De/constructed – Coldplay – Adventure Of A Lifetime
von Henning Verlage,
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In drei Schritten zum Hit! In dieser Workshop-Reihe zeigen wir, wie und mit welchen Tools sich aktuelle Charthits und klassische Stilrichtungen zu Hause am eigenen Rechner (nach-)produzieren lassen. Diesmal befassen wir uns mit der aktuellen Single Adventure Of A Lifetime von Coldplay, mit der sie erstmals clubtaugliche Discopfade erkunden.
Nach den eher schwermütigen Ghost Stories haben Coldplay die schweren Zeiten überwunden und präsentieren mit A Head Full Of Dreams ein frisches und tanzbares Album, das − wolkigen Aussagen Chris Martins zufolge − sogar ihr letztes sein könnte. Möglicherweise inspiriert durch die Kollaboration mit Avicii haben Coldplay diesmal für die Produktion neben Stammproduzent Rik Simpson die norwegischen Hitmaker Stargate engagiert, was sich ganz offensichtlich auf den Sound des Albums ausgewirkt hat: Adventure Of A Lifetime punktet mit einem bei Coldplay bis dato nicht gehörten funky Discobeat, einer Mantra-artigen wiederkehrenden GuitarHook und Club-Elementen samt gepitchtem Vocal-Sample, wie es zurzeit sehr angesagt ist. Gemischt wurde die Single vom amerikanischen Starmixer Phil Tan.
Für die Umsetzung in unserem Rechner kommen die XLN Audio Addictive Drums 2, Spectrasonics Stylus RMX, der Scarbee Rickenbacker Bass aus der Kontakt-Library, die Music – Lab RealLPC-Gitarre sowie Omnisphere und die reFX Nexus EDM Voices Expansion für Pads und Vocal-Synth zum Einsatz.
Untypisch für Colplay ist der funky Disco-Groove, der dem Song in Verbindung mit dem immer wiederkehrenden Gitarrenriff einen sehr schönen Drive gibt. Um im Mix einen besseren Zugriff auf die einzelnen Drum-Elemente zu haben, wurden mehrere Instanzen von XLN Audio Addictive Drums 2 verwendet. Wichtig ist es, die einzelnen Anteile mixtechnisch zu einem Drumkit-Sound zusammenzuschweißen.
Drums
Die Basis des 112 BPM schnellen »4-to-the-floor«-Disco-Grooves liefern die Addictive Drums 2, allerdings nicht als zusammenhängendes Kit, sondern als Layer mit mehreren Instanzen für Kick, Snare und Hi-Hat. Dies hat den Vorteil des individuellen und unabhängigen Zugriffs auf einzelne Sounds. Die Bassdrum wird um ein Top-KickSample für mehr Attack ergänzt, die Snare erhält mehr Fülle durch ein zweites Exemplar aus einer weiteren AD2-Instanz. Ein rhythmisch unterbrochenes, grooviges Hi-Hat-Pattern sowie typische Disco-Claps auf den Zählzeiten »3 und« und »4« dürfen natürlich nicht fehlen, in unserem Beispiel ist dies ein Layer zweier Stylus-Instanzen und eines Samples. Eine Stylus-Percussion-Einheit, bestehend aus Shaker, Tamburin, Triangel und Wood-Percussion, runden das Pattern ab.
Selten so gehört, aber der Rickenbacker Bass (aus der NI Komplete-Library) ist für die markante und klar konturierte Bassline hier genau das richtige Tool.
Bass, Gitarren und Keys
Bass: Hier ist eine Disco-typische, funky Bassline mit Stopps und Akzentuierungen gefragt, die das Pattern zusammen mit dem DrumGroove nach vorne treibt. Sowohl der Grundsound als auch die Signalkette mit Amp und Nachbearbeitung stammen vom Scarbee Rickenbacker Bass (Preset: On The Road) für Native Instruments Kontakt.
