Songwriting

Du versuchst dich gerade im Songwriting und brauchst Tipps zum Komponieren? Bei uns dreht sich alles um Songwriting!

Songs bestehen im Normalfall aus Intro, Versen, Refrain, Bridge, Solo und Outro – also erst mal prinzipiell. Das heißt natürlich nicht, dass in jedem Song unbedingt ein „Solo“ vorkommt. Aber für alles, was wir so im Radio- und Musikfernsehen an Musik mitbekommen, spielen diese Einzelteile eine wichtige Rolle.

Was uns beim Thema Songwriting interessiert, sind natürlich die Songteile, in denen Text vorkommt, und das sind die Verse, der Refrain und manchmal noch die Bridge. Auf unsrer Themenseite Songwriting zeigen wir euch in Workshops, wie die Struktur eines Songs aufgebaut ist und zeigen euch Genre-abhängig, wie ihr am besten an einen Song herangeht und ihn zum Mega-Hit macht. Oder fangen wir mal bei einem Ohrwurm an. Es gibt aber auch viele hilfreiche Software- und Hardware-Tools, die euch das Songwriting vereinfachen. Diese findet ihr in den Testberichten und Reviews hier auf dieser Seite.

In unserem Songwriting Workshop geht es um die Hook, oder wie man normalerweise sagen würde: den Chorus oder Refrain. Im Songwriter-Jargon hat sich das Wort „Hook“ durchgesetzt. Zum einen natürlich, weil es englisch ist und sich somit auf jeden Fall cooler anhört. Zum anderen ist dieses Wort etwas umfassender, weil man es auch verwenden kann, um den prinzipiellen „Aufhänger“ eines Songs zu beschreiben – egal ob es der komplette Refrain oder nur zwei Worte aus diesem Refrain sind.

Natürlich gibt es in jedem Song eine musikalische und eine textlicher Refrain – meistens sind sie miteinander verbunden, aber bei Rap-Songs kann ein Refrain auch mal ohne Melodie funktionieren und rein aus Text und Rhythmus bestehen.

Warum widme ich diesem textmäßig so kleinen Songteil einen ganzen Workshop? Ganz einfach deshalb, weil sich der durchschnittliche Zuhörer allerhöchstens an den Refrain eines Songs erinnert. Das hört sich jetzt vielleicht ein wenig deprimierend an, wo wir als Texter doch unser Innerstes nach Außen kehren und oft versuchen, den Zuhörern etwas mehr als nur ein bisschen Musik mitzugeben. Aber wenn wir uns kurz selbst checken, stellen wir fest, dass auch wir selten anders Musik hören. Nimm dir kurz Zeit, und denk an drei deiner Lieblingssongs … Und jetzt versuch, dich mal an die Hooks zu erinnern, und dann versuch, die Verse auswendig zu sagen. Ich würde 10 Euro darauf wetten, dass die meisten von euch den Chrous sofort parat haben, sich aber an die Verse nicht genau erinnern können. Mir geht es auf jeden Fall häufig so.

Dieses vermeintliche Problem ist aber auch eine große Chance. Wenn es dir gelingt, einen Refrain zu schreiben, die die Leute bei einem deiner Konzerte hören und schon während deinem Auftritt beim zweiten Mal mitsingen können, hast du schon halb gewonnen.

Also schauen wir uns doch mal zwei aktuelle Songs an und versuchen, irgendwelche Regeln oder Prinzipien im Songwriting zu erkennen, mit denen es vielleicht funktionieren könnte.

Ein Beispiel ist Irgendwas Bleibt von Silbermond. Ich habe den Song einfach nach einem kurzen Blick auf die Top 40 Singlecharts ausgewählt und trotzdem gleich einen Ausnahmesong getroffen.

