und Zweck war ja, den Produktionsprozess zu überspringen. Einen Remix haben wir für eine junge Künstlerin namens Keisza gemacht, die wir getroffen hatten, als wir in den letzten drei Jahren in Großbritannien und den USA unterwegs waren, um Kontakte zu knüpfen und uns mit Leuten in der Musikindustrie zu treffen, Songautoren, Künstler, Plattenfirmen.«

Eriksrud: »Den Ibiza-Track erhielten wir über unser Label, Island, New York. Man fragte uns, ob wir einen oder mehrere der vier Songs auf Mikes EP remixen möchten, und schickte uns die Pro-Tools-Sessions aller vier Songs.«

Berg: »Zu dem Zeitpunkt glaubte keiner vom Label, dass Ibiza Hitpotenzial hatte. Wir eigentlich auch nicht. Aber als wir den Song hörten, fanden wir sofort, dass die Gesangsmelodie und der Text sehr interessant waren. Wenn du die Anfangszeile hörst [»I took a pill in Ibiza / To show Avicii I was cool«], denkst du gleich: ›Wie bitte? Mal hören, was der Typ da getrieben hat!‹ Anfangs klingt es wie eine Parodie, aber schließlich wird dir klar, dass es um eine wahre Begebenheit geht und dass die Erfahrung ihm nahe geht; das verändert deine Perspektive total.« Seltsamerweise − aber was ist nicht seltsam bei diesem Projekt? − hörten sich weder Eriksrud noch Berg die Originalversion des Songs bis zum Ende an.

Berg: »Ich lud die komplette Pro-Tools-Session in Ableton Live und fing an, mir den Song anzuhören, aber nach etwa 30 Sekunden sagte ich mir: ›Nein, ich muss den Rest der Session loswerden, das klingt einfach zu gut.‹ Martin Terefe [ein schwedischer Produzent, passend zum skandinavischen Thema dieser Story] hat tolle Arbeit geleistet, und um überhaupt in der Lage zu sein, etwas anderes zu machen, mussten wir uns sofort davon verabschieden.« Eriksrud ergänzt: »Wenn du einen Remix machst, ist es wichtig, dass er nicht einfach wie eine aufgebrezelte Version des Originals klingt. Übrigens haben wir versucht, auch die übrigen Songs der EP zu remixen, aber das hat nicht hingehauen, also haben wir uns ganz auf den Ibiza-Song konzentriert.

Pioneer Mixer und CDJs (Bild: Archiv)

Remix

Traditionell bedeutet Remixing, eine neue Version eines Songs zu schaffen, indem das instrumentale Backing verändert wird, meist durch Weglassen bestimmter Parts und Hinzufügen neuer Parts, sodass andere Aspekte des Arrangements betont werden. Auch das Verändern der Songstruktur und/oder des Feels etwa durch gezielte Effektbearbeitung gehört zu den üblichen Vorgehensweisen. Seeb greifen dagegen am liebsten zur drastischsten aller Methoden, indem sie die gesamte Instrumentierung des Original entfernen, um nur mit den Vocals zu arbeiten, zu denen sie eine völlig neue Instrumentalbegleitung entwerfen, wobei sie oft auch die Akkordstrukturen verändern. Ihre Vorgehensweise ist eher eine Neuerfindung oder eine Neukonzeption als ein üblicher Remix

Zu ihren jüngsten Arbeiten gehören u. a. Neuschöpfungen von Shawn Mendes’ Stitches und Coldplays Hymn for the Weekend, doch am weitesten gingen sie bei I Took A Pill In Ibiza, wo sie nicht nur das gesamte Backing austauschten, sondern auch das Tempo drastisch manipulierten − etwas, das in dieser Qualität erst seit wenigen Jahren möglich ist.

