Vor einiger Zeit haben wir den REDD.47 von Chandler Limited getestet. Der Mic-Preamp ist ein Nachbau des originalen Preamps aus der Console-51 von Abbey Road, mit der in den 60ern viele großartige Platten entstanden sind. Unter anderem von den Beatles und Pink Floyd.
>> Hier geht’s zum Online-Test <<
Mit dem REDD.47 folgt nach dem Curve Bender und den TGs ein weiterer Nachbau des Boutique-Herstellers in Zusammenarbeit mit den Abbey Road Studios, deren Gütesiegel auch auf der Front zu sehen ist. Chandler Limited ist ein Familienunternehmen mit insgesamt 29 Mitarbeitern. Wade Goeke ist Equipment-Designer, Mitinhaber und für die Produktentwicklung zuständig, während seine Mutter die Geschäfte führt. Und das alles auf einer Farm in Iowa. So stell ich mir das zumindest vor.
Ich hatte die Möglichkeit den äusserst sympathischen Wade Goeke persönlich zu interviewen und ihm Fragen zu seiner Person und zum REDD.47, seinem neuesten Produkt, zu stellen.
Wie bist du dazu gekommen, Audio Hardware zu entwickeln?
Ich hab schon als Kind viel aufgenommen und Audio Hardware auseinandergebaut, um zu lernen, wie die Technik funktioniert. Bereits mit 14 haben meine Eltern mir einen 4-Spur-Kassettenrecorder zu Weihnachten geschenkt. Außerdem bin ich Musiker und Recording-Engineer, und für mich verbindet Chandler Limited die Liebe zur Musik und zur Technik und wie Sachen klingen. Recording und Musik gehören für mich einfach zusammen, und so kam es dazu, dass ich irgendwann auch selbst Hardware entwickelt habe.
Was macht den originalen REDD.47 für dich so besonders?
Da spielen so viele Faktoren eine Rolle, die den Unterschied ausmachen und der Grund dafür sind, warum der eine Verstärker so klingt, wie er klingt, und der andere eben anders. Beim REDD.47 ist es die Kombination all dieser vielen kleinen Teile, die ihn so besonders machen. Du machst ein paar Änderungen der Settings, und dabei veränderst du den Sound wirklich nur ein kleines bisschen. Die Entwickler haben es damals richtig gemacht und hatten auch etwas Glück. Sie wollten etwas, das nicht ganz so teuer war wie die V72er von Telefunken und einen Preamp, den sie unter eigenem Dach produzieren konnten, weil sei eben ihre eigenen Techniker und die Entwicklung hatten. So haben sie den REDD.47 selbst produziert und zusammengesetzt – und es hat funktioniert. (lacht) Also im Grunde genommen haben sie damals nach etwas Simplem und gut Klingendem gesucht, um die teuren V72s zu ersetzen. Der REDD.47 liefert einen ganz anderen Sound, das Design und die Herangehensweise sind im Vergleich zu den V72s sehr unterschiedlich und viel einfacher zu bedienen.
Wie würdest du den Sound des Originals beschreiben?
Was mich zu Beginn sehr überrascht hat ist, dass der Sound sehr Hi-Fi ist. Als ich zum ersten Mal bei Abbey Road war, meinte Peter Cobbin, der Chief-Engineer bei Abbey Road: „Der REDD.47 ist der beste Pre-Amp, den ich jemals gehört habe.“ Ich war ehrlich gesagt etwas skeptisch, weil ich die TGs wirklich total klasse finde. Aber das habe ich erst mal für mich behalten. Später, als wir dann mit dem Redesign begonnen haben und ich einen REDD.47 anhand ihrer Infos nachgebaut habe, war ich sofort überrascht und dachte einfach nur: „Wow das ist ein riesen Schritt für uns!“
Er ist Super-Hi-Fi und klingt nach Röhre, aber nicht übertrieben. Mit dem Voltage Gain bekommst du sehr viel Kontrolle über die Klangfarben, je nachdem, wie du ihn fährst. Ich selbst und auch User waren überrascht darüber, dass alle Signale, die wir durchjagen – egal ob Vocals oder Gitarren – einfach so klingen, wie es am Ende auf Platte klingen soll. Das ist für mich das Größte am REDD.47.
Warum hast du dich gerade für den REDD.47 als Re-Design aus dem Hause Abbey Road entschieden?
Historisch gesehen macht das für uns einen großen Sinn. Wir versuchen, Abbey Road ein Backup ihres alten Equipments herzustellen, so wie wir es bereits mit dem TG getan haben. Der nächste logische Schritt war also, jetzt an die Röhren-Technik zu gehen. Außerdem ist sie auch viel bekannter als das TG-Equipment, und so musste es einfach irgendwann dazu kommen. Einfach um das Verlangen nach einer wirklich nach Sixties klingenden Platte zu stillen. Es war einfach etwas, was Abbey Road und ich schon seit langer Zeit machen wollten. Es war eines der Hauptargumente, mit den Nachbauten des Abbey Road Equipments zu beginnen, wie beispielsweise dem RS124, um auch den wirklichen Beatles-Sound rekonstruieren zu können, der zu den besten in der Recording-Historie gehört.
Wo lag beim Re-Desing des REDD.47 deine Priorität? War es ein bestimmter Klangfaktor?
