De/constructed: Ed Sheeran feat. Eminem und 50 Cent – Remember The Name
von Henning Verlage,
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In drei Schritten zum Hit! In dieser Workshop-Reihe zeigen wir, wie und mit welchen Tools sich aktuelle Charthits und klassische Stilrichtungen zu Hause am eigenen Rechner (nach-)produzieren lassen. Unser Pattern orientiert sich diesmal an Ed Sheerans Kollab-Track Remember The Name aus seinem aktuellen Album No.6 Collaborations Project , für den er sich die beiden Rapper Eminem und 50 Cent mit ins Boot geholt hat.
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Style-Analyse
Allroundtalent. Neben der eigenen Karriere samt Livekonzerten, die er weiterhin im Alleingang mit einer Little Martin Akustikgitarre und einer Loopstation bestreitet, findet er immer noch Zeit, fast im Vorbeigehen Hits für andere Künstler zu schreiben. Auf seinem aktuellen Album geht er gleich 22 Kollaborationen mit berühmten Kollegen von Justin Bieber über Kahlid bis Camila Cabello ein, viele kommen aus dem Hip-Hop-, RnB- und Urban-Bereich. Obwohl die aktuelle Single I Don’t Care feat. Justin Bieber derzeit viel Airplay bekommt, haben wir uns für unseren Workshop das Feature mit Eminem und 50 Cent herausgesucht, da es auf wunderbare Weise den Geist des 2000er Hip-Hops wiederbelebt und damit auch an Eminems frühere Erfolge mit Dr. Dre erinnert.
Trotz dieses Old-School Vibes scheint immer wieder Ed Sheeran durch, der als Loopstation-Virtuose mittels rhythmischer Gitarren-Patterns und einfach strukturierter Beats geschickt und schnell ganze Song-Arrangements entstehen lässt, dabei alle stilistischen Grenzen überschreitet und Pop, Rap und klassisches Songwriting bunt vermischt.
Nach diesem Konzept ist auch der Beat von Remember The Name aufgebaut, basierend auf einem loopbaren Pattern mit klar strukturiertem Beat und einfachen musikalischen Elementen. Für die Umsetzung im Rechner kommen verschiedene, im Arrangement verteilte Drumsamples, die MusicLab Gitarren-Player, mehrere Kontakt-Instrumente, Spectrasonics Trilian, Lennar Digital Sylenth 1 sowie der Sonic Academy ANA Synth zum Einsatz.
Instrumente
DRUMS: Der Beat ist einfach gehalten und mit den Kick- und Clap-Betonungen schon fast geradeaus rockig, ähnlich wie Queens We Will Rock You. Die Sounds stammen teilweise aus dem gerade auf Splice veröffentlichten Samplepack von Scott Storch, einem der legendären Hip-Hop-Producer jener Zeit, und wurden direkt im Cubase Arrange-Fenster platziert. Die Kick besitzt einen schön »bollerigen« Touch und klingt nicht so tight und präzise wie heutige Samples. Der Bassbereich wurde durch Einsatz von etwas EQ und Waves RBass bei 60 Hz angehoben. Für moderneres Trap-Feel sorgen einige Rolls in der ansonsten geradlinigen Achtel-Hi-Hat-Figur, wodurch das Pattern ins »Hier und Jetzt« übertragen wird. Hinzu kommen ganz Hip-Hop-typisch offene Hi-Hats auf der »1-und« in der Hook. Ergänzende Samples wie rhythmisch gesetzte Atmer oder kettenrasselnde Addon-Claps runden das Pattern ab. Eine Bearbeitung der Drumgruppe findet nicht statt.
GITARRE: Das Hauptriff, mit dem der Song auch startet, ist ein einfaches Staccato-Achtel-Pattern auf der Akustikgitarre, in unserem Fall mit der MusicLab Real Guitar gespielt. Es besteht nur aus den beiden Terz-Intervallen »G-H« und »F#-A«.