Berg: »Stimmt, das ist wirklich nicht nur Remixing. Wir versuchen, den Original-Song komplett neu zu überdenken und ihn so zu präsentieren, wie wir ihn sehen und hören. Wir haben mit dem Produzieren aufgehört, weil wir den Song so präsentieren mussten, wie der Künstler es wollte, und wenn wir zu viel verändert haben, wurden die Leute sauer, manchmal auch deprimiert. Aber wir wollten wirklich das Werk eines anderen Künstlers nehmen und ein neues Kunstwerk daraus erschaffen. Bei traditionellen Remixes geht es auch gar nicht immer um die Vocals, sondern um den Remixer, der seine Fähigkeiten mit der Musik und Effekten in Szene setzen möchte. Aufgrund unseres Backgrounds als Pop-Produzenten wollten wir aber den Vocals Respekt zollen und die Instrumentierung den Vocals anpassen. Auf unserer Version des Ibiza-Songs hörst du, dass die Vocals immer zentral im Mittelpunkt stehen.«

Die komplette Session in Ableton Live mit nur 34 Spuren

Eriksrud: »Nachdem wir die Backing-Tracks entfernten, hatten wir diese großartigen Vocals von Mike Posner, der eine ganz natürliche Stimme mit einer sehr natürlichen Präsenz hat, durch die du den Text gut verstehen kannst. Wir begannen damit, ein paar einfache Synthesizer-Sounds unter seine Stimme zu legen, aber dann fiel uns auf, dass das Tempo zu langsam war, um dazu zu tanzen. Das Originaltempo war 74 BPM, das wir dann um 5 BPM erhöhten, und dann nochmal um 5 BPM, bis wir am Schluss bei satten 102 BPM landeten. Das fanden wir immer noch ein bisschen langsam, aber die Stimme hatte nun dieses seltsame Vibrato, das uns gefiel. Mit Ableton klang es natürlich genug, und so haben wir uns dann für 102 BPM entschieden.

Nachdem wir das Tempo verändert hatten, haben wir angefangen, mit den Akkorden herumzuspielen, und schufen die grundsätzliche Harmoniestruktur für unsere Version. Wir beginnen nie mit den Drums. Wir arbeiten erst an den Drums, wenn wir die Melodie und das harmonische Feel des Songs stimmig hinbekommen haben.«

Berg: »Wir mögen Tempos um 100 BPM oder vielleicht etwas schneller. In diesem Bereich liegen derzeit alle diese Tropical-House-Leute. Wir denken aber nicht in Musikstilen; wir denken einfach in Melodien und Harmonien; die stehen für uns an erster Stelle. Wenn es eins gibt, das unsere Arbeitsweise der letzten letzten zehn Jahre ausmacht, dann unser Fokus auf die Harmonien. Wir arbeiten so lange, bis der Song uns an einigen Stellen Gänsehaut bereitet; dabei versuchen wir, diese Balance zwischen Melancholie und Hochgefühl zu erreichen. Das ist wie eine Dualität und typisch für unser skandinavisches Wesen. Wir haben diese dunklen, depressiven Winter, und im Sommer geht dann die Sonne niemals unter, sodass wir fast durchdrehen. Vermutlich verwenden wir deshalb gerne Moll-Akkorde, die gleichzeitig eine Aufwärtsbewegung auslösen. Der melancholische Vibe löst bei den Zuhörern eine Art Resonanz aus und gibt ihnen ein gutes Gefühl.«

Etwas so Widersprüchliches wie ein melancholischer Wohlfühl-Vibe passt natürlich perfekt zu dieser so seltsamen Geschichte. Eriksrud ergänzt, dass zum Teil auch der Zufall eine Rolle gespielt habe: »Du spielst mit Sounds und Samples herum, und plötzlich findest du etwas, das ganz besonders klingt und das du selbst nie hinbekommen hättest, jedenfalls nicht mit Maus und Computertastatur. Ableton lädt dazu ein, ein MIDI-Keyboard anzuschließen und zu spielen. Natürlich kannst du auch Noten einzeichnen, aber so arbeiten wir nicht. Wir möchten spielen. Dazu musst du gar nicht mal toll spielen können. Ich bin gelernter Keyboarder und war erstaunt, als ich zum ersten Mal sah, wie Espen neuartige, seltsame Klänge schuf, obwohl er kein guter Keyboard-Spieler ist.«

Die Plug-ins auf Mike Posners Vocal

Berg: »Ich weiß, dass viele jüngere Leute Noten auf der MIDI-Piano-Roll einzeichnen, und manchmal sind sie dabei sehr kreativ und schaffen neue Akkorde und Melodien. Aber ich finde, du musst zu einem gewissen Grad ein Instrument spielen können. Wir verwenden MIDI-Keyboards und den Ableton Push 2, der dich dazu bringt, Sachen anders zu spielen. Im Ibiza-Track fing Simon an, diese ›Plucked Sounds‹, wie wir sie nennen, unter die Vocals zu legen, und zwar spielte er mit seiner linken Hand, damit es etwas eigenartiger klingt.« Eriksrud: »Wenn ich meine rechte Hand benutze, wird es meist zu kompliziert, so als ob ich ein Keyboard-Solo spielen wollte. Ich habe gelernt, dass es besser ist, sich einfach auszudrücken. Wir haben diese Plucked Sounds ausprobiert, um zu sehen, ob wir eine Art Riff unter die Vocals legen können, das den Track wie ein Motor vorantreibt. «

