Grundlagen eines Setups für automatisiertes Sounddesign
von Klaus Baetz, Artikel aus dem Archiv
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Sounddesign hat eine Menge mit Kreativität zu tun, und diese ist leider nicht jederzeit verfügbar. Was also tun, wenn einen gerade mal nicht die Muse küsst? Ablenkung suchen, die Akkus neu aufladen, nach neuer Inspiration schauen – das wäre eine Möglichkeit. Oder man bereitet sich auf solche Fälle vor und erstellt sich ein Setup, welches einem Ideen liefern kann.
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Wenn man die Sache sehr grob betrachtet, dann kann man ans Sounddesign aus zwei verschiedenen Blickwinkeln herangehen. Die erste Variante besteht darin, dass man ein ganz klares Ziel vor Augen hat – beispielsweise wird für ein aktuelles Projekt der Sound einer Laserwaffe benötigt. Bestenfalls manifestiert sich dann schon eine grobe Soundvorstellung im Kopf und wir müssen nach Audiomaterial und Wegen suchen, uns dieser Idee immer weiter zu nähern. Die zweite Möglichkeit ist, ohne konkrete Zielvorstellung Material zu generieren, um den eigenen Soundpool für zukünftige Projekte zu erweitern. Natürlich kann man hier auch völlig planlos und zufallsbasiert vorgehen. Dennoch ist es oft so, dass sich während der Arbeit Ideen einschleichen und diese dann verfolgt werden.
So weit, so gut. Was aber tun, wenn tatsächlich ein kompletter kreativer Durchhänger über uns hereinbricht? Hier können ein entsprechendes Setup oder eine Template, die dem entgegenwirken, sehr hilfreich sein, und genau das wollen wir uns im Folgenden genauer anschauen.
Basis-Setup
Der Entwurf eines eigenen Instant-Sounddesign-Setups ist eine sehr individuelle Sache, und daher kann ich das Ganze eigentlich nur im Groben beleuchten. Wichtig ist, dieses System immer mal wieder zu hinterfragen, es zu verfeinern und zu aktualisieren. So ändern sich ja beispielsweise das eigene Plug-in-Arsenal, der eigene Soundgeschmack oder die Arbeitsweise, und all dies muss in dieses Setup einfließen.
Doch zunächst zurück zum Anfang: Wir benötigen ein Template in der DAW unserer Wahl, in das wir einfach wahllos Sounds werfen können, um dann im Optimalfall direkt spannende Ergebnisse geliefert zu bekommen. Wir können nämlich bei einer kreativen Blockade immer noch Audiodaten laden, sprich: Wir ziehen einfach wahllos Sounds aus unserem Samplepool in die Session hinein, und das Ergebnis sollte ohne viel Zutun interessant sein. Dazu splitten wir die Audioaufnahme auf und schicken sie parallel durch eine Vielzahl von Effekten, welche den Sound komplett durch den Wolf drehen. Am Ende müssen wir dann einfach nur noch entscheiden, ob uns das Ganze gefällt oder nicht.
Wir erstellen also eine Audiospur in unserer DAW und beginnen dann mit dem Setup der Effektbusse. Hier ist die Vorgehensweise von DAW zu DAW unterschiedlich, und es gibt verschiedenste Ansätze, wie man ein solches Routing aufbauen kann. In meinem Falle (Cubase) würde ich mir zu meiner Audiospur acht Effekt-Busse erstellen und diese mittels Direct-Routing-Funktion beschicken. Eine Alternative wären beispielsweise Send-Wege.
Limitierungen gibt es hier eigentlich keine – wir müssen allerdings einen guten Kompromiss zwischen Vielfalt und Übersicht bzw. Steuerbarkeit finden, denn das Problem des kreativen Tiefs dürfen wir bei der Strukturierung unseres Setups nie aus den Augen lassen. Mit anderen Worten: Natürlich sind 50 parallele Effektwege eine tolle Sache und sorgen für entsprechende klangliche Vielfalt; ob sie einen im Falle des Falles allerdings nicht eher überfordern oder anstrengen, muss jeder selbst entscheiden.