Gitarre: Laut Chris Martin hatte er Gitarrist Jonny Buckland aufgefordert, etwas im Stil des »Guns N’ Roses«-Klassikers Sweet Child O’Mine zu spielen. Herausgekommen ist ein markantes Lick, das über den Song verteiltLaut Chris Martin hatte er Gitarrist Jonny Buckland aufgefordert, etwas im Stil des »Guns N’ Roses«-Klassikers Sweet Child O’Mine zu spielen. Herausgekommen ist ein markantes Lick, das über den Song verteilt als Hook immer wiederkehrend zu hören ist. Der Sound ist gleichzeitig weich und cremig verzerrt. In unserem Beispiel kommen dafür zwei MusicLab RealLPC-Gitarren, verstärkt mit jeweils einem Native Instruments Guitar Rig, sowie ein Omnisphere-Patch (Jazz Guitar Fingers b) zum Einsatz.
Über zwei Effekt-Sends werden der Steinberg REVelation Reverb für Erstreflexionen sowie der Sonnox Oxford Reverb mit einer EMT-140-Emulation für einen atmosphärisch dichten und langen Hall angesteuert. In den Strophen ist darüber hinaus noch ein funky Pattern aus dem Steinberg Virtual Guitarist zu hören.
Keys: Ein rhythmisch gespieltes Piano (Kontakt Alicias’ Keys mit ausgedünnten Mitten für einen poppigen Sound) sowie einige Pads dürfen für den typischen Coldplay-Sound nicht fehlen. Fehlt noch das Vocal-Sample: Hierfür werden kurze Vocal-Schnipsel aus gesungenen Phrasen gecuttet und dann über einen Sampler tonal gespielt (s. Online-Artikel De/constructed Major Lazer). Mittlerweile gibt es für diesen aktuellen Trend auch vor – gefertigte Libraries. Die Phrase aus unserem Beispielpattern wurde mit zwei Sounds der »EDM Voices«-Erweiterung für den reFX Nexus erzeugt.
Sound&Recording 02/16 – Brass Recording Special
In der Sound&Recording-Ausgabe 02/16 steht die Mikrofonierung von Blasinstrumenten im Fokus. Wir haben mit jeweiles über 25 Mikrofonen an Trompete, Posaune und Saxofon Audiobeispiele erstellt, die ihr hier auf der Website über SoundCloud auch anhören könnt. In unserem Brass Recording Special im Heft geben wir euch einen Einblick hinter die Kulissen der Recordings mit dem Bläsersatz aus “Sing mein Song – Das Tauschkonzert”. In unseren Tests findet ihr das Kleinmembranmikrofon-Stereoset Telefunken M60 FET. Für alle Homerecorder zeigt S&R-Leser Felix Krawcyk, wie er sein Homestudio aufgepimpt hat. Im zweiten Teil unserer DAW History Reihe geht es um den Game-Changer Ableton Live. Alle Love The Machines Fans können sich auf den Yamaha DX200 (*2001) freuen.
Coldplay schaffen hier eine Mischung aus Clubtrack mit geloopter Patternstruktur und klassischem Popsong. Der gesamte Track basiert auf einem viertaktigen Akkordschema und enthält vor allem viele Wiederholungen des Gitarrenriffs und der Synth-Vocal-Phrase, wodurch sich das Pattern schnell in den Gehörgängen festsetzt. Für den clubbigen Filter-Effekt wird das gesamte Pattern in einen Prebus vor dem Master geroutet (Gruppe), auf dem mit dem Sugarbytes WOW Filter die Cutoff-Frequenz automatisiert wird.
Master: Der SSL-Style Bus-Compressor aus dem Steven Slate VBC Rack verdichtet die Summe bei einer Gainreduction von ca. 4 dB, danach wird im brainworx bx 1 der Bassbereich mittels Bass-Shift leicht angehoben und der Stereoeindruck verbreitert (125 %). Der Voxengo Elephant-Limiter schließt die Kette am Ende ab und sorgt für die nötige Lautheit. Viel Spaß beim Experimentieren!