Während des Mischens trifft man sehr viele detaillierte Entscheidungen, die sich vor allem auf die einzelnen Instrumente beziehen, dadurch aber natürlich auch den gesamten Mix verändern. Wäre es dann nicht viel einfacher, gleich den gesamten Mix zu bearbeiten – zum Beispiel auf dem »Master-Bus« mit einem EQ oder Kompressor?
In dieser Folge möchten wir uns mal zur Abwechslung mit der Bearbeitung des gesamten Mixes anstatt der Einzelsignale beschäftigen. Dafür eignet sich der Master-Bus besonders gut, denn hier kann man z. B. mit einem EQ oder Kompressor gleich alle Instrumente auf einmal verändern. Das spart nicht nur Ressourcen und Zeit, sondern klingt auch oft viel schlüssiger als die gleiche Bearbeitung auf den Einzelspuren.
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Für unsere Beispiele haben wir uns zwei unterschiedliche Songs ausgesucht. Der erste ist eine sehr einfach instrumentierte Ballade mit lediglich Piano und Gesang. Dafür verwende ich als erstes Plug-in den UAD Pultec EQP-1A. Dieser Equalizer arbeitet sehr breitbandig und klingt dadurch auch relativ natürlich, und mit ihm booste ich sehr oft das High- und Low-End auf dem Master-Bus. In diesem konkreten Fall mit 3,5 dB bei 12 kHz und 1,5 dB bei 100 Hz. Von der Anhebung der Höhen profitiert der Gesang natürlich deutlich mehr als das Piano. Allerdings klingt das Höhenbild viel stimmiger, wenn beide Instrumente zusammen die gleiche Anhebung bekommen. Die Verstärkung im Bassbereich macht beide Instrumente etwas voller und lässt sie insgesamt größer wirken. Das ist eine relativ einfache, aber effektive Möglichkeit, den gesamtem Mix unabhängig vom Genre schnell schicker in den Höhen und voller im Bassbereich klingen zu lassen.
Eine andere Variante, die vor allem im Mastering oft eigesetzt wird, ist das so genannte M/S-EQing. Dabei arbeitet der Equalizer nicht auf dem linken und rechten Kanal, sondern auf der Mono-Mitte und der Stereo-Seite. Ich benutze diese Art der Bearbeitung besonders gerne, wenn ich ein Instrument oder sogar den gesamten Mix etwas mehr um die Vocals herum packen möchte. Da der Gesang in der Regel bis auf die Effekte in mono ist. Kann ich auf dem Master-Bus das Piano auf dem Seitensignal bearbeiten, ohne die trockenen Vocals zu beeinflussen. Sollte ich also, wie in unserem Beispiel, die Seiten mit dem Brainworx Digital V3-EQ bei 727 Hz um 2,4 dB anheben, dann hat man den Eindruck, als ob sich das Piano etwas um den Gesang schmiegt bzw. dass der Sänger etwas weiter in das Piano rutscht. So verbinden sich die beiden Instrumente noch besser miteinander. Sollte der Gesang zu leise im Mix sein, kann man ihn hier über den Mono-Kanal im Bereich von 3 und 6 kHz boosten, sodass er sich besser durchsetzen und aus dem gesamten Mix rausgucken kann.
Für unser zweites Beispiel habe wir einen relativ vollen Rock/Pop-Song mit deutlich mehr Instrumenten ausgesucht. Hier möchte ich zwei etwas andere Möglichkeiten der Bearbeitung zeigen. Als Erstes kam hier der UAD Chandler Curve Bender zum Einsatz. Im Gegensatz zum Pultec EQP-1A arbeitet dieser Equalizer etwas schmalbandiger und kontrollierter. Denn bei einem vollen und komplexen Mix möchte man eigentlich nicht zu breit boosten. Außerdem hat der Curve Bender auch einen sehr gut klingenden Low-Cut, den ich hier bei 20 Hz aktiviert habe, um den gesamten Mix etwas »tighter« zu bekommen. Als Nächstes habe ich einen Hi-Shelf ab 8,1 kHz mit 1,5 dB benutzt. Dadurch wirkt der gesamte Mix deutlich frischer und spannender, ohne dass sich die Verhältnisse der Instrumente nennenswert verschieben. Zusätzlich habe ich noch 1,5 dB bei 70 Hz geboostet, was sich nicht nur auf Bass und Bassdrum auswirkt, sondern das gesamte Fundament des Songs deutlich solider wirken lässt.
Als zweiten EQ habe ich mich für den McDSP AE400 entschieden. Das ist ein dynamischer Equalizer, den man sehr gut als eine Art »Sicherheitsnetz« auf dem Mix einsetzen kann, vor allem, wenn man scharfe Frequenzen in den Höhen oder den »Mulm« in den unteren Mitten etwas kontrollieren möchte. Damit er funktioniert, muss man eigentlich nur den zu bearbeitenden Frequenzbereich und den entsprechenden Threshold festlegen. Man kann aber zusätzlich auch die Attack- und Release-Zeiten bestimmen, mit denen der EQ zupackt, was ihn im Vergleich zu einigen anderen Plugins deutlich flexibler macht. In unserem Fall habe ich damit die Höhen bei 12 kHz um ca. 1,2 dB und den Bereich von 250 bis 340 Hz um ca. 1,5 dB abgesenkt. So wird der gesamte Mix weicher in den Höhen und auch etwas durchsichtiger in den Mitten, ohne dass man an jedem Instrument einzeln schrauben muss.