Für die Sound&Recording-Ausgabe 12.2018 habe ich das Team des Produktionsdienstleisters Epicworks Film & Sound, Ralf Löwenbrück und Markus Brückner, in Mainz besucht. Treffpunkt was das Studio Markustik Audio, das Markus Brückner selbst gehört und in dem zum großen Teil auch die Aufnahmen für das Sounddesign, die 3D-Audio-Produktionen und weitere Projekte von Epicworks stattfinden. Vor Ort habe ich mir die Gelegenheit natürlich nicht nehmen lassen, um mit Markus über Equipment, hybride Workflows und unantastbare Presets zu reden.
Das Studio Markustik Audio von Markus Brückner entstand 2013 nach einer dreimonatigen Planungsphase mit Markus Bertram von mbakustik.
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Markus Brückner: In der Zeit haben Markus Bertram und ich uns intensiv kennengelernt. In den 50er-Jahren war das hier eine Autowerkstatt. Beim Umgraben finden wir immer noch Zündkerzen und Bierflaschen im Garten. (lacht) Später war es dann ein italienischer Feinkostladen, also eine große in Gelb gehaltene Halle. Mit der Hilfe von mbakustik haben wir dann die Wände reingezogen, doppelt verschalt mit Raum-in-Raum-Konstruktionen und allem, was dazu gehört.
Ich bin selbst studierter Sänger, Gesangspädagoge, Chorleiter und Komponist vor allem für klassische und Chor-Musik. Ich bin natürlich auch in Bands unterwegs, wodurch auch bei mir die Liebe zur Tontechnik entstand. Mein Steckenpferd sind hier Bandproduktionen, am liebsten Rockbands mit Schlagzeug, Bass, Gitarre, die hier im Aufnahmeraum live spielen und die ich aufnehmen kann. Das ist für mich eine ganz wichtige Passion.
Bei einem Blick in die Regie stellt ich fest: Du hast tatsächlich ’ne SSL?
Ja, die SSL AWS 948, im Prinzip ein Hybrid-Pult, was ich auch zum Tracken verwende, gerade mit Bands ist das sensationell. Man hat genügend Mikrofon-Vorstufen, du hast ’nen EQ und diverse Optionen, um die Dynamik zu bearbeiten. Klar nutze ich auch mal einen externen Preamp oder Kompressor, aber du kannst viel übers Pult machen. Die Routing-Möglichkeiten, über die Direct-Outs direkt in Pro Tools reingehen, das alles ist schon sehr komfortabel.
Bei der Aufnahme EQe ich teilweise schon übers Pult oder externe Hardware, aber es wird nicht alles nieder-EQt. Es gibt allerdings ein paar Moves, wo man weiß: Das kann man immer machen, wie beispielsweise bei einer Bassdrum zwischen 300 und 400 Hz was rausziehen. Es klingt natürlich nachher besser, wenn man in Pro Tools ein sauberes Signal hat, wo bereits eine gewisse Grundformung drin ist. Wichtig ist natürlich, dass man weiß, was man tut, und weiß, wo die Reise hin geht. Neulich hatte ich eine Band mit einem Vibraslap hier. Damit hatte ich keine Erfahrungen, also habe ich erst mal die U47-Vox-o-rama-Variante eingesetzt und das Signal unbearbeitet in Pro Tools gehauen und es später im Mix bearbeitet.
Inzwischen bin ich aber auch ein ganz großer Verfechter von Bändchenmikrofonen geworden. Unser Mikrofonpark umfasst mittlerweile auch Bändchen von AEA, Coles und anderen Herstellern. Gerade für Bandproduktionen und die Aufnahme von Schlagzeug und E-Gitarren ist das sehr spannend. Das macht verdammt viel Spaß! Wobei ich bei der E-Gitarre oft nur das 57er einsetze. Bei Bändchen probiere ich immer mal wieder ein Royer aus, das AEA 84 ist auch gut, aber zu 90 % nutze ich bei der Amp-Abnahme das 57er.
Welche Rolle spielt für dich als Gesangspädagoge die Vocal-Aufnahme? Hast du deshalb eine besondere Herangehensweise?