Die »Plucked Sounds« sind der rhythmische Keyboard-Part, der ganz am Anfang des Songs unter dem »B« von »Ibiza« einsetzt. Wie Seeb erklärten, bilden sie das Rückgrat ihres Arrangements und tragen zur traum – artigen, rauschhaften Atmosphäre des Tracks bei.

Berg: »Die Plucked Sounds bestehen aus einem Sound von Native Instruments Massive und einem weiteren von LuSH101, der Roland-SH-101-Emulation von D16. Espen spielte den einen Part und ich den anderen; wir spielten beide leicht unterschiedliche Melodien, die sich auf musikalische Weise ergänzen. An ein paar Stellen laufen wir ein bisschen auseinander, aber auf eine Art, die gut klang. Die traumartige Atmosphäre kommt zu einem großen Teil von der harmonischen Bewegung zwischen diesen Parts. Wir suchen immer nach der perfekten und emotional stimmigsten Akkordstruktur und spielen mit Schichten aus Akkorden und Melodien. Wenn es funktioniert, führt es zu etwas Rauschhaftem, das über den Track hinauswächst.«

Eriksrud: »Die Plucked Sounds haben wir mit etwa 40 % Swing-Faktor quantisiert. Dann haben wir ein paar Pads vom Nexus VST-Plug-in hinzugefügt und einen BassSound vom OBXd-Plug-in, einer OberheimEmulation. Es geht nur darum, neue Sounds und Parts übereinanderzulegen, und sie dann zu mischen, bis du eine gute Balance findest. Wie gesagt, arbeiten wir mit Trial & Error; den Ansatz habe ich aus einem Interview mit Spike Stent (S&R 5.2010), das mir in Erinnerung geblieben ist. Wir probieren oft Sachen aus.

Die Sounds selbst sind natürlich genauso wichtig wie die Parts. Wenn du gerade am Klavier gearbeitet hast, erreichst du nicht dasselbe Feel. Wir nehmen also diese elektronischen Sounds, kombinieren zwei, drei oder vier davon, und das gibt uns Inspiration für etwas Neues. Ein norwegischer Künstler hat mal gesagt, ein Pop-Song ist wie eine Wurst: ›Schmeckt gut, aber du willst nicht wissen, was drin ist.‹ Wenn du einige der Sounds, die wir verwenden, alleine anhörst, wirken die nicht besonders imposant, vielleicht sogar cheesy. Die Kombination der Sounds und der Plug-ins, mit denen wir sie bearbeiten ist es, die sie zu etwas Neuem formt.«

Berg: »Wir verwenden viele Soft-Synths und Sampler für unsere Sounds, U-He DIVA und LuSH-101 sind unsere speziellen Lieblinge. Nach den Pads und dem Bass haben wir einen Akustikgitarren-Sound auf dem Keyboard dazu gespielt sowie einige Samples aus Kontakt wie eine Mbira [afrikanisches Lamellofon, ähnlich einer Kalimba], eine keltische Harfe und noch eine Marimba fürs Ende, die alle die Rhythmik unterstützen. Wir finden oft Samples in seltsamen Libraries, die kein Mensch benutzt, und beziehen auch manche Samples von splice.com − eine großartige Website. Während unserer langjährigen Tätigkeit als Produzenten haben wir eine riesige Sound-Library angesammelt, die immer größer und größer wurde. Am Ende haben wir das meiste einfach gelöscht Jetzt versuchen wir, eine einfache Library zu führen, die nur einige der Sounds von früher beinhaltet, die wir immer noch mögen. Es gibt keinen Grund, einen ganzen Tag lang eine Kick-Drum-Library durchzugehen. Unter den ersten 20, die du dir anhörst, ist vermutlich schon eine dabei, die funktioniert. Interessiert doch niemanden, solange es cool klingt. Viele Leute gehen alles sehr komplex an, aber man kann es auch sehr simpel machen.«

