Gute Songtexte schreiben

Songwriting-Tipps von Daniel Dickopf von den Wise Guys

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(Bild: www.blende4.de)

Zu einem guten Song gehört auch der passende Text. Jeder kann zwar schreiben, aber einen guten Songtext zu schreiben ist nicht so einfach. Deutschlands erfolgreichste A-Capella Band, die Wise Guys, überzeugen seit Jahren mit anspruchsvollen deutschsprachigen Texten. Am 4. September erschien ihr neues Album „Läuft bei euch“. Im Interview gibt Sänger, Songwriter und Texter Daniel “Dän” Dickopf viele hilfreiche Tipps zum Schreiben von Songtexten.

Du schreibst fast alle Texte bei den Wise Guys. Wie kam es dazu?

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Wir machen das ja seit ewigen Zeiten. Ich hab meine ersten Songtexte geschrieben als ich 15 war. Und Eddi, der ja auch bei den Wise Guys ist, hat auch Texte geschrieben. Damals alle auf Englisch, weil wir Deutsch peinlich fanden. (Lacht) Bei einem englischen Text kann ja auch mal was kitschig sein und das fällt eigentlich keinem so richtig auf. Ich bin aber trotzdem irgendwann übergegangen deutsche Texte zu machen und das hat der Eddie nicht so intensiv verfolgt. Auf Deutsch kann unser Publikum uns inhaltlich folgen. Zur Gesangsperformance, einer Lichtshow und vielleicht einer ganz witzigen Choreografie kommt noch, dass ihnen Geschichten erzählt werden, die sie zum Lachen bringen können – oder auch mal zum Weinen. Es ist bei uns mit Sicherheit mindestens die halbe Miete des Erfolges, dass wir auf Deutsch schreiben.

Kommen auch Anregungen von deinen Bandkollegen?

Ja, auf jeden Fall. Im Moment arbeite ich viel mit Nils Olfert zusammen. Der ist ja jetzt seit sechseinhalb Jahren bei uns. Er komponiert sehr tolle Melodien und hat auch oft Ideen. Von ihm ist zum Beispiel der Song „Wo bist du?“ vom neuen Album. Es handelt von seinem ehemals besten Freund, mit dem er sehr sehr eng befreundet war, von dem er sich irgendwann ganz entfernt hat, der ihn auch wohl belogen hat. Nils hat mir in einer E-Mail geschrieben, wie die Freundschaft verlief und wie es dann auseinander ging. Und dann habe ich aus diesem Inhalt einen Songtext gemacht.

Womit fängst du einen neuen Text an?

Wenn ich schreibe, dann habe ich zuerst ein Thema. Manchmal auch eine Textzeile von der ich total begeistert bin. Und um die entwickle ich auch den Text drum rum. Aber beim Song „Ende der Welt“ vom Album „Achterbahn“, den Nils komponiert hat, da hat er Fantasiesilben drauf gesungen. Ohne richtigen Inhalt, nur Wörter, die ihm durch den Kopf geschossen sind. Das Gefühl, dass diese Fantasiewörter ausgedrückt haben, hab ich dann im Text umgesetzt und Nils meinte zu mir, das wäre genau das, was er im Kopf gehabt hätte. Ist eine sehr starke Nummer geworden.


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Sound&Recording Ausgabe 05/16

Songwriting Special

Diese Ausgabe widmet sich dem Thema Songwriting per App! Wir stellen euch iOS-Tools vor, die eure Kreativität beim Songwriting unterstützen und zeigen euch iOS-Hardware die umfangreiche, mobile Recording-Lösungen anbieten, wie Motive von Shure, die Lurssen Mastering Console und Lightning-Interfaces und –Mikrofone sowie Software. Eine Band die weiß wie man Songs schreibt sind AnnenMayKantereit. Mit ihrem Debüt-Album „Alles nix Konkretes“, das von Moses Schneider produziert wurde, schafften die Kölner-Jungs auf Anhieb den Sprung auf die #1 der deutschen Single Charts. Den Studio-Report findet ihr im Heft. Außerdem waren wir in Chino, USA in der Edel-Maufaktur bei Manley Labs zu Gast. Den dort hergestellten Channelstrip Manley Core haben wir für euch im Test. Für die Mixpraxis spricht Illangelo Montagnese über die Produktion mit The Weeknd und in De/Constructed zerlegt Henning Verlage King Kunta von Kendrick Lamar.

Getestet haben wir das Roli Seaboard Rise 25, das „Volksbändchen“ sE Electronics X1R und in Love The Machines gibt´s den Klassiker Roland JP-8000.

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Schreibst du das ganze Jahr über an Texten oder nur während dem Kreativblock?

Der Kreativblock ist eigentlich dafür da, etwa eine Woche ganz ungestört und ganz intensiv diese Sachen fertig zu machen, die ich das Jahr über sammle. Zum Texten bin ich meist in der Kneipe, das ist dann mein Arbeitszimmer. Und dann mach ich auch nichts anderes. Das abendliche Leben inspiriert mich. Ich krieg zu Hause den Arsch nicht hoch. So blöd das klingt. Wenn ich zu Hause sitze hab ich irgendwie tausend Ablenkungen. Aber die Musik komponiere ich zu Hause und ich mache da auch mal was fertig. Ansonsten sammele ich eben ganz viele Ideen. Dadurch kann ich mich in der Kreativwoche aus einem Katalog bedienen, den ich das ganze Jahr über aufgebaut habe und dann sozusagen die handwerkliche Arbeit des Songschreibens und des Textformulierens vollenden.

Du hast also wahrscheinlich ein ziemlich großes Archiv an Ideen?