Wirklich anders nicht, ich bin ja auch Gitarrist! (lacht) Ich versuche natürlich, das Pädagogische auszublenden, weil in dem Moment, in dem ich anfange, den Sänger oder die Sängerin zu analysieren, kann ich mich nicht mehr so stark auf die Technik und die Performance konzentrieren. Deshalb versuche ich, mit dem Sänger schon vor der Aufnahme zu arbeiten und gebe ihm kleine Tipps, die er vielleicht beherzigen kann. Manchmal klappt das, manchmal aber auch nicht. Wenn ich während der Aufnahme mit dem Sänger an seiner Technik arbeite, dann geht das komplett in die Hose, weil er sich ja nicht von jetzt auf gleich um 180- Grad drehen kann. Das will ich ja auch gar nicht, weil das, was er macht, ja schon zu 80 % gut ist, und ich würde nur den Rest rauskitzeln wollen. Wenn man hier dann Hand anlegt, wird das Ergebnis meistens eher schlimmer als besser. (lacht)
Ich versuche auch, im Vorfeld rauszufinden, was vielleicht trotz schlechter Technik gut klingt. Wenn man einen Steven Tyler zum Gesangspädagogen schickt, würde jeder von denen die Hände überm Kopf zusammenschlagen. Aber es klingt halt trotzdem geil, und er hat seinen Weg gefunden, dass er dadurch nicht heiser wird, was medizinisch gesehen ein mittelschweres Wunder ist.
Wie sieht dein Mixing-Prozess aus?
Viele Sachen mische ich tatsächlich in-the-box, wobei ich zwei, drei Outboard-Geräte über Hardware-Inserts einschleife. Wenn ich etwas mehr Zeit habe, mische ich über Stems in der SSL. Dann schicke ich acht Stereo-Stems auf die SSL, wo ich dann nochmal ganz leichte EQ-Formungen mache oder in den Gruppen ’nen Bus-Kompressor einschleife. Dadurch bekomme ich so ein bisschen den analogen SSL-Sound mit Transparenz und abgeschliffenen Transienten. Das klingt gut, ist schön, aber das mache ich tatsächlich nur dann, wenn ich etwas mehr Luft habe. Eigentlich müsste ich so viel öfter arbeiten … Das Pult hat ja auch eine Recall-Möglichkeit, wo über ein Display die ursprüngliche Einstellung angezeigt wird und man dann von Hand die Potis wieder genau so einstellen kann. Da kostet eine kleine Änderung im Mix natürlich viel mehr Zeit als in einer ProTools-Session.
Welche drei Outboard-Geräte sind denn mit deinen Hardware-Inserts verknüpft?
Was in jeder Produktion irgendwie drin ist, ist der Bricasti M7-Hall. Der läuft auch immer auf dem Preset A&M- Chamber. Ich weiß gar nicht, ob du das so schreiben solltest. (lacht) Den nutze ich oft auf den Vocals und mische andere Hallfahnen nur noch leicht dazu. Ich weiß nicht warum, aber das passt immer!
Zu 80 % ist der Shadow Hills Optograph bei den Produktionen im Einsatz, ein optischer Kompressor. Der ist fast immer auf den Lead-Vocals drauf, macht dort zwar nicht viel, darf aber viel machen. Der kann ja durchaus 5 bis 8 dB wegschieben, ohne dass man das mitbekommt. Der gibt dem Signal so eine gemütliche wuchtige Schwere. Gerade bei Frauenstimmen ist das toll, es wird sofort irgendwie ein bisschen dicker. Der ist auf ein Setting eingestellt, was ich auch seit Jahren nicht angefasst habe. Den Pegel, den er komprimiert, regle ich praktisch mit dem, was ich rein – schicke. Frei nach dem Motto: »Never change a running system!«
(Bild: Markustik Audio)
Sehr oft ist auch der Avalon vT 474 SP drauf, ein Stereoprozessor mit Kompressor und EQ. Den Kompressor konnte ich nie so einstellen, dass er für mich irgendwie Sinn macht. Allerdings klingt der EQ sensationell. Den setzte ich oft auf den Master-Bus. Da ist ja auch noch eine Röhrenschaltung dabei, die nicht viel macht, aber edlen Glanz verleiht.
Den 1176er lege ich gerne auf einen Crush-Bus, wo ich die Signale der Snare und der Bassdrum zusammenführe. Das Signal lasse ich dann vom 1176 einmal komplett kaputt machen und mische es leicht zur Drum-Gruppe dazu. Das ist ja eigentlich schon ein Klassiker.
(Bild: Markustik Audio)
Das Mastering gibst du dann ab?
Wenn es schnell gehen soll, mache ich auch das. Wenn es allerdings um eine komplette Albumproduktion geht, an der ich bereits drei Wochen gearbeitet habe, gebe ich es ab. Sonst sieht man da vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr. Da habe ich dann einen Kollegen aus Berlin, dem ich das weitergebe.