Drums und Drops

Eriksrud: »Die Drums programmieren wir zuletzt. Das Gute am Plucked Sound und einigen anderen Sounds war, dass sie sehr perkussiv waren, sodass wir die Drums sehr einfach halten konnten. Wir hatten eine Kickdrum, ein Tambourine, ein paar Claps, ganz einfache Sachen. Wenn du bis zum ersten Drop [ab 0:57] hörst, gibt’s da nur die Kickdrum und einen Clap, weil in den Keyboards bereits so viel Rhythmus steckt. Generell verwenden wir gerne perkussive Keyboard Sounds, damit wir die Drums einfach halten können. Beispielsweise gibt es in diesem ganzen Song keine Snare.«

Berg: »Wir haben versucht, alle acht Takte etwas zu verändern, indem wir winzige Elemente hinzufügen, um das Ganze etwas weiterzutreiben. Wenn in der Wiederholung des Drop die Percussion einsetzt, hebt sie den Song auf eine neue Stufe. Es ist ein Trick von Dr. Luke, in den zweiten acht Takten ein Tambourine oder so was hinzuzufügen.«

Der Drop, den Eriksrud gerade erwähnte, ist Seebs vielleicht berühmteste Ergänzung zu Posners Song. Ein besonderer Twist dieser wunderlichen Geschichte ist, dass Posner den Song nun bei Live-Konzerten in einer Version spielt, die auf Seebs Remix basiert, mit dessen Akkorden und Songstruktur, wobei ein Saxofon die Drop-Melodie spielt oder er zu einem Backing-Track mitsamt den Plucked Sounds und dem Drop performt. Der Drop gab Anlass zu allerlei Spekulationen, insbesondere was den Sound der Melodie angeht. Wie sich herausstellt, ist das Geheimnis Abletons Sampler-Plug-in »Simpler«, worauf wir gleich noch ausführlich eingehen werden. Doch bevor wir in die technischen Aspekte von Seebs Remix abtauchen, schauen wir uns an, wie Seebs Studio aufgebaut ist und welche Tools sie verwenden, sodass wir leichter nachvollziehen können, wie sie vorgehen.

Keep it simple

Im Verlauf des Interviews betonten beide Mitglieder von Seeb, wie wichtig ihnen Simplizität ist. Diese Haltung spiegelt sich sehr deutlich in ihrem Gerätepark. Berg: »Ich arbeite hier seit 1999. Ich nannte es Living Room Studios, weil hier eine Wohnzimmeratmosphäre herrschte, als ich einzog, und es ein Ort war, an dem DJs gerne abhingen. Wir sind ganz oben in einem dreistöckigen Gebäude in einem abgeschiedenen Viertel von Oslo; in der Straße gibt es Bars und Restaurants, sodass wir rund um die Uhr hier arbeiten können. Es gibt hier mehrere Räume, von denen ich einige vermietet habe, u. a. einen an Simen, der schließlich zum Studiopartner wurde. Vor fünf Jahren habe ich hier ein vollkommen neues Studio mit richtigem Akustikdesign gebaut, was recht kostspielig und vielleicht nicht die beste Investition war, die ich je getätigt habe. Das Studio hatte ein dreieinhalb Meter breites 56-Kanal SSL 4000 G-Series Pult und jede Menge Outboard.«

Eriksrud: »Espen hat sich sehr um die technische Seite gekümmert und sogar seine eigenen Kompressoren und anderes Outboard gebaut. Aber weil wir so viel Equipment hatten, haben wir mehr Zeit mit Wartung verbracht als mit Musikmachen.«

Berg: »Wir kamen zur Einsicht, dass wir nicht nur die Arbeit als Produzenten als Last empfanden, sondern auch die ganze Technik. Also haben wir vor über einem Jahr das ganze Equipment verkauft und arbeiten nun komplett im Rechner. Es war wirklich gut, das ganze Outboard, das ich über die Jahre angesammelt habe, loszuwerden (lacht), denn plötzlich hatte ich die Freiheit, alles auf einem Laptop zu erledigen, den ich überallhin mitnehmen kann. Das hat so viel kreative Energie freigesetzt, dass die Ideen nur so aus mir raussprudelten.«