Irgendwas Bleibt ist textlich eine Besonderheit: Es gibt nur einen einzigen Vers und eine kurze Bridge, die aus gerade mal eineinhalb Sätzen besteht. Der Chorus ist etwas länger und komplizierter geraten als sonst üblich und kommt in der Radioversion auch nur zwei Mal vor! Das ist schon erstaunlich – eigentlich halten sich Verse und Refrains von der Zeit her meistens die Waage. Jetzt aber mal zum

 

Text:

Gib mir ein kleines bisschen Sicherheit

in einer Welt, in der nichts sicher scheint.

Gib mir in dieser schweren Zeit irgendwas, das bleibt.

Gib mir einfach nur ein bisschen Halt.

Und wieg mich einfach nur in Sicherheit.

Hol mich aus dieser schnellen Zeit.

Nimm mir ein bisschen Geschwindigkeit.

Gib mir was, irgendwas, das bleibt.

So – und was spricht uns textlich an diesem Song so an, dass er im Moment erfolgreich ist? Was uns inhaltlich anspricht, ist sicher das Stichwort „Sicherheit“. Im letzten Jahr ging es wirtschaftlich weltweit bergab und in diesem Jahr beginnen wir, immer mehr die Auswirkungen der weltweiten Finanz- und Bankenkrise zu spüren: Kurzarbeit, Entlassungen, Leute haben ihr in Aktien angelegtes Vermögen und sämtliche Sicherheit, was Arbeit und Finanzen angeht, verloren. Der Chorus haut genau in diese Kerbe. Das heißt, inhaltlich ist das Thema aktuell und dennoch auch für andere Interpretationen offen.

Vom Schreiberischen her ist der Refrain interessant gemacht – die Schlagworte bleiben die gleichen, werden aber im Verlauf des Refrains anders platziert. Die einzige Passage, die wiederholt wird ist: „Gib mir … irgendwas, das bleibt.“ Das ist also unser eigentlicher Refrain. Der Titel des Songs nimmt genau diese Worte auf: „Irgendwas bleibt.“ Problematisch ist für mich nur, dass sich ein Zuhörer anfangs wahrscheinlich kaum mehr merken wird als eben diesen Satz.

Okay, nächster Song: Cassandra Steen mit Darum Leben Wir

Und darum leben wir (6)

Wir leben, um da zu sein (7)

Leben, um wahr zu sein (6)

Und darum leben wir (6)

Und wir nehmen alles mit (7)

Jeden Schmerz und alles Glück (7)

Der Welt (2)

Der Song ist ganz klassisch radiomäßig aufgebaut: zwei Verse, eine Bridge, dazwischen zwei Mal die Hook und zum Schluss ein doppelter Refrain.

Auch hier verrät uns der Songtitel den eigentlichen textlichen Aufhänger: „Darum leben wir.“ Diese Phrase wird im Chorus auch noch wiederholt, und der Rest vom Text ist nicht sehr kompliziert. Hier kann man wahrscheinlich schneller alles mitsingen als beim Silbermond-Titel.

Inhaltlich ist der Chorus schön offen gehalten. Was Cassandra singt, kann jeder für sich selbst auf seine Situation anwenden, da nicht klar wird, um welches Thema es sich konkret handelt: Beziehung, einfach eine schwere Zeit im Leben oder doch die Jobunsicherheit – alles ist möglich.

Und jetzt zu uns. Was bringt dir das für deine Texte?

Wiederholung

Ein Schlüssel fürs Songwriting ist auf jeden Fall die „Wiederholung“. Die Hook selbst wird mehrere Male im Song wiederholt. Wenn du jetzt einen Schlüsselsatz oder ein Schlagwort findest, das du im Chorus selbst auch mal wiederholen kannst, wird der Wiedererkennungswert beim Zuhörer steigen.