Genau, ja. In den verschiedenen Stadien durchlaufen die Songs unterschiedliche Ordner. Ich hab die dann teilweise nach Jahren geordnet, damit ich weiß: Die Idee ist schon uralt, was dann eben manchmal heißt, dass ich damit stecken geblieben bin. So war es zum Beispiel bei dem Song „ein dickes Ding“ vom Album „Achterbahn“. Den hatte ich 2007 angefangen und nie fertig gemacht, weil mir irgendwie die Pointe fehlte. Ich hab immer wieder mal drauf geguckt, aber erst 2014 war es einfach soweit, dass mir einfiel: Es gibt einfach keine Pointe. Das dicke Ding, das vom Himmel gefallen ist, es wird nicht erklärt, was es ist. Dadurch hatte der Song genau den Dreh, den es brauchte um lustig zu sein.

Wie kommst du auf die Themen? Musst du dazu recherchieren?

Ja klar. Ganz oft. Auch da ein Beispiel „Aber sonst gesund“ über diese ganzen Medikamente, die man so einwirft. Da musste ich dann ein bisschen googeln. Für einen Song über Scheidungen hab ich eine Email bekommen von einem Scheidungskind. Da muss man sich schon ein bisschen informieren bevor man irgendeinen Schwachsinn erzählt, auch im Songtext.

Benutzt du bestimmte Hilfsmittel zum Schreiben?

Ich hab fast immer ein Reimlexikon dabei ohne es zu benutzen, außer wenn ich wirklich irgendwo stecken bleibe. Oft ist es aber einfacher, den ganzen Satz umzubauen und mit einem anderen Reim zu arbeiten.

Was sind für dich die wichtigsten Kriterien für einen guten Songtext?

Das Allerwichtigste ist der Inhalt. Das ist die Nummer eins. Es darf niemals sein, dass der Reim den Inhalt erdolcht. Das ist für mich die Todsünde. Mein bestes Beispiel ist immer noch, obwohl es ziemlich alt ist, dieser Song von Pur. Die singen da: „Komm mit mir ins Abenteuerland, der Eintritt kostet den Verstand“. Und was dieser Song eigentlich inhaltlich sagen will ist: werde wieder ein Kind und gib deine erwachsene Vernunft auf. Gib deine Rationalität auf. Das Wort Verstand ist da nur, weil es sich auf Abenteuerland reimt. Das ist unmöglich finde ich. Dann soll man lieber nicht reimen. Oder man muss es umformulieren. Es gibt ganz viele Wege die zum Ziel führen und manche Wege sind einfach versperrt. Da muss man eine Umgehung suchen. Das schüttelt man eben nicht aus dem Ärmel. Ich habe eine sehr sehr große Geduld beim Texten und eine sehr große Akribie. Das heißt ich gebe mich nicht so schnell zufrieden. Ich glaube manche Leute nehmen sich nicht genug Zeit und dann kommt eben oft so ein Murks dabei raus. Die Konsequenz, die viele Texter daraus ziehen ist dann, dass sie falsche Reime nehmen. Das ist meine zweite Prämisse: Die Reime sollen wirklich sauber und echt sein. Sprachliche Korrektheit ist auch wichtig, aber gleichzeitig Umgangssprache. Kein abgehobenes Grönemeyer-Deutsch sondern wie die Leute wirklich sprechen auf der Straße. Und ganz wichtig ist auch die Symbiose mit der Musik. Ich kann also keinen Text schreiben, der der Musik die Chance nimmt rhythmisch zu sein. Im Gegenteil: Der Text muss so angelegt sein, dass durch den Text selbst eine Rhythmik entsteht. Wenn ich einen Text schreibe und noch keine Musikidee habe, dann unterstreiche ich die betonten Silben, so dass ich diesen Text eigentlich schon rhythmisch lesen kann.

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(Bild: www.blende4.de)

Sind diese Kriterien allgemein gültig?

Das ist mein Geschmack. Wir haben mit den Wise Guys natürlich Erfolg und viele Leute sagen, dass die Texte einen nicht unerheblichen Anteil daran haben. Andere Leute haben andere Maßstäbe. Wenn man an CD-Verkäufe denkt und an Radioeinsätze, dann gibt es eine Menge Songs, die viel erfolgreicher sind, obwohl sie diese Qualitätsansprüche nicht erfüllen. Man könnte jetzt bösartig sagen, vielleicht gerade weil sie die nicht erfüllen. Aber jeder soll es machen wie er will. Ich würde mir manchmal wünschen, dass sich manche Texter ein bisschen mehr Mühe geben. Aber das sind wie gesagt meine Maßstäbe.

Welche Ratschläge kannst du anderen Textern mitgeben?

Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich nur sagen: Machen, machen, machen. Ich hab ja keine Kurse besucht oder irgendwas, sondern einfach immer nur gemacht, gemacht, gemacht und mich einfach schrittweise verbessert. Ich hab mal gedacht: Langsam hab ich doch alle Themen schon mal so ungefähr behandelt. Jetzt wird es immer schwieriger Texte zu schreiben. Aber das Gegenteil war der Fall. Durch das ständige Machen wurde es immer leichter neue Themen zu erschließen, weil ich gemerkt habe, wenn man das handwerkliche Zeug erst mal hat, kann man über viel mehr Themen schreiben. Deshalb mein Tipp: Schreibt, schreibt, schreibt und seht zu, dass ihr was zu erzählen habt. Wenn die Geschichte nicht stimmt, wenn das, was da erzählt wird einen inhaltlich kalt lässt als Hörer, dann hat man verloren. Dann ist die sonstige handwerkliche Qualität egal. Das wäre auch der nächste Ratschlag: Schreibt nur Songs über Themen über die ihr was zu erzählen habt.

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