Derzeit haben Eriksrud und Berg zwei der vier Räume in den Living Room Studios vermietet und nutzen die verbleibenden beiden selbst. Die Ausstattung in Eriksruds Raum ist typisch für eine moderne Arbeitsweise: ein Laptop, Yamaha NS-10-Monitorboxen mit einem KRK S12-Subwoofer, Benchmark DAC1-Wandler, Avid S3-DAW-Controller, zwei MIDI-Keyboards von Akai (MPK249 und MPK88) und den DAW-Controller Ableton Push 2. Für gelegentliche Audioaufnahmen gibt es ein Miktek CV4-GroßmembranKondensatormikrofon, einen BAE 1037MPFMikrofonvorverstärker und einen Tube-Tech CL1B-Kompressor. Bergs Raum ist mit einem Paar BM15AMonitore von Dynaudio ausgestattet.

Berg: »Ich habe ein paar Analog-Synthesizer wie den Nord Lead 3, einen Moog Sub Phatty und einen Prophet 6, und ich habe auch einen Push 2 sowie ein Focusrite ClarettThunderbolt-Audio-Interface. Ich bin sehr glücklich damit, aber seit wir alles verkauft haben, konzentrieren wir uns nicht mehr so sehr auf das Audio-Equipment. Früher haben wir uns verrückt gemacht und 0,1-dB-Unterschiede zwischen Geräten verglichen, aber nun versuchen wir, das alles zu vergessen. Wenn’s gut klingt, klingt’s gut. Das einzige, um das ich mir wirklich Gedanken mache, ist eine niedrige Latenz.

Als ich als Mastering Engineer gearbeitet habe, habe ich mir ATC SL50-Pro-Monitorboxen gekauft, die unglaublich waren. Aber ich habe sie vor nicht allzu langer Zeit verkauft, denn wenn du mit solchen Speakern arbeitest, bist du dauernd deprimiert. Es klingt nie so gut!«

Eriksrud: »Ich glaube, mit den ATCs haben wir uns zu sehr auf den Klang fokussiert. Du musst zuerst an den Dingen arbeiten, die Spaß machen, Akkordstrukturen und Melodien erschaffen, und erst später kümmerst du dich dann um die Klangaspekte.«

Für eins ihrer technischen Tools können sich Seeb dann doch begeistern, nämlich Ableton Live. Eriksrud: »Ableton gibt dir die Tools, um kreativ zu sein und jede Menge Spaß zu haben. Wir haben auch Pro Tools, Logic, Cubase; wir haben schon mit allem  gearbeitet. Aber in Cubase beispielsweise ist alles ein langer Prozess mit vielen Menüs und vielen komplizierten Einstellungen. Nach einer Weile ist die kreative Energie verflogen. Dann machst du Kaffeepause und hast immer noch nichts geschafft. Bei Ableton läuft alles sehr direkt. Du denkst und handelst, und zwei Sekunden später ist es erledigt. Es hat keine Grenzen und ermutigt dich, mit dem Tempo, der Tonhöhe und anderen Sachen herumzuspielen; alles geht flott von der Hand.

Obwohl es leicht ist, in Ableton Automation zu verwenden, bevorzugen wir vielleicht doch Pro Tools fürs Mixing, und wenn uns jemand einen Song zum Mischen schickt, erledigen wir das eher in Pro Tools. Aber unsere Sessions haben nicht so viele Spuren und sind deshalb ziemlich leicht zu mischen. Wir mischen auch schon, während wir schreiben und programmieren, von daher wäre es unsinnig, eine unserer Sessions auf Pro Tools zu überspielen und dort nochmal zu mischen. Wenn wir alles in einem Programm erledigen können, macht es das so viel einfacher.«

Da es bei Seeb keine separate Mix-Phase gibt, können wir ohne jedes Vorgeplänkel zur Analyse der Ableton-Live-Session von I Took A Pill In Ibiza übergehen. Mit nur 34 Spuren ist sie nach heutigen Maßstäben extrem übersichtlich und fein säuberlich gegliedert: Ganz oben sind die Vocals, dann kommen die Drums, die übrigen Instrumente und die Effektspuren. Jede dieser Kategorien geht auf die entsprechende Vox-, Drums-, Music- und FX-Gruppenspur, wobei alle Gruppen bis auf Vox auf den Music-Bus gehen. Sowohl der Music-Bus als auch die Vox-Gruppenspur gehen dann auf den Master-Bus. Plug-ins werden auf jeder Ebene eingesetzt.