BASS/PIANO/HITS: Harmonisch interessant wird es erst mit Einsatz des Basses, der zwar nur einfache Akzente spielt, diese aber melodisch absteigend von E über den Durchganston D zum C und H wandern, wodurch sich in Kombination mit der Gitarre die Akkordverbindung »Em-Cmaj7-H7« ergibt. Beim letzten Akkord wird die Terz weg- und damit die Tonalität offengelassen. Zusammen mit schweren Klavier-Oktav-Bässen und Synthbrass-Hits bildet der Bass die Hook des Songs. Im Chorus wird er zusätzlich von einem Vowel/Formantfilter-artigen Sound aus dem reFX Nexus (Bass -> »Oitron Bass«) gedoppelt, was für West-Coast-Talkbox-Flair á la Tu Pac und Snoop Dogg sorgt.
HOOK: Einziges weiteres Element ist die ebenfalls West-Coast-Charme versprühende melodische Hook. Sie besteht aus einem Layer aus Pizzicato-Strings, zwei Gitarren und einem drahtigen Leadsynth. Melodisch umspielt sie die Bass-Piano-Hook, indem sie die Pausen zwischen den Hits auffüllt.
Beides erinnert auch an den Dr.-Der-Style aus der Zeit mit Hits wie Eminems The Real Slim Shady oder Black Streets No Diggity.
Piano- und Synthbrass-Akzente unterstützen die Bass-Hook. Für den harten Piano-
Sound wurde die Velocity der Oktaven auf das Maximum 127 gesetzt sowie im
Kontakt-Instrument die Tonfarbe auf »hart« gestellt. Die Brass Hits sind ein Layer
aus vier verschiedenen Sounds des im »Steven Slate Everything«-Bundle enthaltenen
Sonic Academy ANA Synths.
Der Sylenth 1 Synth Lead wird noch mit einem Steven Slate Virtual Mix Rack
bearbeitet. Hier erhält der Sound u. a. weitere Höhen, um den drahtigen Charakter
zu unterstreichen.
Arrangement & Master
Klassische Hip-Hop-Tracks bestehen aus Parts und Hooks, und gerappte Strophen wechseln sich mit gesungenen/melodiösen Refrains ab. Das musikalische Pattern darunter bleibt wiederum gleich und ändert sich nur in der Intensität, indem weitere Parts hinzu- oder abgeschaltet werden. Dies gelingt hier sehr gut, da die musikalischen Parts entweder die Rhythmik unterstützen oder eigenständige melodiöse Linien spielen, die im Ohr hängenbleiben. Zur weiteren Abwechslung werden zwischendurch kurze Mutes, Breaks oder Fills, die in den folgenden Part überleiten, gesetzt, gerne passend zum Flow der Raps.
Der gesamte Mix wird in der Summe ganz leicht komprimiert, in diesem Fall mit einem UAD Shadow Hills Mastering Compressor, und danach mit einem UAD Pultec-EQ etwas in den Bässen und Höhen angehoben (ca. +1 bei 60 Hz, ca. +2,5 bei 5 kHz mit breitem Band (ca. 7)). Der nachfolgende Brainworx bx1-EQ sorgt lediglich für einen Tick mehr Stereobreite (124 %), und zum Schluss wird mit dem Fabfilter Pro L2 limitiert (Preset -> Loud -> »Pratically Clipping«). Viel Spaß beim Experimentieren!
Ed Sheeran
Ed Sheeran muss man heutzutage niemandem mehr groß vorstellen, so sehr hat sich das britische Ausnahmetalent innerhalb des letzten Jahrzehnts vom unbeschriebenen Singer/Songwriter seiner Heimatstadt Franglingham in Suffort zum derzeit international erfolgreichsten Solokünstler entwickelt. Allein sein letztes Album »÷« (Divide) verkaufte sich über 10 Millionen Mal und brachte mit Shape Of You seine bisher erfolgreichste Single hervor (siehe hierzu auch De/constructed S&R 09.2017). Allein auf Spotify wurde der Song mittlerweile weit über eine Milliarde Mal gestreamt.
Ebensolche Rekorde feiert Ed Sheeran live. In diesem Jahr löste er mit der seit 2017 andauernden Divide-Tour U2 als Spitzenreiter mit der erfolgreichsten jemals gespielten Tour ab, sowohl in kommerzieller Hinsicht wie auch von den Besucherzahlen her. Trotzdem fand Ed Sheeran Zeit für ein neues Album: No.6 Collaborations Project vereint 22 berühmte Kollegen und erschien im Juli dieses Jahres.