Songtexte optimieren: Interview mit Berklee-Dozent Pattison
von Nicolay Ketterer,
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Manche Hörer lesen fieberhaft mit, andere nehmen Songtexte lediglich als Vehikel für den Gesang wahr. Was macht gelungene Texte – so gesehen Kurzgeschichten – aus? Wie unterstützen sie die Wirkung des Songs? Und wo liegen die größten Stolperfallen? Wir haben den Berklee-College-Dozenten Pat Pattison befragt, der seit den 1970er-Jahren Vorlesungen zu Songtexten hält. Es geht darum, möglichst früh die Sinne des Hörers anzuregen, so Pattison.
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Pat Pattison sticht unter den Ratgebern zum Thema »Songtexte« heraus: Der junggebliebene 81-jährige Dozent unterrichtet das Schreiben von Songtexten sowie Poesie am Bostoner Berklee College of Music. Zu seinen ehemaligen Studenten zählen die Grammy-Gewinner John Mayer und Gillian Welch. Mittlerweile hat der leidenschaftliche Lehrer vier Bücher veröffentlicht, in denen er konkrete Wege aufzeigt, die Wirkung eines Songs durch gezieltes Feilen an Lyrics und Phrasierung zu optimieren. Neben Online-Kursen am Berklee lehrt er seinen »Massive Open Online Course«, kurz MOOC: »Songwriting: Writing the Lyric«, eine Videovorlesung bei coursera.org. »Inzwischen haben zwei Millionen Menschen an der Vorlesung seit ihrem Start im Jahr 2013 teilgenommen«, erklärt Pattison – das untermauert seinen Ruf.
Offen über Emotionen zu schreiben kann beim Autor ein Gefühl von Scham, Verletzlichkeit oder Nacktheit auslösen. Welchen Fehler machen die meisten beispielsweise bei einem Liebeslied? Was wären umgekehrt gelungene Beispiele?
Pat Pattison: (lacht) Typische Fehler bestehen in klischeehaften Ideen, Reimen und Phrasen – einen Text zu verfassen, der keinem authentischen Empfinden entstammt. Sprache kann einfach und unverbraucht sein, ohne Klischees zu bedienen. Ein Song, in den ich mich einmal verliebt habe, als ich die Version von Nina Simone hörte, heißt You’d Be So Nice To Come Home To. Er stammt von Cole Porter. Der Titel ist eine interessante Art, »Ich liebe dich« zu sagen. Je spezifischer du wirst, je mehr Sinne du ansprichst, desto effektiver ist das Ergebnis. Die zweite Zeile lautet: »You’d be so nice by the fire«. Ein weiteres Beispiel ist der Song I Can’t Make You Love Me von Mike Reid und Allen Shamblin, aufgenommen von Bonnie Riatt, Prince und vielen anderen. Der Text beginnt mit den Zeilen: »Turn down the lights, turn down the bed, turn down these voices inside my head.«