Gleichmäßigkeit

Ich bin beim Songwriting meiner Texte bekennender „Silbenzähler“. Immer wieder, wenn ich Workshops gebe und Vorlesungen halte, schauen mich die Leute etwas erstaunt an, wenn ich anfange, die Silben in ihren Textzeilen zu zählen, als wäre ich ein Erstklässler, der seine Finger braucht, um ein Rechenaufgabe zu lösen. Das Ganze hat aber eine logische Begründung, über die wir uns nur selten Gedanken machen. Wir empfinden Gleichmäßigkeit unbewusst als angenehm. Vielleicht hast du dich schon gefragt, was die Zahlen hinter den Textzeilen von Cassandra Steens Darum Leben Wir sollen. Das sind die Silben. Wie du sehen kannst, sind das nicht einmal zehn und dann wieder nur drei Silben, sondern es bleibt gleichmäßig verteilt. Ähnlich verhält es sich beim Silbermond-Song – da könnt ihr ja selbst mal durchzählen.

Inhalt

Ein weiterer Schlüssel ist folgende Regel: Werde so konkret wie nötig, und bleibe so offen wie möglich.

Songwriting ist im Grunde eine sehr persönliche Sache. Du suchst dir deine Themen im Normalfall nicht unbedingt aus der Zeitung, sondern du wirst über die Dinge schreiben, die dich beschäftigen. Prinzipiell beschäftigen wir uns in unserem Leben alle mit sehr ähnlichen Themen. Für jeden auf deiner Schule werden die Themen Freundschaft, Beziehung, Leistungsdruck oder nervige Lehrer in irgendeiner Art und Weise eine Rolle spielen. Trotzdem sieht das bei dir im Detail ganz anders aus wie bei jemandem aus deiner Parallelklasse oder eine Klasse über oder unter dir.

Das heißt, die Schwierigkeit ist es, ein persönliches Thema so in einen Song zu packen, dass sich trotzdem auch andere davon angesprochen fühlen. In den Versen ist viel Platz für konkrete, persönliche Dinge. Da kannst du dich also ein wenig austoben, was dein Privatleben angeht. Aber der Chrous sollte das Thema so zusammenfassen, dass es auch jemand aus einer anderen Stadt, von einer anderen Schule verstehen kann.

Und wie jetzt?

Damit habe ich euch immer noch keinen konkreten Hinweis gegeben, wie man diese wichtige Hook am besten schreibt. Musst du mit dem Refrain anfangen oder mit den Versen? Musst du all diese Regeln beachten und nur dann wird etwas Gutes dabei rauskommen?

Also der Reihe nach. Ich schreibe meinen Refrain fast nie am Anfang. Oft habe ich eine Zeile oder ein ungefähres Thema, mit dem ich einen Songtext beginne, und wenn ich dann ein bis zwei Verse geschrieben habe, wird mir selbst erst klar, wo der thematische Schwerpunkt in dem Song liegt.

Schreib deinen Text ruhig erstmal fertig und überleg dann, mit welchen Stichworten oder Sätzen man den Inhalt zusammenfassen kann. Vielleicht hast du bereits im Vers einen Satz geschrieben, der dir besonders gut gefällt und der das Thema besonders gut zusammenfasst. Das wäre dann auch wieder ein schönes Beispiel für eine Wiederholung, wenn der Hook-Satz bereits in den Versen auftaucht.

Also lass dir ruhig Zeit mit dem Chorus und stress dich nicht unbedingt schon am Anfang damit, dass du die perfekte Lösung haben musst – das entwickelt sich manchmal im Lauf der Zeit. Schreiben ist eben ein Prozess.

Und was die Regeln angeht: Regeln sind dazu da, um sie zu brechen. Wichtig ist nur, dass du diese Regeln kennst. Du kannst absichtlich aus der Gleichmäßigkeit ausbrechen und dadurch einen besseren Effekt beim Zuhörer erzielen. Du kannst einen Refrain schreiben, die auf den ersten Blick nichts mit den Versen zu tun hat, und so die Aufmerksamkeit des Zuhörers erlangen. All das ist möglich. Es ist eben nur hilfreich zu wissen, was und warum du was tust.