Seeb erklären ihre Vorgehensweise von oben nach unten, angefangen mit Posners Lead-Vocal in Hellgrün:

Vocals

Eriksrud: »Wie bereits erwähnt, klang Mikes Vocal großartig. Wir haben ihn von 74 auf 102 BPM beschleunigt, um den Track tanzbar zu machen und ihm etwas Rauschhaftes zu geben. Dann haben wir einen coolen Hall und ein paar andere Sachen draufgegeben, und schon klang es super. Wir mussten nicht tausend Sounds darauf schichten, um Schwächen des Sängers zu kaschieren.« Berg: »Wir haben in der Sample Box gearbeitet, um die Vocals zu beschleunigen; wir haben sie auf Warp eingestellt und konnten dann mit dem Tempo herumspielen. Du kannst das Originaltempo der Vocals sehen, und um sie mit 102 BPM abzuspielen, haben wir den Pro-Modus eingeschaltet, mit Formant-Korrektur auf 100 und dem Envelope auf 128. Die Sample Box ist ein wirklich mächtiges Tool in Ableton, mit dem du Audio auf natürliche Weise verbiegen kannst. Wenn du willst, kannst du sogar vier oder fünf Halbtöne hochtransponieren, und es klingt immer noch natürlich, auf eine coole Weise.«

Berg: »Weil wir das Tempo so stark ver- änderten, klang der Vocal schon ein bisschen wackelig, weshalb wir AutoTune verwendet haben, um das ein bisschen zu kontrollieren. Dahinter hatten wir den Ableton EQ Eight, um die Bässe unterhalb von 100 Hz zu beschneiden und die Mitten etwas anzuheben. Dann hatten wir den Groove Pool 2C-B2- Reverb mit einem Cascade-Space-Setting. Der Reverb war im Insert, weil wir ihn ›sidegechained‹ haben, und zwar mit dem Trigger Track − das ist eine »Four to the Floor«-Bassdrum-Spur, die gemutet ist, aber als Side Chain-Signal für viele Elemente des Songs dient. Die Hallfahnen pumpen deshalb im Rhythmus des Songs, was seinen Chill-OutVibe unterstreicht Dahinter kommt der Ableton Compressor, der zu Abletons besten Plug-ins gehört, und dann noch der Plugin Alliance Maag-EQ, weil wir seine Air-Band-Funktion mögen. Er hebt bei 40 kHz an, was natürlich niemand hören kann, aber trotzdem macht er was in den obersten Höhen.

Das letzte Plug-in der Insert-Kette ist der Brainworx bx_dynEQ V2, mit dem wir einen hart klingenden Peak bei 4.626 Hz abgesenkt haben. Wir verwenden den V2 dauernd, um schwierige Frequenzen abzusenken. Es gibt auch noch einige Backing-Vocals aus der Original-Session. Alle Vocals zusammen gehen auf den Vocal-Bus, wo wir aber keinerlei Plug-ins eingesetzt haben, weil die Vocals bereits sehr gut klangen. Wir wollten’s nicht übertreiben.«

Drums

Eriksrud: »Wie gesagt, die Drums sind sehr simpel. Generell versuchen wir, alles einfach zu halten und die Anzahl der Spuren zu begrenzen, weil wir als Produzenten auf die harte Tour gelernt haben, dass der Sound letztlich immer kleiner wird, je mehr Instrumente du in den Track einbaust. Es gibt also eine Bassdrum, den Trigger-Track, den du gar nicht hörst, eine Percussion-Spur, zwei Loops, einen Effects-GRP-Track − das ist ein Drumloop aus einem anderen Song von uns −, ein paar Fills und einen Percussion-Track für die Strophen.«

Berg: »Auf den Drums sind nicht viele Plug-ins, nur ein 3-Band-EQ auf der Bassdrum, damit wir die Höhen und Bässe in den Übergängen herausfiltern konnten. Und auf einigen der Sounds haben wir Hochpassfilter, um Rumpelgeräusche loszuwerden. Auf dem Tambourine ist ein Ableton-Reverb und auf dem Rest praktisch gar nichts. Teilweise, weil die Samples, die wir verwendet haben, bereits Hall und EQ drauf hatten.« Eriksrud: »Wir mögen Samples, die gut klingen, nicht solche, die zehn Plug-ins brauchen, um gut zu klingen.«