Strukturierung der Effektwege
Wagen wir uns als Nächstes an das eigentliche Herzstück des Setups: die Effektwege. Unser Ziel soll sein, durch unterschiedliche FX-Zusammenstellungen verschiedene klangliche Zutaten zu kreieren, die nachher ein möglichst schmackhaftes Soundgericht erzeugen. Ob man schlussendlich noch bestimmte Zutaten gezielt herausschmecken soll, bleibt jedem selbst überlassen. Wir können also entweder thematisch an unsere Effektketten herangehen oder komplett chaotisch.
Gute Beispiele für eine thematische Herangehensweise wären etwa ein Distortion-Bus (bestückt mit verschiedenen Verzerrer-Effekten, Lo-Fi-Tools, Werkzeugen zur Sättigung etc.), ein Räumlichkeits-Bus (Reverb in verschiedenen Größen, mit/ohne Kompression, mit/ohne Delay etc.) oder ein Shaping-Bus (Pitchshifting-, Envelope- und Repeater-Effekte). Selbstverständlich sind auch völlig verrückte Effektverschaltungen erwünscht – je individueller und spannender, desto besser. Wer sich bereits verschiedene Effektketten-Presets in seiner DAW zusammengestellt hat, der kann natürlich auch diese zunächst mal ausprobieren und schauen, ob vielleicht etwas Passendes dabei ist.
Ein kleiner Tipp, der bei manchen Sounds nützlich sein kann: Wer sich die Arbeit für später etwas erleichtern will, sollte abschließend noch ein grobes Gain-Staging aller Effektwege betreiben, sodass diese anschließend ungefähr alle dasselbe Volumenniveau haben. Dadurch ist das Kombinieren der verschiedenen Effekte später komfortabler. Im Übrigen geht das Gain-Staging auch recht leicht von der Hand: einfach in den letzten Pre-Fader-Insert-Slot ein einfaches Plug-in laden, welches über einen Volume-Knob verfügt und ansonsten klangneutral ist. Anschließend schieben wir alle Channel-Fader auf einen gemeinsamen Wert (z. B. –12 dB) und passen die Kanäle dann lautstärkemäßig mit diesem finalen Plug-in aneinander an. Dazu wird Kanal 1 mit Kanal 2 verglichen, dann Kanal 1 mit Kanal 3 usw. Abschließend machen wir zur Überprüfung noch ein paar willkürliche Vergleiche, und dann sollte das grob funktionieren.
Das erste Ergebnis
Haben wir also ein paar Effektwege erzeugt und bestückt, ist das Setup in seinen Grundzügen fertig. Wir können ab jetzt einfach beliebiges Audiomaterial auf unsere Spur ziehen, und dieses wandert anschließend parallel durch verschiedene Effektblöcke, um schlussendlich ein gewisses Ergebnis zu erzeugen. Über die Intensität der Effekte können wir mittels der Channel-Fader sowie der Mute-Funktion des jeweiligen Kanals entscheiden.
Ausblick
Prinzipiell könnten wir unsere Arbeit an dieser Stelle abschließen und mit diesem Setup sicherlich Einiges an interessanten Sounds erzeugen bzw. ein kreatives Tief überbrücken. Ein grundlegendes Problem hat dieses Setup allerdings: Sollten wir keine Effekte verwendet haben, die irgendeine Art von Eigenmodulation verwenden, ist das Ergebnis statisch, und derselbe Sound wird immer dasselbe Ergebnis erzeugen. Vielleicht ist auch die eine oder andere Effektkette so charakteristisch, dass sie bei jeder Art von Grundmaterial immer ähnlich klingt. In der nächsten Ausgabe schauen wir uns daher Mittel und Wege an, wie wir dem entgegenwirken und unser Setup weiter verfeinern können. Und mit ein paar Kniffen ist es am Ende tatsächlich fast vollautomatisch. Viel Spaß beim Experimentieren!