In drei Schritten zum Hit! In dieser Workshop-Reihe zeigen wir, wie und mit welchen Tools sich aktuelle Charthits und klassische Stilrichtungen zu Hause am eigenen Rechner (nach-)produzieren lassen. Diesmal orientiert sich unser Pattern an der Single Giant In My Heart der Sängerin Kiesza, die mit ihrem Style eine wahre Welle an neuen Vocal-House-Produktionen losgetreten hat.
Du willst parallel zum Tutorial in deiner DAW an den Spuren basteln. Dann kannst du dir hier alle Midi- und Sound-Files passend für deine DAW herunterladen.
Anzeige
Style-Analyse & Drums
„House Music at its best“, so könnte man den Sound von Kiesza beschreiben. Schon mit ihrer ersten Single Hideaway landete sie einen Nr.-1-Hit in den UK-Charts und belebte die Housemusik-Szene neu. Auch die zweite Single Giant In My Heart geht mit einer Mischung aus minimalem Electropop, Deep House, im Falsett gesungenen Vocals, Scat-Gesang und 808-Drumcomputer-Groove in dieselbe Richtung. Laut eigener Aussage zogen Kiesza und ihr Co-Autor und Produzent Rami Samir Afuni ihre Inspiration aus der Dancemusik der 90er-Jahre mit Künstlern wie Robin S. oder CeCe Peniston. Das ist einerseits old-school, andererseits durch die heutigen Musikproduktions-Tools doch wiederum erfrischend neu. Schau dir hierzu unseren Videoworkshop an:
Für die Umsetzung im Rechner kommen das Nicky Romero Kick Plugin, Native Instruments Battery, verschiedene Audiosamples aus der Riemann Kollektion sowie vor allem Spectrasonics Trilian und N.I. Massive für die Bässe, Lennar Digital Sylenth1 für Synths jeglicher Coleur , klassische Rhodes und Orgeln aus N.I. Kontakt und einige gecuttete Vocal Samples zum Einsatz.
Drums: Der 123 bpm schnelle Housegroove besteht aus Viertelkick, Claps und Hi-Hats. Wie bei der Programmierung klassischer Drumcomputer variiert das Pattern nur leicht. Der Groove wird ab und zu als Reminiszenz an die alten Zeiten von einem (Roland TR-)808-Fill aufgelockert, und gegen Ende kommen noch analog klingende Tom Akzente, ein Tambourine sowie zwei Houseloops als Verbindungselement dazu. Der Clou liegt eher im Sound, denn hier unterscheidet sich das Klangbild deutlich von klassischen 90er-House-Tracks. Die Kick überzeugt mit sattem, modernem Sound aus dem Kick Plugin von Dance-Producer Nicky Romero. Dazu kommt ein zusammengesetztes Layer aus sechs Attack-reichen Clap- und Snare-Samples aus der für House-Styles sehr empfehlenswerten Riemann Kollektion und eine ebenfalls manuell im Arrangement platzierte Off-Beat-Hi-Hat mit analogem Charakter. Die Sounds sind für sich genommen schon fertig bearbeitet und werden nicht noch in eine extra Drumgruppe geroutet.
Bass & Synths
Bass: Spectrasonics Trilian liefert den klassischen Roland SH-101-Housebass, kennzeichnend für dieses Genre ist außerdem die synkopierte Spielweise. Wie so ein zuschnappender Bass programmiert wird, zeigen wir detailliert im Video anhand des Freeware Synths TAL Noisemaker. Für den Chorus-Part kommt gleich eine ganze Armada an Sounds zum Einsatz: Zunächst spielt ein Subbass aus N.I. Massive liegende Töne, die per Sidechain-Effekt in Bewegung versetzt werden. Da uns der Housebass schlechthin, die M1-Organ aus der legendären Korg-Workstation nicht zur Verfügung stand, ersetzt sie ein darauf basierendes Sample aus reFX Nexus (Bass –› „BA Organ Bass 1“). Eine weitere Trilian-Instanz („Wigg – ly Bass Station PWM“), ein perkussiv/metallisch klingendes Sample („Cheesy Toy Surf Organ“) aus Spectrasonics Omnisphere und ein mit EQ, Filter und Envelope Shaper bearbeitetes Marimba-Sample aus der Kontakt Orchestral Library komplettieren das Layer. Für den modernen Touch wird die Gruppe ebenfalls mit einem Sidechain-Effekt belegt.
Synths: So wie in früheren Hardware-Setups über einen Drumcomputer z. B. der Step Sequenzer des SH-101 angetriggert wurde, so wird bei Kiesza ebenfalls eine programmierte Sequenz den gesamten Song hindurch abgespielt. Der Pluck-Sound stammt vom Lennar Digital Sylenth1 und steht als Preset im Downloadverzeichnis zur Verfügung. Das Pattern wird abgerundet von liegenden Chords organischer Instrumente wie Rhodes (Kontakt Scarbee Mark 1) und Transistor Orgel (Kontakt Vintage Organs, „House Of The Rising Sun“), per Modwheel automatisiertem weißen Rauschen und einem Pitch-Effekt aus Massive, den wir ebenfalls im Workshop Video näher erläutern.
Scats, Arrangement & Master
Scat-Vocals: Im Original sind die Vocal-Versatzstücke tatsächlich für diesen Song aufgenommene Scat-Vocals. In unserem Beispiel haben wir verschiedene Vocal-Samples aus Sample-Libraries so gecuttet sowie in Cubase gepitcht und rhythmisch gesetzt, dass sich eine melodiöse Phrase daraus ergibt. Die Scat-Vocals übernehmen gleichzeitig den Drop/ Chorus-Part, d. h., vorher wird durch die Noises und Pitchup-Effekt eine Spannung aufgebaut, die sich nach einem kurzen Break, in dem das Vocal-Sample vorgestellt wird, entlädt. Da die Parts harmonisch immer gleich aufgebaut sind, ergeben sich Abwechslung und Spannung aus dem Gegensatz von den hohen weiblichen Falsett-Vocals und den männlichen Scat-Vocals sowie unterschiedlich intensiver Instrumentierung. MASTER: Auf der Summe verdichtet der (UAD) Shadow Hills Mastering Kompressor die Summe mit ca. 1 − 2 dB Gain-Reduction. Der Brainworx bx2 setzt einen Sicherheits-Lo-Cut bei 21 Hz, die Stereo Width steht auf 140 %, und der Monomaker setzt die Trennfrequenz bei 100 Hz. Der (UAD) Precision Maximizer fungiert als abschließender Limiter, die Regler für Mix und Shape stehen hierbei auf jeweils 50 %. Viel Spaß beim Experimentieren!
Weiter Folgen aus der Reihe De/constructed findest du hier!