Musik

Berg: »Auch auf den einzelnen Samples und Synth-Sounds sind meist nur relativ wenige Plug-ins. Der LuSH-101, der eine Hälfte der Plucked Sounds ausmacht, ist mit iZotope Ozone 5 bearbeitet, während der Sound aus NI Massive eine Electric Lead Guitar ist, die wir mit einem Echoboy-Delay und dem EQ Eight bearbeitet haben. Wir bemühen uns immer, genug Bass in unsere Tracks zu bekommen, weshalb der OBXd-Bass-Sound stark bearbeitet wurde, angefangen mit dem Ableton EQ Eight, der die Bässe anhebt. Au- ßerdem ist die Spur über den Trigger Track sidegechained; das hilft uns, ein paar Milli – sekunden des Attacks abzuschleifen, um Raum für den Attack der Kick zu schaffen. Dann kommt der PSP Noble-EQ; das ist Simens Lieblings-EQ-Plug-in, eine Art PultecStyle-EQ, der bei 80 Hz anhebt, und zum Schluss haben wir noch den [Waves] RBass.«

Berg: »Der wichtigste Teil der Musik ist die Drop-Hook, zu der wir E-Mails und OnlineFragen bekommen haben; wir haben sogar ein Tutorial dazu gesehen! Tatsächlich ist es ganz einfach, es ist nur das neue Ableton Simpler-Plug-in, mit einem gewarpten und geloopten Sample von Mike Posners Stimme, die singt ›I know‹. Das Simpler-Plug-in ist eine vereinfachte Version von Abletons Sampler, das nur einen Sound gleichzeitig bearbeiten kann; es hat einige echt coole WarpFunktionen, einschließlich Pitchbends, die die Formanten erhalten. Damit kannst du das Audio in alle möglichen Richtungen verbiegen und auch die Loop-Punkte automatisieren. Wir haben den Anfang des Samples beschnitten und den Loop auf ›snap‹ eingestellt, mit Warp auf 88 %. Dahinter kommen dann der Ableton Compressor und der Ableton EQ Eight, der die Bässe bei 100 Hz beschneidet und die oberen Mitten anhebt. Und dann noch ein SoundToys Echoboy, ein Audio Damage EOS-Reverb und schließlich ein  weiterer Ableton Compressor, der über den Trigger Track sidegechained ist.«

Eriksrud: »Sidechaining ist der aktuelle Sound der Dance Music. In diesem Track ist fast alles sidegechained, und wenn wir das abschalten würden, würde es echt seltsam klingen. Für EDM brauchst du außerdem einen Drop − wenn der Track keinen hat, ist es kein EDM. Uns hat es Spaß gemacht, einen Drop zu kreieren, der einen ganz neuen Songabschnitt darstellt. Wir spielen generell gerne mit dem Vocal und stießen auf die Möglichkeit, es so zu machen, was in unseren Ohren ein bisschen ungewöhnlich klang. Wir haben es bei ein paar Songs so gemacht, und die Leute reagieren darauf sehr stark. Wir bekommen nun dauernd Anfragen von Leuten, die Remixes ihrer Tracks mit einem solchen Drop möchten, aber es ist eigentlich ganz simpel zu realisieren. Alles, was du dazu brauchst, ist der Ableton Simpler.«

Berg: »Ich wusste, dass der Drop funktioniert, als ich ihn meinen Söhnen vorspielte und der älteste, der 9 Jahre alt ist, sich nur vor Lachen kugelte und meinte: ›Dad, das ist irre, das kannst du doch nicht in den Song einbauen!‹ «

Eriksrud: »Die Drums gehen also auf eine Drums-Gruppenspur und die MusicParts gehen auf die Music-Gruppenspur; auf letzterer sind der Ableton Compressor, natürlich sidegechained, und zwei SoundToys FilterFreaks, die den Anfang des Songs ein bisschen dunkler machen − ein simpler DJ-Trick −, und der Ableton Saturator macht alles ein wenig fetter und schmutziger ab dem Moment, in dem der Drop einsetzt. Man hört, dass es zerrt. Uns gefällt das, weil es dem Song ein bisschen mehr Edge gibt. Ganz unten in der Session sind die FXTracks; das sind Sweeps und Crashes, um dieses Electronic-Dance-Feel zu verstärken. Auf den FX-Tracks sind keinerlei Plug-ins, mit Ausnahme des Ableton Compressors − erneut fürs Sidechaining.«