Wir wollten den originalen Sound so genau wie möglich nachbilden und ihm ein paar zeitgerechte Funktionen geben, mit denen man den Klang noch mehr kontrollieren kann. Darum haben wir z. B. den Low-Cut erweitert. Als ich anfing, mich mit der Low-Cut-Schaltung zu beschäftigen, war ich sehr überrascht und dachte: „Wow, echt ein Fun-Sound!“ Zusätzlich lässt sich mit dem Fine-Gain die Tonalität anpassen, um den REDD.47 schneller in die Verzerrung zu fahren. Der Output regelt dabei den Pegel, um die DAW nicht zu übersteuern. Aber hauptsächlich lag unser Fokus darauf, den originalen Klang abzubilden.
Der Autor unseres Testberichts vermisst den Induktor im Low-Cut. Was kannst du uns zu dieser Schaltung sagen?
Ich möchte nicht zu viel darüber sagen, weil es eigentlich ein Geheimnis ist. (lacht) Aber die Leute können ihn auch aufschrauben und selbst nachschauen … Wir nutzen den Eingangstransformator, um die Induktion zu generieren, die normale Filter verwenden, um eine Absenkung zu erhalten. Ein wirklich sehr kreativer Weg, wie sie das schon damals in den Abbey Road Studios umgesetzt haben, und es erzeugt einen ganz eigenen Sound. Das Witzige daran ist, dass man in der alten Dokumentation davor gewarnt wird, den Low-Cut zu verwenden, weil er dem Signal Verzerrungen hinzufügt. (lacht) Er sollte nur in bestimmen Fällen zum Einsatz kommen!
Kannst du etwas zu dem Entwicklungsprozess sagen? Wie habt ihr dabei den Sound verglichen?
Wir haben mit Abbey Road einen interessanten Weg für unsere Zusammenarbeit gefunden. Wir senden Prototypen hin und her. In den Studios werden sehr viele Vergleiche vor Ort in ihrer Entwicklung durchgeführt. Die meisten Techniker und Engineers sind dort in diesen Prozess integriert, und die müssen alle ihr OK geben, bevor wir ihren Stempel bekommen und in Produktion gehen können. Hört sich vielleicht kompliziert und schwierig an, ist aber eigentlich alles ganz locker, weil wir alle am gleichen Strang ziehen und ich mittlerweile, weiß worauf sie genau achten und was sie wollen. Sie geben mir die nötigen Infos, und ich setze sie in unseren Prototypen um, schicken diesen wieder zurück, sie vergleichen es dort wieder. Oft senden wir uns auch Sound-Files zu. Es ist ein Hin und Her, aber es macht Spaß! Wenn nötig, kann ich auch rüberfliegen und bei Abbey Road eigene Vergleiche machen, was ich auch schon getan habe.
Das hört sich nach einem sehr langen Prozess an …
Nein, eigentlich nicht. Bei dem ersten Prototypen den ich rübergeschickt habe, musste ich nur ein paar kleine Anpassungen durchführen. Der basierte aber auch nur auf den Grundfunktionen des Preamps aus der Konsole. Er war sehr minimalistisch aufgebaut, um einfach zuerst mal den Sound zu finden. Als sie dann ihr „Go“ zum Sound gegeben haben, haben wir die neuen Features umgesetzt, wie beispielsweise den Low-Cut, das Pad und den Fine-Gain. Danach mussten wir nur noch ein paar Versionen hin und her schicken, bis wir das fertige Produkt hatten. Insgesamt dauerte die Entwicklungszeit ca. 1 Jahr, in alle Beteiligten viel Zeit damit verbracht haben, Vergleiche aufzustellen, Notizen zu machen und die Anpassungen durchzuführen.
Befindet ihr euch momentan in einem solchen Prozess?
Ja … (lacht)
Also können wir mit noch mehr Abbey Road Equipment rechnen?
Ja. Ich kann nicht sehr viel darüber sagen, aber es wird noch weitere Röhrentechnik in Zusammenarbeit mit Abbey Road geben. Wir haben vor anderthalb Jahren einen neuen 10-Jahres-Vertrag abgeschlossen, der festlegt, dass es alle 6 Monate weitere Produkte dieser Art geben soll. Vielleicht schon im September. Ich freu mich sehr darauf und bin selbst sehr gespannt.
Was sind deine persönlichen Chandler-Lieblinge?
Oh, das ist eine verdammt harte Frage, denn es sind alles irgendwie meine Schätzchen … klingt vielleicht blöd, aber im Moment ist es einfach der REDD.47. Ich will hier nicht mein neues Produkt vermarkten, aber das hat mir wirklich die Augen geöffnet und meine Denkweise über das Recording verändert. Wenn ich nur einen Preamp haben dürfte, würde ich den REDD.47 nehmen. Ich mag auch den Curve Bender, aber ich würde trotzdem den REDD.47 wählen.
Stimmt es, dass der Recording-Engineer des Beatles-Albums „Revolution“, Geoff Emerick, vom Chandler Limited REDD.47 begeistert ist?
Viele der Recording-Engineers bei Abbey Road haben den REDD.47 getestet. Geoff Emerick hatte auch einige Exemplare und meinte, der neue REDD.47 hätte die Magie des Originals. Das hat uns natürlich sehr gefreut und war eine Bestätigung für unsere Arbeit, denn er gehört zu denen, die eine der am besten klingenden Platten aller Zeiten aufgenommen haben. Und wenn eine solche Koryphäe auf seinem Gebiet sagt: „They have the sound!“, bedeutet uns das sehr, sehr viel.
Produkt- und Herstellerinfos
EMI REDD.47
UvP/Straßenpreis 3.538,— Euro / ca. 2.900,— Euro
Hersteller: Chandler Limited / http://chandlerlimited.com/
Vertrieb: S.E.A. Vertrieb & Consulting / www.sea-vertrieb.de
Kommentare zu diesem Artikel
Pingbacks