Berg: »Die Drums-, Music- und FX- Gruppenspuren gehen alle auf den MusicBus, weil wir es von der Arbeit am SSL-Pult so gewohnt sind. Wir haben gern am Ende einen Music-Bus vor dem Master-Bus. Das gibt uns die Möglichkeit, die Musik weiter zu bearbeiten, ohne dabei die Vocals zu stark zu bearbeiten. Wenn du alles auf dem MasterBus bearbeitest, kannst du’s leicht übertreiben und der Musik die Luft nehmen. In diesem Fall haben wir auf dem Music-Bus Ozone 5, das mehrere Dinge per Multiband-Dynamikbearbeitung erledigt; es macht den Klang musikalischer.«

Summenbearbeitung

Berg: »Weil wir beim Arbeiten schon die ganze Zeit gemischt haben, lief natürlich auch alles gleich auf den Master-Bus. Für mich ist das besonders interessant, weil ich ja auch als Mastering-Engineer gearbeitet habe. Aber auch hier versuchen wir, so einfach wie möglich vorzugehen, und daher müssen wir am Mix umso härter arbeiten, dass es gut klingt. Aber ohne die Bearbeitungen auf der Stereosumme würde es ein bisschen langweilig klingen. Wir haben eine ganze Reihe von Bearbeitungsstufen auf dem Master-Bus, nämlich den Ableton Glue Compressor, der ein SSL-4000[Buss Compressor]- Clone ist, iZotope Ozone 5, das Bandmaschinen-Plug-in Satin von U-He für etwas Bandkompression, eine weitere Ozone-Instanz, nur als EQ, und schließlich der Slate Digital FG-X-Limiter.

Ozone ist zum Standard für vieles an elektronischer Musik geworden; es macht einen besonderen Sound, den wir mögen. Das Slate-Plug-in macht nicht besonders viel, rückt aber den Sound stärker zusammen. Ich habe alles an Limiter-Plug-ins, und das ist immer noch mein Favorit. Wir benutzen es gar nicht so sehr zum Lautmachen, weil Ableton selbst die Möglichkeit bietet, die Outputs des Master-Bus recht heftig clippen zu lassen, ohne dass hörbare Artefakte entstehen. Uns ist das ein bisschen ein Rätsel, und wir fragen uns, ob da eine Art Limiter eingebaut ist. Aber es klingt gut und sehr natürlich, also nutzen wir’s.«

Noch eine weitere seltsame Wendung hat diese wunderliche Geschichte: Als I Took A Pill In Ibiza im Juli 2015 veröffentlich wur – de, ging auch Seebs Version unter. Zunächst! Dann landete der Track auf einer SpotifyPlaylist, und plötzlich hatte er täglich 200.000 Streams, alleine in Skandinavien. Von dort ging der Track allmählich rund um die Welt. Alleine in den USA verkaufte er sich 2 Millionen Mal und in Großbritannien immerhin eine halbe Million Mal; in insgesamt 27 Ländern war er in den Top Ten vertreten. Eriksrud: »Wir wären heute nicht, wo wir sind, ohne Spotify.«

Außerdem gab es Stress mit der Touristikbehörde von Ibiza, weil in den Lyrics von Drogen die Rede ist, und für einige Länder mussten Seeb Textänderungen vornehmen. Während ihre dänischen Kollegen von Lukas Graham für den US-Markt das Cover mit dem Gemälde einer nackten Frau zensieren mussten, mussten Seeb die Lyrics von I Took A Pill In Ibiza anpassen.

Eriksrud: »Wir mussten zwei gesäuberte Versionen des Songs machen, eine für die Vereinigten Staaten, wo wir das F-Wort rausnehmen mussten, und eine für Großbritannien und Neuseeland oder Australien, wo wir das Wort ›fuck‹ drinlassen durften, aber ›Pill‹ durch ›Plane‹ ersetzen mussten.« Auch hierin liegt eine gewisse Ironie, da Mike Posner sich in den Lyrics eigentlich gegen Drogen ausspricht. Aber wer wollte nach all den wunderlichen Wendungen dieser Geschichte noch mit dem Schicksal hadern? Letztlich hat der Song Millionen von Menschen, nicht nur auf Ibiza, zum Tanzen gebracht und Posners Karriere neu befeuert − nicht zuletzt durch Seebs Remix.

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